Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 3 Gast/Gäste
Der Weg in die Tiefe
Ecthelion
Offline
Administrator
*******
Palastwache

Beiträge: 8.027
Themen: 456
Registriert seit: Mar 2004
Beitrag #91
 
“Wie kommst du denn darauf?“ meinte der Elf grinsend auf die Bemerkung der Kriegerin. “Solange du mir nicht damit sagen willst, dass ich dumm und wehrlos bin.“ mit einem Grinsen, dass von einem Ohr bis zum anderen ging, lief Ecthelion neben Babe her. “Zumindest kann ihnen Gerambolosch den Weg beschreiben, sollten die beiden das Dorf erreichen. Die Lausbuben scheinen nicht alleine zu sein, sonst wären Kjaskar und Unforgiven wohl schon hier. Aber warten wir mal ab, immerhin müssen sie uns ja auch erstmal aufspüren.“

Dann wurde sein Gesichtsausdruck nach einer Weile leicht mürrisch. Und genauso blickte der Elf die Kriegerin an, als sie ihm mitteilte, dass sie noch einige Tage auf den richtigen Stand des Mondes warten mussten. So sehr er auch die Aussicht in den Bergen genoss, so sehr widerstrebten ihm die Höhenlagen, in denen sie sich langsam aber sicher befanden. So verzog er auch leicht das Gesicht, als er sich den Weg zur Höhle entlang hangelte. Viel konnte er daran nicht ändern, ein Unterschlupf war angebracht, aber der Elf hätte auch nichts dagegen gehabt, wenn sie dafür noch ein wenig durch den Regen gegangen wären. Und der Unterschlupf dann höchstens auf Augenhöhe gewesen wäre. Auf dem kleinen Vorsprung angekommen half er Babe auf den Sims.

Als die Kriegerin neben ihm auf dem kleinen Vorsprung stand, tastete sich Ecthelion mit der Spitze seines Fußes behutsam bis zum Rand hervor. Mit gebeugtem Oberkörper linste er über den Rand und schätzte die Höhe ab. Kaum war sein Blick auf den Boden gerichtet, spürte er, wie sich sein Magen zusammenzog. Bevor sich das ungute Gefühl bis in seine Knie fortsetzte, wandte er seinen Blick wieder auf die gegenüberliegende Felswand. “Ich hasse solche Höhen, von wegen nur fünf Meter, wie komme ich denn jetzt wieder runter..…“ murmelte der Elf vor sich hin und zog sich wieder einen Schritt zurück in Richtung Höhle. Erst als er mit dem Rücken an der kühlen Felswand lehnte, entspannte sich sein Gesichtsausdruck wieder. Das Innere der Höhle war weder sonderlich geräumig noch schien sie tief in den Berg hinein zu gehen, aber sie schützte vollständig vor dem Regen, der unvermindert vom Himmel niederging.

Auch wenn der Elf damit wesentlich weniger Probleme als mit der Höhe hatte. Bevor er erneut in Versuchung kam, einen Blick hinab zu riskieren, stellte er die Ausrüstung an den Eingang der Vertiefung und schüttelte seine nassen Haare, die er dann im Nacken mit den Händen zusammenfasste. Das Hemd klebte an seinem Oberkörper, aber mit dem Wind und der verbundenen Kälte hatte er keine Probleme. Nur die Tatsache, dass seine Kleidung an ihm wie eine zweite Haut klebte störte ihn. “Ein Feuer wäre nicht schlecht, wenn wir eh noch einige Zeit hier verbringen müssen.“ der Elf trat aus den Schatten des Einganges und blickte in den dunklen Himmel. So schnell wie sich der Himmel zugezogen hatte er nur auf ein Schauer gehofft, aber die Hoffnung trug er direkt wieder zu Grabe. Es regnete Bindfäden und der dunkle Horizont ließ nicht darauf schliessen, dass sich die Tatsache allzu bald ändern würde.

Seufzend wandte er seinen Blick über die Landschaft, die weder Feuerholz noch einen alternativen Unterschlupf bot. Passend zum Wetter machte der Elf eine Miene, als er sich innerlich damit abfand, dass sie wohl die wenigstens nächsten Stunden hier verbringen mussten. Babe, die ebenfalls unter der Steindecke Unterschlupf gefunden hatte, betrachtete den Elfen nur, als dieser wieder einen schnellen Schritt zurück machte, weil er erneut nach unten gesehen hatte. “Machen wir das Beste draus. Solange es so weiterregnet, hat es eh keinen Sinn weiterzugehen.“ meinte er dann, nachdem er einen letzten Blick zum Rand des Sims geworfen hatte.

Dann kümmerte er sich um die Ausrüstung, die zum Glück keinen Regen abbekommen hatte. Dabei bekam er auch ein Hemd in die Finger. Kurzerhand zog er das nasse Hemd aus, wischte sich so gut es ging trocken und zog dann das trockene Hemd an. Mit dem nassen Hemd strubbelte er sich über die Haare, bevor er einen Blick in die Höhle warf. “Nutzen wir die Zeit. Ich werde mal versuchen unseren Standpunkt auf der Karte zu finden. Dann wissen wir auch, wie lange wir noch brauchen und wie viel Zeit uns bis zum Neumond bleibt.“ für einen kurzen Moment legte der Elf seinen Kopf schief und hüpfte auf der Stelle, um Wasser aus seinem Ohr zu bekommen. Dann warf er das alte Hemd über die Ausrüstung und suchte in seiner Manteltasche nach der Karte.
In the end, all things betray you.
Honor. Ideals. Heroism.
Allies. Comrades. Lovers.
Your eyes. Your limbs. Your heart.
And in the end, you betray yourself.
And that is the greatest betrayal of all.


[Bild: otta.jpg]
05.12.2005, 20:19
Anonymous

Gast

 
Beitrag #92
 
Der Spalt zog sich an die drei Meter in den Berg hinein, wie Babe nach einem kurzen Blick feststellte. Er wurde am Ende aber nicht jünger, was bedeutete, dass sie sich nicht mit Ecthelion am Eingang zusammendrängen musste.
"Feuer wäre nicht schlecht," nahm sie die Idee des Elfen auf, während sie die Felswände um sie herum musterte. "Aber mit dem Holz schaut es schlecht aus. Wir könnten höchstens deine Pfeile dazu hernehmen. Die dürften zwar kein langes Lagerfeuer hergeben, aber zum Rösten von unserem Brot sollte es reichen."
Die Kriegerin wartete eine Antwort Ecthelions lieber nicht ab, sondern legte statt dessen ihre eigenen Gegenstände auf den Boden. Das Geräusch von Metall erklang, als sie ihr Bat`leth auf den Boden legte, dem ein dumpfer Aufprall von ihrem Rucksack folgte. Anschließend kniete sie sich hin und zog wie ihr Begleiter ein frisches Hemd aus ihrem Beutel. Es war zerknittert und roch nach einer Mischung Äpfel mit Schinken, doch es war trocken. Kurzentschlossen legte Babe ihren Mantel ab und zog sich dann ihr Hemd über den Kopf. Anschließend schlüpfte sie in das frische Hemd, das ihr wie alle anderen bis weit über die Oberschenkel reichte. Ihre nassen Haare legten sich sofort an dem trockenen Hemd an und durchfeuchteten es, weshalb sie ein weiteres mal in ihrem Rucksack kramte. Nach einigem Suchen zog sie einen alten Lederbändel hervor, den sie erst im Nacken um ihre Haare band und dann so um ihren Kopf wickelte, dass sie sämtliche Locken in einem wilden Knoten an ihrem Hinterkopf zusammenfassen konnte. "Ich mag es nicht, einen feuchten Rücken zu haben," gab sie als Erklärung auf Ecthelions erstaunten Anblick hin ab. "Das ist keineswegs als Frisur zu verstehen."

Der Regen prasselte weiterhin ungemindert vom Himmel herab. Babe trat deshalb an den Rand der Spalte und blickte hinaus. Es war, als hätte der Regen die Umwelt um sie herum verschluckt. Nebel war aufgezogen, der alles, was fünf Meter vor ihnen lag in ein sanftes Grau tauchte. Nachdenklich blickte Babe in den Himmel, aus dessen Schleusen das Wasser kam. Wenn sie Glück hatten, würde sich das Wetter bald wieder ändern und sie konnten den Mondstand sehen. Wenn nicht, wären sie gezwungen, bis zum nächsten Neumond hier zu bleiben.
"Ein Monat kann ganz schön lang sein," murmelte sie vor sich hin. "Vor allem, wenn man keine anständige Unterkunft hat."
Sie blickte zu Ecthelionder ein offensichtliches Problem mit der Höhe zu haben schien. Er hatte sich bereits die Karte gegriffen und war nun über sie gebeugt. "Ich glaube nicht, dass sie viel hergibt," vermutete sie lustlos. "Das ist ja mehr ein Wegweiser denn ein Geheimnishergeber. Es sei denn, es steht noch etwas drauf, was wir übersehen haben."
Ihr Blick wanderte zu Ecthelions Köcher, den er auf den Boden gestellt hatte. Er war prall gefüllt, eine Tatsache, die sie nicht so recht verstand. Elfen schienen die Pfeile aus dem Rücken zu wachsen, da sie nie beobachtet hatte, wie Ecthelion den Köcher nachfüllte oder seine Pfeile zurückgeholte.
"Wenn wir länger hier bleiben müssen, sollten wir uns nach Feuerholz umsehen. Sobald es aufgehört hat zu regnen, werde ich mich auf die Suche machen."
Die Kriegerin ging zu dem Köcher und zog einen der Pfeile heraus. Er war aus leichtem Holz gemacht worden und wirkte sehr gleichmäßig. Am Schaftende steckten weiße Federn, die aussahen, als wären sie von einem Schwan. Die metallene Spitze war scharf und spitz, wie Babe nach kurzer Überprüfung feststellte. Ein Tropfen Blut sammelte sich dort, wo sie mit ihrem Finger über die kleine Schneide gefahren war. Sie wandte sich an Ecthelion, der sie misstrauisch beobachtete. "Aus welchem Holz sind eigentlich deine Pfeile?" Sie grinste bei ihren Worten. "Ich will sie nicht verbrennen, keine Angst, ich frage mich nur, woraus ihr sie macht. Oder ist das ein Elfengeheimnis?"
Mit dem Pfeil in der Hand setzte sie sich neben Ecthelion auf den Boden, wo sie in über seine Schulter hinweg auf die Karte linste. Anschließend tippte sie mit der Spitze des Pfeiles auf einen bestimmten Punkt. "Ich schätze mal, dass wir genau hier sind."
07.12.2005, 10:28
Ecthelion
Offline
Administrator
*******
Palastwache

Beiträge: 8.027
Themen: 456
Registriert seit: Mar 2004
Beitrag #93
 
“Schick....“ murmelte Ecthelion nur leise vor sich hin und unterließ jeden lauteren Kommentar zu den nassen Haaren der Kriegerin. Dann beschäftigte er sich weiter mit der Karte und versuchte ihren Standpunkt auszumachen, bis sich Babe neben ihn setzte. Kurz darauf blickte der Elf die Kriegerin wegen ihrer Bemerkung gespielt empört an. “Dann müsstest du dir aber auch keine Gedanken mehr ums Feuer oder vielmehr um die Kälte machen. Ich würde dich kurzerhand übers Knie legen, dann würde dir schon ausreichend warm werden. Nur Flausen im Kopf…“ grinsend schüttelte er den Kopf und folgte der Pfeilspitze auf der Karte. Die Androhung ließ er einfach weiter im Raum stehen, auch wenn sie nicht ernst gewesen war. Aber sollte Babe Recht haben, dann wäre es nicht mehr allzu weit bis zur Mine. Der Blick des Elfen ging zum Höhlenausgang, wo unaufhörlich der Regen auf den steinigen Boden prasselte und kleinere Pfützen bildete. Durch den intensiven Regen und auftauchenden Nebel nutzte es ihm auch nichts, dass er versuchte seine Augen umzustellen. So oder so endete sein Sichtvermögen in den grauen Nebelschwaden, so dass er es bald seufzend aufgab. Stattdessen drehte er seinen Kopf zur Kriegerin, die über seine Schulter linste. “Das sollte ungefähr stimmen, dann sind wir auch nicht mehr weit von der Mine entfernt. Zumindest sollten wir es noch rechtzeitig bis zum nächsten Neumond schaffen. Aber wer weiß, wo und ob wir das Tor auch auf Anhieb finden.“ sein Blick ging wieder in Richtung Ausgang. Das beständige Geräusch des fallenden Regens war durchgehend zu hören. Und sonst konnte er zu der fehlenden Sicht auch kein anderes Geräusch ausmachen, so dass sie fast abgeschnitten von der Außenwelt waren.

