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Schlacht vor den Toren der RDA [RPG]
Anonymous

Gast

 
Beitrag #57
 
Der Geist des Wolfes wurde geblendet von einem strahlenden weißen Licht. Langsam, wie eine flüchtige Wolke Dampfes über einem Pferdeleib im Winter, glitt er aus seinem Körper und stand neben sich. Er blickte nach oben, von wo das Licht kam, aber es war nicht die Sonne, die er sah, sondern ein strahlendes Tor, das einen Sog verursachte. Ein süßes Locken, dem er gerne gefolgt wäre, aber etwas hielt ihn zurück!

Er blickte auf sich selbst hernieder: Ein Pfeil steckte in seiner Stirn und hatte ein dünnes rotes Rinnsal in sein Gesicht gegraben, das in seiner Kehlgrube endete und dabei war sie zu füllen. Die erstaunt aufgerissenen Augen starrten in den Himmel. Ein Funke der Erinnerung entsprang wie ein glimmender Splitter Feuerstein und verging wieder. An was nur erinnerte ihn das Bild?

Um ihn herum wogte noch immer die Schlacht. Eine Gruppe neuer Verteidiger jagte direkt durch ihn hindurch. Aber er verpürte nichts. So war es also, wenn man tot war?

Dennoch war ihm der Kontakt-, oder Nichtkontakt, mit seinen ehemaligen Feinden unangenehm. Als ob der Wunsch sich zu distanzieren einen geheimnisvollen Mechanismus ausgelöste hätte, schwebte er höher und sah das Schlachtfeld unter sich zurückbleiben. Eine Welle der Leichtigkeit durchtoste seine Seele und er ließ sie höher schweben. Sein Leib sah aus dieser Höhe aus, als würde er nur schlafen. Der Pfeil schien nurmehr wie ein Strich auf seiner Stirn, den ein unachtsamer Maler dort deplaziert hatte. Es wirkte von hier aus, als würde der ansonsten unversehrte Ritter nur schlummern.

Nun konnte er die linke Flanke übersehen: Eine große Zahl frischer Verteidiger hatte die Angreifer eingekesselt! Die Hälfte der angreifenden Armeen stand auf verlorenem Posten. Einer um den Anderen fiel und zum Schluss standen Wenige, Rücken an Rücken. Sie bluteten aus vielen Wunden und von der glänzenden Anmut ihrer ehedem wunderschönen Rüstungen war nichts als rotes Blut, grauer Staub und brauner Schlamm geblieben. Manche hatten sich um eine Standarte gescharrt, Andere um den dahingesunkenen Körper eines verwundeten Kameraden, oder eines getöteten Anführers.

Der bloße Gedanken an den Anführer brachte ihn zu Rehnus. Der stolze Feldherr lag in den Trümmern seines Tisches. Eine Lanze hatte ihn durchbohrt und auf den Boden genagelt, wie ein groteskes Insekt. Um ihn herum lagen wirr durcheinander die Mitglieder des Troßes. Als hätte sie ein riesiger Wind durcheinandergewirbelt und an den unmöglichsten Stellen achtlos fallen gelassen.

Die Karren lagen und standen da in allen Stadien der Verwüstung:
Abgebrannt, umgekippt, mit zerfledderten Planen, von Pfeilen gespickt und auf der Rückwand stehend, mit anklagend in die Höhe gereckter Deichsel. Der mutige Koch hatte sein Ende in seinen eigenen Erzeugnissen gefunden. Er lag, den Kochlöffel noch immer umklammert, in einer großen Lache Goulaschfleischbrocken und Linsen. Von seinem Gegner war nichts mehr zu sehen.

Die Kartäschenmannschaft, die erst so mutig das Tor aufgerammt, später dann mit ihrem zweiten Gerät den Angriff unterstützt hatte, lag kreisförmig um einen gro0en Haufen scharfkantigen Eisenschrottes herum. In dessen Mitte drängte sich der Anblick ihrer Belagerungsmaschine einem unwillkürlich auf. Doch die Maschine war verschwunden. Schleifspuren deuteten in die Richtung der rechten Flanke. Die Atelleristen sahen aus, wie gerufpte Vögel. In jedem Leib steckten ein gutes Dutzend Pfeile. Vornehmlich im Rücken. Wahrscheinlich hatte sie eine Gruppe von Bogenschützen von hinten überrascht. Irgendwie schien es gerecht, dass sie, die den anonymen Tod aus der Ferne gesandt hatten, nun von ihrem Tod aus der Ferne übermannt worden waren.

