Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 5 Gast/Gäste
Triton's Destiny
Anonymous

Gast

 
Beitrag #1
Triton's Destiny
OOC: Also, ich hab leider keine Zeit gehabt die Geschichte zu beenden. Es gibt hier quasi nur den Prolog und einen Teil des ersten Kapitels zu lesen. Da ich aber gerne mit abstimmen möchte, gebe ich euch schweren Herzens diesen Teil meiner Geschichte dann doch schon mal zum lesen. Auch wenn ich noch nicht so ganz damit zufrieden bin, aber egal. Ich will mit abstimmen dürfen ^^
----------------------------------------

"So, du möchtest also eine Geschichte erzählt bekommen?" wollte ich von meinem Gegenüber wissen. Der kleine Kerl nickte eifrig und sah mich aus seinen großen Augen an. Ich grinste und nahm einen Schluck aus meinem Bierkrug. "Gut, ich werde dir eine Geschichte erzählen. Es ist eine... Gespenstergeschichte. Also beklag dich hinterher nicht, wenn du Albträume hast." meinte ich. Mein Gegenüber sah mich mit einem Blick an der wohl besagen sollte "Als ob mir eine einfache Geschichte Angst einjagen könnte". Nun, mir jagde die Geschichte, die ich ihm nun erzählen würde, regelmäßig eiskalte Schauer den Rücken hinunter. Denn im Gegensatz zu vielen meiner sonstigen Geschichten, war diese hier wirklich wahr....



"Sei eins mit deinem Schwert. Sei eins mit deinem Gegner. Sei eins mit der Umgebung. Sei eins mit dir selbst." Wie in jedem Duell mit seinem Ziehvater gingen Morgan diese Worte durch den Kopf. Von Kindesbeinen an hatte man sie ihm eingeprägt und er hatte sie sich zu Herzen genommen. Leichter Regen benetzte sein Gesicht, lief ihm in den Kragen. Doch Morgan achtete nicht darauf. Ruhig atmend fixierte er seinen Gegner. Trystan Hanlan, High Investigator in der Armee der römischen Grenzlande, sein Ziehvater und der einzige Mensch, der ihn regelmäßig in Duellen besiegte. Doch heute würde er Trystan schlagen, dessen war Morgan sich sicher. Sein Bastardschwert ruhig mit beiden Händen vor sich haltend, machte er einen tastenden Schritt auf seinen Ziehvater zu. Morgan spürte jede Unebenheit des durchnässten Bodens und passte sich ihr an, um nicht die Ballance zu verlieren. Ein Bild erschien vor seinem inneren Auge, von einem längst vergangenen Tag. Damals hatte er auf regennassem Boden seinen Halt verloren. Ohne zu zögern hatte sein Ziehvater diese Schwäche ausgenutzt und wieder einmal eines ihrer Duelle für sich entschieden. Früher hätte Morgan unwirsch den Kopf geschüttelt, um die ungewollte Erinnerung aus seinem Kopf zu vertreiben. Doch dieser kurze Moment der Unaufmerksamkeit hätte einem erfahrenen Schwertkämpfer wie Trystan schon genügt, um den Kampf mit einem schnellen Angriff zu gewinnen. Aufmerksamkeit seinem Gegner und der Umgebung gegenüber und Konzentration waren lebenswichtig für einen Krieger. Zumindest für einen, der ein langes und erfülltes Leben haben wollte. Das hatte Morgan in vielen, teils schmerzhaften Lektionen von seinem Ziehvater gelernt.

Auch Trystan machte einen Schritt auf Morgan zu, die Schwerter der Kontrahenten berührten sich nun fast. Ein angespanntes Lächeln lag auf Trystan's Lippen. Ahnte sein Ziehvater etwa schon, daß er das heutige Duell verlieren würde? Morgan beobachtete ihn genau. Keine noch so kleine Bewegung entging seinen scharfen Augen. Da, war das Schwert seines Ziehvaters nicht eine Kleinigkeit zu weit links von der eigentlichen Idealposition? Das konnte ihm bei einem Angriff einen kleinen Vorteil verschaffen. Was ihm jedoch definitiv einen Vorteil verschaffen würde, war der kleine Regentropfen, der langsam an der Stirn seines Ziehvaters hinunter lief. Wenn Morgan sich nicht täuschte, würde der Tropfen genau in Trystan's rechtem Auge landen. Wenn er den Tropfen nicht vorher abwischen würde. Das würde jedoch bedeuten, daß sein Ziehvater seine Aufmerksamkeit von Morgan ab und dem Regentropfen zuwenden würde. Welches der beiden Szenarien auch immer eintreffen würde, es könnte Morgan den Vorteil verschaffen, der ihm diesmal den Sieg einbrächte. Millimeter für Millimeter bahnte sich der Regentropfen seinen Weg an Trystan's Stirn hinab. Morgan war gespannt wie ein Leopard kurz vor dem Sprung. Noch war nicht der richtige Moment für einen Angriff. Noch mußte er sich gedulden.