“Hm?“ fragend schaute er die Kriegerin an, die ebenfalls einen fragenden Ausdruck aufgesetzt hatte und mit dem Pfeil vor seiner Nase pendelte. “Was….?“ leicht verständnislos blickte er sie an, bis bei ihm endlich der Groschen fiel. “Ach so, die Pfeile.“ murmelte er in seinen nicht vorhandenen Bart und räusperte sich. “Nein, kein Elfengeheimnis. Wir haben sehr viel weniger Geheimnisse, als man glauben würde.“ schmunzelte Ecthelion vor sich hin und tippte auf den Pfeil. “Birke, Eiche. Eigentlich können alle möglichen Holzarten verwendet werden, fast was man grade vor der Nase stehen hat. Darauf achte ich selbst kaum. Bis auf Buche, dein Baum wächst friedlich an meinem See vor sich hin. So langsam spendet er auch schon ausreichend Schatten.“ Für einen kurzen Moment hörte es sich so an, als würde der Regen nachlassen. Aber kaum hatte der Elf den Kopf gedreht, setzte der Regen mit unverminderter Heftigkeit wieder ein. “Die Rohstoffe sind wohl die gleichen wie bei allen anderen auch. Vielleicht ist es die unterschiedliche Verarbeitung. Aber da kann ich dir nicht viel zu sagen. Bislang hat mich kein Schmied oder Bogner lange genug bei sich behalten, damit ich die Unterschiede feststellen konnte.“ grinsend ließ der Elf kaum keinen Zweifel offen, dass die meisten Schmiede entnervt aufgegeben hatten den Elfen über ihre Schulter sehen zu lassen. Genauso ließ er dann unschuldig blickend offen, woran es letztlich gelegen hatte.

Dann stand er auf und griff sich selber einen der Pfeile und hantierte mit diesem herum, während er die paar Schritte in Richtung Höhlenausgang ging. Der Nebel hatte sich verdichtet und der Elf konnte nicht einmal mehr ansatzweise den Boden unter ihm erkennen. Erleichtert blieb er am Rand stehen und stützte sich mit einer Hand am Eingang ab. Noch immer fiel der Regen unaufhörlich aus dem mittlerweile tiefgrau zusammengezogenen Himmel und weite und breit zeigte sich kein Zeichen auf Verbesserung der Wetterlage. Entfernt nahm der Elf ein dunkles Grollen war. “Das hatte ja noch gefehlt.“ ging es ihm durch den Kopf. Langsam drehte er sich wieder um. “Das sieht nicht gut aus. Wenn wir jetzt noch Holz finden wollen, dass auch nur ansatzweise trocken ist, sollten wir uns auf den Weg machen.“ Mit gerunzelter Stirn setzte er sich wieder neben Babe. “Und meine Pfeile werden nicht zweckentfremdet.“ kaum hatte er seinen Kopf gedreht und blickte die Kriegerin schmunzelnd an, durchzuckte ein Blitz den Himmel und tauchte die Höhle plötzlich in ein helles Licht. Kurz darauf war ein erneutes Donnern zu hören, diesmal näher und wesentlich bedrohlicher. “Entweder wir versuchen jetzt unser Glück, oder wir warten, bis sich das Wetter draußen wieder beruhigt hat.“ dem Elfen gefiel weder der eine noch der andere Gedanke, aber wenigstens würde er beim Klettern nicht mehr auf den Boden achten.
In the end, all things betray you.
Honor. Ideals. Heroism.
Allies. Comrades. Lovers.
Your eyes. Your limbs. Your heart.
And in the end, you betray yourself.
And that is the greatest betrayal of all.


[Bild: otta.jpg]
07.12.2005, 22:34
Anonymous

Gast

 
Beitrag #94
 
em Blitz folgte ein Donner, dessen Lärm Babe zusammenzucken ließ. Sie hatte sich gerade das Bild ausgemalt wie sie über den Knien Ecthelions lag, um von ihm versohlt zu werden und war deshalb auf den Donnerschlag nicht gefasst gewesen. "Das schaffst du nicht," setzte sie hinter der Geschichte einen Punkt. "Ich meine, mich übers Knie zu legen. Ich glaube, das hat nicht mal Kjaskar versucht."
Die Kriegerin stand auf und ging zu dem Eingang. Sie hielt dabei immer noch den Pfeil in der Hand, den sie aber locker zwischen den Fingern hielt. In dem Moment, in dem sie neben Ecthelion trat, zuckte wieder ein Blitz über den Himmel. Das darauffolgende Krachen verriet, dass er irgendwo eingeschlagen haben musste.
"Es ist Wahnsinn, jetzt hinaus zu gehen." Babe schüttelte den Kopf. Erstens werden wir so nass, dass wir gleich nackt gehen könnten und zweitens besteht die Gefahr, dass wir vom Blitz erschlagen werden. Warten wir also das Unwetter ab. Die Miene rennt uns schließlich nicht davon."

Sie wandte sich vom Eingang ab und verzog sich in den hinteren Bereich des Spaltes, wo sie ihren Rucksack abgelegt hatte. Nachdem sie eine Weile darin gekramt hatte, entnahm sie ihm eine Feldflasche, aus der sie einen kräftigen Schluck entnahm. Das darauffolgende Husten ließ darauf schließen, dass ein scharfer Schnaps darin war, den sie nun Ecthelion anbot.
"Trink," sagte sie in einem Ton, der keinen Wiederspruch zuließ. "Dann vergisst du die Höhe. Das hilft, glaub mir." Sie lächelte ihm bei den Worten aufmunternd zu. "Mir geht es auf einem Schiff genauso. Was meinst du, wie viel Tode ich auf dem Meer schon gestorben bin."
Nach dem Schnaps beförderte sie Brot und Käse ans Licht, von dem sie Ecthelion etwas abgab. Beide Krieger setzten sich danach so an den Rand, dass sie bequem hinausschauen, aber nicht nass werden konnten.
Babe, die den Blitzen hinterherblickte, hing ihren Gedanken nach, was auch Ecthelion zu machen schien. Keiner von ihnen sagte ein Wort, eine einvernehmliche Stille trat zwischen sie, wie es nur bei Freunden möglich war. Sie durchbrach die vorherrschende Einvernehmlichkeit zwischen ihnen erst, als der Donner sich verzog und der Regen so unvermittelt nachließ, wie er begonnen hatte. Dichter Nebel hing dabei immer noch um den Berg herum, der sich wie ein feuchtes Tuch auf der Haut anfühlte.
"Der Regen hat aufgehört, lass uns so schnell wie möglich verschwinden." Babe stand auf, suchte ihre Sachen zusammen und trat wenig später an den Rand der Steinplatte. Der Boden unter ihnen war nur undeutlich zu erkennen, was sich aber bald ändern würde, sobald die Sonne wieder durchbrach. Sie stieg deshalb die Wand wieder hinunter, immer darauf bedacht, Halt an der nassen Wand zu finden.

Einige Minuten später sprang Babe auf den Boden. Der Elf folgte ihr langsam und bedächtig. Seine Unsicherheit bezüglich der Höhe verlor sich mit jedem Meter, den er hinter sich ließ. Als er schließlich neben ihr stand wirkte er wieder wie der Elf, den sie kannte. Babe grinste, blickte noch einmal an der Wand hoch und zeigte dann nach rechts.
"Laut Karte müsste der Eingang dort drüben liegen. Wie aber erfahren wir, wo der geheime Eingang liegt?"
Die Kriegerin legte nachdenklich den Kopf schief und blickte nach links. Ein Wäldchen, nicht viel mehr als eine Anhäufung einiger Bäume stand dort. Die Stämme der Bäume glänzten dunkel vom Regen und von den Blättern tropfte es. "Ich bin dafür, dass wir erst einmal nach links marschieren," schlug sie in einem Anflug von Heimweh vor.
08.12.2005, 16:09
Ecthelion
Offline
Administrator
*******
Palastwache

Beiträge: 8.027
Themen: 456
Registriert seit: Mar 2004
Beitrag #95
 
Kurze Zeit später betraten sie das kleine Wäldchen. Auch wenn er sich gegen das Vorurteil wehrte, dass alle Elfen auf Bäumen lebten, fühlte er sich hier schon wesentlich wohler. Der Klang der herabfallen Wassertropfen auf das Blätterdach vermittelte ein bekannteres Gefühl, als wenn er an einer Felswand herumkraxelte. Er wusste zwar nicht was sie in der Mine erwarten würde, aber eine erneute Klettertour schlug er erstmal aus. Wenn die Karte stimmte, dann waren sie in der Nähe des Eingangs und mussten auf das Auftauchen des Neumonds warten. Der Elf schüttelte kurz den Kopf, als ein Tropfen auf seine Stirn tropfte und eine feuchte Spur hinterließ. Ein Blick durch das lichte Blätterdach hinauf zum Himmel verriet ihm, dass die Dämmerung bald einsetzen würde. Der Himmel hatte sich noch immer nicht vollständig aufgeklärt, aber es gab keine geschlossene graue Wolkendecke mehr. Und bis auf den jetzt vorherrschenden, kühlen Wind schien sich das Wetter beruhigt zu haben. Nicht weit von ihnen tat sich die Felswand auf, die laut Karte auch den Eingang beherbergen sollte. Stirnrunzelnd steckte Ecthelion die Karte wieder in seine Manteltasche und schaute zu Babe herüber.
“Eine wirkliche Idee habe ich nicht. Außer, dass wir warten bis das Mondlicht auf die Bergflanke scheint. Dann sollte sich doch im Licht des Monds der geheime Eingang zeigen. Also schlage ich warten vor.“ der Elf schaute sich um. Die kleine Ansammlung von Bäumen stellte nur spärlich Brennholz zur Verfügung, aber in der Umgebung würden sie sicher fündig werden. Falls nicht alles völlig durchnässt war. “In der Zwischenzeit können wir uns um ein Feuer kümmern. Und vielleicht rennt mir auf der Suche nach Feuerholz ja auch ein Hase vor den Bogen. Oder was es hier gibt, aber selbst die Zwerge müssen sich von etwas anderen außer Felsbrocken ernährt haben.“ ein kurzes Grinsen huschte über das Gesicht des Elfen, bevor er dann seine Sachen an einen Baumstamm lehnte.

