RE: zum verrückten Waldläufer
Tika liess ihre Blicke durch die Taverne wandern, die gut besucht war. Gerüchte wollten wissen, dass Rom dem Untergang geweiht war. Offensichtlich gedachten Roms Einwohner, solche Gerüchte in Tavernen zu ertränken, je schlimmer der Inhalt solcher Unkenrufe, desto besser besucht diese ihre Taverne... nun, nicht ihre Taverne, diese war Besitz von Aine, Herrin der Wälder um Rom, doch jene war verschollen....
Tika hatte nicht die leiseste Ahnung, wie sie Aine hätte erreichen können, nötig erschien ihr das schon- Abrechnung der Einnahmen/ Ausgaben, den Gewinn, denn diese Taverne schien ordentlichen Gewinn zu verbuchen, dieser zukommen zu lassen, wäre schon vonnöten. Tika musste improvisieren, ihres Wissens nach war Aines Vater in Diensten der Palastwache des Imperators, und in Ermangelung irgendeiner Kenntnis von Aines Aufenthaltsort liess sie Abrechnung und Denari einfach per Boten an Aines Vater im Palast des Imperators überbringen. Ob dieser dies überhaupt zur Kenntnis nahm, wusste sie nicht- vermutlich vergammelten ihre Abrechnungen samt Denari in irgendeiner Ablage, die Aines Vater nicht der Beachtung für würdig befand.
Orela war wie gewohnt Herrin der Lage und eine konstante Grösse in der Taverne. Tika seufzte. So ziemlich die einzige konstante Grösse. Der Fluch, dem diese Taverne zum Opfer gefallen zu sein schien, hatte wohl nicht nur Aine als Inhaberin erfasst, sondern sich auch auf andere ausgeweitet. Ihre Liste der verschollenen Personen wurde immer umfangreicher. Verschollen... Aine, Inhaberin. Lysander... Junge, der es faustdick hinter den Ohren hat. Spurlos verschwunden. Minsc- Krieger, der nicht alle Hamster beisammen hat. Zum Glück nicht mehr aufgetaucht. Augenstern... kleines Mädchen... hoffentlich wohlbehalten bei den ihrigen angelangt. asil... Königin, die Nase hoch erhoben... hoffentlich hat diese ein's auf die Nase bekommen! Tikas Sinnieren wurde unterbrochen, da neue Gäste die Taverne betraten, Gäste in einer Art, die sie noch nie zuvor gesehen hatte...
Hünen allesamt. Diese mussten sich bücken, um die Taverne betreten zu können. In Fell gekleidet, vor Waffen starrend. Tikas Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. Der Schmied ihres Heimatdorfes und dessen acht Söhne waren Meister ihres Handwerkes, selbst Zwerge zollten diesen Anerkennung. Die Waffen dieser Gäste waren aus Tikas Sicht ganz gewiss keine gewöhnlichen...
Guttural deren Sprache, die Tika vollkommen unbekannt war. Einer der Hünen kam auf sie zu, breit grinsend. Dessen schaufelartige Hand klatschte auf ihren Allerwertesten, in Tika brodelte es, steigerte sich, ihre gusseiserne Pfanne wurde reflexartig geschwungen, prallte mit einem sehr zufriedenstellenden Geräusch auf des Hünen Kinn, das sich knapp in Tikas Reichweite befand (sie musste sich sehr strecken, um dort einen Treffer landen zu können!). Tikas Augen weiteten sich verblüfft- der Kerl zuckte nicht mal zusammen.
Tika musterte ihre gusseiserne Pfanne Muss wohl defekt sein!, ihre Hände schwangen diese erneut, und ihre Körpergrösse (im Vergleich zum Hünen) war absolut optimal, um die Pfanne mit Schwung in des Hünen Schritt landen zu lassen... die Augen der meisten anwesenden männlichen Gäste tränten voller Mitgefühl, doch der Hüne war nicht einmal zusammengezuckt, sondern ergriff die Pfanne, riss diese hoch- Tika, die nicht losgelassen, verlor den Boden unter den Füssen, zappelte an ihrer Pfanne, während der Hüne sie angrinste: "Skjor will trinken! Keine Zwergenpisse!! Will was für Männer!!!"
Der Kerl liess los, Tika plumpste zu Boden. Zwergenpisse? Tikas Fussnägel entrollten sich wutschäumend. Wo war er, der spezielle tönerne Krug? Ah... da, sie hatte ihn. Sie füllte ihn mit Knieweich, sehr darauf bedacht, die Dämpfe nicht einzuatmen, hoffte, der Kerl würde den Krug schnell genug leeren (bevor dieser vom Inhalt aufgelöst werden könnte! Ach was... könnte war keine Option, wird gewiss und nur eine Frage der Zeit sein!)