Morgan machte einen weiteren Schritt auf Trystan zu und legte seine Klinge sanft gegen das Schwert seines Ziehvaters. Noch lag kein Druck in der Bewegung, es war mehr wie die zärtliche Berührung zweier Liebenden. Es würde jedoch nur noch wenige Sekunden dauern und aus der Zärtlichkeit würde Gewalt werden. Der Regentropfen erreichte Trystan's Augenbraue und blieb dort, direkt über dem rechten Auge, hängen. Für den Bruchteil einer Sekunde wandte er seine Aufmerksamkeit von Morgan ab, um mit einem kurzen Zukneifen des Auges den Regentropfen von der Braue zu schütteln. Darauf hatte Morgan nur gewartet! Mit einem kurzen Schlag seines Schwertes fegte er die Klinge seines Ziehvaters bei Seite. Ohne zu zögern machte er einen Schritt nach vorne, zog dabei seine Klinge einfach in der Bewegung mit, wodurch sie auf dem Hals seines Ziehvaters zum liegen kam.
14.05.2007, 20:04
Anonymous

Gast

 
Beitrag #2
 
"Gut gemacht, Morgan!" brummte Trystan anerkennend und ließ seine Klinge sinken "Du hast genau den richtigen Moment abgepasst. Ich hatte nicht den Hauch einer Chance." Auch Morgan senkte nun sein Schwert und schob es unzeremoniell in die Scheide an seinem Gürtel zurück. "Es war einfach nur Glück, Vater." erwiderte er ruhig und nahm einen tiefen Atemzug. "Das war kein Glück, mein Sohn, du hast nur endlich verstanden, daß man Geduld haben muß, um seinen Gegner zu besiegen." sagte Trystan und klopfte seinem Ziehsohn auf die Schulter "Ein Duell zwischen gewöhnlichen Schwertkämpfern kann sich über Minuten hinziehen, während sie langsam die Fähigkeiten des Anderen austesten und dann irgendwann den tödlichen Schlag anbringen. Zwei Schwertmeister werden sich lange einfach nur gegenüberstehen und erst den Kampf im Geiste austragen. Der Verlierer dieses Kampfes wird dann auch den richtigen Kampf verlieren." Morgan nickte verstehend. Er hatte schon früh gelernt, daß viele Duelle nach einem einzigen Angriff zu Ende waren. "Ich habe lange darauf gewartet und obwohl ich gehofft hatte, daß es noch etwas länger dauert, ist es nun endlich soweit... Der Schüler hat seinen Meister besiegt. Ich kann dich nichts mehr lehren, Morgan." meinte Trystan und ging langsam in Richtung seines Zeltes "Auf deine Weise bist du ein guter Soldat, aber du bist nicht für dieses Leben geschaffen, deine Talente sind hier verschwendet. Du mußt fortgehen mein Sohn!"

Morgan blieb stehen und blickte Trystan verblüfft an. "Das.. das..." stotterte er verwirrt "Wieso?" "Auch sein Ziehvater blieb nun stehen. "Wie ich schon sagte, ich kann dich nichts mehr lehren. Und erzähl mir nicht, du wärest hier glücklich. Du brauchst mehr Freiheiten, um deine Fähigkeiten voll zu entfalten. Das ist hier nicht möglich. Aber das macht nichts, denn deine Ausbildung ist beendet. Du bist nun fast ein vollwertiger Investigator, zumindest erlaube ich dir jetzt schon, diesen Titel zu tragen!" "Ein Investigator? Ich?" wollte Morgan wissen "Ist das dein Ernst?" Sein Ziehvater nickte. "Es ist schon alles vorbereitet. Deine Sachen sind gepackt, dein Pferd gesattelt und deine Entlassungspapiere unterschrieben. Du kannst und wirst sofort nach Ravenhurst aufbrechen, wo du die Investigatorweihe erhalten wirst!" Morgan runzelte die Stirn. Trystan schien alles genau geplant zu haben, dies war keine spontane Entscheidung, weil er heute das Duell verloren hatte. "Aber was soll ich jetzt tun?" fragte Morgan und schüttelte unwirsch den Kopf "Mir gefällt mein Leben so wie es ist."

