Die Katakomben Roms - Druckversion +- The-Arena-Forum (https://forum.the-arena.de) +-- Forum: Amphitheater (https://forum.the-arena.de/forum-8.html) +--- Forum: RPG - Geschichten (https://forum.the-arena.de/forum-32.html) +--- Thema: Die Katakomben Roms (/thread-9643.html) Seiten:
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Die Katakomben Roms - Lysander - 21.10.2013 Aus: zum verrückten Waldläufer Da er trotz allem nur ein kleiner Junge war, kam er nicht umhin sich zu fürchten. Er hatte diesen Weg schon öfter zurückgelegt, um von einem Punkt zum anderen zu gelangen. Und besonders die jetzige Strecke kannte er gut, und war sie oft gegangen. Doch immer wieder legte sich ein merkwürdiges Gefühl der Finsternis in sein Herz, wenn die gähnend schwarzen Abzweigungen links und rechts von ihm auftauchten und in grausamer Stille wieder hinter ihm verschwanden. Seine eigenen Schritte schienen vom Echo auch nach mehreren Atemzügen wieder an ihn zurückgetragen zu werden, sodass er unwillkürlich glaubte, verfolgt zu werden. Doch er ließ sich nicht beirren, und begann - wie stets hier unten - ein leises Liedchen zu summen. Tröste Dich in Deinem Leid, Das Dir Sei beschieden! Ist doch nur Vergänglichkeit Unser Loos hienieden. Eh' das Leben oft beginnt, Ist es schon vergangen; Mitten in dem Leben sind Wir vom Tod umfangen. Arm und Reich, und Alt und Jung, Was sich liebt' und freute, Hoffnung, Freud', Erinnerung Wird des Todes Beute. Ein kratzendes Geräusch direkt hinter ihm ließ Lys herumfahren. Doch er sah nichts und hörte auch nichts mehr, als sein eigenes Herz. Nach mehreren Augenblicken wagte er wieder zu atmen, und setzte seinen Weg fort. Tröste Dich, Du liebes Herz! Groß ist Seine Güte, Groß und größer als Dein Schmerz -- Daß Dich Er behüte! RE: zum verrückten Waldläufer - Nachtschatten - 21.10.2013 Sie wiegte sich im Netz der zahlreichen Laute, die in den Katakomben echoten. Sich ausbreiteten. Schwingungen im Netz. Tropfen von Wasser, im Netz zerplatzend. Blut, sprudelnd herabrinnend. Rascheln, verursacht von zahlreichen Beinen. Rauschen von Wasser aus der Tiefe. Wind von dem Oben, sich einen Weg ins Innere bahnend. Der Körper über ihr tanzte im Netze. Schattentanz in der Dunkelheit. Sie lauschte dem Echo der Schreie nach. Weit, weit weg, kaum noch zu hören. Sie saugte an ihren Krallen. Ergötzte sich an dem leichten Brennen. Der über ihr hatte es nicht genossen. Sich in Agonie gewunden. Schade, dass es so schnell gegangen war. Das Leid sollte länger andauern. Spürte ihre Kinder, die gleich ihr in den Katakomben lauerten. Ihre Augen. Ihre Ohren. Süsse, kleine, tödliche Lockvögel. Geduldig wartend. Die pelzigen Kleinen dagegen voller Unruhe. Ihr lautloser Gesang beruhigte diese. Bald würde sie sie nach oben entsenden. Ihr Heer der kleinen Pelzigen. Die erste Plage ihrer Rache. Es würde nicht die letzte sein... Sie neigte den Kopf, lauschte. Leiser Gesang. Nicht zum ersten Male. Falsch die Stimme. Zorn wallte in ihr auf, doch ihre Kinder beruhigten sie. Keine Beute, nur falsches Kind. Nur Beute, wenn nicht mehr Kind. Sie lächelte. Ein Lied? Nur eine falsche Stimme? Sie würde als Antwort ein anderes Muster weben. Ein Netz zahlreicher Mädchenstimmen. Vielstimmig. Aus vielen Richtungen zugleich. Echos, die sich an den Wänden der Katakomben brechen. Ein richtiges Lied... Vielstimmig erklang Gesang als Antwortecho, helle Stimmen kleiner Mädchen, scheinbar fröhlich, doch mit höhnisch- boshaften Unterschwingungen. Kein Trost in Deinem Leid Leid Dir auf die Stirn geschrieben Für Alle Ewigkeit Bist Du dahingeschieden Dein Leben ist verronnen Hat niemals begonnen Niemals Sonne und Morgenrot Immer Dunkelheit und Tod Niemals jung, doch uralt, ohne Augen, ohne Reich, Nie geliebt, ohne Freud, in Dunkelheit so bleich keine Erinnerung, ohne Hoffnung, Freude Selbst der Tod ist hier nur Beute Die Stimmen verhallten. Dunkelheit rollte heran, angeführt von tanzenden Schatten. Stille legte sich wie ein Leichentuch schwer über die Katakomben. Unvermittelt hoben die Stimmen wieder an: Warmes Herz wird erkalten Lässt SIE ihre Güte walten Dein Herz wird in der Brust zerspringen Ratten dessen Reste verschlingen RE: Die Katakomben Roms - Lysander - 24.10.2013 Zuerst hatte er die neuen Töne nur als Variationen seines eigenen Liedes gehalten, getragen und verzogen vom Echo der vielen hohlen Gänge. Doch dann hielt Lys erneut stocksteif inne. Nein, dies war nicht mehr sein eigener Gesang. Es war eine Mädchenstimme, doch aus der Ferne klang es wie hunderte klagende Seelen. Süße Stimmchen, doch dem Jungen wurde trotzdem Angst und Bange. Und wovon sie sangen, auch wenn es sich ihm erst nach und nach offenbarte, ließ ihn kreidebleich werden. Er hatte die Laterne hochgerissen, um möglichst viele Schatten zu vertreiben und schwenkte sie in alle Richtungen. Es war unmöglich auszumachen, woher der Gesang kam, scheinbar aus allen Richtungen gleichzeitig. Lys drehte sich wild im Kreis, heftig atment. Und dann betrat Stille seine Welt, schwer und endgültig. Unwillkürlich hielt er die Luft an und ignorierte sein heftig gegen die Rippen schlagendes Herz. Trotz der Kälte hier unten trat kühler Schweiß auf seine Stirn. Plötzlich erklang eine letzte Strophe, mit ihr die fast spürbare Erwähnung einer tötlichen Frau, irgendeiner SIE, die über Ratten herrschte und den Tod selbst jagte. In Lysander zerbrach irgendetwas Filigranes und er verlor die Fassung. Hysterisch riss er den Laternenstab hin und her und starrte wild in jede schwarze Richtung. "Wer ist da, beim Teufel?! Lasst mich in Ruhe!! Hab' euch nichts getan, ja?!", brüllte er schluchzend und begann anschließend zu rennen, so schnell ihn seine kurzen Beine tragen konnten. Das war in der tat ziemlich schnell, doch hier unten hatte er keine Erfahrung. In den Straßen Roms kannte er jede