Völlig ausser Atem stand der reitende Bote spät in der Nacht vor Lancelot, der es sich für einen gemütlichen Abend am Kamin in seinem Sessel bequem gemacht und ein Buch zur Hand genommen hatte. Doch die Nachricht des Boten sollte alle Pläne des Ritters in sekundenschnelle ändern. Es drohte ein Angriff auf Winterfell durch keinen geringeren als seinen alten Widersacher Kannibale, den Führer der Illuminati. Doch was diese Meldung in den Augen Lancelots grotesk und kaum glaubhaft erscheinen ließ war die Vermutung, das Kannibale es allein mit seinen eigenen Leuten schaffen wollte, die Festung Winterfells zu erstürmen.
Ein geschickter Bluff des alten Schlitzohres oder tatsächlich eine gewollte Auseinandersetzung allein mit den eisernen Wölfen? Der Präses des Ordens war geneigt, den Worten des Boten zu glauben, doch allein die Verantwortung gegenüber seinem Rudel verlangte es von ihm, zumindest einige Verbündete zu informieren, die es ihm sonst womöglich später vorhalten würden. So schickte er den Boten los mit der Forderung, seine Nachricht weiterzutragen an die engsten Freunde des Ordens.
Er selbst lief hinüber ins Ratszimmer der Festung Greyguard und blickte duchs Fenster in die dunkle sternenklare Nacht, um einen Moment seine Gedanken zu ordnen. Sollte Kannibale die Absicht hegen, eine letzte grosse Schlacht zu schlagen, bevor er sich von dieser Bühne verabschiedete? Ja, auch Lancelot selbst hatte schon öfters mit diesem Gedanken gespielt und es gab immer mehr der grossen alten Streitführer und Kämpfer in Rom, die an einen Abschied dachten. Doch er sollte glorreich sein. Was stünde also dem Führer der Illuminati besser zu Gesicht als ein letzter grosser Sieg gegen seinen Lieblingsgegner. Oder aber eine Schlacht, in der seine Mannschaft im Grunde einen aussichtslosen Kampf führt, um als mutige Helden zu sterben. Auf diese Weise hätten sie nichts zu verlieren, sondern nur alles zu gewinnen.
Der Präses wusste nicht, wie es kommen würde. So oder so musste er seine Verteidigungsmaschinerie in Gang setzen und auf die Dinge warten, die da im Morgengrauen auf sie zukommen würden. Zumindest die Legionäre der Bergfestung sollten dabei sein, die stolze Feste der Wölfe zu verteiigen. Wenn dann noch einige der engsten Verbündeten kommen würden, sollte es ihm auch Recht sein.
Als alles vorbereitet war, gönnte sich der Ritter noch wenige unruhige Stunden Schlaf, bis das Signalhorn vom höchsten Aussichtturm der Festung ihn aufwachen ließ. Sie kamen. Schnell eilte er hinaus auf die Zinnen, denn er war bereits angezogen und hatte so lediglich auf seiner Couch unter einer Decke geruht. Sein Sohn D´Artagnon und viele andere seines tapferen Rudels hatten die ganze Nacht schon mit ihren bereitgestellten Fernkampfwaffen auf den Zinnen den Angriff des Gegners erwartet. Lancelot selbst litt schon lange an einer schlecht verheilten Schusswunde in seiner rechten Schulter, die ihm eine Teilnahme an einer Schlacht üblichen Ausmasses unmöglich machte. So war er froh, das nun sein Sohn an seine Stelle treten konnte.
"Ich sehe nur Krieger mit dem Banner der Illuminati mein Sohn und das nicht einmal sehr viele. Sollte mein Freund Kannibale den Mut haben, so bei uns anzutreten? Er ist doch immer wieder für Überraschungen gut, doch diese überrascht mich nun wirklich.
Mach Dich bereit D´Artagon. Ich möchte, das Du im Nahkampf Dein Schwert gegen ihn führst. Du bist mein Nachfolger und Du bist inzwischen stark genug, ihm gegenüber zu treten."
Doch soweit sollte es an diesem Morgen nicht kommen. Kannibale fiel mit drei anderen seiner Truppe im ersten Pfeilhagel, der auf die Illuminati hinab regnete. Er ritt voraus ohne genügende Flankendeckung und mit einer Haltung, die vermuten ließ, das ihm jede Verteidigung gleichgültig war. Ein Himmelfahtskommando sozusagen. Lancelot sah dem Treiben zu und er verstand immer noch nicht recht, was im Kopfe seines Widersachers vor sich ging. Es tat ihm leid, ihn so schnell am Boden zu sehen. Doch der Ritter begann zu verstehen, das Kannibale auf diese Art und Weise - zumindest in den Augen seiner vielen Freunde - unsterblich in die Geschichte des römischen Reiches eingehen würde. Und dies gönnte er ihm mindestens so sehr wie er es sich selbst wünschte, eines Tages einen guten Abgang zu finden, ohne ganz in Vergessenheit zu geraten.
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