Beitrag #2
Meine Jugend war unbeschwert. Ich genoss die Liebe und Fuersorge meiner Mutter Jaspa und meiner Vaters. Waehrend mein Vater mich die Dinge lehrte, die in seinen Augen unerlaesslich fuer einen Mann waren, der Umgang mit dem Schwert, Taktiken und Strategien des Krieges und die Kniffe der Verhandlung, so brachte meine Mutter mir bei, die Kuenste und die Schoenheit zu lieben. Von ihr habe ich auch die Vorliebe fuer guten Wein, die bei meinem Vater immer nru Kopfschuetteln erzeugte. Fuer ihn war nur das Met ein Gebraeu fuer Krieger.
Als ich etwas aelter war, streifte ich tagelang durch das Gebirge um zu Jagen und die Gegend zu erkunden. Meine Mutter sah dies nicht gerne, aber mein Vater lies mich gewaehren, er wusste, das diese Streifzuege meine Instinkte schaerfen wuerden. Aber auch ihm war, selbst wenn er es sich nicht anmerken liess, unwohl, wenn es mich wieder hinaus zog, und stets schickte er einen Soldaten hinter mir her, der auf mich achtgeben sollte. Ich lernte schnell, diese laestigen Begleiter im Gebirge abzuschuetteln.
Wenn ich zu Hause in unserer Festung war, waren meine Tage mit Unterricht in allen moeglichen Bereichen ausgefuellt. Selbst wenn ich dies hasste, sowohl Mutter als Vater bestanden auf meine Lektionen.
Abends nach dem Essen sassen wir oft am Feuer, und Vater erzaehlte Geschichten von seinen Abenteuern und Erlebnissen. Oft handelten sie von einer mir fremden Welt, einer Welt, die mir heute nur zu wohl bekannt ist. Und immer wieder erzaehlte er von seiner Rueckkehr in diese Welt, wie Onan ihm erschienen war. Nur erzaehlte er nie von dessen Worten, die mich betraffen. Diese sollte ich erst viel spaeter erfahren.
Je aelter ich wurde, umso mehr wurde mir bewusst, das die Welt keineswegs so friedlich war, wie es mir bisher schien. Immer oefter hoerte ich Untertanen meinem Vater von Ueberfaellen seltsamer Kreaturen berichten. Auch wenn unser Volk sich in den Jahren, seitdem mein Vater es in die Berge gefuehrt hatte, ein wenig erholt hatte und wieder ein beinahe normales Leben fuehren konnte, die latente Bedrohung durch die Kreaturen, die einst das Koenigreich Muart zerstoerten blieb bestehen. Viele Jahre war es bis auf vereinzelte Angriffe von Wesen, welche sich in die Berge verirrt hatten unser Leben ruhig und friedlich, wenngleich auch karg in dem rauhen Klima des Hochgebirges.
Nun aber, zu der Zeit da ich mein 17 Lebensjahr soeben vollendet hatte, trafen Berichte ueber Angriffe auf unsere Dorfer immer oefter ein. Auch wenn unsere Truppen noch jeden Angriff zurueckschlagen konnten, machte die gestiegene Haeufigkeit meinem Vater grosse Sorgen.
Eines Tages kam der Hofmagier aufgeregt zu meinem Vater. Er sprach kurz mit ihm, dann verschwanden beide in den Kellerraeumen.
Nach mehreren Stunden erschienen sie wieder. Seit diesem Tag war der Keller mit einem schweren Schloss versperrt. Die darauffolgenden Tage versuchte ich, beim Hofmagier und meinem Vater in erfahrung zu bringen, was sie im Keller getan haben, aber keiner brachte auch nur eine Silbe hervor, was deren Aufregung an diesem Tag erklaert haette. Mein Vater murmelte nur etwas davon, das er wuenschte, das ich dies nie in Erfahrung bringen muesste. Mir fiel auf, das er mich immer wieder mit Blicken bedachte, die ich nicht zu deuten wusste. Unendliche Trauer sprach aus ihnen. Aber meine Aufmerksamkeit wurde bald darauf von anderen Dingen in Beschlag genommen...
Immer mehr Berichte von Uebergriffen auf unsere Doerfer trafen ein. Mein Vater entsandte Kundschafter in die Ebenen rund um das Gebirge. Die wenigen, die zurueck kehrten sprachen von abscheulichen Bestien, die die Berghaenge erklommen, ebenso von einem seltsamen Nebel, der hinter den Kreaturen emporwallen wuerde. Mein Vater befahl, alle Doerfer zu raeumen und die Menschen zuflucht in der Festung suchen zu lassen. Ebenso liess er die Lager mit grossen Mengen Nahrungsmitteln fuellen und jeden, der eine Waffe tragen konnte bewaffnen.