Bevor die Dämmerung endgültig einsetzte, kamen die beiden Freunde dann beladen wieder zurück. Neben dem Brennholz waren sie tatsächlich auf Hasen gestoßen. Auch wenn sie festgestellt hatten, dass die Tiere hier nicht das Nahrungsangebot wie die Tiere um Rom herum hatten. Während sich der Elf um das Ausweiden kümmerte, schaffte des die Kriegerin trotz der Feuchtigkeit ein Feuer zu entfachen. Bald darauf schlängelte sich eine Rauchsäule in Richtung Blätterdach und wurde darüber schnell vom Wind zerstoben. Bald darauf mischte sich in den Geruch brennenden Holzes auch der Geruch von gebratenem Wild. Während das Licht immer mehr schwand, zogen wieder Wolken am Himmel. Kritisch beäugte Ecthelion das Geschehen. Viel Schutz würden die Bäumen nicht bieten. Aber bis auf einzelne Wolken deutete nichts auf ein erneutes Schauer hin. Dann blickten beide schweigend ins Feuer und nahmen die warme Mahlzeit zu sich. Als sie fertig waren, leuchtete nur noch der Schein des Feuers in der Dunkelheit. Mit einem Blick zum Mond und dann zur Felswand, beendete der Elf die Stille.
“Was meinst du? Sollen wir uns einmal umsehen?“ er warf die abgekauten Knochen ins Feuer und stand dann behäbig auf. Während er auf eine Antwort der Kriegerin wartete, streckte er sich. Als Babe neben ihm stand, machten sie sich dann auf den Weg, um die Felswand genauer zu untersuchen.

Vor den Mond schoben sich immer wieder einzelne Wolkenfetzen, die dafür sorgten, dass die Felswand dunkel vor ihnen lag. Leichter Nebel stieg von den kärglichen Moos und Grasschichten, die sich zwischen den Bäumen gebildet hatten, auf. Im fahlen Mondlicht bildete der Nebel einen scharfen Kontrast zur sich dunkel auftürmenden Felswand. Da sie beide nicht wussten, wonach sie suchen mussten und worauf sie zu achten hatten, gestaltete sich der Blick auf die Felswand auf Dauer frustrierend.
“Ich sage es nicht gerne, aber jetzt wäre ich nicht mal genervt, wenn Gerambolosch oder ein anderer Zwerg uns weiterhelfen würde.“ weiter vor sich hinmurmelnd legte Ecthelion seinen Kopf in den Nacken und blickte an der Wand entlang. Selbst im silbrigen Licht des Mondes tat sich nirgends eine Tür oder ähnliches vor ihnen auf. Der Elf klopfte mit der flachen Hand gegen den kalten und nassen Stein, aber nichts tat sich. Nochmals nahm er die Karte aus seiner Tasche, wartete bis sich seine Augen ausreichend an die Dunkelheit gewöhnt hatten und suchte diese nach Anhaltspunkten ab. Resignierend hielt er dann Babe die Karte hin. “Entweder wir stolpern über den Eingang, oder wir suchen hier noch, bis wir alt und grau sind. Naja, zumindest einer von uns.“ Grinsend ging er einen Schritt zurück und seufzte dann, weil er nicht davon ausging, dass sie dieses geheime Tor so einfach finden würden.
In the end, all things betray you.
Honor. Ideals. Heroism.
Allies. Comrades. Lovers.
Your eyes. Your limbs. Your heart.
And in the end, you betray yourself.
And that is the greatest betrayal of all.


[Bild: otta.jpg]
09.12.2005, 15:28
Anonymous

Gast

 
Beitrag #96
 
Die Kriegerin stand mit dem Elfen an ihrer Seite vor der Felswand. "Stolpern ist genau der richtige Ausdruck," meinte sich schließlich trocken. "Denn ich habe keine Elfenaugen. Und ich sehe bei Neumond rein gar nichts." Sie blickte zu dem Mond, der nur als sehr schmale Sichel am Himmel stand. Ab morgen würde er wieder zunehmen und die Nacht mit seinem fahlen Licht beleuchten. Doch heute war es so finster, dass sie kaum die Hand vor ihren Augen erkennen konnte. Sie fasste deshalb nach einem Hemdzipfel von Ecthelion, um so ein Gefühl von Sicherheit zu haben.
"Ich habe keine Angst," gab sie ihm gleichzeitig mit einem Ton zu verstehen, in dem ein Hauch Trotz mitschwang. "Aber wenn ich dich jetzt verliere, finde ich dich so schnell nicht wieder."
Ein kaum wahrnehmbares Zittern ging von Ecthelion aus, welches ihr sagte, dass er sein Lachen zu unterdrücken versuchte. Babe, die daraufhin trotzig die Nase hochzog, reagierte nicht darauf, sondern fasste statt dessen das Hemd noch fester, da Ecthelion einige Schritte zur Seite trat. So stolperte sie ihm hinterher, immer darauf bedacht, nicht zu fallen oder den Elfen nicht zu verlieren.
Plötzlich blieb Ecthelion jedoch unvermittelt stehen. Babe, die nicht darauf gefasst war, sah sich ihre Nase in seinen Arm gedrückt. Bevor sie jedoch fluchen konnte, zeigte er nach vorne und machte sie auf etwas in der Wand aufmerksam.

"Wie?" fragte Babe erstaunt und versuchte auf dem Felsen vor ihr etwas zu erkennen. Aber alles, was sie sah war eine dunkle Schattierung in der Nacht, von der sie nur wusste, dass es der Berg war, vor dem sie die ganze Zeit schon gestanden hatte. Trotzdem versuchte sie das zu erkennen, was der Elf gemeint hatte, auch wenn sie sich wenig Chancen dabei ausrechnete. Stille trat so zwischen die beiden und während Ecthelion höflich wartete, glitten ihre Augen durch die Nacht. Es war, als hätte sich die Nacht auf die ganze Erde gelegt, kein Laut, nicht einmal ein Tierruf war zu hören. Selbst der Wind hatte sich gelegt."
"Unheimlich," dachte Babe, die es gewohnt war, wenigstens die Bäume rauschen zu hören. "Als wäre alles tot um uns."
Sie sprach ihre Gedanken laut aus und sie spürte mehr, als dass sie es sah, wie Ecthelion nickte. Dann trat wieder einige Schritt vor, riss dabei die Kriegerin mit sich, die ihn immer noch festhielt und trat an die Wand. Ein erstaunter Ausruf und ein Schritt zurück brachte Babe dazu, ihn nun doch loszulassen.
Ecthelion beachtete sie aber nicht. Statt dessen sprang er auf die Wand zu, als wolle er sie mit seiner Schulter zum Einsturz zu bringen. Babe, die darauf wartete, dass er einen Schmerzensschrei losließ oder wenigstens ein Poltern hinterließ, hielt die Luft an.

Nichts von dem, was sie erwartet hatte, trat ein. Kein Poltern, nicht einmal ein zaghaftes "Aua" erklang. Es herrschte die gleiche Stille wie zuvor. Aber Ecthelion war verschwunden.
"Elf?" Babe trat erstaunt vor. "Wo bist du?"
Sie tastete sich an die Stelle, wo Ecthelion bis vor kurzem gestanden hatte. Die Hände weit vorgereckt und mit wachen Sinnen, trat sie so an den Felsen.
Ein sonderbares Gefühl in den Händen, das sie an ihre unfreiwillige Begegnung mit einem Ameisenhaufen im letzten Sommer erinnerte, durchzog sie daraufhin und ließ sie zurückzucken. Mit einmal wurde aber ihre Hand gepackt und Babe spürte, wie sie mit einem kräftigen Ruck nach vorne gezogen wurde. Bruchteile von Sekunden später fiel sie gegen Ecthelion, der sie mit seinen Armen vor einem Sturz bewahrte.
"Verdammt!" rief Babe erschrocken. "Was war DAS denn?"
13.12.2005, 10:24
Ecthelion
Offline
Administrator
*******
Palastwache

Beiträge: 8.027
Themen: 456
Registriert seit: Mar 2004
Beitrag #97
 
Mit zusammengekniffenen Lippen tastete sich Ecthelion weiter an der Felswand entlang. Mit Mühe verkniff er sich einen Kommentar, denn er dann müsste er wahrscheinlich die nächste Zeit einäugig das geheime Tor suchen. Vertieft in die Suche und seinen Blick unablässig auf den kalten, nassen Fels gerichtet, ging er wortlos weiter. Erst als er etwas bemerkte, blieb er stehen und machte Babe darauf aufmerksam. Vor ihm hoben sich feine Linien aus der glatten Oberfläche heraus. Fasziniert betrachtet der Elf die Runen, die wohl in der Zwergensprache verfasst waren. “Dann schauen wir doch mal, ob Zwergentüren auch für Elfen gemacht sind.“ dachte er sich und ging mit Anlauf durch die Tür. Kein dumpfes Auftreffen auf den Fels folgte, sondern ein Kribbeln, was seine Nackenhaare aufstellte. Genauso schnell wie es gekommen war, verschwand das Gefühl auch wieder und der Elf atmete die leicht abgestandene Luft im Inneren des Berges ein. Verblüfft stellte er fest, dass keine Luft von außen heran kam. Auch die wenigen Geräusche waren verschwunden. Erst jetzt bemerkte er, dass er Babe auf der anderen Seite zurückgelassen hatte. Er drehte sich um und sah ihre Hände, die aus dem Stein zu kommen schienen. Energisch nahm er die Kriegerin bei den Händen und zog. Dabei konnte er noch grade verhindern, dass die Kriegerin durch sein Verschulden einen Sturz vollführte. “Entschuldige, meine Neugierde ist mit mir durchgegangen.“ murmelte er leise vor sich her und gab dann Babe wieder frei.

“Das war das geheime Tor. Ich hätte nicht gedacht, dass Zwerge so etwas schaffen können. Hier war sicher Magie mit am Werk.“ Mit funkelnden Augen streckte der Elf seinen Arm durch die Wand. Sein Arm schien im Stein zu verschwinden, kein Anzeichen der Außenwelt war zu erkennen. Die Stille im Inneren der Mine hielt an, bis sich Babe räusperte. Ecthelion zog seinen Arm wieder zurück und ließ seinen Blick schweifen. Sie standen am Anfang eines Ganges, der soweit es der Elf überblicken konnte, abwärts führte. Die wenigen Fackeln, die an Halterungen an der Wand eingelassen waren, waren mit Spinnweben überzogen und hatten schon vor langer Zeit ihr letztes Licht in den Gang abgegeben. Es gab nur diesen einen Weg. “Wir scheinen am Ziel zu sein, dort geht es in die verlassene Zwergenmine. Aber wir sollten unsere Ausrüstung holen.“ Babe nickte zustimmend und kurze Zeit später waren sie wieder im kleinen Wäldchen und sammelten ihre Sachen zusammen. Als beide die letzte Ausrüstung aufgenommen hatten, machten sie sich wieder auf den Weg zum geheimen Tor. Diesmal wartete der Elf, so dass die Kriegerin nicht erneut durch die Dunkelheit irren musste. Wieder unter dem Berg angekommen, entzündeten sie eine Fackel, die Babe an sich nahm.
“Pass auf, dass du mir nicht die Fackel ins Gesicht hältst, wenn ich versuche in völliger Dunkelheit etwas zu sehen, sonst bin ich es, der blind eine zeitlang hinter dir herstolpert.“