Hanlan verpasste ihm einen leichten Schlag auf den Hinterkopf und knurrte:" Erstens: Du tust gefälligst, was ich dir als dein Vater und Vorgesetzter sage! Zweitens: Lüg mich nicht an! Ich weiß genau, daß du keine Lust hast, stupide auf irgendeinem einsamen Grenzlandposten der Armee zu versauern. Du brauchst das Abenteuer, den Nervenkitzel. Und Drittens: Als du noch ein kleiner Junge warst hast du mir einmal gesagt, du möchtest ein Investigator werden. Soweit ich weiß, hat sich an diesem Wunsch nichts geändert. Als High Investigator ist es mir erlaubt, Investigatoren auszubilden. Genau das habe ich bei dir von Anfang an getan. Doch nun kann ich dich nichts mehr lehren. Du bist gut, Morgan, aber du kannst trotzdem noch viel lernen. Unter anderem das taktische Verständnis für eine Kampfsituation. Du folgst einfach nur deinem Instinkt, aber irgendwann wirst du mit deiner Art zu kämpfen an deine Grenzen stoßen. Nämlich dann, wenn du auf einen Gegner triffst, der nicht nur seinen Instinkt, sondern auch sein taktisches Verständnis nutzt..."
14.05.2007, 20:06
Anonymous

Gast

 
Beitrag #3
 
Langsam ging Trystan weiter. Morgan folgte ihm auf dem Fuße. "Es wird einfach Zeit, daß du auf eigenen Füßen stehst. Du brauchst mich nicht mehr. Du bist wirklich alt genug, um auf dich selbst aufzupassen." "Genau, ich kann schon auf mich selbst aufpassen." brummte Morgan, schob trotzig die Unterlippe vor und verhakte die Daumen hinter seinem Schwertgürtel. Hanlan lachte hart. "Du wirst viel Freude in der Welt dort draussen haben Sohn!" Morgan spielte weiter den Beleidigten, trat gegen einen Kieselstein. "Da ich dich eh nicht von deinem Entschluss abbringen kann, werde ich deine Entscheidung akzeptieren." seufzte er ergeben. Innerlich jubilierte Morgan jedoch. Sein Traum würde wahr werden. "Dann werde ich eben ein Geisterjäger...“

Erneut bekam Morgan von seinem Ziehvater einen Schlag auf den Hinterkopf. Morgan zog den Kopf zwischen die Schultern. "AUTSCH! Wofür war das nun schon wieder!?" "Für zukünftige Verfehlungen!" erwiderte Trystan und grinste schief "Ab jetzt werde ich dir ja nicht mehr über die Schulter schauen können... Außerdem solltest du etwas mehr Respekt vor deiner neuen Aufgabe haben. Du bist kein Geisterjäger. Du bist Investigator! Zumindest, wenn du die Weihe hinter dir hast." Sie hatten Trystans Zelt nun erreicht und Hanlan verschwand kurz im Inneren. "Hier sind deine Papiere und eine Karte, damit du den Weg findest." sagte er, als er wieder erschien und drückte Morgan einige versiegelte Dokumente in die Hand "Sie werden in Ravenhurst beweisen, daß du den heiligen Schrein betreten und die Weihe erhalten darfst. Das ist alles, was ich noch für dich tun kann. Du bist nun auf dich allein gestellt..." Morgan kaute auf seiner Unterlippe herum. Einerseits liebte er die Herausforderung, andererseits war er in letzter Zeit etwas bequem geworden. Doch mit der Bequemlichkeit war es nun wohl vorbei. Morgan wußte nichts über das Leben eines reisenden Investigators, aber es würde bestimmt nicht einfach werden. Geister und Dämonen zu jagen war nun einmal keine einfache Aufgabe...