Dieser Skjor leerte den Krug, Tikas Wünschen entgegenkommend, in einem Zug. Interessiert musterte Tika dessen sich abrupt weitenden Augen, durchaus faszinierend blau, aber mit sehr konsternierten Ausdruck. Das entsetzt schnaufende Jappsen nach Luft erfüllte Tika durchaus mit Befriedigung, der Aufprall des Hünen Körpers auf dem Boden war für sie nun keine Überraschung.
Argwöhnisch musterte sie des Hünen Gefährten, doch dies schienen diese Ereignis mit Humor zu nehemen, dem Gelächter nach zu urteilen. Tika entspannte sich, wandte sich dem gefallenen Hünen zu, liess ihre Hände wandern... fluchte in Zwergisch, unter dem Fell schien dieser eine Mithril- Rüstung zu tregen... In perfektem Zwergisch fuhr Tika eine Stimme in die Parade, weiblich vom Tonfall her, spöttisch in der Betonung: "Mithril? Keinesfalls! Die Zwerge haben die ihnen eigene Art- und wir die unsrige. Wir schmieden Rüstungen und Waffen im eiskaltem Feuer... und das Ergebnis ist nicht Mithril! Es ist weitaus besser als Mithril!"
Tika wandte sich verblüfft der Sprecherin zu. Diese war ebenso von hünenhafter Gestalt wie die anderen neu eingetroffenen männlichen Gäste, sie wollte etwas sagen, doch die Frau kam ihr zuvor: "Rom- ein Apfelbaum. Faulende Äpfel an dsessen Zweigen. Es gibt jene- in Rom- die diese Fäulnis auszutreiben versuchen. Sollten diese scheitern, werden wir dafür sorgen, nicht mit Feuer und Schwert, sondern mit Kälte und Axt! Rom ist ein Apfel, überreif, gepflückt zu werden". Die Frau lächelte versonnen: "Wir Nordländer sind der Ansicht, dass der Apfelbaum und dessen Früchte verfault sind!. Die heilende Kur ist daher das Fällen des Baumes!"
Tika betrachtete mit fassungslosen Gesichtsausdruck die Frau, ihre Stimme versuchte Antworten zu geben, brachte mit piepsiger Stimme zumindestens etwas zustande: "Der Imperator gebietet über Legionen- seiner Soldaten. Über die Stadtwache- in Rom. Über die Palastwache- in seinem Palast!" Ein abschätziger Blick galt Tika, eine Antwort ward ihr zuteil: "Nenn mich Pandora. Mein wahrer Name ist das nicht, doch diesen offenbare ich Nichts und Niemandem. Des Imperators Legionen... werden wir in alle Winde zerstreuen. Die Stadtwache? Ist mit sich selbst beschäftigt, oder mit den Streitigkeiten der Provinzen untereinander. Die Palastwache? Wer, Kindchen, glaubst Du, hat uns denn Zugang zu Rom gewährt?"
Tika schluckte, es war gewiss nicht leicht, in dies eisblauen kalt starrenden Augen zu blicken und gelassen zu bleiben. Die Frau, die Pandora genannt werden wollte, schmunzelte: "Verlasse Rom, Tika, solange es Du noch kannst. Rom ist dem Untergang geweiht, es gibt viele, die dafür wirken. Sollten sie nicht obsiegen, sind es spätestens die Meinigen, die Rom barmherzige Erlösung gewähren!" Die Frau musterte Tika, ihr Gesicht versteinerte: "Der Daumen über Rom hat sich gesenkt, niemanden gibt es, der diesen für Rom erhebt. Gehe, nein, fliehe... solange Du noch kannst!"
Tikas Augen weiteten sich... verengten sich kurz darauf. Das hättest Du wohl gerne, Frau aus den Nordlanden? Tika wankt, weicht, flieht... nimmer! Sie musterte die Frau aus den Nordlanden: "Rom wird überleben. Egal, was Du glaubst! Rom ist unsterblich- ganz im Gegensatz zu Dir oder zu mir- oder dem Imperator. Der Imperator ist nicht Rom... Rom braucht keinen Imperator!" Tikas Lächeln ward zuckersüss: "Rom braucht auch nicht irgendwelche Nordlandbarbaren, die faule Äpfel pflücken wollen!"
Pandoras Gelächter durchdrang die Taverne: "Da hättest Du recht, wenn Rom mehr anzubieten hätte von Deiner Art. Doch sieh' Dich um in Rom... und zeige mir jene, die nicht von Fäulnis befallen!". Tika musste schlucken, sie hätte gerne widersprochen, doch sie wusste, dass es ihr nicht gelungen würde, Pandoras Worte Lügen zu strafen...
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