Schmunzelnd sah sich der Elf nicht um, denn er konnte sich auch so vorstellen, dass nun die Kriegerin ein Lachen unterdrückte und sich für sein unterdrücktes Lachen von zuvor revanchierte. Um zu vermeiden, dass er vom flackernden Licht geblendet wurde, lief der Elf einen Schritt vor Babe her, so dass er über den Schein der Fackel hinaus in die Dunkelheit des Ganges blicken konnte. Still gingen sie den Gang herunter, der sie immer tiefer ins Innere des Berges führte. Es war kein Ende zu erkennen, auch wenn der Gang geradlinig ohne jegliche Biegungen verlief. Der Elf fragte sich, wie sich die Zwerge hier mit frischer Luft versorgt hatten, als er einen frischen Windhauch spürte. Der Gang nahm eine Biegung und dahinter verbarg sich eine tiefe Schlucht. Über die Schlucht führte eine Hängebrücke. Eine äußerst unsichere Konstruktion in den Augen des Elfen, der sich an den Rand vortastete und einen Blick hinunter riskierte. Schluckend drehte er sich zu Babe um, die neben ihm stand und ebenfalls versuchte das Ende der Schlucht zu ergründen. Die Kriegerin schien von der unergründlichen Tiefe wesentlicher weniger beeindruckt zu sein und ging zu den Holzstämmen, die den Beginn der Brücke kennzeichneten. Erst als sie grinsend mit Fingern auf das Holz trommelte, begab sich der Elf neben sie. Mit einem denkwürdigen Blick sah er auf die andere Seite, die ihm viel zu weit weg vorkam. “Nach dir, aber lass dir Zeit.“

Stirnrunzelnd betrat er direkt hinter ihr die Planken, die unter seinen Tritten schwankten. Sofort griff er zu den, zur dicken Tauen, zusammengefassten Seile. Um nicht mehr als unbedingt nötig von der gähnenden Leere unter sich zu sehen, als unbedingt nötig war, gewöhnte sich Ecthelion wieder an das Fackellicht. Knarrend und schwankend bewegte sich Ecthelion langsam hinter Babe her, die sich immer wieder umsah. Als er zur ihr aufgeschlossen hatte, schnappte er sich einen Zipfel ihres Hemdes. Ohne auf ihr unterdrücktes Lachen zu achten, ging Ecthelion wie auf Eierschalen hinter der Kriegerin her. Das Knarren und Ächzen war das einzige Geräusch, was zu hören war, während sich die beiden Freunde ihren Weg hinüber bahnten. Leichtfüßig übersprang Babe die letzten Planke und erreichte das Ende der Hängebrücke. Dabei verlor der Elf den Stoff aus seiner Hand und hielt sich prompt wieder am Seil fest, worauf er heftiger als sonst schwankte. Mit einem trotzigen Blick hangelte er sich herüber und hatte endlich wieder festen Boden unter den Füssen. Im schwachen Schein der Fackel konnte er deutlich das Grinsen von Babe erkennen.
“Auf dem Rückweg kannst du mich Huckepack nehmen. Mir egal, ob das ganz Rom erfährt.“ dickköpfig sah er sie an und wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn, wo sich Schweißperlen angesammelt hatten. Für einen kurzen Moment war der Elf versucht, die Fackel unter dem Vorwand, dass er den Boden ergründen wollte, hinunter in die Tiefe zu werfen. Aber dann rang er sich ebenfalls ein schiefes Grinsen ab und ging wieder einen Schritt vor, um den weiteren Weg erkennen zu können.

Erneut führte ein einzelner Gang weiter, aber diesmal konnte Ecthelion schon in der Entfernung eine Krümmung ausmachen. Die Wände des Ganges waren glatt behauen und nur die Spinnweben an der Decke und die Staubschicht auf dem Boden deuteten darauf hin, dass hier lange kein Wesen mehr entlang gekommen war. Die Fackeln an den Wänden waren hier in regelmäßigen Abständen angebracht, was sie hoffen ließ, dass sie bald auf Anzeichen der ehemaligen Bewohner treffen würden. Die Luft wurde besser, auch wenn Ecthelion hustete, weil seine Kehle sich trocken anfühlte. Von irgendwoher schien Luft zu strömen, denn der Staub zu ihren Füßen war in ständiger Bewegung und wirkte wie leichter Nebel, der durch ihre Schritte zerstoben wurde. An den Felswänden tauchten Schrammen und Schnitte auf. Kurzerhand blieb Ecthelion stehen.
“Das sieht nach Waffenspuren aus. Als hätten die Zwerge die Wände angegriffen.“ der Elf erinnerte sich an die Erzählung von Gerambolosch und an die Schatten, durch die die meisten Waffen der Bewohner einfach hindurchgegangen waren. Er warf der Kriegerin einen fragenden Blick zu, denn jetzt fiel ihm ein, dass sie völlig vergessen hatten einen Priester aufzusuchen. An sich war Ecthelion über die Tatsache nicht sonderlich betrübt, aber als er sich die Spuren im Fels ansah, machte sich ein mulmiges Gefühl in seinem Magen breit. Weder der Elf noch die Kriegerin bemerkten, dass sich im Licht der Fackel ein fremder Schatten zeigte, der sich jedoch nur schemenhaft zeigte und dann wieder lautlos im Boden versank.

Babe betrachtete ebenfalls die Kratzer, aber der Elf konnte ihren Gesichtausdruck nicht erkennen, da sie die Fackel zwischen sie hielt. Mit einem Finger zog er die Vertiefungen nach und wandte sich dann wieder ab, um dem hellen Licht der Fackel zu entgehen. Kurz darauf gingen sie weiter, bis sie die Krümmung erreichten, die er zuvor schon gesehen hatte. Der Gang machte eine Kurve und dahinter zeigte sich eine Höhle. Die Wände ragten steil herauf und der Elf konnte die Decke ausmachen, die hoch über ihnen thronte. Im Inneren der Höhle zeigten sich hohe Pfeiler, die sich bei näherer Betrachtung als Schmelzöfen entpuppten. Doch die Glut darin war schon lange erkaltet und die Arbeitsplätze wirkten verlassen. Sehr überhastet, denn überall lagen noch Werkzeuge und Karren herum. Mit einem Seitenblick auf Babe entfernte sich der Elf ein paar Schritte und beide untersuchten die nähere Umgebung. Ein Knacken ließ den Elfen dann inne halten. Sein Blick glitt auf den Boden und schnell zog er seinen Fuß zurück. Er war auf Knochen getreten, auf eine Hand, die noch immer eine Spitzhacke in ihrem klauenartigen Griff hielt. Mit aufgestellten Nackenhaaren kniete sich Ecthelion hin und untersuchte die Gestalt. Die Überreste bestanden nur noch aus Knochen, die von zerlumpten Stoffresten bedeckt waren. Was auch immer den Zwerg getötet hatte, es hatte keine weiteren Spuren hinterlassen. Mit zusammengezogenen Augenbrauen richtete sich der Elf wieder auf und sah sich weiter um. Es waren nicht die einzigen Überreste, die verteilt in der Höhle lagen. Erst ein Geräusch ließ ihn herum fahren und er sah, dass Babe ebenfalls auf einen der Zwerge gestoßen war.
“Was auch immer diese Schatten darstellen. Sie waren schnell und effizient.“ raunte er mit dunkler Stimme zur Kriegerin, nachdem er sich neben sie gestellt hatte.

Beide schauten erst sich, dann die Umgebung an. Die Zwerge schienen teilweise an Ort und Stelle ihren Angreifern zum Opfer gefallen zu sein. Und so wie es aussah, hatten die meisten nicht mal sie Chance gehabt, sich zur Wehr zu setzen. “Oder die Gegenwehr war nutzlos.“ ging es dem Elfen durch den Kopf, als er neben einem weiteren Zwerg kniete. Fragend blickte er zu Babe hoch, als ein Funkeln an einer der Wände ihm ins Auge fiel und seine Aufmerksamkeit in den Bann zog. Er gab der Kriegerin ein Handzeichen und ging schnurstracks zur Quelle des Funkelns. Erstaunt blieb der Elf vor der Wand stehen und fuhr mit der Hand über die dicken Linien, die den Stein durchzogen. Eine Metallader durchzog die Wand und schien sich bis tief in die Höhle zu ziehen, bevor die Ader kurz vor dem Boden abrupt versiegte. Ecthelion konnte das Metall nicht identifizieren, aber so wie er die Zwerge kannte, musste es von großem Wert sein. Er drehte sich um und wollte Babe heranwinken, als er feststellte, dass sie schon hinter ihm stand.
“Das muss wohl den Reichtum der Zwerge ausgemacht haben. Und es hat ihren Untergang herbeigeführt. Ich werde wohl nie verstehen, was Zwerge dazu veranlasst, hinter solchen Adern hinterher zu graben. Wie die Maulwürfe.“
Kopfschüttelnd sah sich der Elf nochmals die Ader an und verschränkte seine Arme vor der Brust. Babe sah sich erst eine Weile die Ader an, dann blickte sie zu dem Elfen, bevor sie ihn in die Seite stieß und darauf hinwies, dass sie nicht hier waren um die Eigenarten der Zwerge zu ergründen.

Die beiden durchquerten die Höhle, wo sich überall das gleiche Bild bot. Plötzlich verlassene Plätze, umgestürzte Karren und hier und da Zwerge, die nicht rechtzeitig den Weg aus der Höhle geschafft hatten. Das Fackellicht flackerte als sie weiter vorwärts gingen. Vor ihnen mussten weitere Gänge liegen, aus denen die Luftströme kamen. Fast gegenüber vom Eingang taten sich zwei Gänge auf, die v-förmig von der Höhle wegführten. Die Eingänge wurden von hohen Steinstatuen gesäumt. Bei näherer Betrachtung konnten die beiden Freunde erkennen, dass es sich um Zwerge handelte, die in voller Rüstung und mit Waffen dargestellt waren. Erstaunt stellten sie fest, dass die aufwendigen Verzierungen die bei den Waffen und Schilden zu sehen waren, welche mit edlen Metallen überzogen waren, noch immer vorhanden waren. So wie die diversen Edelsteine, die ebenfalls noch immer vorhanden, Augen und Rüstung verzierten. Was auch immer an Wert vorhanden, es war nicht geraubt worden. Die Angreifer hatten sich darauf beschränkt, die Zwerge zu vertreiben. Und die, die es nicht geschafft hatten, zu töten. An den Sockeln waren Tafeln angebracht, welche die gleiche Schrift wie zuvor geheimen Eingang zeigten. Der Fels rund um die Eingänge hier war, abgesehen von den Statuen, mit Schriften und Runen verziert.
“Wir hätten uns die wichtigsten Worte in der Zwergensprache mitgeben lassen sollen. Sind das Wegweiser, Warnungen oder einfach nur Willkommensgrüße?“ rätselnd stand der Elf vor den beiden Eingängen sah die Kriegerin schulterzuckend an.
In the end, all things betray you.
Honor. Ideals. Heroism.
Allies. Comrades. Lovers.
Your eyes. Your limbs. Your heart.
And in the end, you betray yourself.
And that is the greatest betrayal of all.


[Bild: otta.jpg]
14.12.2005, 18:01
Anonymous

Gast

 
Beitrag #98
 
"Da fragst du was..." Die Kriegerin betrachtete nachdenklich die Runen. Schon die ganze Zeit - seit sie die Miene durch den verzauberten Eingang betreten und die Schlucht überquert hatten - meinte sie, sich ständig umdrehen zu müssen. Das Gefühl, beobachtet zu werden, war mit jedem Schritt, den sie in die Miene gemacht hatten, tiefer geworden. Der Lufthauch, der aus den Tunneln zu kommen schien und die Flamme ihrer Fackel zum flackern brachte, konnte das unangenehme Gefühl nicht von ihr nehmen. Das Gegenteil war eher der Fall und Babe spürte, wie ihr ein Schauder über den Rücken lief.
"Wir finden es nicht heraus, wenn wir vor den Statuen stehen und sie anstarren," knurrte sie grimmiger, als ihr zumute war. "Lass uns also vorwärtsgehen, damit wir endlich herausfinden, mit wem oder was wir eigentlich zu tun haben."
Die Kriegerin schüttelte sich unwillkürlich. Sie trat gegen jeden und alles an, wenn sie nur wusste, um was es sich dabei handelte. Orks, Wölfe, Barbaren - sie kannte keinen Gegner, den sie fürchtete, aber diese Ungewissheit machte sie unsicher.
Um ihre Unsicherheit zu überspielen, und auch den Anblick der toten Zwerge von sich abschütteln zu können, wandte sie sich an den rechtsliegenden Gang. Die Luft in diesem Stollen erschien ihr frischer zu sein als die aus dem anderen - eine Verlockung, der sie kaum wiederstehen konnte.