Morgan wußte überhaupt nur wenig über das Leben und die Aufgaben eines Investigators. Sicher, die anderen Soldaten im Lager erzählten manchmal Abends am Lagerfeuer irgendwelche Schauergeschichten. Und wenn jemand das darin vorkommende Ungetüm endgültig ins Jenseits beförderte, dann war das immer ein Investigator, Streiter gegen Gespenster, Untote und sonstiges Höllengezücht. Morgan wußte nur, dass sein Ziehvater ein relativ ruhiges Leben hier bei der Truppe hatte, gut verdiente und immer der Mann gewesen war, dem Morgan nacheifern wollte. Was blieb ihm also anderes übrig, als ebenfalls Investigator zu werden?

Mit einem leisen Knurren straffte er sich. Er würde seinen Ziehvater stolz machen. Das war er ihm schuldig. "Ich kann an dem trotzigen Ausdruck in deinen Augen erkennen, dass du die Herausforderung annehmen wirst. Schön!" meinte Trystan und klopfte ihm kameradschaftlich auf die Schulter "Du weißt, dass ich nichts von langen Abschieden halte. Außerdem hast du noch einen weiten Weg vor dir. Deshalb machen wir es kurz und schmerzlos. Ich wünsche dir viel Glück Morgan. Denk immer an die Dinge, die ich dich gelehrt habe und vielleicht findest du ja neben deinen Aufgaben etwas Zeit, mich per Brief über deine Fortschritte zu unterrichten."

Morgan schluckte schwer. Er hatte mit einem schnellen Abschied gerechnet, aber nicht mit einem so schnellen. "Leb... leb wohl Vater." stammelte er "Ich... ich danke dir für alles, was du für mich getan hast." Trystan schwieg und blickte Morgan traurig an. Lange blieb er jedoch nicht still, denn Hanlan sagte nach kurzer Zeit: "Von anderen Vätern hättest du nun vielleicht ein schönes Schwert als Geschenk bekommen, mit dem du in der Welt angeben könntest. Ich denke jedoch, dein Schwert und du, ihr habt schon zu viel durchgemacht. Es ist ein einfaches, aber gutes Schwert und deshalb solltest du dich nicht einfach von ihm trennen müssen. Doch ein gutes Pferd sollst du von mir bekommen. Investigatoren brauchen gute Pferde..." Morgan nickte und erwiderte schleppend: "Es ist mehr, als ich zu hoffen gewagt hätte, Vater." Trystan lächelte schwach und brummte: "Geh jetzt, ich habe dich schon lange genug mit meinem Geplapper aufgehalten." Ohne ein weiteres Wort drehte Hanlan sich um, verschwand in seinem Zelt und ließ Morgan allein zurück.
14.05.2007, 20:07
Anonymous

Gast

 
Beitrag #4
 
Mit einem letzten Blick auf das Zelt seines Ziehvaters drehte Morgan sich um und machte sich auf den Weg zu seiner eigenen Unterkunft, die er sich mit drei anderen Gruppenführern teilte. Es kam ihm vor, als wäre es erst vor wenigen Tagen gewesen, daß Trystan ihn zum Regimentstrommler ernannt hatte. Morgan war damals 4 Jahre alt gewesen. Es war die erste Erinnerung, die ihm aktiv ins Gedächtnis kam. Es hatte etwas gedauert, bis der kleine Morgan in der Lage gewesen war, im Marschtakt der Truppen die Trommel zu schlagen, aber er hatte es, zur Freude seines Ziehvaters und seiner eigenen, doch gelernt. Freudige Erinnerungen an tagelange Märsche durch die Grenzlande, immer begleitet vom Klang seiner eigenen Trommel und dem fröhlichen Gesang der Legionäre, kamen ihm in den Sinn.

Doch dann kam der Augenblick, an dem er sich entscheiden mußte. Wollte er weiter nur die Trommel schlagen oder wollte er das Handwerk seines Ziehvaters erlernen, den er damals noch für seinen leiblichen Vater gehalten hatte. Morgan entschied sich für den Weg seines Ziehvaters, den Weg des Schwertes. Er war damals 7 Jahre alt gewesen, voll von Träumen nach Ruhm, Ehre und großen Heldentaten. Doch schnell hatte er lernen müssen, daß es nun vorbei war, mit der unbeschwerten Zeit. Trystan war zwar ein hervorragender Lehrer, aber auch ein Strenger. Ein ums andere Mal hatte Hanlan ihn nach dem Training mit dem Rohstock geschlagen, wenn Morgan eine Übung nicht zu seiner Zufriedenheit ausgeführt hatte.

