Beitrag #4
„Inzwischen ja.“ In den Augen der Kriegerin stahl sich ein Lachen. Sie selbst saß seit der Mittagsstunde in der Taverne, Compatre seit dem späten Nachmittag. Beide hatten inzwischen dem Angebots von Owens Taverne reichlich zugesprochen, was man an der Reihe der Krüge sehen konnte, die auf dem Tisch standen. Die Luft in der Gaststube war zum Schneiden dick, denn die Taverne war trotz der späten Stunde bis auf dem letzten Platz gefüllt. Römer, Zwerge, Gladiatoren und Menschen aus dem ganzen römischem Imperium hatten sich eingefunden und gaben ein Beispiel von der Vielfältigkeit Roms.
Babe rutschte einen Stuhl vom Nachbartisch heran, der von seinem Besitzer unvorsichtigerweise wegen einem Gang zur Latrine freigegeben worden war. „Setzt Euch Rouvena, Owen soll Euch etwas zum aufwärmen bringen.“
Die Wangen der Kriegerin waren von der Wärme der Gaststube und vom Alkohol gerötet. Eine ihrer Locken hing ihr vorwitzig über das Gesicht und sie hatte den Bändel ihres Hemdes gelockert, als Zeichen dafür, dass ihr warm war.
Trotz des Lautpegels und des Betriebs in der Taverne brachte Owen kurze Zeit später Rouvena den gewünschten Gewürzwein. Compatre und sie bekamen einen weiteren heißen Met und schon bald steckten die drei die Köpfe zusammen, um sich angeregt sich zu unterhalten. Sie bemerkten weder, wie die Gemeinschaft am Nebentisch aufstand und die Gaststube verließ, noch wie sich eine Gruppe Männer daran niederließ. Erst als ein donnerndes „DAS WOHL!“ hörbar wurde, hob Babe den Kopf und sah zu den Fremden hinüber.
Mit dem geübten Blick einer Jägerin überblickte sie die fünf Mann stark zählende Gruppe. Zwei Zwerge, beide mit langem Bart, in die kleine Zöpfe hineingeflochten worden waren, ein Nordmann und zwei Menschen, die dem Aussehen nach Römer waren, saßen daran. Große Humpen, aus denen Schaum quoll, standen vor ihnen und den Schüsseln nach zu urteilen, die sich auf dem Tisch stapelten, hatten sie bereits ein Abendessen intus.
„Thorwaler...“ Babe musste schmunzeln. Es gab wohl keiner unter ihnen, der nicht laut war. Und fielen sie nicht durch ihre Lautstärke auf, dann durch ihre Größe. So wie dieser, der gut seine zwei Meter maß. Dunkelblonde Zöpfe und ein Bart, der dem der Zwerge in nichts nachstand, zierten seinen Kopf und das Gesicht.
Immer noch schmunzelnd lenkte Babe ihre Aufmerksamkeit wieder auf Rouvena zurück, die ihnen von ihrer unwirtlichen Reise nach Rom erzählte. Trotzdem konnte sie nicht vermeiden, dann und wann unwillkürlich dem Gespräch am anderen Tisch zuzuhorchen.
„Ein Geist, ich sage euch, es war ein Geist.“
„Blödsinn Bridasch, es gibt keine Geister, es war ein Hund.“
„Kein Hund durchquert ein Dorf in der Geschwindigkeit, das sage ich euch.“
Der als Bridasch angesprochene Zwerg blickte finster. Babe, die von seinem Satz wieder abgelenkt worden war, sah an den Nebentisch. Der Zwerg verschwand fast vollständig hinter seinem Humpen, trotzdem konnte man seine Erregung an seinem Gesicht ablesen.
Mit einem ebenso finsteren Gesichtsausdruck mischte sich der Thorwaler ein. „Sie hatte etwas unheimliches. So verlassen, wie sie jetzt ist. Mich bringen keine zehn Pferde mehr in diese Ottajesko.“
Es war Babe bewusst, wie unhöflich es war, Rouvena auf einmal war nur noch mit halbem Ohr zuzuhören und dann noch ein Gespräch von Fremden zu belauschen, doch bei der Erwähnung einer Ottajesko konnte sie nicht mehr weghören. Sie kannte zwar nur eine und Ottajeskos gab es in Thorwal sehr viele, trotzdem musste sie automatisch an das Dorf der Sturmwind denken. Erst als es an ihrem eigenen Tisch ruhig und zwei Augenpaare auf sie gerichtet wurde, wandte sie sich wieder ihren Bekannten zu.
„Äh...Entschuldige...wie war die Frage nochmal?“
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