Wenig später tasteten sich die beiden Freunde den Stollen entlang, der breit und hoch angelegt worden war. Die Wände waren trocken und der ebene Weg zeugte von einer regen Benutzung. Da sie aber auch hier über tote Zwerge hinwegsteigen mussten, wurde das Grauen, dass sich in ihr festgesetzt hatte, nicht weniger.
Der Stollen, den sie gewählt hatte, führte zu den Wirtschaftsräumen und zu den Schlafgemächern der Zwerge. Eine dicke Staubschicht lag auf den Gebrauchsgegenständen, die überall herumstanden. Tische, Stühle, Betten sahen aus, als wären sie schon Jahrzehntelang nicht mehr benutzt worden. Dazwischen lag zerbrochenes Geschirr und diverse Waffen. Und immer wieder Zwerge jeden Alters. Eine vergessene Kindermütze und zeugte von einem hastigen Aufbruch und verriet den unfreiwilligen Besuchern, dass die Miene von Familien bewohnt worden war. Dann und wann huschte eine Ratte an ihnen vorbei, aufgeschreckt von dem Lichtschein und ihrer Schritte.
Babe, die nun langsam genug von der Miene hatte, stieß mit ihrem Fuß ein kleines Holzspielzeug zur Seite. "Hier finden wir wohl nichts," murmelte sie und unterbrach damit das Schweigen, das zwischen ihr und Ecthelion eingetreten war. "Lass uns umkehren und in den anderen Gang gehen."

Beide Krieger drehten um und gingen den Weg zurück, den sie gegangen waren, bis sie wieder vor den beiden Steinstatuen standen. Von dort aus nahmen sie den linksliegenden Gang, der von seiner Machart dem anderen Gang aufs genaueste glich. Er führte jedoch bergab, was Babe zu der Bemerkung hinriss, dass sie sich nicht wundern würde, wenn sie auf alte Berggeister stoßen würden.
Ecthelion grinste nur vielsagend, während er über eine Gruppe Skelette stieg, die den Gang versperrten. Kurz darauf machte er sie auf einen unscheinbaren Nebengang aufmerksam, der in den breiten Hauptgang einmündete.
Babe stockte einen Moment und versuchte den Gang auszuleuchten, indem sie ihre Fackel hineinhielt. Der Schein reichte jedoch nur wenige Meter hinein und zeigte vor allem dicke, staubige Spinnweben die von der Decke bis zum Boden reichten.
"Seltsam," murmelte Babe und, beleuchtete die Wand und deutete auf eingeritzte Runen, die selbst im Fackelschein kaum zu erkennen waren. "Schaut das nicht so aus wie die bei den Statuen? Oder so ähnlich, jedenfalls?"
Bevor Ecthelion ihr zustimmen konnte, spürte Babe, wie heißer Lufthauch sie streifte. Moder hing dem Hauch an, der so plötzlich wieder verschwand, wie er erschienen war. Gleichzeitig erschien es ihr, als würde jemand flüstern und sie rufen.
"Hörst du das?" Babe drehte sich flüsternd zu dem Elfen um, der genauso zu horchen schien wie sie selbst. "Da ist jemand." Ihre Hand hatte sich unwillkürlich um ihre Fackel gekrampft, die im Lufthauch gefährlich geflackert hatte. "Und derjenige ist in diesem Gang."
17.12.2005, 12:58
Ecthelion
Offline
Administrator
*******
Palastwache

Beiträge: 8.027
Themen: 456
Registriert seit: Mar 2004
Beitrag #99
 
“Bist du dir sicher?“ der Elf drehte sich um und ließ seinen Blick durch den Gang schweifen. Er hatte zwar auch ein ungutes Gefühl, aber seine Augen konnten nichts Außergewöhnliches ausmachen. Trotzdem fuhr er sich mit der Hand über den Nacken, als ihn dort die warme, modrige Luft streifte. Die feinen Härchen dort stellten sich direkt wieder auf, als sich das ungute Gefühl verstärkte. Erneut strengte er seine Augen an. Scharf sog er seinen Atem durch die Zähne ein und ging einen Schritt zurück, als er einen Schatten an der Wand wahrnahm. Aber dann entspannten sich seine Gesichtszüge wieder, als er erkannte, dass es sein eigenes Abbild war, welches von der Fackel hinter ihm geschaffen wurde. Kopfschüttelnd drehte er sich wieder zur Kriegerin um.
“Nein, hier ist nichts. Nur wir und unsere eigenen Schatten.“ erst jetzt vernahm er ein leises Flüstern, dass fast unbemerkt durch den Gang zu hallen schien. Widerspenstig schüttelte der Elf den Kopf und strich sich die Haarsträhnen aus dem Gesicht. Er wusste zwar, dass es wesentlich mehr gab, als es immer den Anschein hatte, aber deswegen mussten sie sich nichts ins Bockshorn jagen lassen.
“Das Flüstern ist bestimmt nur der Wind, der durch die Gänge und Ritzen pfeift. Wir sollten weitergehen.“ kaum waren seine Worte verklungen, wehte erneut ein Windhauch durch den Gang. Die Spinnweben wiegten sich in der Luft, die sich diesmal kalt anfühlte.

Mit einem entschlossenen Gesichtsausdruck fasste der Elf die Hand der Kriegerin und lenkte die Fackel in die Spinnweben. Schnell fraßen sich die Flammen voran und die Spinnweben verschwanden unter kleinen Flammen und Funken. Diesmal ließ er Babe den Vortritt, während er sich die verbliebenen Spinnweben aus den Haaren klaubte. Mit Hilfe der Fackel bahnten sie sich einen schmalen Weg durch die herabhängenden Spinnweben, die immer dichter zu werden schienen. Plötzlich gab der graue Vorhang den Weg frei und die beiden konnten in eine große Höhle blicken, die völlig unberührt vor ihnen lag. Fast wäre der Elf gegen die Kriegerin geprallt und nur mit einem Schritt zur Seite, der ihn durch die Spinnweben führte, ließ es sich vermeiden. Hustend spie er die Sachen wieder aus und schnippte eine kleine Spinne von seiner Schulter, bevor er sich der Höhle zuwandte. An den Seiten des Einganges stapelte sich Schutt und Gestein und das Innere der Höhle schien sich endlos in den Fels zu erstrecken. Wobei auch hier der Boden leicht abschüssig war.

Genauso wie die Kriegerin drehte er sich um, als hinter ihnen wieder das Flüstern zu vernehmen war. Diesmal schien es hinter ihnen aus dem Gang zu kommen, wobei es sich aber nicht zu nähern schien. Ecthelion trat aus dem Schein der Fackel und legte seinen Kopf in den Nacken. Wie zwei funkelnde Punkte leuchteten seine Augen, als er versuchte die Decke zu erahnen. Aber genauso wenig wie das Ende der Höhle konnte er die Decke ausmachen. Suchend blickte er sich um, aber nur an den Seiten konnte er vage die Wände erkennen. Babe konnte nicht mehr als den Schein der Fackel erkennen, weshalb sie einige Schritte in die Höhle ging. Fragend blicket der Elf ihr hinterher, als hinter ihm das Flüstern leise anschwoll. Ungewollt lief ihm ein kalter Schauer über den Rücken und er drehte sich wieder zum Ende des Ganges herum. Die Spinnweben schienen sich leicht zu bewegen, als würde ein Windhauch durch sie fahren. Sein Blick ging wieder zu den Geröllhaufen neben dem Eingang und er rief sich die Geschichte von Gerambolosch ins Gedächtnis. Angestrengt nagte der Elf an seiner Unterlippe, bis ihm einfiel, wo sie sich befanden. Er drehte sich wieder zur Kriegerin um und legte ihr eine Hand auf die Schulter, da sie noch immer einige Schritte in die Höhle hineinging.

“Ich glaube, ich weiß wo wir sind. Oder ich vermute es.“ der Elf machte eine kurze Pause, in der wieder das Flüstern aus dem Gang zu vernehmen war. “Erinnerst du dich an die Geschichte? An die Stelle mit der Höhle, die die Zwerge nicht betreten sollten? Ich glaube, wir haben sie gefunden.“ das Flüstern im Hintergrund war jetzt deutlich zu hören und die Spinnweben gerieten immer sichtbarer in Bewegung. Ecthelion schluckte hart und hustete, weil sich seine Kehle plötzlich trocken anfühlte. “Was auch immer die Zwerge vertrieben hat, ich befürchte, wir werden es gleich zu Gesicht bekommen.“
In the end, all things betray you.
Honor. Ideals. Heroism.
Allies. Comrades. Lovers.
Your eyes. Your limbs. Your heart.
And in the end, you betray yourself.
And that is the greatest betrayal of all.


[Bild: otta.jpg]
20.12.2005, 17:03
Anonymous

Gast

 
Beitrag #100
 
In der Kehle der Kriegerin wurde es trocken. Sie versuchte zu schlucken, doch es war ihr, als klebte ihr plötzlich die Zunge am Gaumen. Deshalb nickte sie nur zur Bestätigung von Ecthelions Worten. Gleichzeitig spürte sie, wie es ihr eiskalt den Buckel herunterlief. Die Hand Ecthelions auf ihrer Schulter bekam nun etwas tröstliches und sie stoppte, um genauer zu lauschen.
"Gegen Geister ist ein Schwert machtlos." Babe flüsterte unwillkürlich. "Aber es ist gegen meine Überzeugung, schon vor einer Schlacht aufzugeben. Hoffnung gibt es immer." Die Kriegerin trat einen Schritt vor und streifte damit die Hand des Elfens von sich ab. In der nächsten Bewegung glitt ihre Hand nach hinten zu ihrem Bat`leth. Ein leises scharrendes Geräusch von Metall auf Metall erklang, als sie es von seiner Halterung ihres Brustgürtels zog.
"Nimm das..." flüsterte Babe weiter und übergab Ecthelion die Fackel. Anschließend nahm sie ihr Bat`leth vor sich, bereit, jeden Angriff auf sich und Ecthelion abzuwehren.

Ein weiteres Mal erschien das Flüstern, das nun aber in ihren Ohren lauter und näher klang. Im selben Moment konnte Babe etwas Weißes erkennen, das langsam auf sie zukam.
"Na endlich," dachte sie fast erleichtert über das Ende der Ungewissheit. Ihre Kiefermuskeln arbeiteten, als sie in die Dunkelheit spähte. Das Fackellicht schenkte nur wenig Licht, so dass man nur wenig erkennen konnte. Trotzdem trat sie den weißen Gestalten entgegen, deren Augen rotdunkel leuchteten.
Hinter sich hörte Babe, wie Ecthelion die Fackel in einen der alten Halterungen an der Wand rammte und ihr folgte. Sie dagegen stürmte auf die seltsamen Wesen zu, die aussahen, als wären sie aus Nebel gemacht. Erst, als sie kurz vor ihnen stand, erkannte sie, dass es Elfenähnliche Gestalten waren. Jeder von ihnen trug ein Schwert, das - anders als sie - aus wirklichem Metall bestand. Letzteres musste die Kriegerin schmerzlich feststellen, als eines der Schwerter an ihrer Schulter vorbeifuhr und ihr damit einen tiefen Kratzer zufügte. Babe spürte, wie ihr Blut den Arm herablief und ein Schmerz sie traf, der bis ins Mark zu gehen schien.