Morgan ballte die Faust bei dem Gedanken daran. Nicht alle Narben auf seinem Rücken stammten von Disziplinarstrafen aus seiner bisherigen Zeit bei der Armee. Einige waren auch von damals. Morgan hatte nie wirklich verstanden, warum Trystan so gehandelt hatte. Vermutlich war Hanlan der Ansicht gewesen, Schläge würden Morgan hart machen. Trystan hatte Recht gehabt, jedoch mußte Morgan das noch lange nicht gefallen.

In den darauf folgenden Jahren verlor Morgan auch den letzten Rest seiner kindlichen Unschuld. Viel zu schnell wurde er erwachsen. Zwar nicht unbedingt körperlich, aber geistig. Anstatt wie andere Kinder in seinem Alter mit einem Ball zu spielen, übte Morgan sich im Kampf. Wenn andere Kinder weinend bei ihrer Mutter saßen, weil sie sich beim Spielen verletzt hatten, saß Morgan beim Feldarzt und ließ seine Wunden versorgen. Während andere Kinder im Versteckspiel nur ein Spiel sahen, so war es für Morgan eine Vorbereitung auf sein zukünftiges Leben als Soldat und Investigator.

Mit 14 Jahren trat er in den aktiven Dienst ein, als einfacher Legionär. Trystan war der Meinung, er müsse sich seinen Rang verdienen und ihn nicht durch Beziehungen erhalten. Morgan war ebenfalls dieser Meinung gewesen und hatte fast übermenschliche Anstrengungen unternommen, um den hohen Erwartungen seines Ziehvaters gerecht zu werden.
14.05.2007, 20:10
Anonymous

Gast

 
Beitrag #5
 
Morgan schlenderte weiter durch das Lager, hier und dort ein bekanntes Gesicht grüßend. Bald würde er unter Fremden sein. Wie an seinem Fünfzehnten Geburtstag, als Trystan mit einem Satz Morgans Leben auf den Kopf gestellt hatte. Der Tag hatte ganz normal begonnen. Morgan war noch vor Sonnenaufgang aufgestanden und hatte den ihm zugeteilten Wachdienst übernommen, als Hanlan plötzlich neben ihm aufgetaucht war. Da sie allein gewesen waren, hatte Morgan nicht salutiert, sondern Trystan nur mit einem kurzen "Hallo Vater" begrüßt. Dessen ebenso knappe Antwort war: "Ich bin nicht dein Vater!" Dann war Trystan ohne ein weiteres Wort gegangen. Mit offenem Mund stand Morgan auf seinem Posten, hin und her gerissen von der Notwendigkeit, seine Pflicht als Wache zu erfüllen und dem Drang, Hanlan zu Rede zu stellen. Das Pflichtgefühl siegte, wenn auch nur knapp. Als seine Wache zu Ende gewesen war, war Morgan jedoch sofort in Trystans Zelt gestürmt und hatte ihn zur Rede gestellt. "Du bist nun alt genug, um die Wahrheit zu erfahren. Wie ich schon sagte, ich bin nicht dein Vater. Dein leiblicher Vater übertrug mir die Aufgabe, dich zu erziehen. Warum... Das mußt du schon selbst herausfinden. Ebenso, wer dein leiblicher Vater ist. Anhaltspunkte hast du schon genug, du mußt sie nur erkennen." erklärte Hanlan ihm kalt und teilte ihn erneut zur Wache ein.

Morgan knurrte wütend, als er sich daran zurück erinnerte. Seine ganze Welt war auf einmal über ihm zusammengebrochen. Er hätte in diesem Moment jemanden gebraucht, mit dem er hätte reden können. Doch da war niemand gewesen. Keine Mutter, kein Vater, keine guten Freunde. Morgan hatte die Situation allein meistern müssen und genau das hatte er getan. Er hatte sich noch mehr in sein Leben als Soldat verbissen, hatte nicht nach seinem richtigen Vater gesucht und mit 16 war es endlich soweit, er wurde auf einen Schlag vom gemeinen Soldaten zum Tesserarii befördert. Er würde nie den Stolz in Trystans Blick vergessen, als er Morgan die Rangabzeichen ansteckte. Es war einer der schönsten Momente in Morgans Leben...
14.05.2007, 20:12
Anonymous