kleine Ecke und jedes Loch im Zaun. Die Katakomben aber bargen unsichtbare Gefahren und jeder unbedachte Schritt konnte einem Erwachsenen bereits das Leben kosten. Doch in dem Jungen brannte das Feuer der Panik, während gleichzeitig ein Eisklumpen sein Herz gefangen hielt. Kaum etwas sehend wich er scharfen Felskanten aus, schlitterte über Felsbrocken hinweg und übersprang kleinere Risse im Boden. Bis zu dem Augenblick, als eine seiner Sandalen zerriss und er stolperte. In voller Fahrt fiel er längs hin, ein stechender Schmerz schoss ihm durch seinen linken Knöchel, er schrie gellend auf und sein Laternenstab flog in hohen Bogen davon. Kurze Zeit darauf umfing den Jungen absolute Finsternis. RE: Die Katakomben Roms - vespertilia - 25.10.2013 Das Knirschen einer Luke. Modrige kalte Luft. Hörte es, spürte den Luftzug. Erkannte, wer da nach unten ging. NeinNeinNein. Der lautlose Schrei verhallte ungehört. Sie huschte davon. Wählte den anderen Zugang. Gut verborgen, nie entdeckt, krabbelte nach unten, tiefer und tiefer. Verharrte. Betrachtete verzückt die Muster des Netzes, die sich vor ihr ausbreiteten, pulsierend, flatternd im Lufthauch. Huschende Schatten in Dunkelheit, Augen, schimmernde, herrliche Augen. Badete in deren dunklem Schein, tanzte in den Schatten. Araneas Biss versetzte sie in Ekstase, gab ihr Kraft, liess ihr Blut pulsieren, dem Rhythmus des Netzes folgend. Sie rannte. Lautlos. Es war tatsächlich Lys, der sich durch die Katakomben bewegte. Mit feurigem Licht. FalschFalschFalsch. Nicht hier, Nicht jetzt. Sie hörte ihn singen, rannte schneller. NarrNarrNarr. Dumm, töricht, unwissend. Trug nicht das Mal. Brachte stattdessen Feuer. Lärmte. Hier- im Reich der Schatten. Sie spürte ihre Schwestern. Schwestern in Dunkelheit. Nahm ihre Brüder war. Brüder im Tod. Die Kleinen bewegten sich, lautlos. Noch lautloser huschten die Kleineren durch Netze. Folgtem dem lodernden Feuer. Wollten es in sich aufnehmen, nach oben tragen... Sie spürte SIE erwachen, IHREN Zorn, IHR Weben. Ihre Brüder blieben stumm, doch ihre Schwestern liessen ihre Stimmen erklingen, auch sie selbst konnte nicht anders, sie stimmte ein. SoSchönSoSchönSoSchön. Sie riss sich los, eilte weiter, folgte Lys, konnte kaum folgen- bis dieser fiel. Das grelle Feuer verlor. Er selbst regungslos am Boden. Das war gut. Sehr gut! Die Kleinen konnten sich nicht mehr beherrschen, stürzten los, in Wellen, manche über den gefallenen Lys hinweg, dem grellen Feuer entgegen, warfen sich auf dieses, manche entflammten, wollten nach oben enteilen. IHRE Stimme erklang, gebieterisch 'Noch nicht, noch nicht, noch ist eure Zeit nicht gekommen'. Weitere Wellen kamen, erstickten das Feuer, begruben die Entflammten unter sich. Dunkelheit breitete sich aus, wie auch der Gestank verbrannten Fleisches. An silbrig leuchtenden Fäden- deren Anblick sie in Entzücken versetzte- senkten sich die Kleineren hinab, bereit, zu spinnen, zu weben, ein Netz, aus dem es kein Entrinnen gab. Sie bewegte sich, erreichte Lys, erhob ihren Blick, der sich in zahlreichen Augen spiegelte...deren Besitzer entschwanden wieder in ihre Verstecke... Fledermaus beugte sich über den gestürzten Lys, flüsterte leise seinen Namen, tastete nach seinem Puls. Er lebte. Ihr Flüstern durchdrang die dunkle Stille: "Du darfst hier nicht sein. Nicht ohne das Mal. Nur jene, die das Mal tragen, sind hier sicher. Willst Du es gewährt bekommen? 's wird weh tun. Sehr weh tun. Brennen. Furchtbar brennen. Der Grosse Mann da oben hat es ertragen. Aber Du? Du könntest sterben... zu einem Bruder im Tode werden." Sie summte leise vor sich hin. DAS Lied. Das sie immer sangen. Voller Wehmut. Flüsterte erneut: "Nicht schlafen, Lys. Du darfst hier nicht schlafen. Dann kommen böse Träume. Immer. Fressen Deinen Verstand. Zerfetzen Deine Seele. Zerreissen Dein Herz. Lassen nur bleiche Kochen übrig." Sie summte weiter DAS Lied. Leise vor sich hin, doch es wollte hinaus, lauter werden. Ihre Schwestern in der Dunkelheit, ihre Brüder im Tod, sie summten mit, das Netz vibrierte, ihr Chor erklang, aus allen Richtungen, helle Kinderstimmen, im Kanon, echote durch die Katakomben, nur eine Strophe, wiegte SIE in Schlaf... offen und ganz frei darf man niemals quälen gehn kaputt dabei RE: Die Katakomben Roms - Lysander - 29.10.2013 Die Welt drehte sich langsam um sich selbst, begleitet von einem wundersamen Chor lieblicher Stimmen. Zeit strandete in langen Wellen an seinem Bewusstsein. Sanft streichelte ein Flüstern an seinen Sinnen. Die gesprochenen Worte waren bedrohlich, beängstigend, schier unglaublich furchtbar. Lys stöhnte; wandt sich. Beißender Gestank brannte in seiner Nase, während langsam Empfindungen aus seinem Körper zurückkehrten. Jäher Schmerz machte sich bemerkbar und lähmte sein linkes Bein. Der Junge blinzelte ins Dunkel, die Welt verlangsamte die Karusselfahrt; Finsternis umfing ihn, doch der Chor sachter, trauriger Melodien blieb. Und auch das Flüstern. Angestrengt starrte er ins Dunkel, unfähig, auch nur das Geringste auszumachen. Erneute Panik keimte in ihm und sein Finger ertasteten die direkte Umgebung. Dann erspürten seine kalten Fingerspitzen das sanfte Haar des kleinen Mädchens und kurz darauf ihr Gesicht, Augen, Nase. Mund - ja, sie summte ebenfalls eine Melodie. "Wer bist Du?", flüsterte Lys fragend ins Nichts. Und dann wurden ihm die Worte bewusst, welche sie geflüstert hatte und der Schreck gab ihm ausreichend Kraft, sich aufzusetzen, was ihm die Tränen in die Augen trieb. Vorsichtig tastete er nach seinem Knöchel, seine Gedanken rasten. "Böse Träume? Aber... und was für ein Mal, heh? Wer will mir denn was, ich habe niemandem etwas getan!" Ihm wurde schlagartig bewusst, wie aussichtslos seine Lage war, verloren in den Katakomben, ohne Licht und dazu noch verletzt. Und dann diese