Beitrag #6
Während er wartete kamen die Gedanken wie gefürchtet. Was, wenn irgendetwas passieren würde? War es nicht normal in Kämpfen ein bis zwei GLiedmaßen zu verlieren? Oder gar den Kopf? War das Duell sicher? Was, wenn es hier auf Leben und Tod ging? Unsinn! Hier kämpfte niemand bis zum bitteren Ende. Und was, wenn solche Unfälle nur stets geheimgehalten wurden? In den alten Zeiten waren Gladiatorenkämpfe keine Sportart. Es kämpften Männer um ihr Leben! Das hatte er von seinem Lehrer gelernt. Heute war es eine Sportart. Doch war sie wirklich sicher? Es gab auch in anderen Sportarten Unfälle. Nur dort waren sie sicherlich nicht so fatal wie hier. Oder doch?
Er philosophierte noch eine Weile darüber nach, welche Sportart wohl die gefährlichsten Unfälle hervorbringen konnte. Alles in allem machte er sich selbst nur mehr und mehr Angst. Ihm kamen Szenarien in den Sinn, die wohl nahezu unmöglich waren, aber an Wirklichkeit in seinen Gedanken kaum zu übertreffen waren. In seinem Kopf kreisten die Gedanken. Allerlei Unfälle und die daraus resultierenden Folgen; einfach alles mögliche, was ihm einen SChaden hätte zufügen können kam ihm in den Sinn.
Als Xardas dann kam war er heilfroh, dass jemand ihn aus seinen Gedanken riss. Er hasste es. Er war schon immer so. Viele sagten ihm, er sei intelligent, aber wenn seine hohe EInbildungskraft eine Folge seiner Intelligenz war, wäre er lieber dumm wie ein Stück Brot. Dann müsste er sich um nichts Sorgen machen. Wieso verlor er sich so schnell in Gedanken? Und schon wieder fing er damit an! Was wollte er denn noch alles bedenken? Wollte er noch darüber nachdenken, was passieren würde, wenn die Götter ihn bestrafen würden? Kaum hatte er diesen Gedanken gefasst kam der nächste: Was, wenn sie ihn wirklich bestrafen würden? Schluss! Er wollte nichtmehr denken. Er wollte nach Hause. Er wollte nicht in diesem sandigen Kreis des Todes stehen. Er wollte einfach nichtmehr hier sein. Doch es war zu spät. Das merkte er, als sein Mitstreiter ihm die Hand gab. Er grüßte Xardas kurz zurück und sah, dass bereits seine Gegnerin in der Nähe stehen.
Wie konnte er sie nur übersehen? Ok, sie war etwas kleiner, als erwartet, dafür aber um einiges stämmiger. Sie erinnerte ihn irgendwie an die Erzählungen über Zwerge, aber er hatte noch nie welche gesehen. Er war immer in seiner Kammer und hat allerlei Kram gelernt, oder hat irgendwo irgendwelche kleinen Arbeiten erledigt, um sich Schriftrollen und Schreibtafeln leisten zu können. Sein Hobby, sein Wissen aufzubessern, und insgeheim selbst hier und dorteinmal etwas aufzuschreiben, war kein billiges. Er konnte sich nach wochenlanger Arbeit kaum eine einzelne Schriftrolle leisten. Vielleicht hatte er ja deswegen die Wette seiner Freunde angenommen. Sie hatten Geld, sie hatten es zu etwas gebracht, und sie waren sehr spendabel, wenn sie sich amüsierten. Manchmal fühlte er sich elend, wenn er nachdachte, dass er sich bei seinen Freunden schon öfters durchschnorren musste. Aber dafür neckten sie ihn auch genügend. Doch genug über seine Freunde und sein Leben gedacht, er musste hier noch etwas anderes tun.
Als er sich selbst aus den Gedanken riss hörte er gerade noch das Ende der Worte Iyas.
Beerdigung? Welche Beerdigung? Seine Beerdigung? Aber er war doch noch nicht tot! Oder wird er es bald sein? Wäre er nicht in einer solchen Situation gewesen hätte er wohl mit den Knien geschlottert. Doch er tat es nur innerlich. Von außen betrachtet stand er ruhig da, das Schwert in der linken Hand so weit wie möglich gen Boden gesenkt, denn der Handschutz lies ihn das Schwert nicht wirklich senken. obwohl er seinen Arm hängen lies streckte es sich fast im 90° Winkel Richtung Gegnerin.
Ihre Augen machten ihm Angst. War es Zorn? Oder was flackerte da in ihrem Blick? Oder war es gar der Wahnsinn? Halluzinierte sie? Nein, das wäre nicht gut, er hörte auf so zu denken. Zumindest gab er sich alle Mühe.
Er versuchte sich an die Geschichte der Gladiatorenkämpfe zu erinnern. Was war alles so erlaubt? Was konnte man machen? Was führte zum Sieg? Was war ein Garant für die Niederlage? Was gab es für kampftechniken mit dem Schwert?
Sicher, er hatte all dieses Zeug schon x-mal gelernt, aber er hatte doch nie gedacht, dass er selbst einmal Gladiator spielen würde.
Sein Lehrer würde wohl einen enttäuschten Seufzer von sich geben. Seine Freunde jedoch sich totlachen.
Ihm kam eine Idee. Emotionen! Es gab Kämpfe, in denen ein Gladiator seinen Konkurrenten bereits vor dem kampf zum aufgeben bewegen konnte. Es war üblich bei den Gladiatoren sich gegenseitig zu verspotten und zu verhöhnen. Er wollte nicht kämpfen. Er wollte hier weg.