Gast

 
Beitrag #6
 
"Sör... Sör!" erklang da eine jugendliche Stimme. Morgan schob den Gedanken bei Seite und drehte sich um. Ein etwa 8 Jahre alter Junge mit Strubbelkopf kam auf ihn zugerannt. "Euer Pferd und eure Sachen sind schon an der Koppel, Sör!" rief der Kleine. Morgan gab ihm mit einem Wink zu verstehen, er möge voraus gehen. "Gerne Sör. Darf ich etwas sagen? Ihr habt da ein wirklich schönes Tier, Sör!" sprudelte es aus dem Jungen hervor, "Eines Lords würdig, wenn ich das so sagen darf. Oh ja, Sör, es ist wirklich ein prächtiges Tier!" Morgan schmunzelte. So enthusiastisch war er auch einmal gewesen. Doch das war Jahre her. Das war bevor er Optio geworden war...

Er erinnerte sich an diesen Tag, als wäre es gestern gewesen. Morgan war, zusammen mit einem kleinen Spähtrupp, dem er zugeteilt gewesen war, durch ein dichtes Waldstück geritten. Wie aus dem Nichts war eine schwer verwundete junge Frau vor ihnen aufgetaucht. "Bitte helft mir, der Schlachter und seine Freunde sind hinter mir her" meinte die Frau und hatte sich an Morgans Bein geklammert. Anstatt zu fragen, warum die Frau verfolgt wurde, hatte der Gruppenführer nur verdutzt wissen wollen: "Ihr werdet von dem Schlachter verfolgt? Warum nennt man ihn den Schlachter?" "Weil er von Beruf Schlachter ist..." kreischte die Frau. "Wir werden euch beschützen!" versprach Morgan, als die Frau sich mit vor Schreck weit aufgerissenen Augen an die Brust griff. Eine blutige Pfeilspitze ragte aus ihrem Brustkorb hervor. Sie sah Morgan traurig an, Blut sprudelte aus ihrem Mund hervor, dann brachen ihre Augen und sie sank langsam zu Boden. Aus einem Reflex heraus, ließ Morgan sich vom Pferd fallen, was sich als die richtige Entscheidung erwies. Denn keine Sekunde später traf ein weiterer Pfeil den Gruppenführer und warf ihn aus dem Sattel. Dann war es wieder ruhig. Obwohl sie sofort die nähere Umgebung abgesucht hatten, hatten sie den Mörder nie gefunden. Morgan führte den Spähtrupp daraufhin sofort zurück in den Stützpunkt, um Bericht zu erstatten. Wegen seiner besonderen Leistung im Feld, die Morgan für alles andere als besonders hielt, wurde er zum Optio befördert. Das war an seinem Neunzehnten Geburtstag gewesen. Und noch immer verfolgten ihn die vor Schreck geweiteten Augen der Frau im Schlaf...

Der Stallbursche plapperte weiter fröhlich darüber, was für ein prächtiges Tier Morgans Pferd doch sei, doch Morgan hörte ihm nicht zu. Seit seiner Beförderung zum Gruppenführer hatte er Angst, für Andere verantwortlich zu sein. Er scheute sich davor, seine Männer in gefährliche Einsätze zu schicken, weil er ihren Tod nicht auf dem Gewissen haben wollte. Statt dessen erledigte er die Einsätze lieber selbst. Außerdem hatte Morgan sich geschworen, nie wieder ein Versprechen zu geben, was er nicht halten konnte. Deshalb war er, Dank Trystan, nun in einer Zwickmühle. Denn Investigatoren hielten immer ihre Versprechen. Dieser innere Zweikampf würde ihm wohl noch Probleme bereiten...
14.05.2007, 20:13
Anonymous

Gast

 
Beitrag #7
 
Morgan wußte nicht, wie oft der Stallbursche ihm nun schon gesagt hatte, was für ein prächtiges Pferd er nun besitze. Das Trystan ihm keinen lahmen Ackergaul geschenkt haben würde, daß war Morgan klar gewesen. Aber so wie der Knirps am schwärmen war, schien es sich um ein richtiges Rassepferd zu handeln, ein trainiertes Schlachtross gar. Doch das konnte und wollte Morgan nicht glauben. Nicht, das Trystans Sold nicht dafür ausgereicht hätte, aber ein gut abgerichtetes Pferd war mehr wert, als ein neues Schwert. Morgan bildete sich ein, mit jedem Schwert kämpfen zu können, auch wenn er natürlich am liebsten mit seinem eigenen kämpfte. Was er jedoch definitiv nicht konnte, war auf jedem Pferd in eine Schlacht reiten. Und so war er dann doch überrascht, als er an der Koppel ankam und wirklich eine dunkelbraune, feurig schnaubende Stute vorfand.