vielen Worte von Tod, gefressen werden und Dunkelheit. Angst ergriff sein Herz mit kalter Klaue. "Bitte, Du musst mir helfen! Ich... ich will nicht sterben... Bring' mich fort von hier, oder zeige mir, wie ich mich verstecken kann." Hilflos krallte er seine Finger in einen Ärmel des Mädchens. RE: Die Katakomben Roms - vespertilia - 31.10.2013 Das Netz erzitterte. In entzückter Erwartung. Kindliches Gelächter, lockend, voller Verheissungen, für jenen, mit dem sie Verstecken spielten, jener gedachte Fangen mit ihnen zu spielen. Erneut einer, wie all die anderen zuvor, nichtsahnend, dass das Spiel ihn in IHRE Fänge treiben würde. Sah nur die verheissungsvoll vor ihm tanzende Verlockung, nicht das über ihm drohende Verhängnis. SIE entfaltete sich, in all IHRER Massigkeit, schlangengleichartig, in Samt und Seide gehüllt, doch IHRE Blösse kaum verdeckend, übersät von huschenden kleinen Körpern, deren Augen gleich Juwelen funkelten, in denen sich IHRE weisse bleiche Haut widerspiegelte. Weit vor Entsetzen geweitete Augen desjenigen, der nicht jenes Vergnügen gefunden hatte, das er sich erhoffte, wurden von IHREN roten Augen ohne jedes Mitleid erwidert. IHRE Pranken packten blitzschnell zu, mit unmenschlicher Kraft umfassten sie dessen Haupt, zerrten... jener konnte nicht einmal mehr schreien, das Entsetzen in dessen Augen gefror angesichts des Todes, der ihn ereilt hatte. SIE badete in warmen Regen... Ein Stöhnen. Fledermaus wandte sich vom Netz ab, Lys zu. Sie spürte seine tastenden Hände. Araneas Zangen erhoben sich drohend, sie sandte dieser beruhigende Bilder Keine Gefahr. Freund. Lys Worte waren von Entsetzen und Angst erfüllt. Seine in ihren Arm gekrallten Finger bereiten ihr Schmerz ihr Schmerz versetzte das Netz in Schwingung, SIE hielt inne, zischte, knurrte, bewegte sich rasant schnell, eines ihrer Kinder in GefahrGefahrGefahr... Sie achtete nicht mehr auf den Schmerz, verbannte jeden Gedanken daran. Ihre Stimme war traurig: "Lys, Du kannst Dich hier nicht verstecken. Nirgendwo an diesem Ort gibt es ein Versteck. Nicht einmal im Tode!" Sie strich ihm sanft über das Haar: "Wir spielen ein Spiel. Wir spielen damit, kein Spiel zu spielen. Zeigst Du uns, dass Du uns spielen siehst, brichst Du die Regeln, und wir werden Dich bestrafen. Du musst unser Spiel, nicht zu sehen, dass Du das Spiel siehst, spielen!" Sie beugte sich zu Lys herunter, flüsterte: "Du trägst nicht das Mal. Du musst mitspielen. Breche nicht die Regeln. Ich führ Dich weg von hier. Folge mir, nur mir. Nicht Verlockungen. Nicht Deiner Angst. Nur mir. Wenn nicht, droht Dir Schlimmeres als der Tod!" Sie umschlang Lys Handgelenk mit dem von Areana gewebten hauchdünnen Faden, verband dies mit ihrem Handgelenk, flüsterte: "Lys, ein Faden verbindet uns, nicht sichtbar, nicht spürbar, doch fest, kaum zu zerreissen. Wir können uns nicht verlieren, sei es auch noch so dunkel!" Sie horchte im Netz, spürte SIE, die rasch näher kam, in Wut als Leuchtfeuer entflammt sichtbar... hielt abrupt inne. Der Weg blockiert durch eine hünenhafte Gestalt, schweigend verharrend. Hünenhaft aus ihrem Blickwinkel, zwergenhaft aus IHRER Sicht, doch er trug das Mal, jenes Mal, dass nur IHRE Kinder zeichnete. SIE wich verwirrt zurück, die grollende Stimme des Hünen echote durch die Katakomben "Keine Frauen, keine Kinder!". Das Echo fand Widerhall in Kinderstimmen, hell, lauter werdend; "keine Kinder, Keine KINDER, KEINE KINDER..." SIE hielt inne, wirkte fasziniert, näherte sich dem Hünen, der ohne Furcht zu sein schien... Sie löste sich, sie durfte Lys nicht vergessen: "Lys, Du kannst den Weg, den Du gehen wolltest, nicht mehr gehen. Er ist versperrt. Böses lauert dort. Wird ausgemerzt werden. Samt all jener, die dort weilen. Wir müssen tiefer gehen, viel tiefer, um wieder nach oben gehen zu können. Kannst Du laufen? Ich kann Dich nicht tragen, aber Dir den Stab holen, den Du verloren hast. Wenn der Dir Stütze sein könnte. Oder den Grossen rufen, der kann Dich tragen. Ich kann es nicht, ich habe nicht die Kraft dafür und nur kleine Hände..." Ihre Worte wanderten durch die Katakomben, verloren sich dort, bis auf die zuletzt geäusserten, helle Kinderstimmen verbreiteten diese weiter, hallten durch die Katakomben: "Sind so kleine Hände... Sind so kleine Hände... Sind so Kleine Hände..." Ihre Stimme flehte: "Lys, nimm das MAL, Erkläre Dich bereit. Es wird Dir hier unten Schutz gewähren, Ängste nehmen, vieles vereinfachen.... Du wirst sehend werden! All die Schönheit hier erblicken können!" Sie sah das Netz in der Dunkelheit schimmern, das Netz, das die Katakomben erfüllte... seufzte. Wenn Lys dies sehen könnte, würde er verstehen- und keine Angst mehr haben! RE: Die Katakomben Roms - Furandi Pica - 03.11.2013 Das Leben hatte ihn frühzeitig altern lassen. Ein Heim hatte er niemals besessen, die schmutzigen Gassen Roms waren seine Kinderstube gewesen. Gebettelt hatte er, um etwas zu beissen, eine Münze, freundliche Worte. Selten hatte er das Erbetene bekommen, zu oft Prügel bezogen, Beschimpfungen über sich ergehen lassen müssen. Doch er hatte rasch gelernt, wurde flink wie ein Wiesel, beharrlich wie ein Frettchen, gelenkig wie eine Ratte. Er stahl, was er zum Überleben brauchte, plünderte selbst die Toten auf den Friedhöfen, lebte von der Hand in den Mund. Mit hungrigen Augen hatte er, aus der Ferne, jene betrachtet, die in Reichtum und Luxus badeten. Ihm selbst waren die Götter nicht hold gewesen, hatten ihm jene genommen, die zu seinen wenigen Freunden zählte, einzig das nackte Überleben hatten sie ihm gewährt, zum Sterben zuviel, zum Leben zuwenig zukommen lassen... Irgendeine Gottheit musste sich vor kurzem entschlossen haben, ihm huldvoll Glück zu bescheren. Er hatte sich durch rasche Flucht in die Katakomben vor jemandem retten müssen, der leider den