Rael fühlte sich elend. Sie hatte das Gefühl, trotz des Erbrechens immer noch den Geschmack dieser Frau im Mund zu haben. Der Ekel hielt sie immer noch gefangen. Was war da zur Hölle passiert? Was war diese Frau gewesen? Konnte man noch nicht mal unbescholten einer normale Kneipenschlägerei nachgehen, ohne Angst zu haben gleich abgeschlachtet zu werden? Rael zitterte und auch ihr Stand war nicht sonderlich fest, doch der Baum an dem sich Rael festhielt gab ihr die Sicherheit, die sie brauchte.
Aurora trat an sie heran und Rael braucht erst einen Moment, bis sie realisiert, was die gute Frau von ihr will. Rael richtete sich langsam wieder auf und ein gequältes Lächeln umspielte ihre Lippen, als sie das Tuch entgegen nahm und sich damit das Gesicht abwischte. Den Whiskey nahm Rael ebenfalls dankbar an. Trank sie zwar nie Whiskey und vertrug ihn auch nicht gut, aber alles war besser, als den Geschmack des Weibes im Mund zu behalten. Rael entkorkte die Flasche und nahm einen tiefen Schluck. Kaum spürte sie, dass die Flüssigkeit den Rachen herunter rann, keuchte Rael, hustete, denn dieser Whiskey war in der Tat doch recht scharf. Doch der Geschmack im Mund wich langsam und ein weicher, herber, etwas scharfer Geschmack nach Whiskey blieb. Rael nahm sicherheitshalber noch einen Schluck und verkorkte die Flasche wieder. Erst dann sprach sie zu Aurora.
„Danke, dass ist sehr freundlich Aurora. Ich glaube irgendwie ist das im Moment alles ein bisschen viel … Maleks Tod, unheilige Kreaturen, die auf derer wandeln und sich einfach so über einen her machen können… irgendwie nun… scheint mir das auf den Magen zu schlagen! Danke… ich glaube, das war genau dass, was ich gerade gebraucht habe.“, sagte sie leise und blickte die Frau vor sich an. Ihre Augen bekamen wieder etwas Leben und auch in ihre Wangen kehrte ein zarter, rosiger Schimmer zurück. Rael zögerte einen Moment, denn Aurora war eine hochgestellte Person im Orden und so getraute sie sich nicht das zu tun, was sie eigentlich wollte. Doch eine dankende Umarmung war etwas, was einfach Raels Art war.
Doch bevor sie ihre, derzeit etwas langsamen Überlegungen fertig gedacht hatte, wurden sie bereits wieder von einem der Briganten gestört. Dieser zerrte an Aurora und brüllte sie an, faselte irgendwas vom anderen Briganten helfen und so. Raels Gesichtsausdruck war leicht verwirrt und sie legte Aurora dankbar eine Hand auf die Schulter, drückte kurz, freundschaftlich zu und erwiderte dann.
„Verzeiht, aber Aurora war so freundlich mir zu helfen, als ich gerade dort am Baum hing und mein Essen von mir gegeben habe. Bevor hier eine andere Art der Diskussion entsteht, sollte ich daher eines klarstellen. Aurora ist eine aufrichtige Person und wieso sollte sie Euch helfen. Ich gehe mal aus, dass es um den Herren geht, der sich mit Unforgiven geschlagen hat geht. Verdammt, damit hat niemand was zu tun. Haben sie schon mal was von Erschöpfung gehört? Hey, ich habe schließlich auch versucht ihn zu wecken, habe ihm ne Ohrfeige verpasst, habe ihm Wasser übers Gesicht gekippt, ihn sogar unnett gezwickt, doch er ist einfach ohne Besinnung. Damit hat Aurora nichts zu tun und wenn ihr vorwerft, damit etwas zu tun zu haben, nenne ich das schändlich!“
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