Er wollte einmal im Leben etwas riskieren. Er hatte keinerlei Übung, aber er wollte den Kampf umgehen. Er versuchte so gut wie möglich Iya zu verspotten. Er richtete sich zu seinner vollen Größe auf - mit 1,84 Metern nicht unbedingt der Größte, jedoch war er auch nicht der kleinste, und er hoffte, wenigstens etwas ausstrahlen zu können - und er setzte ein arrogantes Gesicht auf, und mit aller Gewalt wollte er seine Gedanken zur Überheblichkeit zwingen, um den passenden Ausdruck der Augen zu bekommen. Er hatte es oft genug gesehen, wie die hohen Herren die armen Bettler auf der Straße anstschauten. Von oben herab, als wären sie Götter, der Bettler nur ein Insekt. Er schaffte es, einen Teil seiner Gedanken auf Überheblichkeit abzustimmen, doch im Hinterkopf dachte er, leider, immernoch seine "normalen" Gedanken. Es war etwas wie eine Spezialität von ihm. Er konnte manchmal zwei Dinge gleichzeitig denken, doch das half ihm hier wenig. Er hoffte, er hatte jetzte eine überhebliche Pose angenommen, und die Worte sprudelten aus seinem Mund:
"Soo...," er sprach es langezogen und in einem verächtlich spöttischen Tonfall aus, "ihr seid also diese...," er tat, als würde er nachdenken, "diese... Iya Insania Erzdreck?" Ein verächtliches Lächeln stahl sich auf seine Lippen. "Ein schöner Name. Sicherlich passend zu Euch. Ihr habt sicherlich viel mit dem Schmutz unter euren Füßen gemein. Seid ihr etwa verwandt? Euer Name lässt darauf schließen. Nebenbei bemerkt..." sprach er aus, als fiele es ihm gerade erst ein, "ich glaube, die ganze Szene hier ist eine Schande. Eine Schande für die Zuschauer. Wie könnt ihr es wagen, euch vor die Augen der Zuschauer zu wagen? Sie werde noch geblendet nach Hause gehen, denn eure 'Schönheit'," er spuckte das Wort geradezu aus, "ist eine Beleidigung für den Guten Geschmack!" In seinem Hinterkopf pochte es. Warum sagte er das? War das wirklich das richtige? er hoffte, sie würde möglichst schnell zusammenbrechen, damit er aufhören konnte. Er wusste nichteinmal, woher all seine Worte kamen, aber sie quollen aus ihm heraus, wie das Wasser aus einer Quelle. "Apropo Aussehen, ihr erinnert mich an Geschichten, die ich gehört habe. Es ging darin um kleine hässliche warzige Wesen, die nichts anderes taten als wie ein Stück Dreck in der Gegend herumzuliegen und die Vorbeigehenden zu belästigen. Was waren das nocheinmal für Wesen? Zwerge? Nein, ich glaube, Zwerge sind diese Dreckbuddler, die vermutlich in ihren eigenen Minen verschüttet werden. Da fällt mir ein, habt ihr nicht etwas von einer Beerdigung erzählt? Ich weiß ja nicht, ob Zwerge beerdigt werden, aber ich glaube, wenn sie in der Erde verrotten sind die besser aufgehoben. Sagt, seid ihr vielleicht mit einem Zwerg verwandt? Es wäre eine Schande, mit ihnen verwandt zu sein, aber es würde eurer Aussehen erklären. Ach genau, kommen wir zurück zur Beerdigung. Wer ist denn verstorben? Eure ehrenwerte Mutter? Euer ehrenwerter Vater?" Er sprach das Wort 'ehrenwert' mit beinahe übertriebener Verachtung aus. Ihr allmächtigen Götter! Er übertrieb es wirklich. WIe konnte er sich nur auf soetwas einlassen? Es war sicher, in en nächsten Minuten geköpft zu werden, und dann selbst in einer Mine verschüttet zu werden. "Es wäre sicherlich nur eine Zeitverschwendung auf eine solche Beerdigung zu gehen. Pluto wird sie wahrscheinlich sowieso wieder aus der Unterwelt werfen. Wer will schon solche Personen in seinem Reich? Ich an seiner Stelle würde nicht anders handeln, also wartet einfach bis derjenige, der begraben wird wieder aufersteht. Euer kümmerliches Leben würde es sicherlich um eine Nuance erreichern. Den anderen wäre es sowieso egal. Nein, ihr seid vollkommen egal. Das einzige, wofür ihr wohl gut seid ist es, schwachsinnige Kämpfe zu kämpfen. Ich hoffe, ihr werdet eines Tages dabei draufgehen!" Innerlich fühlte er sich elend wie nie. Er hatte noch nie wirklich jemanden beleidigt, und jetzt versuchte er gleich, jemanden damit zum aufgeben zu bewegen. Es war zum Haareraufen. Am liebsten wäre er selbst jetzt geflohen, aber er konnte nichtmehr. Er würde nichtnur als Feigling dastehen. Er würde ein neues Wort erfinden müssen um seinen Status zu beschreiben. Ebenso hatte er das Gefühl, er hatte den Bogen überspannt. Iya würde wohl nicht fliehen, sondern ihn gleich hier und jetzt enthaupten! Soviel zu seinen Gedanken über den Tod bei einem Duell. Wenn er es vorher nur vermutet hatte war er jetzt beinahe sicher, dass er hier sterben würde. Wie konnte er sich nur auf so etwas einlassen? Er hatte Angst. Nichteinmal sein kleiner Teil überheblicher Gedanken war mehr geblieben. Äußerlich sah er wohl immernoch überheblich aus, aber seine Augen passten wohl nichtmehr ins Bild. Ihm war gräßlich zumute...
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