Verlust seiner Börse viel zu früh bemerkt hatte. Sein Wissen über die Wege in den Katakomben war beschränkt, beinahe wäre er in ein Loch gestürzt, nur seine raschen Reflexe hatten ihn vor dem Sturz in die Tiefe bewahrt. Ein morscher Balken über das Loch, dieses bedeckt von einer Moosmatte... das konnte kein Zufall sein. Er hatte die Tiefe des Loches nicht abschätzen können, doch fünf Manneslängen tiefer gab es einen Gang, ab dieser Höhe führten metallene Sprossen als Leiter in die Tiefe. Vertrauen erweckten diese verrosteten Streben nicht. Er hatte seine Neugier bezähmt, das Loch und seine Versuchung ignoriert, folgte dem Gang weiter auf der Suche nach einem Ausgang, stiess alsbald auf einen Raum mit... Leichnamen. Übelst zugerichtet. Gewiss nicht nur durch Ratten. Entsetzen in den erloschenen Augen noch sichtbar. Doch das war es nicht, was ihn so entzückte. Lederne Beutel mit Denari, edler Schmuck, Goldene Ringe... ein Schatz harrte seiner. Wer immer diese vom Leben zu Tode befördert hatte, war nicht an deren Reichtum interessiert gewesen. Im Gegensatz zu ihm... er plünderte diese wie im Rausch. Er hätte es wissen müssen, dass ihm die Götter nicht lächelten, sondern hämisch kicherten. Das nervöse Gebaren des Hehlers, dem er den Schmuck hatte verkaufen wollen, hätte sämtliche Alarmglocken in ihm erklingen lassen müssen. Kalter Stahl an der Kehle, im Nacken, am Hals, Schwerter von Soldaten, deren Augen keinerlei Wärme zeigten, ein älterer Mann vor ihm, dessen Lächeln ihn frieren liess, mit falscher Sanftheit in der Stimme sprach: "Nun, Bursche, Nicken oder heftig den Kopf schütteln, wäre momentan nicht ratsam. Eines der Schmuckstücke, das Du hier gerade hattest versetzen wollen, ist der Siegelring eines Senators von Rom. Ich möchte nur eines wissen- woher hast Du diesen? Ich empfehle Dir, dies mir kurz, prägnant und wahrheitsgemäss zu berichten. Wenn nicht, wird Dein Leiden lang, qualvoll und Dein Bericht letztendlich auch wahrheitsgemäss sein. Wähle weise!" Und ob er geplaudert hatte! Seine Hände waren gefesselt, gnädigerweise nicht hinter seinem Rücken, sondern vorne zusammengebunden. Trost gab dies ihm das nicht, der Soldat hinter ihm hatte sein Kurzschwert bereit. Die Katakomben umgaben ihn und seine Begleiter. Er gab sich keinen Hoffnungen hin, sobald er diese Leute an den Ort geführt hätte, an dem die Toten lagen, wäre sein Schicksal besiegelt. Er sah es in den Augen des reich gekleideten Mannes, der ihn befragt hatte, und in den Augen der Soldaten. Er würde die Katakomben nicht mehr lebend verlassen! Eine schwache Hoffnung hatte er noch... jenes Loch, das in die Tiefe führte... Gleich musste es kommen, er wappnete sich, zögerte nicht- der Boden gab unter ihm nach! Er flehte zu den Göttern, während er fiel, seine gebundenen Hände suchten nach den Sprossen, sein Flehen ward erhört, seine Hände schlossen sich um die rostiges Eisen, wilder Schmerz raste durch seine Schultern. Ein schriller Schrei ertönte hinter ihm, in die Tiefe entschwindend, er blickte nach unten, sah das Licht einer Fackel entschwinden, einen Körper beleuchten- der Soldat, der hinter ihm gewesen war. Rasch zog er sich hoch, rollte sich in den Gang, schwer atmend. Er musste schnell weiter... Schreie erklangen, diesmal von oben, die ihm das Blut in den Adern gefrieren liessen. Voller Panik rannte er in den Gang hinein, prallte in der Dunkelheit gegen Wände, eilte weiter- bis der Boden unter seinen Füssen erneut nachgab! Er fiel, doch nicht tief, rutschte in einem engen Gang, dessen Wände mit Schleim bedeckt waren, vermochte sich nirgends festzuhalten, wurde schneller, der Gang führte in die Tiefe, liess ihn schneller in die Tiefe schlittern, bis er abrupt abgebremst wurde, weil er mit den Füssen voran gegen Fels prallte. Schmerz durchfuhr seine Knöchel, er rollte sich vorsichtig herum, tastete mit gefesselten Händen umher. Es war stockfinster, er schien sich auf einem Felssims zu befinden, den eine Art von Balustrade zu begrenzen schien. Zu hören waren nur das Rieseln von Staub... Er suchte- und fand- einen scharfkantigen Felsvorsprung, säbelte geduldig, bis seine Fesseln durchtrennt waren. Massierte seine nun befreiten Hände. Er hatte das Gefühl, dass er sich in einem grossen Raum befand, wollte schon rufen, um dies anhand des Echos abschätzen zu können, besann sich aber eines Besseren. Rufen war eine ganz schlechte Idee, wer immer hier auch lebte- und diese Fallen hatten mit Sicherheit hier Lebende errichtet- sollte er so direkt nicht aufmerksam machen, sondern eher verwirren! Er liess den schrillen Schrei der Elster erschallen, dieser breitete sich aus, Echos erklangen, vielfältig- er musste sich in einem riesigen Gewölbe befinden. Die Echos schienen sich zu vervielfältigen lauter zu werden, seine Augen weiteten sich... das war kein Echo, sondern das Krächzen einer Krähe. Das konnte nicht sein! Es sei denn, sie war hier... Erinnerungen überschwmmten ihn... Corva sah zu ihm auf: "Wollen wir Verstecken und Fangen spielen? Du bist die Elster, ich die Krähe!" Corva, mit der die anderen Kinder nicht spielen wollten. Haare so weiss wie der Schnee, Haut so bleich wie Marmor, Augen so rot wie Blut... andere Kinder mieden Corva, er nicht, sie hatte ein sonniges Gemüt, ein bezauberndes Lachen... Der Schmerz... sehen konnte er nichts mehr, Blut lief in seine Augen, Stimmen "Die Kleine wird uns einen vorzüglichen Preis einbringen, ich kenn einige, die den Reiz des Ungewöhnlichen zu schätzen wissen. Marduk, der Kleine hätte uns auch einige Denari eingebracht. Aber Du musstest ihm ja den Schädel zertrümmern..." Eine mürrisch klingende Stimme: "Dieses Frettchen hat mich gebissen, und wenn ich zuschlag', dann schlage ich zu!" Er versank in Dunkelheit, in die er den Klang der ersten Stimme mitnahm: "Na gut, wirf ihn zu den anderen