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Die Katakomben Roms
Lysander
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RPG Charakter
Freiheitsstrebend

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Beitrag #11
RE: Die Katakomben Roms
Ein Schatten am Horizont, schnell und grollend: Schmerz. Entsetzliche Schmerzen! Unwillkürlich unternahm das Unterbewusstsein des Jungen den Versuch, aus seiner bisherigen Erfahrung als Opfer von Gewalt heraus das Möglichste zu unternehmen, dem Schmerz sofort entgegen zu wirken. Daher umarmte Lys ihn, als er die riesige Welle anrollen spürte, er umarmte den Schmerz fest und ergab sich ihm ganz. Er lockerte seine Umarmung auch nicht, als die Welle über ihn hinweg brandete, seine Atmung aussetzte und die Schwärze vor seinen Augen einem reinen Nichts wich.

Doch es war trotzdem etwas dort, in dem Nichts. Es kam rasch näher, und eine gesummte Melodie erklang. Sie kam ihm seltsam vertraut vor und im nächsten Augenblick erkannte er sie wieder: Sie war wieder bei ihm, die schöne, die liebende Frau. Jene, die er als Mutter erwählt hatte in dieser Nacht, als sie sich bedauerlicher Weise am Ende dazu entschieden hatte, ihn fressen zu wollen. Doch es ward nur ein Traum gewesen, aber auch jetzt wusste Lysander, dass sie tatsächlich bei ihm war. Und sie war warm, beruhigend und schön, wie eh und je. Ihre grünen Augen erwiderten seinen kindlichen Blick voller Zuversicht und Stolz. Ihr grünes Haar umstrich sein Gesicht, bewegt von einer heißen Brise.

Dieses Mal küsste sie seine Stirn, und die Berührung ihrer Lippen auf seiner Haut schürte ein prasselndes Feuer in ihm, seinem Körper, seinem Geist. Er spürte, wie sich neue Kraft in ihm sammelte, sich über ihm ein strahlend freier Himmel öffnete, und seine Lunge sich endlich wieder mit Luft füllte...

Das Bild verschwamm, sie wich von ihm fort, lachend; Lys hob flehend die Arme, um sie am Gehen zu hindern, doch zu spät.


"Warte, Mum... warte..., flüsterte Lys, während er wieder in die hiesige Welt zurückkehrte. Er blinzelte verwirrt und orientierte sich. Überrascht stellte er sofort fest, dass er quasi im Dunkeln sehen konnte und sein Knöchel nicht mehr schmerzte. Das Mädchen flüsterte ihm Worte ins Ohr und er lauschte aufmerksam und nickte dann.

"Danke, ..." er stockte, weil ihm plötzlich klar wurde, dass er mehr über sie wusste, als er eigentlich hätte sollen. Fast, als wären sie Geschwister. Sie... sie war ein eigentlich fröhliches Mädchen, sehr mutig, mit einem riesigen Herz und einer Vorliebe für Honiggebäck aller Art. Ihre rechte Schulter zierte ein Muttermal in Form eines Baumes, welches sie immer sorgfältig versteckte. Ihre Augenfarbe war...., ihr Name war... ".. Fledermaus. Du hast mir das Leben geschenkt, obwohl ich dumm und schwach bin. Eines Tages werde ich dasselbe für Dich tun... und unsere Brüder und Schwestern..." Erstaunt stellte er weiterhin fest, dass er tatsächlich weitere Seelen um sich herum spürte und diese instinktiv erkannte. Ja, er liebte sie sogar. Ein Lächeln umspielte seine Mundwinkel. "Familie, Schwesterherz. Unsere Familie... Ich werde es für uns alle tun."

Er ließ den Stock fallen, stand auf und blickte sich um. Silbrige Fäden durchzogen die Gewölbe und Gänge, gesponnen wie gigantische Netze, sanft leuchtend, als wären sie vom Mond beschienen. Sie bedeckten die Wände, Decken und sogar den Boden, teilweise versperrten sie auch Durchgänge; doch Lys fühlte sich ihnen verbunden, er wusste, dass sie ihm nicht schaden konnten. Nicht mehr.

Das leise Flüstern einer winzigen Stimme drängte sich sanft in sein Bewusstsein. "Hallo, kleiner Junge. Willst Du mit mir spielen? Ich finde Dich spannend. Ich habe auch rote Haare... aber an den Beinen..." Lys sucht nach dem Ursprung der Stimme und entdeckte schließlich auf seiner Schulter eine handtellergroße Spinne. Sie hockte dort ruhig und schien ihn aus ihren vielen Äuglein aufmerksam zu mustern. Sie hatte tatsächlich rothaarige Beinchen und stattliche Zangen am Maul. In einem früheren Leben hätte Lys sich vermutlich zu Tode erschreckt oder wäre angewidert zur Seite gesprungen. Doch jetzt spürte er eine gewisse Anziehung zu diesem kleinen Wesen, eine Art Kameradschaft. Sie würden sich gut verstehen und eine Menge voneinander lernen. "Ich heiße übrigens Tantima.", säuselte sie. Grinsend nickte er ihr zu. "Fühl' Dich wie zu Hause, meine kleine Freundin. Mein Name ist Lysander, aber bitte nenne mich einfach Lys. Ich freue mich, dass Du bei mir bist. Wir werden viel Spaß haben!" Tantima gab ein Geräusch von sich, dass wie ein kratziges Kichern klang und Lys lachte mit ihr. Und schon machte sie es sich in einer Falte seines Hemdes bequem.

Dann bemerkte er SIE. Und sein Lachen wich eher Bewunderung. Und einem Wiedererkennen. SIE war nicht hier bei ihm, doch sein Geist vibrierte bei jeder Bewegung, die IHRE Aura in dieser Welt verursachte. Es war dieselbe Frau, von der er träumte, die erschreckend schöne, wundersam liebende, umwerfend lachende, gefährlich sanfte Mutter. Er spürte IHRE Gedanken, IHRE Absichten, IHRE Liebe und IHREN Hass. Alle Gefühle waren auf einmal da, doch in unterschiedlicher Ausprägung. Es stand außer Frage, dass SIE diejenige Instanz war, die Lys' Geschwister und nun auch er selbst insgesamt bildeten. Er blickte Fledermaus an und seine Augen füllten sich schon wieder mit Tränen.

"Du hast SIE mir gezeigt, Fledermaus. Ich habe SIE in meinen Träumen so oft gesucht und nun weiß ich, dass die erträumte Liebe zur IHR Wirklichkeit werden kann... Ich bin überwältigt..." Er beugte, sich zu ihr herrüber und küsste ihr trauriges Gesicht.

"Du musst nicht nach oben, wenn Du nicht willst." Seine Familie projizierte Bilder von brennenden Menschen und glühenden Überresten einer verbrannten Stadt in sein Bewusstsein und er spürte, wie sehr ihm das gefiel. "Doch solltest Du es einmal wollen, werde ich da sein und Dir wird kein Leid geschehen. Du wirst es sehen. SIE wird es wissen. Ich selbst aber habe die ein oder andere Aufgabe vor mir und ich spüre, dass ich jetzt die Kraft habe, sie alle zu erfüllen. Denn ich tue es nicht mehr nur für mich selbst oder die Straßenkinder. Ich tue es für meine Familie. Das ist ein großartiges Gefühl!" Er lachte erneut und wischte sich die Tränen aus den Augen. "Großartig!"
14.11.2013, 21:21
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Die Katakomben Roms - von Lysander - 21.10.2013, 12:33
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RE: zum verrückten Waldläufer - von Nachtschatten - 21.10.2013, 22:03