Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 7 Gast/Gäste
Thorgrims letzte Ruhestätte
Anonymous

Gast

 
Beitrag #53
 
Schwerfällig stapfte der Hüne neben der Kriegerin durch die seltsame grüne Landschaft im Gestein. Die ganze Zeit über sprach er wenig und rang sich nur die Male ein Lächeln ab, wenn Babe ihn aufzumuntern versuchte. Doch schon einen Augenblick später verschmolz sein Gesicht wieder zu einer ausdruckslosen, verhärteten Maske, die außer grimmiger Ungeduld keine Emotionen trug. Die Natur um ihn rauschte bedeutungslos an ihm vorbei, während er starr und gebannt geradeaus starrte und vorwärts schritt. Die Worte Gromms hallten durch seinen Kopf, jagten umher und füllten ihn aus. Der dreckige Zwerg war ein Spielverderber... In Kjaskars Phantasie malten sich Hunderte von Bildern aus, die auf diese Worte zutreffen hätten können. Wenige davon gefielen ihm, alle anderen ließen ihn umso schneller laufen.

Babes warnende Worte ließen ihn nach geraumer Zeit wieder einen Blick auf seine Umgebung werfen. Die Dschungelhöhle verengte sich zusehends und verlor sich in einem einfachen Gang, vor dem die Vegetation wich. Der Fluss, der sich durch die Höhle geschlängelt hatte, floss ihn ihm hinein und führte neben einem aus dem Stein geschlagenen Weg in die Dunkelheit. Ein Rauschen ertönte aus der Schwärze, vor der ein Wolf zusammengerollt lag und sie zu bewachen schien. Grimmig nahm Kjaskar seine Axt in die Hand und beschleunigte seinen Schritt. Nach wenigen Schritten senkte er die Waffe wieder und wartete auf die ihm eilig folgende Babe. Der Wolf hielt Wache – bis in aller Ewigkeit. Sein Schädel war eingeschlagen und zertrümmert. Kjaskars Augen leuchteten, als er sich zu Babe umdrehte.

„Siehst du das? Bei den Göttern, der Treffer kommt von einem Hammer – einem Kriegshammer! Thorgrim kämpft mit einem! Wir sind auf dem richtigen Weg!“

Hastig holte er seinen Rucksack nach vorne, kramte aufgeregt in ihm herum und holt schließlich zwei grünlich phosphosierende Pilze hervor. Einen gab er Babe, dann trat er auch schon in die Höhle hinein. Kjaskars Bewegungen glichen nun einem sorgsam unterdrückten Sprint – wäre die Höhle heller beleuchtet gewesen, er wäre mit Sicherheit gerannt.

„Heda, renn nicht so... wir wissen nicht, was uns weiter vorne erwartet!“ warf Babe hinter dem Nordmann ein, aber ebenso gut hätte sie auch mit den Steinen reden können. Wie ein Jäger auf der Pirsch rannte Kjaskar weiter und fuhr ein verzweifeltes Lachen aus, als sie an der Leiche eines Barbaren vorbeikamen. Im Gehen drehte er sich zu der verzweifelt hinter ihm herlaufenden Kriegerin um.

„Haha, siehst du das? Sie scheinen ihn verfolgt zu haben, aber er hat sie zu ihren dreckigen Göttern geschickt! Hast du die zertrümmerte Kniescheibe des Toten gesehen? So kämpft nur Thorgrim – ich könnte ihn drücken dafür!“

Mit einem wilden Grinsen wandte er sich wieder um und lief weiter. Eine weitere Gruppe von Toten Menschen und Wölfen ließ ihn triumphierend auflachen und fast hüpfen vor Aufregung. Die dunkle, getrocknete Spur, die sich von dem Kampfplatz weiter in das Innere des Berges zog, sah er nicht.
Nach einer Biegung stießen sie auf eine weitere Ansammlung von Leichen, die Kjaskar überrascht innehielten ließ. Ein wahrer Hüne von einem Krieger lag zusammengekrümmt in dem Gang, umringt von drei Wölfen. Die Tiere hatten eingeschlagene Schädel und Brustkörbe, aber es war der Mann, der den Hünen in seinen Bahn zog.