ins Loch..." Corva lebte. Hier in den Katakomben. Er wusste nicht, wie und warum. Sie lebte. Er liess den Schrei der Elster erneut erschallen, das Krächzen der Krähe als Antwort erfolgte unmittelbar- sehr nahe, Corva musste sehr schnell nähergekommen sein. Wie hatte sie das fertiggebracht? Das war doch eigentlich nicht möglich... Das Krächzen der Krähe erklang erneut, ein schimmerndes Licht leuchtete unterhalb der Balustrade, erhob sich über diese. Seine Augen weiteten sich entsetzt, seine Zunge klebte am Gaumen, kein Schrei konnte sich Weg bahnen, obwohl er dies gerne ob des Anblicks getan hätte... seine Blase versagte, warm rann es herab, noch einmal- einmal noch- erklang der Elster schriller Schrei, diesmal voller Grauen, danach umhüllte ihn gnädige Dunkelheit... RE: Die Katakomben Roms - Lysander - 07.11.2013 Die Welt war ein einziges Irrenhaus und er schien in seinem Leben bei aller Grausamkeit trotzdem nur am Grauen selbst gekratzt zu haben. Doch jetzt überwältigte ihn diese Angst vor dem Sterben und dem Unbekannten, dieser Finsternis und den schwierigen Fragen! Lysander schluchzte und sein Blick huschte vermutlich ungesehen und blind hin und her. In was auch immer er hier hineingeraten war, dieses Mal würde er nicht weglaufen können. Dieses Mal hing sein Arsch fest in der Misere, egal wie schnell er rennen oder wie gut er sich verstecken konnte. Lys schloss die Augen, was zwar keinen Unterschied machte, aber es beruhigte ihn dennoch. War dies nun das Ende? Sollte er all die Jahre in den Gassen umsonst gekämpft, gelitten und überlebt haben? Nein, das konnte er nicht zulassen. Was war mit seinen Träumen, die Welt zu bereisen, Abenteuer zu bestehen, Schätze auszuheben und hunderte Frauen zu besitzen? Sein Leben stand noch vor ihm! Der Junge biss die Zähne zusammen und wischte sich die Tränen aus den Augen. "Nein.", raunte er leise. "Nicht heute. Nicht hier. Ich werde leben!" In die ungefähre Richtung gewandt, aus der das Mädchen zuletzt zu ihm geflüstert hatte, fuhr er fort: "Ich verstehe nicht viel von dem was Du sagst, aber Du bist meine einzige Hoffnung. Daher werde ich Dir vertrauen, obwohl ich mit Malen und Dunkelheit bisher immer schlechte Erfahrung gemacht habe..." Er tastete nach seinem Knöchel und stieß zischend Luft zwischen zusammengebissenden Zähnen aus. "Verdammt, tut das weh!", stöhnte er. "Ich werde wohl den Stock brauchen, tut mir leid. Können wir schnell hinter uns bringen, was auch immer Du mit dem Mal...", er sprach das Wort sehr gedehnt aus, "...vorhast?" Vorsichtig bewegte er seinen Arm, an welchem das Mädchen anscheinend ein Seil befestigt hatte und spürte erleichtert die Verbindung zu ihr. "Wir...", er zögerte kurz, "... wir kennen uns noch nicht lange. Doch ich hänge sehr an meinem Leben, weißt Du? Ich werde keine Fragen stellen und tun, was Du verlangst. Solltest Du mich aber verarschen, werde ich kämpfen. Bis zum bitteren En..." Er unterbrach sich, als ihm bewusst wurde, wie unterirdisch unnütz seine Worte waren. Er atmete hörbar aus. "Ach, du weißt schon was ich meine. Bitte zeige mir, wo der Stock liegt." RE: Die Katakomben Roms - Furandi Pica - 11.11.2013 Hoch über ihm aufragend die entsetzlich anzublickende Gestalt, einer Gottesaanbeterin gleichend. Zupackende Klauen, seine Schreie ungehört verhallend. Brennender Schmerz in seinem linken Handgelenk, rasch sich ausbreitend, flüssiges Feuer rann durch seine Adern. Er rannte, lichterloh brennend, eine lebendige Fackel, durch Roms Gassen. Menschen, die ihm begegneten, gingen in Flammen auf, Häuser fingen Feuer. Rom brannte, ein leuchtendes Feuermeer, der Himmel regnete Asche. Es gab kein Entkommen aus dem Inferno, selbst als er den Tiber erreichte, verwandelte sich der Fluss in ein feuriges Inferno, Flammen, die gierig an ihm leckten, an ihm frassen, ihn gierig verzehrten... Er schreckte aus dem Albtraum hoch, versuchte zu begreifen, wo er war. Er wagte nicht, die Augen zu öffnen, wollte nichts Entsetzliches mehr sehen. Sein Körper schien in einer Art Hängematte zu ruhen, die sanft hin- und herschwang. Seine Hände ertasteteten ein weiches und doch unnachgiebiges Gespinst. Er erinnerte sich an das furchtbare Brennen im linken Handgelenk, untersuchte dieses, fand ein... Mal, dessen Linien ein Muster bildeten... Eine Mädchenstimme erklang: "Hat viel Platz in IHREM Herzen. Bereitet so viel Schmerzen. Hat so Herzschmerzen...". Die Echoes Herzschmerzen, HerzSchmerzen, HERZSCHMERZEN... geisterten umher, schienen lauter zu werden, andere Stimmen fielen ein, gaben die Worte wieder. Er riss die Augen auf, erwartete Dunkelheit, erstarrte... das Gespinst, in dem ruhte, schimmerte silbrig in einer Dunkelheit, die keine Farben aufwies, stattdessen vermochte er verschiedenste Facetten von Schwarz zu erkennen. Ich kann in Dunkelheit sehen? Er wollte nicht darüber nachdenken, wie das möglich sein konnte, suchte die Quelle dieser Stimme. Auf dem Boden hockte ein Mädchen, blickte ihn an, während ihre Hände spielten mit... er holte tief Luft, die Kleine spielte mit einem Schädel. Einem der Schädel... seine Blicke irrten mit wachsendem Entsetzen umher... einem der zahlreichen Schädel, die den Boden bildeten, wie auch Knochen. Das Mädchen kicherte "Ich hab' so Angst. Allein im Dunkeln, ganz allein. Bitte, bitte, hilf mir. Einem armen kleinen Mädchen..." Der Tonfall liess ihn erschaudern, spöttisch, grausam. Das Mädchen wirkte schmutzig, bekleidet nur mit einem silbrig schimmernden Gespinst. In diesem schimmerten... Juwelen? Er erhob sich, ging vor dem Mädchen in die Hocke. Nein, keine Juwelen, sondern Augen, schimmernde Augen, ganz im Gegensatz zu den Augen des Mädchens, diesen waren schneeweiss. Das Mädchen lächelte verzückt: "Wollte mir helfen. Böser, böser Mann. Ein kleiner Kratzer mit dem Dorn. Kann nicht mal mehr sich