Lange konnte sie es nicht mehr aufhalten. Bald müsste sie das Zelt verlassen.
"Ah, Acerus, eine hervorragende Wortwahl", stellte Cymric zuckersüß fest,
"und ich freue mich zutiefst, dass Ihr Euch die Zeit genommen habt, am Frühlingsfest teilzunehmen. Darf ich Euch sagen, wie äußerst lecker Ihr heute Nacht ausschaut?!" schmunzelte Cymric, sah ihm in die Augen, zwinkerte, damit er ihr keine Silbe böse nehmen konnte und drehte sich dann zum Wirt mit leerem Trinkbecher in der Hand :
"Was ist das für ein Zeug, Herr Wirt? Es verändert..... mein Bewusstsein! Ach ja, stimmt....stammt aus Ferro_Nocturno. Kein Wunder! Habt Ihr noch ein Tröpfchen für mich, damit ich mit meinen Freunden anstoßen kann?" Etwas Benebelung würde die Wandlungsphase ein wenig hemmen, versuchte sie sich einzureden. Sie wusste jedoch, dass ihr nicht mehr viel Zeit blieb.
Satana musterte sie von der Seite, redete mit ihr. Ja, sie hatte recht. Der „Andere“ war alt, sehr alt...und mächtig. Er, der ihr schon so viel Leid gebracht hatte.....und sie kannt ihn gut, nur zu gut. Immerhin war sie die Frau seines 13. Zyklus gewesen, bevor sie eine Kreatur der Nacht wurde.
Cymric nickte lobend, als Satana ihr noch etwas ins Ohr wisperte. Wolf. Wölfin.
"Wahre Worte, liebste Freundin", erwiderte sie leise.
"Es war vor vielen hundert Sommern, und meine Erinnerung ist auch nicht mehr die beste......"
Es war schon seit einigen Stunden dunkel. Der Vollmond schien nur selten durch die dicke Wolkendecke und die Sicht war dementsprechend schlecht. Etwas verfolgte sie, sie konnte aufgrund der Dunkelheit jedoch nicht erkennen, was es war. Sie hatte Angst, schreckliche Angst und rannte aufgeregt weiter, so schnell wie sie nur konnte. Sie hatte gehofft, in den Wald zu entkommen. Ein böser Fehler. Die düsteren, alten Bäume schienen nach ihr zu greifen und sie konnte ihren Fängen nur mit Mühe und Not ausweichen. Der Boden war zu weich und sie kam nicht richtig voran. Das Rascheln und Knacken des Waldbodens unter ihren Füßen war genauso laut, wie die Geräusche ihres Verfolgers. Ihre einzige Chance war es umzudrehen und zu kämpfen...
".....aber vielleicht werden wir noch eine Gelegenheit finden, uns in Ruhe darüber zu unterhalten."
Sie erhob ihren mittlerweile gefüllten Becher und prostete Santana und Acerus zu.
"Ja, auf alte Zeiten...auf Nocturno.....und auf eine vielversprechende Zukunft". Sie lächelte Acerus dabei an und hob schelmisch eine Braue.
Es war Zeit.
"Meine Lieben, ich wünsche Euch noch einen erholsamen Schlaf. Es war schön, Euch beide hier zu treffen. Ich würde gerne noch bleiben und teilhaben an Euren Erzählungen, aber lasst uns das bitte auf morgen verschieben..." Sie gähnte herzhaft und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Die letzten Worte hatten einen fast knurrenden Unterton. Sie schaute Satana mit einem inzwischen leicht animalisch angehauchten Blick an.
Eine unheimliche Stärke durchfloss ihren Körper. Vor ihr lag bereits das nächste Problem, ein sehr ernstes Problem:
Im nahgelegenen Wald begann ein Wolf zu heulen. Cymric´s Augen fingen an, die Farbe zu wechseln.
Sie verließ fast fluchtartig das Zelt. Der Mond brach zwischen den Wolken hervor.
Eine perfekte Nacht, dachte sich Cymric, und verschwand in Richtung Wald. Ihre tatzenähnlichen Füße schienen den Boden kaum zu berühren, als sie die Schlafzelte von Blue und Philippus Conquerus passierte. Plötzlich ein Rascheln. Sie erstarrte für einige Sekunden bevor sie......
es sich langsam umdrehte, Speichel am Unterkiefer entlang rinnenend. Die monströse Gestalt, die einst Cymric war, begab sich auf Opfersuche....