"Dies ist sie Sör!" meinte der Junge begeistert "Ich habe wirklich noch nie ein so schönes Tier gesehen..." Morgan mußte dem Burschen Recht geben, es wirklich ein sehr schönes Tier. Zwar kein Schlachtross, aber er erkannte auf den ersten Blick, daß das Tier im Gewühl eines Kampfes nicht scheuen würde. "Hat sie einen Namen?" wollte Morgan von dem Stallburschen wissen. "Nein Sör." erwiderte dieser "Master Hanlan meinte, ihr solltet dem Tier seinen Namen geben." Morgan nickte zufrieden und näherte sich vorsichtig der Stute, die ihn neugierig anstarrte.

"Hast du eine Mohrrübe für mich Kleiner?" fragte er den Stallburschen und streckte seine Hand aus. Der Knirps nickte und zog drei Rüben unter seinem Wams hervor. Zusätzlich ließ er noch einige Stück Zucker mit den Worten "Den mag sie besonders" in Morgans Hand gleiten. Morgan nickte und hielt der Stute eine der Mohrrüben vor die Nase. Mißtrauisch schnupperte das Tier daran, bevor sie das Gemüse mit einem schnellen Haps verspeiste. "Wir werden gut miteinander auskommen, nicht wahr?!" meinte Morgan und gab dem Tier die restlichen Rüben und den Zucker. Wie zur Bestätigung, schnaubte die Stute zufrieden und stubste ihn an.

"Ich habe sie schon gesattelt, Sör und eure Sachen sind ebenfalls in den Satteltaschen verstaut. Master Hanlan meinte, ihr würdet nicht viel benötigen. Proviant ist ebenfalls genug vorhanden. Es ist also für alles gesorgt, ihr könnt euch sofort auf den Weg machen." meinte der Stallbursche grinsend. Morgan nickte, zog eine Münze aus seinem Geldbeutel hervor und warf sie dem Jungen zu. Dann schwang er sich in den Sattel. "Vorwärts, nach Ravenhurst..." brummte er und schnalzte mit der Zunge. Gehorsam setzte das Pferd sich in Bewegung, einem neuen Leben entgegen...
14.05.2007, 20:14
Anonymous

Gast

 
Beitrag #8
 
Ich machte eine kurze Pause und nahm einen weiteren Schluck aus meinem Krug. Der Knirps mir gegenüber wurde schon ganz hibbelig. "Immer mit der Ruhe, der jruselige Teil kommt noch!" Ich fuhr mit meiner Erzählung fort...


Die Reise nach Ravenhurst verlief völlig unspektakulär. Morgan richtete sich einfach nach den Anweisungen auf der Karte, die er von Trystan erhalten hatte. Sein Weg führte ihn in ein recht weitläufiges Waldgebiet, in dessen Mitte sein Ziel, der heilige Schrein der Investigatoren, zu liegen schien. Je tiefer Morgan in den Wald eindrang, desto stiller wurde es um ihn herum. Hatte er anfänglich noch die Vögel munter zwitschern gehört und hier und dort ein Eichhörnchen behende von Ast zu Ast springen sehen, so war der Wald um ihn herum inzwischen bar jeglichen tierischen Lebens. Morgan lies seine Hand auf den Griff seines am Gürtel baumelnden Bastardschwerts fallen. Nicht das die Klinge ein Schutz gegen einen Pfeil oder Armbrustbolzen aus dem Hinterhalt gewesen wäre, trotzdem gab ihm der Stahl ein Gefühl der Sicherheit. „Bei den jezinkten Würfeln meiner Jroßmutter, hier muß es doch irjendwo sein!“ hörte er jemanden laut fluchen. Morgan runzelte die Stirn. Wer trieb sich hier wohl außer ihm in dieser abgelegenen Gegend rum? „Wenn ich diesen elenden Schrein nicht bald finde, dann pfeiff ich auf meine Weihe und versuch mein Jlück als Söldner.“ erklang wieder die wütende Stimme. Morgan verdrehte die Augen. Natürlich, wer außer einem anderen Investigator hatte schon einen Grund hier zu sein. Die Stimme schien irgendwo von rechter Hand zu kommen, also lenkte Morgan seine Stute, für die ihm noch immer kein guter Name eingefallen war, in diese Richtung.