selbst helfen. Zuckt nur noch. Trommelt mit den Füssen. Schöne Melodie!" Sie blickte auf den Schädel: "Hat keine schmutzigen Gedanken mehr. Habe ich weggemacht!" Vorsichtig erhob er sich, als das Mädchen die Hand hob, an dem Dorn leckte, der auf ihrem Zeigefinger als dessen Verlängerung sass, wich zurück... Dunkelheit schien sich herabsenken zu wollen. Er hob den Kopf, sah die massige Gestalt, die sich schlangengleich elegant herabsenkte. In silbrigem Gespinst gehüllt, in dem sich schimmernde Augen bewegten. Diesmal befiel ihn kein Entsetzen, nur Erinnerungen überfluteten ihn Corvas Stimme, voller Stolz "Guck mal, was ich kann...". Sah mit Erstaunen, wie sie den Rücken nach hinten bog, weiter bog, bis sie ihren Kopf durch die gespreizten Beine steckte und ihn ansah. Er löste sich aus der Erinnerung, blickte IHR in die Augen. Er wusste nicht, wieviel Zeit verging, bis der stumme Austausch beendet war. Mit einer Hand packte sie ihn, hob ihn an, als wäre er leicht wie eine Feder, presste ihn an sich, kräftig und sanft zugleich. Mit unmenschlicher Schnelligkeit wurde er durch etwas getragen, das ihm wie ein Netz erschien, durch Gänge hindurch, an Wänden hinauf, er verlor rasch jede Orientierung, hatte nur das Gefühl, dass es nach oben ging. Wie tief unten war er gewesen? Wie weit in die Tiefe reichten diese Katakomben? Er wurde auf dem Boden abgesetzt. Der Gang führte steil nach oben, an dessen Ende konnte er Tageslicht erkennen, das durch Gestrüpp in die Dunkelheit des Tunnels drang. Er schaute auf in ihr Gesicht, ihr auffordernder Blick wies nach draussen. Er fügte sich, wäre gerne noch geblieben, aber er war kein Kind der Katakomben. Er kletterte den Gang hinauf, der rauhe Fels gab ihm genügend Halt für seine Hände, kämpfte sich durch das Gestrüpp ins Freie, hinter ihm erklang das Krächzen einer Krähe, zum Abschied, er wollte antworten, doch zahlreich erklangen das Krächzen weiterer Krähen. Er blickte auf, seine Augen weiteten sich. Krähen kreisten über ihm, es mussten Hunderte sein, wenn nicht gar mehr. Er lächelte. Wie diese wohl reagieren mochten, wenn er jetzt den schrillen Schrei der Elster erschallen lassen würde? Dieser erklang, nicht von ihm, sondern aus zahlreichen Schnäbeln. Seine Augen irrten mit fassungslosem Ausdruck umher, auf dem Boden stolzierten Elstern herum, zahlreich versammelt. Wie konnte das sein? Elstern und Krähen attackieren sich doch, wo immer sie aufeinandertreffen... Eine Elster hüpfte näher heran, beäugte ihn, hatte im Schnabel etwas golden Glänzendes. Er ging in die Hocke. Es war ein Ring. Er musterte die anderen Elstern, auch diese hatten Schmuck in ihren Schnäbeln. Eine nach der anderen hüpfte zu dem Eingang in die Katakomben, entledigten sich der schimmernden Gegenstände, diese entschwanden in der Tiefe... Die Krähen kreisten weiter über ihm, nun vollkommen lautlos. Er blickte gen Rom, das sich in all seiner Pracht in einiger Entfernung ihm darbot. Ein sardonischisches Lächeln glitt über sein Gesicht, als die Elstern sich in die Lüfte erhoben, gen Rom flogen, die Krähen diesen folgten. Er würde in seinem Leben niemals Reichtum anhäufen können. Aber in Rom lebten jene, die bald ihren Reichtum verfluchen würden... RE: Die Katakomben Roms - vespertilia - 12.11.2013 Fledermaus strich sanft über Lys Gesicht, ertastetete die feuchten Tränen, führte die Finger an die Lippen, schmeckte das Salz, flüsterte "Sie werden sie sich holen. Früher oder später. Diese Augen. Deine Augen. Ohne das Mal kannst Du es nicht verhindern!" Sie ergriff Lys rechte Hand, führte sie sanft zu ihrem linken Handgelenk. "Du kannst es ertasten. Hier- an mir. Einst das Mal der Schattenmädchen. Nun das der Schatten in Dunkelheit...". Der Stab, den der Junge weggeworfen hatte, bereits im Netz verankert- sie zog an Fäden, holte ihn zu sich, drückte ihn in des Jungen linke Hand, die sich reflexartig um den Stab schloss. Areanas Biss erfolgte blitzschnell, deren Zangen das Mal in des Jungen Handgelenk brennend. Lys Augen weiteten, dessen Hände verkrampften sich, um ihr Handgelenk, um den Stock. Sie neigte ihren Mund zu Lys Ohr hinab, summte leise Brennender Schmerz. Wandert zum Herz. Bösen zerspringt Herz in Brust. Dir gibt's auf neues Leben Lust. Ängstlich betrachtete sie Lys schmerzverzerrtes Gesicht, lauschte dem röchelnden Atmen, achtete nicht auf den Schmerz, der ihr dessen verkrampfte Hand zufügte. Gleich musste der Zeitpunkt nahen, an dem der brennende Schmerz Lys verzehren, das Herz erstarren, den Atem verstummen lassen oder die Verwandlung in wohlige Wärme erfolgen würde. Sie nickte, erleichtert und zufrieden zugleich. Lys Griff um ihr Handgelenk lockerte, dessen Gesicht entspannte sich, der Atem wurde wieder regelmässig. Fledermaus legte sich nieder, kuschelte sich an Lys, murmelte: "Jetzt ist die Dunkelheit Dein Freund. Wärmt Dich. Versteckt Dich. Niemand kann Dich in ihr finden. Keiner kann sich in ihr vor Dir verbergen. Ein Schatten in der Dunkelheit, Hauch in der Finsternis, verborgen vor jenen, die blind und taub sind, geblendet durch Laterne, Sonne, Mond und Sterne..." Sie musterte das silbrige Gespinst, das die Katakomben durchzog. Das Lys nun auch würde sehen können. Vernahm den Gesang ihrer Brüder und Schwestern. Den Lys nun auch würde hören können. Spürte IHRE Allgegenwart. Die Lys nun auch würde spüren können. Ihre Ohren zuckten, es näherten sich jene, die bemerkt hatten, dass der Junge noch keinen Vertrauten hatte. Wen würde Lys sich erwählen? Falls überhaupt... sie selbst hatte nicht gezögert, als Areana sich ihr angeboten hatte. Fledermaus kicherte: "Jetzt kannst Du, wenn Du willst, auch hier schlafen. Ohne böse Träume. Den Stock brauchst Du nicht mehr. Jedenfalls nicht wegen dem Knöchel. Der wird Dir nicht weiter wehtun. Wenn Du willst, kannst Du weiter mit in die Tiefe