Aus der Kehle der Kriegerin erklang ein zufriedenes Knurren. Gegen ein Schwert konnte sie kämpfen, egal, wer es hielt. Sie nahm deshalb ihr Bat`leth nach oben und ließ es auf das nächstfolgende Schwert krachen. Das Wesen, das ihren Angriff anscheinend nicht erwartet hatte, wich daraufhin zurück. Sein Schwert sank einige Zentimeter herunter, was Babe auszunutzen versuchte - sie führte einen Streich quer über dem Gesicht des Wesens aus.
Für einen Moment teilte daraufhin sich der Nebel, die dahinterliegende Wand wurde sichtbar, bevor er sich wieder zum Entsetzen der Kriegerin wieder zusammenfügte.
Mit einem Ausruf des Erstaunens wich Babe zurück. Ihre Augen weiteten sich, als das Wesen ohne einen sichtbaren Kratzer mit erhobenem Schwert auf sie zusprang. Gleichzeitig hörte sie einen warnenden Ruf von Ecthelion hinter sich und sie schaffte es gerade noch, sich rechtzeitig herumzudrehen, um einem zweiten Schwert auszuweichen.
Ecthelion, der einen verbissenen Gesichtsausdruck trug, wehrte ein Wesen mit einem reich verzierten Schwert ab. Es schien eine Art Anführer zu sein, denn auf seinem Kopf konnte man eine Krone erahnen. Bevor Babe jedoch ihrem Erstaunen Ausdruck verleihen konnte, sprangen zwei der Nebelkrieger hinter ihrem König vor und auf sie zu. Beide hoben ihre Waffen hoch, in der Absicht, ihr ein schnelles Ende zu bereiten. Ihr Schwert fuhr deshalb sofort nach rechts, um damit den ersten abzublocken und dann nach links, um den zweiten in seine Schranken zu weisen. Der Klang von aufeinanderprallendem Metall füllte den Stollen, ein Geräusch, das nach der zurückliegenden Stille seltsam laut erschien.

In nur wenigen Sekunden war ein ungleiches Gefecht entstanden. Babe und Ecthelion kämpften verbissen gegen die Nebelwesen, denen kein Schwertstreich etwas anhaben konnten, die aber sehr wohl ihre Schwerter zu benutzen wussten. Es dauerte deshalb keine zehn Minuten, nach denen sich Babe über den Sinn und Nutzen ihrer Gegenwehr fragte. Es würde nur eine Frage der Zeit sein, bis sie und der Elf erschöpft ihre Schwerter sinken ließen und den Todesstoß erwarten würden.
"Ecthelion," rief sie deshalb durch den scharfen Klang der Schwerter hindurch. "Was hältst du von einem Rückzug?"
01.01.2006, 22:49
Ecthelion
Offline
Administrator
*******
Palastwache

Beiträge: 8.027
Themen: 456
Registriert seit: Mar 2004
Beitrag #101
 
“Keine schlechte Idee.“ Murmelte der Elf zwischen seinen zusammengepressten Zähnen zurück und wich einem Schwerthieb aus. Mehrmals war jetzt seine Klinge durch das ätherische Wesen geglitten, ohne auch nur einen Kratzer zu hinterlassen. Was er von der gegnerischen Waffe nicht behaupten konnte, die einen Schnitt auf seinem Oberschenkel hinterlassen hatte. Es war nur eine Frage der Zeit, bis die Wesen die Oberhand gewinnen würden. Kurze Zeit später standen der Elf und die Kriegerin Rücken an Rücken und wurden von den drei Nebelwesen bedrängt.
“Ich glaube, wir sollten keine Zeit mehr verlieren und uns aus dem Staub machen.“ Ecthelion drehte seinen Kopf zu Babe und nickte. Erneut prallte Metall gegen Metall, löste sich wieder unter einem lauten Geräusch. “Jetzt.“ gab der Elf leise von sich und stieß sich vom Rücken der Kriegerin weg, die das gleiche tat. Ein hoher, schriller Schrei, der sowohl Entsetzen als auch Erstaunen in sich trug, zeigte ihnen, dass sie die Wesen nicht verletzten konnten, diese sich aber sehr wohl gegenseitig. Am Eingang der Höhle entdeckte er Babe neben sich, die eine gewisse Genugtuung zeigte, als sie kurz zu den Wesen zurückblicken. Dann waren sie schon wieder im Gang und hasteten zurück zur Gabelung. Dort angekommen wollten sie weiter die Schmiedehöhle entlang, aber tief im Raum konnten sie schon die schimmernden Gestalten ausmachen, die ihnen den Weg versperren sollten. Die beiden Freunde blickten sich an und folgten dann Gang wieder ins Innere des Berges.

Auch hier hangen die Spinnweben von der Decke herunter. Aber hier waren sie weder so dicht, noch verdeckte sie vielmehr als die Decke des Ganges. Der Elf versuchte im Laufen eine Fackel zu entzünden, was ihm aber nicht gelang, so dass Babe dicht hinter ihm lief. An den vorbeihuschenden Wänden konnte er keine Runen ausmachen, wenn auch er im Vorbeilaufen Zeichnungen erkennen konnte. Hinter einer Biegung hielten sie an und holten Luft. Ecthelion, dessen Brustkorb sich stark hob und senkte, riskierte einen Blick in den Gang zurück.
“Keine Anzeichen von den Nebelwesen. Scheinbar verfolgen sie uns nicht weiter.“ nachdem sie kurz Luft geholt hatten, gingen sie den Gang weiter hinunter, bis sie schließlich ihre Schritte soweit verlangsamten, dass sie die Zeichnungen an den Wänden näher betrachten konnten. Der Elf zog die Stirn kraus, als er feststellte, dass es wirklich keine zwergischen Zeichen, sondern von fremder Hand waren. Aber genauso wie bei der Zwergenschrift konnte er sich jetzt auch keinen Reim auf die Zeichen machen. Bevor er Babe nach der vermutlichen Bedeutung fragen konnte, erreichten sie das Ende des Ganges. Ein schwerer Vorhang teilte den Gang ab. Mit der Schwertspitze schob Ecthelion den Vorhang vorsichtig zur Seite und steckte seinen Kopf durch den Spalt. Es tat sich eine weitere Höhle aus, die in ihren Ausmaßen aber nicht mit den vorherigen Höhlen vergleichbar war. Der Elf trat ganz durch den Vorhang und kurz hinter ihm folgte auch Babe. Beide sahen sich um, auch wenn die Kriegerin ohne Fackel sicher noch nicht viel erkennen konnte. Grade als Ecthelion nach der Fackel griff, fiel ihm eine Bewegung in einer der kleinen Ecken und Nischen der Höhle auf. Während seine Augen versuchten die Dunkelheit zu durchdringen, bewegte sich der Schatten langsam auf sie zu. Der Elf tippte die Kriegerin an und hob dann sein Schwert, weil er wieder einen der Schatten erwartet. Nur der Atem des Elfen und der Kriegerin waren jetzt wieder in der Stille zu vernehmen, während die Anspannung in beiden wuchs.

Die fremde Gestalt war in ein dunkles Kleid gehüllt, was nun aber mehr wie eine Ansammlung von Lumpen aussah. Hier und da hingen Fetzen herunter und wurden scheinbar achtlos nicht beachtet. Ohne einen Ton zu verlieren, trat die Gestalt weiter aus dem Schatten der Wand und blickten die beiden unverändert an. Mit kurzen, leisen Schritten näherten sie die Gestalt. Dabei schien sie keinerlei Anzeichen zu machen, nach einer Waffe zu greifen oder die Schatten zu alarmieren.
“Das scheint zumindest kein Geist zu sein. Also sollten unsere Waffen hier etwas ausrichten, falls sie uns auf den Leib rückt.“ unwillkürlich blickte der Elf nach hinten, aber dort konnte er nichts entdecken. Entweder hatten die Schatten die Verfolgung abgebrochen oder sie trauten sich hier nicht hinein. Was dem Elfen aber einen kleinen Schauer über den Rücken rinnen ließ, denn dann läge es wohl an der Gestalt, die grade vor ihnen stand. Ohne seinen Blick von der Gestalt abzuwenden reichte er die Fackel Babe. Kurze darauf hörte er das typische Geräusch und ein helles Flackern erschien über seiner Schulter und tauchte den näheren Bereich der Höhle in einen unstetigen Schein. Die fremde Frau trat in den Schein der Fackel und der Elf konnte ihr Gesicht erkennen. Er zog die Luft scharf durch die Zähne ein, als er erkannte, dass die Frau vor ihm unheimlich alt sein musste. Die Augen waren tief in die Höhlen eingesunken und das Gesicht verschwand in tiefen Falten. Dünnes, graues Haar fiel bis auf die Schultern, die ebenfalls deutlich vom Alter gebeugt waren. Kurz vor ihnen hielt die alte Frau und stützte sich wackelig auf ihren kurzen Stock, den der Elf erst für eine Waffe gehalten hatte.
In the end, all things betray you.
Honor. Ideals. Heroism.
Allies. Comrades. Lovers.
Your eyes. Your limbs. Your heart.
And in the end, you betray yourself.
And that is the greatest betrayal of all.


[Bild: otta.jpg]
03.01.2006, 22:23
Anonymous

Gast

 
Beitrag #102
 
Die Fackel in ihrer Hand zitterte unmerklich, als Babe die Frau erblickt hatte. Sie hatte mit allem gerechnet – Spinnen, Zwerge, Geister, Dämonen. Aber nicht mit IHR. Ihre Augen wurden weit, als sie die Frau musterte und noch während sich ihr Verstand weigerte, zu glauben, was sie sah, wusste sie gleichzeitig, dass es der Tatsache entsprach. Vor ihnen musste Gwendola stehen, die Hexe.
„Bei den Göttern,“ murmelte Babe. Die Kriegerin lehnte sich ein wenig vor, damit mehr Licht auf die Alte fallen konnte. „Ich hätte nie gedacht...“