Nach wenigen Metern sah er einen stämmigen kleinen Mann mit wirren braunen Haaren und einem Knebelbart neben einem Poitou-Esel, an dessen Sattel eine kleine Strickleiter hing, auf einer Lichtung stehen. Der Fremde war nicht größer als einen Meter 60, trug eine rissige Lederrüstung über einem schmucklosen Wams, eine dunkle Wildlederhose und keine sichtbaren Waffen. Am Sattel seines Ponys hing jedoch ein Gürtel mit einem Machiara und einem Schwertbrecher. Zusätzlich fiel Morgan ein gewaltiger Hut auf, der über dem Sattelknauf baumelte. Der Dunkelhaarige sah zu Morgan hinüber, als dieser sich auf seinem Pferd näherte. „Wawawong, ein weiterer Investijator auf der Suche nach dem heiligen Schrein. Willkomen im Verbund der hirnlosen Irren.“ rief ihm der Dunkelhaarige kichernd entgegen und winkte Morgan heran „Setz dich, nimm dir ein Plätzchen und dann hilf mir suchen. Ich habe keine Lust noch eine Nacht in diesem ollen Wald zu verbrinjen.“ Morgan ritt auf die Lichtung und sprang von seiner Stute. Irgendwie war ihm der Fremde sympathisch. Vermutlich war es die respektlose Art des Mannes, die Morgan gefiel. „Ihr erscheint mir recht sorglos...“ meinte Morgan grinsend „Ich könnte schließlich auch ein Strauchdieb sein, der euch nun auszurauben gedenkt!“ Der Dunkelhaarige lachte und schlug sich auf die Schenkel, bevor es aus ihm hervor sprudelte: „Ein Strauchdieb? Hier? Wawawong, ihr beliebt zu scherzen. Welch armer Irrer würde sich schon freiwillich hier her verirren und darauf warten, daß ein weiterer Verrückter vorbei kommt, den er dann ausrauben kann? Ts ts ts, mal ernsthaft mein Freund, ihr habt eure Bestimmun verfehlt. Ihr solltet lieber auf einer Bühne stehen und die Leute belustijen. Doch, wirklich, ihr eijnet euch ganz hervorragend als Jaukler. Was haltet ihr davon: Sobald ich meine Weihe zum Investijator erhalten habe, könnt ihr mich auf meinen Reisen jern bejleiten und mich mit euren Scherzen unterhalten. Das Leben eines Investijators ohne feste Anstellun ist hart, da kann etwas humorvolle Unterhaltun zwischendrinn nicht schaden. Also, was haltet ihr von meinem Vorschlach?“

Morgan grinste schief. Ja, der Dunkelhaarige gefiel ihm wirklich gut. „Ich werde es mir überlegen, aber ich glaube ich versuche mein Glück ersteinmal als Investigator. Wobei ich eure Einladung gern annehme mit euch zu reisen. Zwei Investigatoren sind vermutlich erfolgreicher als einer allein, wenn es in den Kampf gegen Dämonen und ähnliches Gezücht der Dunkelheit geht.“ erwiderte Morgan und streckte dem Fremden die Hand entgegen „Ich glaube es ist Zeit das wir uns einander bekannt machen. Mein Name ist Triton, Morgan Triton.“ Der Dunkelhaarige ergriff die dargebotene Hand und schüttelte sie kräftig. „Freut mich deine Bekanntschaft zu machen, Morjan Triton. Da wir ja demnächst Reisejefährten sein werden, sollten wir uns ruhig mit den Vornamen anreden. Ich hasse übermässige Förmlichkeit. Also, ich bin Toarzol Hannibal Othello Raschhad Blackstaff. Aber nennt mich einfach Thor. Und bevor ihr fragt: Nein, ich bin kein Zwerch. Ich bin nur nicht sonderlich jroß!“ Triton lächelte belustigt. „Bei der Größe deines Mundwerks ist mir deine mangelnde Körpergröße überhaupt nicht aufgefallen. Aber lassen wir das. Du hast gesagt, du willst nicht noch eine Nacht hier verbringen? Wie lange bist du denn schon in diesem Wald und auf der Suche nach Ravenhurst? Hat man dir keine Karte mitgegeben?“ wollte Triton von seinem neuen Freund wissen und zog das Pergament mit der Wegbeschreibung hervor, die er von seinem Ziehvater Trystan erhalten hatte.
14.05.2007, 20:22