kommen. Oder wieder nach oben gehen." Ihre Stimme wurde traurig: "Ich gehe nicht mehr nach oben. Böse Menschen dort. Brennen sollen sie. Brennen werden sie!" RE: Die Katakomben Roms - Lysander - 14.11.2013 Ein Schatten am Horizont, schnell und grollend: Schmerz. Entsetzliche Schmerzen! Unwillkürlich unternahm das Unterbewusstsein des Jungen den Versuch, aus seiner bisherigen Erfahrung als Opfer von Gewalt heraus das Möglichste zu unternehmen, dem Schmerz sofort entgegen zu wirken. Daher umarmte Lys ihn, als er die riesige Welle anrollen spürte, er umarmte den Schmerz fest und ergab sich ihm ganz. Er lockerte seine Umarmung auch nicht, als die Welle über ihn hinweg brandete, seine Atmung aussetzte und die Schwärze vor seinen Augen einem reinen Nichts wich. Doch es war trotzdem etwas dort, in dem Nichts. Es kam rasch näher, und eine gesummte Melodie erklang. Sie kam ihm seltsam vertraut vor und im nächsten Augenblick erkannte er sie wieder: Sie war wieder bei ihm, die schöne, die liebende Frau. Jene, die er als Mutter erwählt hatte in dieser Nacht, als sie sich bedauerlicher Weise am Ende dazu entschieden hatte, ihn fressen zu wollen. Doch es ward nur ein Traum gewesen, aber auch jetzt wusste Lysander, dass sie tatsächlich bei ihm war. Und sie war warm, beruhigend und schön, wie eh und je. Ihre grünen Augen erwiderten seinen kindlichen Blick voller Zuversicht und Stolz. Ihr grünes Haar umstrich sein Gesicht, bewegt von einer heißen Brise. Dieses Mal küsste sie seine Stirn, und die Berührung ihrer Lippen auf seiner Haut schürte ein prasselndes Feuer in ihm, seinem Körper, seinem Geist. Er spürte, wie sich neue Kraft in ihm sammelte, sich über ihm ein strahlend freier Himmel öffnete, und seine Lunge sich endlich wieder mit Luft füllte... Das Bild verschwamm, sie wich von ihm fort, lachend; Lys hob flehend die Arme, um sie am Gehen zu hindern, doch zu spät. "Warte, Mum... warte..., flüsterte Lys, während er wieder in die hiesige Welt zurückkehrte. Er blinzelte verwirrt und orientierte sich. Überrascht stellte er sofort fest, dass er quasi im Dunkeln sehen konnte und sein Knöchel nicht mehr schmerzte. Das Mädchen flüsterte ihm Worte ins Ohr und er lauschte aufmerksam und nickte dann. "Danke, ..." er stockte, weil ihm plötzlich klar wurde, dass er mehr über sie wusste, als er eigentlich hätte sollen. Fast, als wären sie Geschwister. Sie... sie war ein eigentlich fröhliches Mädchen, sehr mutig, mit einem riesigen Herz und einer Vorliebe für Honiggebäck aller Art. Ihre rechte Schulter zierte ein Muttermal in Form eines Baumes, welches sie immer sorgfältig versteckte. Ihre Augenfarbe war...., ihr Name war... ".. Fledermaus. Du hast mir das Leben geschenkt, obwohl ich dumm und schwach bin. Eines Tages werde ich dasselbe für Dich tun... und unsere Brüder und Schwestern..." Erstaunt stellte er weiterhin fest, dass er tatsächlich weitere Seelen um sich herum spürte und diese instinktiv erkannte. Ja, er liebte sie sogar. Ein Lächeln umspielte seine Mundwinkel. "Familie, Schwesterherz. Unsere Familie... Ich werde es für uns alle tun." Er ließ den Stock fallen, stand auf und blickte sich um. Silbrige Fäden durchzogen die Gewölbe und Gänge, gesponnen wie gigantische Netze, sanft leuchtend, als wären sie vom Mond beschienen. Sie bedeckten die Wände, Decken und sogar den Boden, teilweise versperrten sie auch Durchgänge; doch Lys fühlte sich ihnen verbunden, er wusste, dass sie ihm nicht schaden konnten. Nicht mehr. Das leise Flüstern einer winzigen Stimme drängte sich sanft in sein Bewusstsein. "Hallo, kleiner Junge. Willst Du mit mir spielen? Ich finde Dich spannend. Ich habe auch rote Haare... aber an den Beinen..." Lys sucht nach dem Ursprung der Stimme und entdeckte schließlich auf seiner Schulter eine handtellergroße Spinne. Sie hockte dort ruhig und schien ihn aus ihren vielen Äuglein aufmerksam zu mustern. Sie hatte tatsächlich rothaarige Beinchen und stattliche Zangen am Maul. In einem früheren Leben hätte Lys sich vermutlich zu Tode erschreckt oder wäre angewidert zur Seite gesprungen. Doch jetzt spürte er eine gewisse Anziehung zu diesem kleinen Wesen, eine Art Kameradschaft. Sie würden sich gut verstehen und eine Menge voneinander lernen. "Ich heiße übrigens Tantima.", säuselte sie. Grinsend nickte er ihr zu. "Fühl' Dich wie zu Hause, meine kleine Freundin. Mein Name ist Lysander, aber bitte nenne mich einfach Lys. Ich freue mich, dass Du bei mir bist. Wir werden viel Spaß haben!" Tantima gab ein Geräusch von sich, dass wie ein kratziges Kichern klang und Lys lachte mit ihr. Und schon machte sie es sich in einer Falte seines Hemdes bequem. Dann bemerkte er SIE. Und sein Lachen wich eher Bewunderung. Und einem Wiedererkennen. SIE war nicht hier bei ihm, doch sein Geist vibrierte bei jeder Bewegung, die IHRE Aura in dieser Welt verursachte. Es war dieselbe Frau, von der er träumte, die erschreckend schöne, wundersam liebende, umwerfend lachende, gefährlich sanfte Mutter. Er spürte IHRE Gedanken, IHRE Absichten, IHRE Liebe und IHREN Hass. Alle Gefühle waren auf einmal da, doch in unterschiedlicher Ausprägung. Es stand außer Frage, dass SIE diejenige Instanz war, die Lys' Geschwister und nun auch er selbst insgesamt bildeten. Er blickte Fledermaus an und seine Augen füllten sich schon wieder mit Tränen. "Du hast SIE mir gezeigt, Fledermaus. Ich habe SIE in meinen Träumen so oft gesucht und nun weiß ich, dass die erträumte Liebe zur IHR Wirklichkeit werden kann... Ich bin überwältigt..." Er beugte, sich zu ihr herrüber und küsste ihr trauriges Gesicht. "Du musst nicht nach oben, wenn Du nicht willst." Seine Familie projizierte Bilder von brennenden Menschen und glühenden Überresten einer verbrannten Stadt in sein Bewusstsein und er spürte, wie sehr ihm das gefiel. "Doch solltest Du es einmal wollen, werde