Ihr Satz wurde von der Alten mit einer herrischen Handbewegung unterbrochen. „Ihr habt es gewagt,“ krächzte sie. „Die Ruhe des alten Volkes zu stören. Wieder einmal.“ Die Stimme der Hexe klang alt und staubig, als würde man eine Handvoll trockener Blätter zwischen den Fingern verreiben. „Und dafür werdet ihr büßen. Elende Zwerge.“
Ein Zittern ging durch die Alte. Sie trat einen Schritt vor, hob ihren Stock und zeigte damit auf Babe und Ecthelion. Der Lichtschein der Fackel, der bis dahin nur undeutlich auf sie geschienen hatte, traf sie nun ganz. Graue, blinde Augen blickten die beiden Krieger an, während sie in fremder Sprache einen Spruch murmelte.
Babe und Ecthelion brauchten nur Bruchteile von Sekunden, bis sie die Gefahr erkannten, in der sie schwebten. Es brauchte deshalb keine Absprache, bevor sie nach vorne sprangen und die Alte zwischen sich nahmen.
„Wage es nicht, mir irgendetwas anzuhexen,“ fauchte Babe Gwendola an. Ihre Hand hatte sich den dünnen Arm der Hexe gelegt, wo sie ihn wie in einem Schraubstock festhielt. Ecthelion dagegen nahm ihr den Stock fort, wobei er unwirsch seine Meinung über Leute kundtat, die ihn für einen Zwerg hielten.
Gwendola schrie auf. Ihr Finger bekamen den Umhang von Babe zu fassen und nun zog sie daran, als wollte sie ihn der Kriegerin vom Leib reißen.
„Ruhig.“ Ecthelion rang um Fassung, während Babe dagegen versuchte, ihren Mantel zurückzubekommen. „Wir tun dir nichts.“
„Da wäre ich mir nicht so sicher,“ brummte Babe, die spürte, wie ihr langsam der Hals zugeschnürt wurde, da Gwendola immer noch an ihrem Umhang zog. „Nicht, wenn sie damit aufhört, mir an die Wäsche zu gehen.“
Die Hexe drehte ihren Kopf und ihre blinden Augen blickten Babe geradewegs an. Ihre Hand löste sich von dem grauen Stoff und tastete sich nun spinnenartig nach oben, bis sie das Gesicht der Kriegerin zu fassen bekam. Babe, die die kalte und trockene Hand als fast noch unangenehmer empfand wie die Enge um ihren Hals, wich zurück. Gwendola zischte jedoch ein „Bleib!“, so dass sie wie angewurzelt stehenblieb, unfähig, sich zu rühren.
„Eine Frau...“ krächzte die Hexe gleich darauf. „Wenn man so etwas wie dich überhaupt eine Frau nennen kann. Mädchen, vor was hast du solche Angst?“
Gwendolas Hand wanderte zu Ecthelion und langte auch dort nach dem Gesicht, obwohl ihre Fingerspitzen lediglich sein Kinn erreichten.
„Einer vom alten Volk,“ murmelte sie. „Du lebst schon zu lange, Elf, um nicht zynisch geworden zu sein. Dabei liebt das Leben gerade dich besonders.“ Aus ihrer Kehle stieg ein heiseres Kichern. „Und nun gib mir meinen Stock zurück, sei so gut!“
Gehorsam reichte Ecthelion der Alten ihren Stock, die sich daraufhin umdrehte und in den Gang zurückhumpelte, aus der sie gekommen war. „Kommt mit mir,“ krächzte sie die Freunde an. „Hier seid ihr nicht sicher. Sie haben euer Blut gerochen und sie werden nicht eher ruhen, bis ihr es zu Ende vergossen habt.“

Die Alte ging so schnell es ihr möglich war, den Gang entlang. Babe, die immer noch die Fackel hielt, eilte ihr hinterher, Ecthelion folgte der kleinen Prozession am Ende. Gerne hätte sich Babe mit dem Elfen darüber abgesprochen, was er von der Begegnung hielt, aber die Hexe war ihr unheimlich. Es würde sie nicht wundern, wenn sie Gedanken lesen konnte oder ihre Gefühle erahnte. Trotzdem drehte sie sich um, als sie die Hand des Elfen an ihrer Schulter spürte.
„Sie kommen,“ raunte er ihr zu. „Die Dämonen sind knapp hinter uns.“
08.01.2006, 10:52
Ecthelion
Offline
Administrator
*******
Palastwache

Beiträge: 8.027
Themen: 456
Registriert seit: Mar 2004
Beitrag #103
 
Zuerst war der Elf leicht amüsiert, weil es offensichtlich war, dass Babe eine deutliche Abneigung gegen Magie und Zauberei hatte. Aber nachdem die alte Hexe ihre Worte an ihn gerichtet hatte, starrte der Elf sie nur eine Weile lang an. “Das Leben liebt dich besonders..“ der Elf kniff die Augen zusammen und setzte zu einer Antwort an, die dann nur in einem scharfen Ausatmen endete. Eine längere Diskussion darüber ersparte er den beiden Frauen und folgte dann der Hexe hinterher. Auf eine weitere Begegnung mit den schattenähnlichen Wesen konnte er verzichten. Während die beiden schweigsam der alten Frau folgten, machte sich ein mulmiges Gefühl in seinem Magen breit. Er hatte keine Ahnung, wohin sie die Hexe führte und hinter ihnen lauerten die Nebelwesen. Er fühlte sich wie in einer Falle, aber er hatte bislang keine Gelegenheit mit Babe darüber zu sprechen. Stattdessen blickte er sich immer wieder um, bis ihm schließlich ein leichtes Schimmern im Gang auffiel. Der Elf blieb stehen und ging dann einige Schritte zurück, bis er klarer erkennen konnte, dass das schwache Leuchten von den Wesen stammte. Scheinbar war mit dem Verschwinden von Gwendola auch ihre Furcht vor der Höhle verschwunden. Ecthelion hastete den Gang zurück und legte der Kriegerin eine Hand auf die Schulter.

Kaum hatte er das Wort Dämonen ausgesprochen, drehte sich Babe um. Im Schein der Fackel konnten sie das schwache Licht erkennen, dass sich langsam im Gang hinter ihnen ausbreitete. Auch das metallische Schaben von Schwertern, die an den Wänden entlang gezogen wurden, klang jetzt wieder deutlich durch den engen Gang. Gwendola schien das entweder nicht zu bemerken oder es interessierte sie nicht. Ungestört ging die Hexe weiter den Gang entlang. Sie war schon fast aus dem Schein der Fackel entschwunden, so dass sich der Elf fragte, wie viel ihre Augen in der Dunkelheit erkennen konnten. Weiter kam er mit seinen Überlegungen nicht, denn Babe murmelte, dass ihr die ganze Sache nicht gefiel.
“Mir auch nicht. Vor uns eine Hexe und hinter uns diese Nebelwesen. Wer weiß, wohin sie uns führt.“ Der Elf blickte die Kriegerin an, deren Blick er entnehmen konnte, dass es ihr genauso ging. Als die beiden schon zu ihren Waffen greifen wollten, erscholl das Krächzen der alten Hexe vor ihnen.
„Wollt ihr da Wurzeln schlagen? Die Wesen dürsten nur nach eurem Blut, ihr solltet mir besser weiter folgen. Eure Waffen können eh nichts ausrichten, also versucht es gar nicht wieder.“ Ein leises Kichern war zu hören. „Und ich hätte meine Zeit verschwendet und davon habe ich nicht genug.“

Achselzuckend drückte der Elf kurz die Schulter der Kriegerin und folgte ihr und der alten Hexe wieder dem Gang entlang. Diesmal hielt er mit Babe schritt, denn das Tempo von Gwendola war ihm zu langsam und er hatte das Gefühl, dass sie Schatten unaufhörlich aufholten. Der Gang vollführte immer öfter Kurven, so dass das Leuchten immer wieder von den Wänden verschluckt wurde. Aber das Geräusch der Schwerter war immer deutlich zu hören. Die Hexe schien das noch immer nicht zu kümmern und mehr als einmal warf der Elf einen Seitenblick auf die Kriegerin, die auch immer öfter hinter sich schaute. Erneut machte der Gang eine Schärfe Biegung. Dahinter war ein Gang zu sehen, der nach einigen Metern in eine Höhle mündete. Als die Alte unvermittelt stehen blieb, wären sie fast gegen sie geprallt, doch Gwendola scheuchte sie mit dem Stock beiseite. Ecthelion sah sich die Wände an, die langsam von unheimlichen Leuchten der Schattenwesen erhellt wurden. Kurz hinter der Biegung konnte er Zeichen ausmachen, die er aber nicht entziffern konnte. Er wollte näher herangehen, aber dann spürte er Stoß in seiner Seite. Es war Gwendola, die ihm mit ihrem Stock deutlich machte, dass er hinter sie treten sollte. Mit hochgezogener Augenbraue stellte er sich neben Babe.

“Jetzt verstecken wir uns hinter einer alten Frau. Ich frage mich, was noch kommt.“.
„Sie kommen, da schau.“ Antwortete ihm Babe und deutete auf die Biegung, wo die ersten Nebelwesen hervortraten. Bevor beide auch nur etwas machen konnten, murmelte die Hexe plötzlich vor sich. Ihren Stab hielt sie in die Richtung der Wesen und die Zeichen an der Wand leuchteten auf. Ein stechender Geruch lag plötzlich in Luft und von anschwellendes Geheul wurde von den Schatten ausgestoßen. Ecthelion schüttelte sich, als ihm ein Kribbeln über den Körper er lief und er wusste, dass hier Magie am Werke war. Langsam kamen sie näher, doch je näher sie kamen, desto heller leuchteten die Zeichen an der Wand und desto schriller wurden ihre Laute. Als der Elf der Meinung war, dass sie die alte Frau erreichen würden, sprach diese ein paar laute Worte. Ein heller Blitz erschien vor ihnen und als der Elf keine Punkte mehr vor den Augen hatte, waren die Wesen verschwunden. Nur ein verebbendes Echo und der Geruch lagen noch in der Luft. Der Elf rieb sich über die Arme, als das Kribbeln langsam verschwand.

„Wie ich sehe, ist euch die Magie nicht unbekannt. Kanntet ihr Jemanden, der Magie gewirkt hat oder bist du selbst in der Kunst bewandert?“ wären die Augen der Hexe nicht milchig gewesen, so hätte der Elf darauf gewettet, dass sich ein Funkeln in ihnen gezeigt hätte.
“Das geht dich nichts an, altes Weib. Und versuch gar nicht erst, irgendeinen Zauber bei mir zu wirken. Ich würde es bemerken und nicht sonderlich gut gelaunt sein.“ ein krächzendes Lachen war die Antwort und Gwendola winkte scheinbar amüsiert ab. Mit einem missmutigen Gesichtausdruck drehte sich der Elf zu Babe um. Wieder hätte er wetten können, dass sie ein leichtes Grinsen auf ihrem Gesicht gezeigt hatte, aber dann folgte er ihrem Blick durch die Höhle, die der Hexe als Behausung diente.
In the end, all things betray you.
Honor. Ideals. Heroism.
Allies. Comrades. Lovers.
Your eyes. Your limbs. Your heart.
And in the end, you betray yourself.
And that is the greatest betrayal of all.


[Bild: otta.jpg]
08.01.2006, 23:43
Anonymous

Gast

 
Beitrag #104
 
Tiefe Schwärze empfingen den Elfen und der Kriegerin. Nicht ein Lichtstrahl erhellte die Wohnstatt Gwendolas, die sie mit den Worten: „Herein, herein,“ willkommen hieß. Es war, als würde selbst der Lichtstrahl der Fackel von der Dunkelheit verschluckt weden, denn ihr Schein reichte kaum ein Meter aus. So stand Babe, unschlüssig, wie sie sich hier zurechtfinden sollte, am Eingangsbereich, der sich krachend hinter ihr schloß.
Ecthelion, der genau neben Babe stand, runzelte die Stirn und murmelte wieder etwas von Magie. Eine Antwort darauf erschien der Kriegerin überflüssig, denn das erkannte selbst sie, die Magie erst dann als diese klassifizieren konnte, wenn sie genau vor ihr erschien.
Die Hexe, die die Unsicherheit ihrer Gäste zu bemerken schien, kicherte wieder. „Lösch die Fackel, Kindchen, dann wirst du mehr sehen.“
„Das wohl kaum,“ antwortete Babe trocken. „Ich bin schließlich kein Maulwurf.“
„Vertrau mir.“ Gwendola erschien plötzlich vor ihr und entriss ihr die Fackel. Babe, die ihre blinden Augen und die wilden Haare nur einen Moment lang im Lichtschein erblickt hatte setzte zum Protest an. Dieses Mal aber war es Ecthelion, der sie zur Ruhe mahnte:
„Warte, bis sich deine Augen an die Dunkelheit gewöhnt haben.“
Irritiert blickte Babe in das Schwarz. Nach einer gewissen Zeit hörte sie das Atmen des Elfen, spürte seinen Arm an dem ihrigen und roch die ungewaschene Kleidung der Hexe. Nach und nach wurde es plötzlich heller und sie erkannte die hohe und schmale Statur Ecthelions, sowie die von Gewendola. Möbel, einfach gezimmert und doch mit einer klaren Form, lösten sich aus der Dunkelheit und waren deutlich zu erkennen. Die Ausmaße des Raumes zeigten sich und Babe erkannte, dass sie in einer Art Diele standen. Zwei Eingänge führen von ihr ab, wobei die eine Stufen nach oben aufwies.
„So!“ krächzte die Alte zufrieden. „Und nun kommt herein und lasst Euch stärken. Ich habe einen Wein da, der schon lange darauf wartet getrunken zu werden.“

Es war, als würde die Zeit in den Räumen der Hexe nicht existieren.So, wie es hier weder Licht noch Dunkelheit gab, so vergingen die Stunden in einem Maße, als wären sie ohne Bedeutung. Gwendola tischte den beiden Kriegern ein opulentes Mahl auf, wie sie es schon lange nicht mehr zu sich genommen hatten. Anschließend führte sie sie in einen Raum mit einem großen Bett, in dem Babe stundenlang tief und traumlos schlief.
Nun saßen Ecthelion, Babe und Gwendola um den Tisch, an dem sie Stunden zuvor gespeist hatten und hörten der Hexe zu, deren Augen in der Dunkelheit ihrer Höhle nicht mehr blind waren, sondern ein leuchtendes Grün aufwiesen.