Sein Blick wandte sich hinüber zu dem Ziel ihres Einsatzes.
Das Südtor war verschwunden! Statt dessen gloste ein schwarzer Haufen Asche, verbogenen Metalls und zertrümmerter Steine an der Stelle, wo sich einst eine Passage in die Stadt befunden hatte.
Das Torhaus auf der linken Seite war abgebrochen und lag als Schutt innerhalb der Mauern. Die rechte Seite hing an einigen geborstenen Balken und bildete eine schiefe Ebene, die wie ein Zeigefinger auf den schwarzen Fleck des Tores deutete.

Die Wehrgänge waren übersäät mit Toten. Austrianische Uniformen herrschten vor, doch es lagen auch eiserne Wölfe und Reiter der Apokalypse in allen Stellungen, wild durcheinander auf den Treppen, Zinnen und Wehrgängen im Tode friedlich vereint. Weißer Qualm stieg aus der Stadt hinter ihnen auf und erzeugte die unwirkliche Illusion, dass die Kulisse der Vernichtung vor einer himmlischen Wolke stünde. Doch die weißen Schwaden rührten vom Löschwasser der Stadtbewohner her, die nun Ketten gebildetet hatten um die zahlreichen Brände in ihrer geschundenen Stadt zu bekämpfen.

Seine Seele wanderte weiter hinüber zum Nordtor.
Wie ein brennendes Fanal ihrer Niederlage, stand der Belagerungsturm des Zirkels des Lichtes vor der heruntergebrochenen Zugbrücke. Die Einfallstraßen der Stadt lagen so dicht mit Leibern übersäät, dass man das Pflaster nur stellenweise hervorlugen sah. Die Reiter der Apokalypse waren um mehr als die Hälfte dezimiert, wieder ausgerückt und hatten die Angreifer auf das Schlachtfeld vor der Stadt hinausgetrieben. Alle verbliebenen Streiter des Lichtes standen in der Morgensonne des folgenden Tages. Sie hatten nun mehr als einen Tag lang gekämpft und waren am Ende ihrer Kräfte.

Noch immer schlugen sie sich mit wenigen Feinden der ersten Stunde, aber hauptsächlich hatten sie es mit frischen Kräften zu tun, die es ihnen unmöglich machten sich zu sammeln oder gar zu formieren. In ihrem Rücken tauchte ein nicht enden wollender Strom von weiteren Verteidigern auf und warf sich sofort in die Schlacht.

Schon irgendwann in den Nachtstunden waren sie völlig eingekesselt worden. Nur sehr Wenigen gelang die Flucht und Vielen, denen sie wohl im Dunkel der Nacht noch möglich gewesen wäre, schien bereits der Gedanke daran zuwider. Die Idee der Finsternis zu weichen existierte in ihrem Glauben an das Gute, Schöne und die unendliche Kraft des Lichtes einfach nicht.

Er verweilte und sah zu, wie auch die Letzten noch fielen, während von den Verteidigern noch immer neue Kräfte herangeführt wurden. Obwohl es versprach ein wunderschöner Tag zu werden, war es dennoch ein grandioser Sieg für die Finsternis geworden.

Ein vertrautes Tuch weckte seine Aufmerksamkeit und plötzlich wußte er wieder woran er sich hatte erinnern wollen:

Ein paar blaue Augen, in einem anmutigen, aber unbekannten Gesicht!
Er wandte sich wieder dem Licht über sich zu.

Ob er sie dort wohl kennenlernen würde?

Tief in sich verspürte er eine Gewissheit, das es so sein würde und so schwebte er schneller werdend dem Licht entgegen und verging darin.

Ein Sonnenstrahl löste sich aus den morgendlichen Wolken und tastete über den verrutschten, schmutzigen Mantel eines namenlosen Streiters des Lichtes. Ein Büschel blonden Haares spitzte darunter hervor und glänzte ein letztes Mal auf, bevor es von einem Reitder der Apokalypse in den Staub getreten wurde. Für einen Moment lang hatte es ausgesehen, wie eine Antwort aus weiter Ferne.

Fine
28.07.2005, 10:23


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Schlacht vor den Toren der RDA [RPG] - von Anonymous - 27.07.2005, 01:40
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