„Bei... hier hat ein harter Kampf stattgefunden!“ Kjaskars Stimme wurde leiser, und der begeister-hysterische Klang wandelte sich langsam zu Entsetzen, als über den Kampfplatz schritt. Blut klebte an den Steinen, an den Wänden, ja sogar an dem Boden. Der riesige Barbar hatte zwei schwere Schwerter geführt, die zerbrochen neben ihm lagen. Aufgesprengte Kettenglieder lagen überall verstreut herum. Keiner der Barbaren hatte bisher Kettenpanzerung getragen.
Langsamer, aber dafür umso gebannter folgte Kjaskar der nun deutlich breiteren Blutspur, die sich immer weiter in den Gang zog. Babe hielt ihn am Arm fest.

Kjaskar schüttelte wie betäubt den Kopf und lief weiter. Eine weitere Biegung folgte, die ihn mit einem unterdrückten Stöhnen zusammenfahren und den leuchtenden Pilz aus der Hand fallen ließ. Fast krampfhaft stolperte er weiter, über dem ausgestreckten Leichnam eines wohlbeleibten Dachses, der mit aufgerissener Kehle auf dem Boden lag.

„Nicht gut, nicht gut, nicht gut, nicht gut....“ Kjaskar rannte nun, während er unentwegt den Kopf schüttelte. Licht drang vor ihnen aus der Höhle. Schritt für Schritt wurde das konstante Rauschen lauter, als sich der Gang ins freie öffnete. Der Fluss, der sich die ganze Zeit neben dem Höhlengang geschlängelt hatte fuhr hier krachend in eine tiefer gelegene, dunkle Grotte und verschwand. Weiße Gischt fuhr aus der Dunkelheit auf und fiel auf den Weg. Dieser schlängelte sich um den Eingang der unterirdischen Kaverne und führte zu einem höhergelegenen, wehrhaften Podest. In der Höhe eines ausgewachsenen Zwergenkriegers bot er mit mehreren Schusslöchern eine perfekte Stelle, um die kleine Steintreppe, welche sich den Berg hoch zu dem Eingang des Höhlensystems schlängelte, unter Beschuss zu nehmen.
Babe stolperte auf das Podest und riss im gleichen Moment die Hände an den Mund. An dem Wall, mit dem Rücken zum Stein, fanden sie Thorgrim. Um ihn herum lagen ringförmig verteilt die toten Überreste von mehreren Männern und Wölfen, alle mit zertrümmerten Gliedmassen und Knochen. Die furchterregende Waffe, die dies zustande gebracht hatte, lag blutverschmiert vor ihnen, in der Nähe der steifen Finger ihres Besitzers. Kjaskar hockte über dem kalten Leichnam des Angroschims, eine Hand auf seine Schulter ruhend und mit zusammengekniffenen Augen. Der Körper des Zwerges sah übel zugerichtet aus. Überall war der blutige Kettenpanzer aufgerissen und zeigte klaffende Wunden darunter. Ein besonders tiefer Hieb quer über seine Brust hatte ihn offensichtlich gefällt. Rotes, getrocknetes Blut lag auf seinen Lippen, fiel auf den rötlichen Bart und tränkten ihn mit seinem Lebenssaft.
Thorgrim hatte sich heldenhaft gegen seine Häscher geschlagen und hier sein Ende gefunden.

Ein Schrei durchdrang die Stille. Kjaskar kniete vor dem Angroschin, den Körper zurückgebeugt und die Hände anklagend in den Himmel gereckt. Wut und Verzweiflung wandelten sich zu einem Brüllen, das den Körper des Hünen hin- und herwerfen ließ. Als er keinen Atem mehr hatte, fiel er schließlich nach vorne und begann zu schluchzen. Heiße Tränen des Schmerzes und des Verlustes liefen über sein dreckiges Gesicht, während er sich über den Leichnam seines Freundes beugte...
12.07.2005, 07:25