„Die Zwerge hätten von Anfang an nicht im Berg schürfen dürfen,“ krächzte sie gerade erbost. „Sie wussten, dass sich eine Grabstätte hier befindet. Aber ihnen ist nichts heilig, wenn sie Gold und Edelsteine im Berg vermuten. Und dabei habe ich sie noch davor gewarnt.“ Ihr Gekrächze verwandelte sich in ein Husten, das erst endete, als sie einen Schluck von dem Wein nahm, der vor ihr stand.
„Aber richtig kritisch wurde es erst, als sie den Schatz von Nohanaiel Thoa an sich nahmen.“ Ihre Augen hoben sich und wandten sich an Echtelion. „Du solltest von ihm wissen, denn er ist von deinem Volk. Ein Stein, der einst große Bedeutung für die Elfen hatte und der ihnen in den Kriegen von Ughatnil zum Sieg verholfen hatte. Im diesem Edelstein wohnt eine Kraft inne, die dem eines normalen magischen Steines weit übersteigt.“
„Ein Edelstein?“ fragte Babe, wobei sie eine Augenbraue hochzog. „Was ist an einem Edelstein schon besonderes, außer der Tatsache, dass er glitzert und damit ein Seidenkleidchen schmücken kann?“
Die Hexe kicherte. Ihr dürrer Finger zeigt auf Babe: „Du verstehst das natürlich nicht, Kriegerin. Denn das einzige, was du unter Schmuck verstehst sind die Narben auf deiner Haut. Aber ein Edelstein kann mehr als ein Frauenherz zum schlagen zu bringen. Der grüne Stein der Elfen stammt aus den Tiefen von Karamach und er wurde dem Herz des Berges unter Aufbringung von viel Blut entrissen. Er ist deshalb geweiht und wer ihn zu nutzen weiß, kann jede Schlacht für sich verbuchen. Nohanaiel wusste von seiner Kraft und hat sie gegen seine Feinde benutzt. Aber niemand, nicht einmal die Elfen, kann einen Zauberstein verwenden, ohne dafür bezahlen zu müssen. Nohanaiel wurde wahnsinnig. Sein Wahnsinn war aber der Beginn eines noch blutigeren Krieges und um den zu beenden, wurde er mitsamt dem Stein und seinen engsten Vertrauten lebendig in den Berg gesperrt. Sie waren die Hüter des Edelsteines, bis die Zwerge ihn an sich genommen und damit ihren eigenen Untergang heraufbeschworen hatten.“
Ecthelion, der bis jetzt geschwiegen hatte, sog hörbar die Luft ein. „Wo ist der Stein jetzt?“
„Er ist mit Xadak Streithammer in den Spalt gefallen.“
„Welcher Spalt? Wo befindet er sich?“
„Hier, in diesem Berg.“ Gewendola wurde nun sehr ernst. „Als Nohanaiel das Fehlen des Steines bemerkte, erwachte er aus seinem Totenschlaf und setzte dem Dieb nach. Er tötete mit seinen Mannen alle Zwerge des Berges, um den Stein zu finden. Aber es war genauso umsonst, wie unnötig. Der Stein schützt sich selbst. Er öffnete einen Spalt im Berg, der tiefer nicht sein konnte und Xadak fiel mit ihm hinein. Auf seinem Boden ruht er nun, bis alle Zeit ihr Ende gefunden hat.“
„Ich finde, da liegt er ganz gut,“ murmelte Babe, die bei der Erwähnung von magischen Edelsteinen, Elfen und Zwerge bereits Aversionen gegen den ganzen Berg verspürte. „Sagen wir Gerambalosch, dass der Berg unrettbar verloren ist und gehen nach Hause.“
„So einfach ist das nicht,“ setzte Gwendola nach. „Nohanaiel ist erneut geweckt und befindet sich nun auf der Suche nach dem Stein. Ihr müsst ihn vor ihn finden, ihn in seine Gruft bringen und ihn dann dort wieder einsperren. Findet er den Stein vor euch, wird er zum Leben erweckt werden und Rache suchen wollen.“
„Das ist doch...“ Blödsinn, wollte Babe ausrufen, doch Gewendola hob ihr Hand und gebot ihr damit Ruhe. „Nur der Zauber, der über seiner Gruft liegt, kann ihn zurückhalten. Ihr müsst ihn deshalb mit dem Stein dorthin zurücklocken und schnell daraus verschwinden, damit ich die Höhle erneut mit einem Bann verschließen kann.“
Gewndola blickte zuerst Babe und dann Ecthelion an. „Schon so viele Jahre warte ich auf jemanden, der bereit ist, mir dabei zu helfen, Nohanaiels Stein zu finden. Ich bin nur eine alte Frau, eine Klettertour in den Spalt würde meinen Tod bedeuten. Ihr zwei seid jedoch jung und stark. Ihr würdet es schaffen, was mir bis jetzt unmöglich war. Ich rechne deshalb fest mit euer Hilfe.“
10.01.2006, 11:17
Ecthelion
Offline
Administrator
*******
Palastwache

Beiträge: 8.027
Themen: 456
Registriert seit: Mar 2004
Beitrag #105
 
Grübelnd zog der Elf an seinem Ohr. “Warum meint immer jeder, dass ich die Geschichte sämtlicher Elfen kenne. Nur weil wir alle spitze Ohren haben.“ murmelte er dann vor sich hin und sah Gwendola skeptisch an. Er hatte keine Ahnung, wo wem die alte Hexe da redete, aber die Erzählung interessierte ihn trotzdem brennend. Als sie geendet hatte schaute der Elf dann Babe fragend an.
“Wahnsinnige Elfen, verfluchte Zwerge und eine Klettertour. Was will man mehr?“ gab der Elf ironisch in die Runde. Bei dem Wort Klettertour verzog der Elf sichtbar den Mund. Auf weitere Aktionen über oder in Abgründen konnte er verzichten, aber die alte Hexe sah nicht so aus, als würde sie lockerlassen.
“So wie es aussieht, haben wir wohl keine andere Wahl. Entweder wir schließen diese Geister wieder ein, oder sie jagen uns quer durch den Berg. Dann doch lieber die aktivere Alternative. Auch wenn sie eine Klettertour beinhaltet.“ Während Babe grinste, krächzte die Alte mit ihrem Lachen los.
„Zwei Abenteurer wie sie im Buche stehen. Dann ist es also abgemacht.“ Gwendola rieb sich ihre knochigen Hände und fing an in einem Stapel von Pergamenten zu suchen. Mit hochgezogener Augenbraue blickte der Elf ihr hinterher und wandte sich dann an die Kriegerin.

“Ich weiß zwar auch noch nicht, was ich davon halten soll, aber wir sollten es versuchen. Ich habe keine Lust von diesen Geisterwesen durch den Berg gejagt zu werden. Das ich auch ein Elf bin, scheint sie wohl nicht sonderlich zu interessieren.“ Ecthelion kratzte sich an seinem nicht vorhandenen Bart. “Aber eins Frage ich mich doch. Wolltest du nicht auf mich aufpassen, damit ich in keinen Schlamassel gerate? Ich glaube, dass ist dir gründlich missglückt.“ Schmunzelnd schaute er die Kriegerin an, die dann nickte.
„Versuchen wir es, auch wenn ich es für Blödsinn halte.“ In diesem Moment wandte sich die Hexe wieder ihnen zu und breitete eine Karte vor ihnen aus.
„Ihr müsst wieder durch die Höhle, aus der die Geister kamen. Dort findet ihr an der Seite einen Gang, der weiter in die Tiefe führt. Dort müsst ihr entlang, der Weg führt genau zum Spalt. Ihr könnt es gar nicht verfehlen.“ Gwendola holte rasselnd Luft, bevor sie weiter fortfuhr. „Die Gruft liegt ebenfalls in der Höhle, die ihr schon betreten habt. Am Ende, mitten in der Wand, die am gegenüberliegenden Ende des Eingangs liegt. Dorthin müsst ihr Nohanaiel Thoa locken. Aber das sollte das kleinste Problem sein, er wird euch sicher verfolgen und den Stein an sich reissen.“ Das heisere Lachen, dass Gwendola jetzt von sich gab, jagte dem Elfen einen kühlen Schauer über den Rücken.
“Moment. Was ist, wenn wir erneut auf diese Wesen treffen? Besonders, bevor wir den Spalt erreicht haben. Aufhalten können wir sie nur für kurze Zeit.“

„Oh, macht euch um Nohanaiel und seine Gefolgsleute erstmal keine Sorgen. Ich habe sie für eine Weile beschäftigt. Ihr solltet ohne Probleme zur Höhle gelangen können.“ Der Elf hatte das Gefühl, dass Gwendola sie mehr oder weniger hinausbeförderte. „Und nun rasch. Je eher ihr den Stein findet und die Kammer wieder verschließt, desto eher sind wir alle von diesem Fluch erlöst. Selbst die Zwerge, auch wenn sie ihren Teil selbst verschuldet haben.“ Die Alte packte die Karte wieder zusammen und verstaute sie bei ihren restlichen Pergamenten. Dann geleitete sie die beiden Freunde bis zum Eingang ihrer Höhle.
„Mehr kann ich euch leider nicht anbieten. Aber solltet ihr zu sehr von den Streiters Nohanaiels bedrängt werden, dann versucht hierher zurück zu kehren. Bislang konnte ich sie noch immer vertreiben. Aber denkt daran, dass sie dann auch wieder Zeit haben um selber den Edelstein zu finden. Und nun viel Glück, ihr werdet es brauchen.“
Der Elf und die Kriegerin hatten ihre Sachen wieder verstaut und trugen ihre Ausrüstung bei sich. Mit zweifelnden Blick sah sich der Elf nochmals sein Schwert an, bevor er in der Scheide auf seinem Rücken verstaute.
“Bereit, wenn ihr es seid.“ Meinte er dann mit einer angedeuteten Verbeugung vor der Kriegerin.
In the end, all things betray you.
Honor. Ideals. Heroism.
Allies. Comrades. Lovers.
Your eyes. Your limbs. Your heart.
And in the end, you betray yourself.
And that is the greatest betrayal of all.


[Bild: otta.jpg]
11.01.2006, 11:25