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Brücke des Heimdall
Anonymous

Gast

 
Beitrag #4
 
Eiskalte Luftströme streiften seine Haut und ließen jeden einzelnen Muskel zusammenzucken. Gänsehaut markierte die Brust, obwohl er eine Decke über seinen müden, schlaftrunkenen Körper gelegt hatte. Der Hüne hatte zwar seine Augen geschlossen, doch er konnte einfach nicht einschlafen. Dinge beschäftigten ihn. Dinge, die ihn seit Jahren veränderten und ihn an diesen einsamen, verflucht kalten Ort getrieben hatten.
Noch einmal dachte er an die armen Kreaturen, die er niedergestreckt hatte. An den wimmernden, kläglichen Ausdruck des Letzten, den er gestern noch gerichtet hatte. An das Blut, dass er vergoß und an das süße Gefühl von Genugtuung und der Befreiung. Das regelrechte Abschlachten Dümmlicher, die sich ihm in den Weg stellten, hatte er in den letzten Tagen zum neuen Hobby erklärt.
Noch immer hatte er seine Hände hinter den Kopf gelegt und er öffnete seine Augen und sah zum Fenster hinaus, in dessen Scheibe sich das Mondlicht spiegelte. Es war ruhig... und es war beinahe unerträglich.


Der Heerführer der Nordlandbarbaren saß auf seinem schwarzen Schlachtross und betrachtete die gut gerüstete königliche Schar vor ihm, während er abwesend mit den Fingern über die raue Orkhaut seines Sattels strich.
"Meinst du, dass sie gegen uns kämpfen wollen?" fragte er, sich an seinen Ratgeber Khalek wendend.
"Ich glaube, sie wollen." erwiderte Khalek geschmeidig, während er seinen Blick über die versammelte Armee der Ländereien schweifen ließ, die den Menschen als Bretonia bekannt waren. "Sie verfügen über eine starke Kavallerie und wir befinden uns auf offenem Felde."
"Ja, sie wollen wohl." stellte der Hüne fest, ein Gähnen unterdrückend. Die Arroganz war ihm an diesem Tage ins Gesicht geschrieben.
"Bring die Sklaven vor, Khalek."
"Herr?" Das Gesicht des Ratgebers trug seinen üblichen nichtssagenden Ausdruck, doch der Klang seiner Stimme ließ den Fleischberg die Stirn runzeln.
"Gibt es irgendein Problem mit den Sklaven?" fragte er leise. Sein Gesicht war blass und kalt geworden.
"Nein, mein Lord." antwortete Khalek hastig. "Ich bin lediglich gespannt zu erfahren, welchen gerissenen Plan mein grausamer Herrscher ersonnen hat."
"Bring die Sklaven nach vorn und du wirst es erkennen, mein ungeduldiger Berater." sprach der Feldherr, dessen schwarze Haarmähne im völligen Kontrast zur blassen nordischen Gesichtsfarbe stand.
Der Befehl wurde erteilt und schon bald wurden die Sklaven, nahezu fünfhundert von ihnen, von den Peitschen ihrer Aufseher auf das Schlachtfeld getrieben.
"Macht sie los!" rief die große, dunkelhaarige Gestalt und die Stricke, die die Sklaven aneinander fesselten, wurden zerschnitten. Die Befreiten standen verwirrt auf dem Feld. "Lauft, ihr dreckiges Ungeziefer!" schrie der Krieger in grober, nordischer Sprache, aufrecht in den Steigbügeln stehend und sie mit der Hand davonscheuchend. Die Sklaven warfen ihm einen letzten ungläubigen Blick zu und begannen dann, auf die Linie der Bretonen zuzulaufen.