Mir war bewusst, das auch ich bald kaempfen musste, doch mein jugendliches Gemuet liess mich diese Stunde beinahe ersehnen, in der ich den Feinden meines Volkes endlich entgegen treten konnte.
Schliesslich war der Augenblick gekommen. Es war ein scheusslicher Tag, der ueber seine ganze laenge nur graue Wolken und Regen wie an Bandschnueren gebracht hatte. Die Daemmerung war nur dadurch zu erkennen, das das grau des Himmels stumpfer und dunkler wurden. Da brachten Boten die Nachricht, das eine Armee schrecklichster Kreaturen sich auf die Festung zubewegen wuerde. Kaum war die Nachricht ueberbracht, begann ein seltsamer Nebel aufzuziehen begann. Es schien, als ob der Nebel ein Schimmern ausstrahlen wuerde. Jeder in der Festung begann zu froesteln, aber es war, als ob die Kaelte aus dem Herzen selbst entspringen wuerde.
Ich wollte eben einen Platz auf den Zinnen einnehmen, als mein Vater in Begleitung des Hofmagiers zu mir trat.
"Mein Sohn, dein Platz soll heute nacht woanders sein. Folge mir!"
Einige Schritte hinter meinem Vater sah ich meine Mutter stehen. Traenen spiegelten sich in ihren Augen. Aber als ich mich zu ihr umdrehte, wandte sie sich schnell um. Ihre Schultern bebten.
"Komm jetzt, Yxor, wir haben keine Zeit zu verlieren."
Ich folgte meinem Vater. Waehrend wir liefen, begann er zu sprechen:
"Du erinnerst dich an die Geschichten, die ich dir erzaehlt habe, von dieser Fremden Welt, in die es mich verschlagen hatte und in der ich ein Soeldner war?"
Ich nickte.
"Nun, ich habe dir auch erzaehlt, wie Onan mich zurueck hierher brachte. Aber ich habe dir nie die ganze Begebenheit erzaehlt. Onan hat mich nicht nur hierher zurueck gebracht, sondern auch noch eine Profezeihung gemacht. Er sagte mir vorher, das ich deine Mutter heiraten werde und das du geboren werden wuerdest. Und er sagte mir, das ich dich zu gegebener Zeit in die Welt schicken muesste, aus die er mich zurueck geholt hat."
Wir waren inzwischen an der Kellertuer angekommen und der Magier oeffnete das schwere Schloss.
"Vor wenigen Tagen ist eine Tuer in unserem Keller aufgetaucht, die es vorher nicht gegeben hat. Niemand ist in der Lage, diese Tuer zu oeffnen, ich habe es mit Fylox, unserem Magier zusammen versucht. Ich glaube, das diese Tuer fuer dich bestimmt ist und das du sie durschschreiten kannst. Und zwar heute, gleich. Sie wird dich in die fremde Welt fuehren, und sie wird dich vor der Vernichtung bewahren"
Der Magier oeffnetet die Kellertuer, mein Vater wies mit seiner Hand die Treppe hinunter.
"Aber Vater, selbst wenn das stimmt, ich will nicht weggehen. Ich kann nicht weggehen und euch euerm Schicksal ueberlassen. Mein Platz ist bei meinem Volk!"
Ich setzte eine grimmige Miene der Entschlossenheit auf. Ploetzlich ertoenten Schreie von der Mauer her. Der Angriff hatte begonnen.
"Yxor, wir haben keine Zeit fuer falschen Heldenmut. Wenn diese Tuer fuer dich bestimmt ist, dann ist es DEIN Schicksal zu gehen. Onan hat dich auserwaehlt-fuer was auch immer."
Er zog mich die Treppe hinunter. Wir blieben vor einer geschlossenen Tuer stehen, die in der Tat neu war.
"Mein Sohn, ich weiss, das dein Herz stolz und tapfer ist. Du wuerdest ohne zu zoegern dein Leben fuer dein Volk geben. Und das wirst du vielleicht auch tun muessen. Ich habe viele Gefahren in dieser Welt bestehen muessen, dir wird es nicht anders ergehen. Aber du musst gehen. Es ist Onans Wille, das du gehts."
Ich zoegerte, wollte das alles nicht glauben. Doch dann riss ich mich zusammen. Meine Hand umfasste den Tuerknauf. Sie liess sich muehelos oeffnen. Vater und Fylox warfen sich einen raschen Blick zu. Hinter der Tuer lag absolute Schwaerze.
Ich wandte mich meinem Vater zu, mein Magen krampfte zusammen und ich musste gegen die Traenen ankaempfen. Ich gruesste ihn ein letztes Mal und bat ihn, auch meiner Mutter noch einen Gruss auszurichten. Dann machte ich einen Schritt nach vorne und die Dunkelheit verschlang mich...
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