Angestrengt starrte Lanni in die Dunkelheit. Noch war nichts zu erkennen. Die Schneelöwen schienen sich mit ihrem Angriff Zeit zu lassen. Kein gutes Zeichen, zeugte es doch von zumindest rudimentär vorhandener Intelligenz. Die Leibwächterin des Gnomlings war inzwischen von ihrem nervös wieherndem Pferd abgestiegen und hatte sich in einigen Schritt Entfernung neben ihn gestellt. Beide hatte so genug Platz zum kämpfen, bildeten aber ein Hindernis zwischen den vermutlich bald angreifenden Schneelöwen, dem Gnomling und dem Geweihten. Lanni drehte sich zu dem Mann in der oliven Kutte um, der interessiert aber sonst teilnahmslos in die Richtung blickte, aus der die Schneelöwen vermutlich angreifen würden. Der faule Hund wollte sich also wieder einmal zurückhalten, das war ja zu erwarten gewesen. Dabei hätte der gesegnete Herr die Bestien vermutlich schneller und effizienter abwehren können, als es Lanni und die Leibwächterin des Gnomlings hoffentlich tun würden. Lanni war sich nicht sicher, wie gut die junge Frau wirklich mit ihren Waffen war. Sie strahlte auf jeden Fall eine schon fast beängstigende Selbstsicherheit aus, die er früher selbst auch einmal gehabt hatte. Früher, als er noch... Mit einem ärgerlichen Grunzen schob er den Gedanken bei Seite. Es war jetzt nicht die Zeit um in Erinnerungen zu schwelgen. Trotzdem mußte Lanni zurück an die Zeit denken, als er noch... Ein lautes Brüllen ganz in seiner Nähe holte ihn unsanft in die Gegenwart zurück. Der Angriff stand kurz bevor. Er umfasste den Griff seines Schwertes fester. Die Waffe lag ungewohnt in seiner Hand. Er führte sie noch nicht lange bei sich und Griff und Hand hatten sich noch nicht aneinander gewöhnt. Hoffentlich würden sie noch die Zeit haben, einander besser kennenzulernen. In diesem Moment wurde Lanni auf einen dunklen Schatten aufmerksam, der sich ihm und der Leibwächterin langsam näherte. Es war zu dunkel um Einzelheiten zu erkennen, aber was auch immer sich ihnen da näherte, es war groß.
In diesem Moment ertönte die Stimme des Geweihten hinter ihm, laut und befehlsgewohnt. Er sprach nur ein einziges Wort: "LUMINOS!" Seine Stimme war kaum verhallt, als die Umgebung in einem Umkreis von 30 Schritt auch schon in helles Licht getaucht wurde. Bei dem Anblick dem sich Lanni nun bot, sog der Mann zischend den Atem ein. Keine 15 Schritt entfernt stand ihm ein Tier von der Größe eines Löwen gegenüber. Die Kreatur hatte vom Körperbau her entfernt Ähnlichkeit mit einem Zentauren und war von Hals bis zu den Beinen in einen weißen Panzer gehüllt. Sie besaß sechs Extremitäten; vier Beine, auf denen sie lief und zwei Arme, die am Oberkörper angebracht waren und wie die Beine in gefährlich aussehenden Pranken endeten. Der Kopf der Bestie war lang, spitz und an einigen Stellen mit kurzen, fühlerähnlichen Auswüchsen übersät. Eine gewaltige weiße Haarmähne bedeckte den Hinterkopf des Tieres. Am eindrucksvollsten jedoch war der Rachen, der in geöffnetem Zustand zwei Doppelreihen nadelscharfer Zähne erkennen ließ. Lanni wollte nicht wissen was für einen Schaden diese Zähne anrichten konnten, sollten sie sich in ein Stück Fleisch bohren. Besonders dann nicht, wenn es sich dabei um sein Fleisch handelte. Zwei weitere Schneelöwen eschienen am äußersten Bereich des Lichtkreises und näherten sich vorsichtig.
Ein leises Schnalzen ließ ihn den Blick von der Bestie wenden. Die Leibwächterin des Gnomlings deutete mit einem ihrer Schwerter in die Richtung, in der der Geweihte und der Gnomling standen. Lanni blickte über die Schulter in die angegebene Richtung und fluchte lautlos. Auch hinter ihnen erschienen drei Schneelöwen. Sie waren umzingelt! Die Tiere schienen also noch intelligenter zu sein, als Lanni Anfangs gedacht hatte. Er nickte der jungen Frau zu und schon huschte diese unaufgefordert in Richtung der Angreifer in ihrem Rücken. Lanni knirschte mit den Zähnen. Ihre Chancen standen nicht wirklich gut, aber mit etwas Glück würde es reichen, ein oder zwei der Schneelöwen zu töten. Vielleicht überlegten es sich die restlichen Tiere dann nocheinmal und suchten sich ihr Abendmahl an einem anderen Ort.
Erst jetz fiel Lanni auf, das die Schneelöwen sich mit einer Leichtigkeit bewegten, die bei der herrschenden Schneehöhe eigentlich unmöglich sein sollte. Er sah genauer hin und wurde erneut überrascht. Die Bestien liefen nicht durch, sondern auf dem Schnee. Es war unglaublich. Die Tiere hätten bei jedem Schritt einsinken müssen, doch es schien, als existierte der Schnee für sie überhaupt nicht. Lanni schluckte schwer. Als ob es nicht schon schlimm genug war das die Schneelöwen in der Überzahl waren, so hatten sie nun auch noch den Vorteil der überlegenen Bewegungsfreiheit auf ihrer Seite. Er warf einen Blick über seine Schulter auf den Geweihten. Doch dieser schien noch immer nicht die geringste Lust zu verspühren in den bevorstehenden Kampf einzugreifen. Typisch! Lanni hielt sich für einen passablen Kämpfer. Der Geweihte, das wußte Lanni, hielt ihn sogar für hervorragend, was Lanni selbst jedoch für übertrieben hielt. Vielleicht war er es früher einmal gewesen, aber jetzt? Die Trümpfe lagen alle in den Händen der Schneelöwen. Es mußte schon ein kleines Wunder daherkommen, wenn sie diesen Kampf lebend überstehen sollten. Seufzend bereitete Lanni sich auf die Konfrontation mit dem ersten Schneelöwen vor, der nun keine 8 Schritt mehr von ihm entfernt war...
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