Nachrichten in diesem Thema
Thorgrims letzte Ruhestätte - von Anonymous - 27.06.2005, 07:15
[Kein Betreff] - von Anonymous - 27.06.2005, 07:24
[Kein Betreff] - von Anonymous - 27.06.2005, 17:10
[Kein Betreff] - von Anonymous - 27.06.2005, 22:22
[Kein Betreff] - von Anonymous - 28.06.2005, 06:32
[Kein Betreff] - von Anonymous - 28.06.2005, 07:29
[Kein Betreff] - von Anonymous - 28.06.2005, 17:13
[Kein Betreff] - von Anonymous - 28.06.2005, 17:26
[Kein Betreff] - von Anonymous - 28.06.2005, 20:40
[Kein Betreff] - von Anonymous - 28.06.2005, 20:55
[Kein Betreff] - von Anonymous - 28.06.2005, 21:31
[Kein Betreff] - von Anonymous - 28.06.2005, 22:21
[Kein Betreff] - von Anonymous - 29.06.2005, 07:11
[Kein Betreff] - von Anonymous - 29.06.2005, 09:05
[Kein Betreff] - von Anonymous - 29.06.2005, 19:56
[Kein Betreff] - von Anonymous - 29.06.2005, 20:32
[Kein Betreff] - von Anonymous - 29.06.2005, 21:04
[Kein Betreff] - von Anonymous - 29.06.2005, 21:10
[Kein Betreff] - von Anonymous - 29.06.2005, 21:22
[Kein Betreff] - von Anonymous - 29.06.2005, 21:38
[Kein Betreff] - von Anonymous - 30.06.2005, 06:58
[Kein Betreff] - von Anonymous - 30.06.2005, 08:10
[Kein Betreff] - von Anonymous - 01.07.2005, 16:15
[Kein Betreff] - von Anonymous - 01.07.2005, 17:09
[Kein Betreff] - von Anonymous - 02.07.2005, 09:11
[Kein Betreff] - von Anonymous - 02.07.2005, 09:19
[Kein Betreff] - von Anonymous - 03.07.2005, 06:57
[Kein Betreff] - von Anonymous - 03.07.2005, 07:28
[Kein Betreff] - von Anonymous - 03.07.2005, 09:10
[Kein Betreff] - von Anonymous - 03.07.2005, 09:16
[Kein Betreff] - von Anonymous - 03.07.2005, 09:21
[Kein Betreff] - von Anonymous - 03.07.2005, 09:31
[Kein Betreff] - von Anonymous - 03.07.2005, 09:44
[Kein Betreff] - von Anonymous - 03.07.2005, 09:52
[Kein Betreff] - von Anonymous - 10.07.2005, 20:43
[Kein Betreff] - von Anonymous - 10.07.2005, 20:45
[Kein Betreff] - von Anonymous - 10.07.2005, 20:49
[Kein Betreff] - von Anonymous - 10.07.2005, 20:52
[Kein Betreff] - von Anonymous - 11.07.2005, 21:00
[Kein Betreff] - von Anonymous - 11.07.2005, 21:06
[Kein Betreff] - von Anonymous - 11.07.2005, 21:27
[Kein Betreff] - von Anonymous - 12.07.2005, 06:34
[Kein Betreff] - von Anonymous - 12.07.2005, 06:41
[Kein Betreff] - von Anonymous - 12.07.2005, 06:48
[Kein Betreff] - von Anonymous - 12.07.2005, 06:50
[Kein Betreff] - von Anonymous - 12.07.2005, 06:56
[Kein Betreff] - von Anonymous - 12.07.2005, 07:00
[Kein Betreff] - von Anonymous - 12.07.2005, 07:05
[Kein Betreff] - von Anonymous - 12.07.2005, 07:07
[Kein Betreff] - von Anonymous - 12.07.2005, 07:19
[Kein Betreff] - von Anonymous - 12.07.2005, 07:21
[Kein Betreff] - von Anonymous - 12.07.2005, 07:25
[Kein Betreff] - von Anonymous - 12.07.2005, 07:25
[Kein Betreff] - von Anonymous - 12.07.2005, 07:36
[Kein Betreff] - von Anonymous - 12.07.2005, 07:38
[Kein Betreff] - von Anonymous - 12.07.2005, 14:15
[Kein Betreff] - von Anonymous - 14.07.2005, 17:39
[Kein Betreff] - von Anonymous - 15.07.2005, 09:20