Das Feuer war inzwischen fast heruntergebrannt und glühte nur noch leise vor sich hin. Sie hatte sich mit Absicht nicht für die Wache gemeldet, sondern sich statt dessem ohne ein schlechtes Gewissen dem Schlaf hingegeben. „Wenn sich die jungen Leute um die Wache reißen, umso besser,“ - das waren ihre Gedanken gewesen und so hatte sie sich neben Asil am Feuer bereitgelegt.
Trotzdem lag sie nun wach, obwohl der Morgen noch nicht angebrochen war. Besorgte Gedanken, die ihr selbst in ihren Träumen verfolgt waren, raubten ihr die letze Stunde Schlaf:
Ihre leichthin gestellte Frage war nicht ungehört geblieben. Ezekiel hatte ihr tatsächlich geantwortet, obwohl sie kaum damit gerechnet hatte. Seine Worte hatten sie jedoch in die Nachdenklichkeit gezwungen und so hatte sie geschwiegen, um über die ihnen verbliebene Möglichkeiten durchzugehen.
„Er hat Recht,“ stimmte sie nun, Stunden später, in Gedanken dem Engel zu. „Wir wissen nicht, wohin wir uns wenden sollen und das Portal hat uns keine weiteren Auftrag oder Richtung gegeben. Aber auch das letzte Mal wussten wir nicht, wohin wir uns wenden sollten und haben es doch geschafft. Jeder von uns war damals voll gerüstet, im Gegensatz zu der Truppe hier.“ K`Ehleyr lies vor ihrem inneren Auge ihre Gefährten Revue passieren. Wieder einmal dachte sie über die bunte Ansammlung der Gefährten nach und fragte sich, was ihre Aufgabe in Askaarel sein würden.
„Aber das Portal überlässt nichts dem Zufall,“ beruhigte sie sich anschließend selbst. „Einst waren wir eine Gruppe Krieger, alle voller Tatendrang und bis zu den Zähnen bewaffnet. Aber das war auch nötig gewesen. Doch jetzt – wenn das Portal Krieger gebraucht hätte – hätte es dann Traumtaenzer zu sich gerufen? Wohl kaum. Und doch – nun trägt er den Ring und hat damit eine der wichtigsten Aufgaben überhaupt inne.“
Die Kriegerin dachte an Tirgatao und ihre Wölfe nach. Individualistin, die sie war, tat sie sich offensichtlich schwer, ständig bei der Gruppe zu bleiben. Aber vielleicht war genau das, was die Gruppe brauchte? Jemand, der das Organisationstalent besaß, Pferde zu besorgen oder gegebenenfalls Jagdbeute mit ans Lager brachte. Zwar war ihr allein beim Gedanken, eine Ratte zu essen, das Würgen gekommen, aber die Wölfe würden doch wohl auch ein Reh oder etwas ähnlich Großes bezwingen? Außerdem war sich die Kriegerin sicher, dass die Wölfe einen Feind selbst in großer Reichweite wittern und sie alle warnen würden. Unentbehrlich wären sie dann für die Gemeinschaft, so unentbehrlich, wie es auch die Menschen sein würden.
Mometan waren die Tiere allerdings nicht am Feuer, doch das war etwas, was sie leicht verschmerzen konnte. Sobald sie nicht mehr für die Wölfe fremd waren, würde sich das vielleicht von alleine geben. Aber in diesem Moment – Wölfe, bis auf Ragnar, waren bis jetzt eher Jagdbeute für sie gewesen – solange sie sich nicht sicher war, ob die Begleiter der Amazone wirklich harmlos waren, würde es wirklich das Beste für ihre Gesundheit auch für die der Wölfe sein, wenn sie noch nicht zu engen Kontakt aufnahm.
Leises Murmeln aus ihrer Nähe ließ die Kriegerin schließlich die Augenlider heben. Leichte Verwirrung packte sie, als sie Eomer und Drakonia aneinandergekuschelt liegen sah.
„Verdammt, habe ich was verpasst?“ Ihre Gedanken purzelten übereinander. „Es wird doch wohl nicht schon wieder....?“
Sie sperrte sich gegen die Befürchtung und blickte statt dessen zu Tirgatao, die etwas abseits von ihrer neuen Stute angeknabbert wurde.
„Sie ist wieder da, das ist gut,“ Die Kriegerin musste nun doch heimlich lächeln. Wenn sie wieder einmal nach Themiscyra unterwegs sein würde, würde sie Lady Nelson eine Ratte mitbringen und so tun, als würde sie davon ausgehen, dass dies die Leibspeise der Amazonen wäre. DEN Spaß würde sie sich nicht nehmen lassen.
Halb aufgerichtet sah sie sich im Dunkeln um und versuchte dabei die Leiber den jeweiligen Menschen zuzuordnen. Ezekiel hielt Wache, seine Gestalt war ihr vertraut. Erleichterung und eine Art Befriedigung durchströmte sie. Wenn der Engel Wacht hielt, konnten sie wirklich beruhigt schlafen. Asil, die direkt neben ihr lag, schlief, genauso wie Traumtaenzer, der es sogar laut tat. Taktiker fehlte, doch er hatte sich bereits am Abend etwas abgesondert und das wiederum verwundete sie nicht sonderlich. Magier waren seltsam, Punktum und nichts, was sie taten, konnte sie erschüttern, höchstens verwundern oder ihren Ärger hervorbringen. Er würde wieder auftauchen, wenn er es für nötig hielt, auch dessen war sie sich sicher.
Beruhigt legte sich die Kriegerin zurück auf den harten Boden und schloss ein weiteres Mal die Augen. Trotz des Wissens, dass Ezekiel wachte, fiel sie in einen unruhigen Schlaf, der erst von ihr wich, als sich am Horizont das erste Morgenlicht zeigte.
Gleichzeitig mit Asil richtete sie sich auf, reckte sich und erhob sich, um ihre müden und schmerzenden Glieder Bewegung zu verschaffen.
„Bei den Göttern,“ murmelte sie hörbar. „Ein Bett, ein Königreich für ein Bett...“
Ein mitleidiger Blick glitt über Traumtaenzer, der zwar, wahrscheinlich dank des PAAlaktischer Donnergurglers, friedlich schlief, aber sich auf dem harten Boden garantiert auch nicht sonderlich wohl fühlte.
„Hatte er nicht gestern nach einem Helden gerufen?“ Leichte Schadenfreude stieg in ihr auf und sie ging zu dem Bauern, um ihn sanft an der Schulter zu wecken.
„Aufstehen, Traumtaenzer, heute werden deine Träume wahr – wir bilden dich zu einem Helden aus.“
Dem Klang und Inhalt ihrer Worte zum Trotz meinte sie es durchaus ernst damit. Sie alle hatten noch einen weiten Weg vor sich und sie mussten garantiert irgendwann einmal schnell dabei sein.
Es blieb dem Bauern nichts anderes übrig: er musste reiten lernen. Und zwar heute und hier.
|