Währendessen in Esquilin, fernab des Getümmels.
Congerius stand auf einem Acker vor der alten Glasburg und streckte die Hände gähnend in die Höhe. Heute war ein schöner Tag, ein wunderbarer Tag, genau der richtige Tag, um endlich durchzuführen, was er sich schon lange vorgenommen hatte:
Armbrust schießen, Armbrust schießen, Armbrust schießen!
Seine Augen fingen an zu leuchten und ihm lief das Wasser im Mund zusammen. Ja, es lief sogar aus dem Mund heraus, als wolle es der Welt sagen: "Boah wie geil!"
Endlich! Sein Vater hatte es ihm ja immer verboten. Doch der war ja nun tot, hat nichts mehr zu sagen. Jetzt war niemand mehr da, der auf den jungen Congerius hätte aufpassen können und nun war der Tag gekommen, um selber groß zu sein.
Congerius hatte sich auch schon eine Zielscheibe aus Holz gebastelt, die er in guter Entfernung aufgestellt hatte. Hoch konzentriert legte er die Armbrust an. Er kniff sein linkes Auge zusammen und visierte mit seiner Zunge die Zielscheibe an. Nochmal eine kleine Korrektur nach links, uuund los, nein, halt, wie blöd. Jetzt hatte sich doch tatsächlich seine Zunge in der Sehne verfangen. Also vorsichtig die Zunge lösen und wieder das Ziel anvisieren. Doch die Zunge war eingeklemmt und Congerius gelang es nicht, sich zu befreien. Zuerst zog er vorsichtig an der Armbrust, schließlich immer heftiger und zorniger. Sein Puls schoss in die Höhe. Doch dann, mit einem heftigen Ruck befreite er sich aus der tückischen Falle. Die Armbrust wurde dabei in die Höhe gerissen und irgendwie kam sein Finger an den Abzug. Erschrocken zuckte Congerius zusammen und lies verduzt die Armbrust fallen.
Der Bolzen schoss durch die Luft und traf. Nein, nicht die Zielscheibe. Sondern einen armen, kleinen, unschuldigen Vogel. Nunja, so klein war er auch wieder nicht. "Für ein Mittagessen sollte er groß genug sein", dachte sich Congerius und näherte sich freudig seiner Beute. Eine Taube hatte er also geschossen. Er hatte gehört, dass diese Vögel ganz gut schmecken sollen. Ob dies auch für Tauben mit Giftbolzen zutrifft, wird sich noch zeigen müssen, doch ein Versuch war es wert. So nahm er den toten Vogel mit nach Hause.
Zuhause angekommen machte er sich sofort daran, den Vogel zu zerlegen. Nur wie man dies am geschicktesten anstellt, war ihm nicht ganz klar, schließlich hatte er soetwas noch nie gemacht. Also vielleicht zuerst die überflüssigen Teile wegschneiden. Kopf ab, Füße ab. Dabei viel ihm plötzlich ein Pergament auf, das an den Fuß der Taube gebunden war. Neugierig schaute er, was darauf geschrieben stand:
'ANGRIFF AUF RDA! ÜBERMACHT VOR DEN TOREN! BRAUCHEN DRINGEND VERSTÄRKUNG!'
Wieder wurde sein Gesicht von diesem funkelndem Blick erfüllt. Das waren doch mal tolle Neuigkeiten. Endlich mal wieder eine Schlacht! Und diesmal wird er dabei sein! Freudig lief er zu seinem Oberhaupt und überbrachte ihm die Nachricht. Und während jener die nötigen Maßnahmen einleitete, packte Congerius voller Eifer seine Sachen.
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