Kirche des heiligen Lichtes

[Anonymous]

In allerletzter Minute hatte Lydia die Botschaft ereilt, dass Kamikaze heute heiratete. Überstürzt hatte sie sich auf den Weg gemacht und war mit ihrer alten Knorre in die Hauptstadt gesegelt, um, neugierig wie sie war, dem Zeremoniell beizuwohnen.

Nur notdürftig konnte sie sich zurecht machen, hatten ihr Kleider doch arg gelitten von der feuchten Luft auf See und zu allem Überfluss war sie auch noch in einen Sturm geraten. So kam sie ziemlich zerknittert an der Kirche an, die die Wegbeschreibung ihr gewiesen hatte. Sie drängte sich durch die Menschenmenge und flüsterte hier und da ein „Verzeihung!“ oder ein „Entschuldigt!“, wenn sie wieder einem mit ihren Holzschuhen auf die Füße getreten war. Schließlich wollte sie was von dem Zwergen sehen, wenn dieser sein Ja-Wort gab. Und die Braut wollte sie sich auch genau betrachten. Eine Menschin sollte es sein, so weit man ihr erzählt hatte. Das erinnerte sie sehr an eine vergangene Zeit und an ihre eigene Ehe mit einem Manne dieser Rasse. Doch war sie sicher, dass Kamikaze sicher ein besserer und liebevollerer Ehemann werden würde, als ihr eigener es jemals war.

Endlich hatte sie einen Platz weit vorne gefunden. Dicht neben ihr standen dunkle Gestalten, die sie mit unverhohlener Neugier musterte. Sie sahen nicht besonders vertrauenerweckend aus, doch Lydia wurde unterbrochen in ihren philosophischen Betrachtungen, denn irgendjemand sprach davon, dass die Gäste sich ersteinmal stärken sollten. Rotwein? Hatten die nichts Gescheites zum Trinken hier? Also zumindest ein anständiges Bier sollte es doch auf einer Zwergenhochzeit geben. Oder stand Kamikaze schon unter dem Pantoffel seiner baldigen Angetrauten?

Nun, man würde sehen. Sie lief einfach der Menschenmenge nach und freute sich schon auf etwas Handfestes, denn ihr Magen hatte sich inzwischen lautstark gemeldet.