"Mein Lord!" protestierte Khalek. "Denkt an Eure Profite aus diesem Unternehmen."
"Khalek, alter Freund." erklärte der Dunkle. Sein Gesicht war nur schemenhaft zu erkennen. Seine Zähne hatte er zusammengebissen, als ob er zu einem der Menschen spräche, denen er am liebsten das Genick gebrochen hätte. "Meine Profite sind wertlos, wenn ich nicht überlebe, um sie zu genießen."
"Natürlich, mein Lord." nickte Khalek langsam. "Wie kurzsichtig von mir, dies nicht in Betracht zu ziehen."
Der Heerführer sah hinüber zu Saradain, dem Befehlshaber der Bogenschützen, und nickte einmal. Der gewandte Jüngling hob den Arm, und auf diese Geste hin hoben sich einhundert Langbögen in Feuerposition. Saradains Arm fiel, und die Luft war erfüllt von einer Wolke schwarzer Pfeile, die in die fliehenden Sklaven fetzten. Salve folgte auf Salve und fällte mehr und mehr der Menschen, als sie langsamer wurden und über die Körper ihrer toten Kameraden zu stolpern begannen. Ein besonders vom Glück begünstigter oder agiler Mann rannte immer noch, und der Jubel der bretonischen Armee begann über das Feld zu schallen und den Fliehenden anzufeuern. Saradain sah zum General hinüber, der einmal kurz den Kopf schüttelte. Mit einer erneuten Geste befahl der Hauptmann seinen Kriegern die Waffen zu senken.

Noch immer stiegen die jubelnden Schreie der Bretonen in die Luft, und der fliehende Sklave hatte das Schlachtfeld nunmehr beinahe zur Hälfte überquert. Mit gelangweilter Behäbigkeit reichte der Herrscher nach unten und löste seine eigene Armbrust vom Sattel. An ihrem Lauf entlangblickend sah er, wie eine Gruppe bretonischer Gemeiner auf den erschöpften Sklaven zuritt, der mittlerweile nur noch taumelte. Seinen Atem langsam entweichen lassend, schloss der Schatten die Augen und zog den Auslöser der Armbrust durch. Der Bolzen raste über das Gras der Wiese, doch es war offensichtlich, dass er weit von seinem Ziel entfernt einschlagen würde. Als sich das Geschoss jedoch dem Boden entgegenneigte, schien es im Flug die Richtung zu ändern und nach rechts zu ziehen. Einen Moment später jagte der magische Bolzen dem Sklaven nach, der einen Blick über die Schulter warf und einen Schrei ausstieß, bevor ihn das Geschoss von hinten bis vorn durchbohrte. Der mensch wurde zu Boden gerissen, und das Gejohle des Feindes wurde zu entsetztem Stöhnen und wütendem Schreien.

"Nun, Khalek...", meinte er selbstgefällig, mit einer alles umfassenden Handbewegung auf das Gemetzel weisend. das er gerade befohlen hatte. Die Körper der Toten waren zu einer grotesken Hügellandschaft aufgetürmt, die sich über die ganze Breite des Feldes erstreckte. Die Krähen begannen bereits, sich über das Festmahl herzumachen. Der Hauch einer Bewegung fiel dem Dunklen ins Auge und er erkannte, dass zwei Einheiten seiner besten Kundschafter aus den schroffen Bergen bereits an der linken Flanke schlichen.
"Du sagtest etwas über Kavallerie und ein offenes Feld?"

Khalek antwortete nicht und verbarg seinen Ärger gut, wenngleich der erfahrene Heerführer die Andeutung eines Kopfschüttelns wahrnahm. Er streckte seine Hand aus, die Finger geöffnet, bis er schließlich hinter seinen Rücken griff, um das riesige Schwert aus der Rückenschwertscheide zu ziehen.
"Mir scheint, sie wollen mit uns kämpfen." lachte er nun der berittenen Barbarenhorde entgegen, worauf seine Anhänger in dröhnendes Gejohle ausbrachen. Seinem Streitross die Sporen in die Seite rammend, setzte er sich an die Spitze des Vormarschs. Die Reiter formierten sich um ihn herum, die Infanterie rannte zu beiden Seiten neben ihnen, Deckung zwischen den Körpern der toten Sklaven suchend.

"Ich will den Kopf ihres Generals" schnarrte der Dunkle, dessen Stimme immer bekannter wurde. Auch der Schatten im Gesicht verschwand langsam.
Das Blut dröhnte durch seine Adern, er konnte den Schlag des Herzens in seiner Brust, wie den Donner eines Gewitters fühlen. Er keuchte vor Anspannung und Erwartung, als seine Einheit sich den bretonischen Reihen näherte, die das größte aller Banner mit sich trugen. Er vermutete seinen Gegenspieler dort und lächelte innerlich. Eine neue Trophäe würde die Wände seines Speisezimmers schmücken, wenn er in seine Heimat zurückkehrte.

Mit seinem Schwert holte er nun zum Schlag aus. Die Bretonen setzten zum Gegenangriff an, doch ihre Pferde strauchelten in den Haufen der Toten. Das Wiehern der Pferde und das Zischen der Klingen erfüllte die Ohren des Schwarzhaarigen. Er konnte den feindlichen General sehen, dessen vergoldete und polierte Rüstung in der mittäglichen Sonne glänzte. Er saß auf einem prächtigen schwarzen Ross, von dem man hätte schwören können, dass es aus edelster Zucht fun4evers stammte, so feurig war sein Temperament. Der Feind hielt eine funkelnde Klinge in der Hand. Ihre Augen trafen sich, beide erhoben ihre mächtigen Klingen.
Die Augen des Bretonen zuckten für einen Moment zur Seite, als sein Pferd über einem toten Sklaven strauchelte. Der Barbar handelte. Er riss seinen Rappen nach links, um in eine bessere Schlagposition zu gelangen. Der Bretone versuchte noch seinen Schild zwischen sich und die große Klinge des Hünen zu bringen, doch es war zu spät. Das Barbarenschwert bohrte sich durch die Rüstung unter dem erhobene Schwertarm des Edlen und riss denselbigen aus dem Sattel. Freude und Triumph hinausschreiend warf der Sieger einen Blick hinter sich. Seine Horde kämpfte überall um ihn herum; ein paar waren gefallen, doch nicht annähernd so viele, wie beim Feind.

"Lasst eure Klingen reichlich trinken." schrie er seinen Kameraden zu. Aus dem Handgemenge flog ein Speer auf sein Gesicht zu, doch er duckte sich mit Leichtigkeit aus ihrem Weg. Sein Gegenschlag krachte in den Schild des Soldaten. Durch den engen Sichtschlitz im Helm seines Gegners konnte der Dunkle den Hass in seinen Augen brennen sehen und fühlte sich davon gestärkt. Lass ihren Hass fließen, ermahnte er sich selbst, denn ich weiß, was wahrer Hass ist. Einen Schwur ausstoßend brachte er sein Schwert in einem pfeifenden Kreis herum und änderte im letzten Moment die Richtung, um unter dem erhobenen Schild seines Gegners durchzuschlagen und die Hüfte des Ritters abzutrennen. Der Barbar lachte in den Himmel, als der Bretone stürzte.

Die Ritter versuchten, sich zu verteilen und vom Feind zu lösen, doch die Wilden hatten sie bereits eingekreist und die wenigen Überlebenden wurden in rascher Folge niedergemacht. Nach Atem ringend nahm nun der Barbar mehr und mehr andere Siegesschreie wahr und atmete die kalte Luft ein. Überall um ihn herum lagen die toten und sterbenden Bretonen zwischen den Körpern der erschossenen Sklaven über das Feld verstreut. Ein passendes Ende für diese Kreaturen, wie er selbst fand. Zu seiner Rechten sah er, wie Saradain die Bauern eingekreist hatte und wie viele von ihnen sich ergebend die Hände hoben. Einige Hundert, schätzte er; einige verwundet, andere nur aus Furcht um ihr Leben.
Er war zufrieden, als er von seinem Schlachtross sprang und unter den toten Rittern nach dem General suchte, den er erschlagen hatte. Er besaß nun mehr als genug Sklaven, um jene zu ersetzen, die er zu töten gezwungen gewesen war, und als der den leblosen Kopf des bretonischen Barons abhackte, fühlte er die warmen Strahlen der Sonne auf seinem Gesicht. Heute war ein guter Tag für LonelyWolf.
30.04.2005, 23:19


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Brücke des Heimdall - von Anonymous - 09.11.2004, 00:22
[Kein Betreff] - von Anonymous - 25.12.2004, 23:54
[Kein Betreff] - von Anonymous - 13.03.2005, 21:22
[Kein Betreff] - von Anonymous - 30.04.2005, 23:19