ich da sein und Dir wird kein Leid geschehen. Du wirst es sehen. SIE wird es wissen. Ich selbst aber habe die ein oder andere Aufgabe vor mir und ich spüre, dass ich jetzt die Kraft habe, sie alle zu erfüllen. Denn ich tue es nicht mehr nur für mich selbst oder die Straßenkinder. Ich tue es für meine Familie. Das ist ein großartiges Gefühl!" Er lachte erneut und wischte sich die Tränen aus den Augen. "Großartig!" RE: Die Katakomben Roms - vespertilia - 16.11.2013 Ein Anflug von Enttäuschung huschte über das Gesicht von Fledermaus. Lys wollte nach oben. Sie schniefte. Er war wohl schon ein Grosser... diese zog es nach oben, wie die beiden anderen Grossen, die schon dorthin gegangen waren. Leise flüsterte sie "Schade, Schade. Aber eines Tages musst Du mit in die Tiefe kommen, wo sie leben. Können nicht mehr gehen. Blind, taub, stumm. Kleine, kaputte Seelen, Schaben, graben, bauen, tief und tiefer, ins Dunkel, das immer dunkler wird und doch schimmert... Es ist schön dort, im Schein der Dunkelheit, eine Wiege des Vergessens." Sie lächelt verzückt: "Du wirst aber da oben nicht alleine sein. Dort sind andere, Grosse, mit dem Mal gezeichnet, werden Dir helfen, wenn nötig..." Ihr Lächeln wandelte sich, wurde hämisch: "Es werden noch ganz andere nach oben gehen, o ja!" Sie begann zu singen, andere Stimmen, hell, sanft, doch mit bösartigem Unterton, fielen ein... Regt sich
bewegt sich auf leisen Sohlen gänzlich verstohlen kleine Ungeheuer verborgen in Gemäuer zahlreiche Brut bricht hervor als Flut hat nicht vergessen will fressen Will fressen, Will FRESSEN, WILL FRESSEN, FRESSEN, FRESSEN, FRESSEN hallte als vielfältiges Echo durch die Katakomben, verhallte, verwehte in Dunkelheit. In die sich anschliessende Stille drang ein zunehmendes Rascheln Kleine Füsse, kleine Zehen, können immer gehen, haben immer Hunger. Fledermaus wandte sich wieder Lys zu: "SIE möchte, das Du das bekommst. Gibt Töne, nicht zu hören von jenen, für die diese nicht bestimmt. Den Tönen folgen können nur die kleinen Sanften Hungrigen..." Sie drückte Lys die Flöte in die Hand, strich noch einmal sanft über sein Gesicht, um sich dann auf den Weg in die Tiefe zu begeben... RE: Die Katakomben Roms - Lysander - 19.11.2013 Das Lied brannte in ihm und er sang mit ihr, die Worte erschienen in seinem Leben als hätte er sie immer schon gekannt. Er fühlte das Lied als eine Art Impuls, ausgehend von seinen Geschwistern und IHR. Die Melodie endete und nach und nach verstummte auch seine Familie, während sich in Lys' Magen ein ungeheurer HUNGER breitmachte. Fressen..., fressen... Das kleine Instrument schimmerte leicht in der Dunkelheit und Lys drehte es hin und her, um es genauer zu betrachten. Es wirkte sehr zerbrechlich, und war gerade mal so groß wie zwei Daumen. Es schien, als sei die Flöte aus einem sehr leichten Metall gefertigt, doch waren keine Schmiedespuren zu erkennen, noch eine Gußnaht. Vorsichtig steckte er sie weg und notierte sich im Geiste, möglichst bald ein Halsband hierfür aufzutreiben. "Ja, kleine Schwester. Eines Tages werde ich sie besuchen. Und ich habe das Gefühl, dass dies der Moment sein wird, an welchem SIE mich endgültig in ihre wundervollen Arme schließen wird." Er lächelte und sah Fledermaus hinterher, welche mit flinken Füßen nach und nach zwischen den Strängen der Spinnennetze verschwamm. "Ich werde ganz IHRes sein. Endlich." "Und was wird dann aus mir...?", flüsterte Tantima in seinem Geist und er spürte förmlich ihre gespielte Verunsicherung. "Mach' Dir keine Sorgen, kleine Freundin. So wie ich mich kenne, hast Du ja vielleicht auch bald genug von mir.", erwiderte Lys und lachte. Die Stunden vergingen, in denen sie zu zweit durch die Katakomben wanderten. Lys' hatte sein ursprüngliches Ziel noch vor Augen und es war erstaunlich, wie leicht ihm jetzt jede Orientierung fiel. Sein Sinne schienen für die Dunkelheit geschaffen und nicht nur sah er alle Details der alten Gemäuer und geschlagenen Gänge, auch sein Gehör eröffnete ihm völlig neue Dimensionen der Wahrnehmung. Und nicht zuletzt war da ständig diese Verbindung zu seinen Geschwistern, diesen kleinen verlorenen Seelen in der Tiefe, und natürlich IHR. Sein Geist umschwirrte sie ständig und voller Neugier und Zuneigung nahm er alle Gefühlsregungen seiner Mutter in sich auf. Auch die Melodien, der er nun summte, hatten sich verändert. Sie vermochten einem Außenstehenden als finster und grausam erscheinen, doch für Lysander hatten sie eine ganz neue Farbenvielfalt und Verlockung erlangt. Außerdem wisperten die Echos immer neue Varianten der Gewalt, des Hungers und der Gier nach Feuer um ihn herum. Er fühlte sich beschwingt und frei. Tantima sprach kaum noch ein Wort mit ihm, sie schien immer wieder zu dösen; manches Mal krabbelte sie in seine Haare, um sich dort zu putzen oder seine Kopfhaut zu untersuchen. Dass sie ihn spannend fand, hatte sie augenscheinlich nicht nur so dahin gesagt. In der Tat verband die beiden eine innige Vertrautheit. Er spürte, dass er Gedanken, Eindrücke mit ihr teilen, aber auch vor ihr verbergen konnte. Bald schon erreichten die beiden ihr Ziel: Eine große, lange Kammer nahe der Oberfläche, verhältnismäßig trocken, warm und sauber. Sie war voller Menschen, deren Zahl und Zusammensetzung Lys schon eine halbe Stunde vor seiner Ankunft erhört hatte. Auch spürte er, dass der Lärm und der Geruch von Petrolium eine unangenehme Unruhe bei IHR auslöste, fast so, als wäre SIE verärgert über diese Störung. Giftige Worte schallten durch seinen Geist, angespornt durch seine Geschwister. Doch er übermittelte ihnen ebenfalls Bilder. Sanfter, angefüllt von dem Gefühl der Unterstützung und Hilflosigkeit. Keine Gefahr... Er betrat den Raum durch einen winzigen Seitentunnel und das schummrige Licht der Öllampen blendete ihn auf einmal so sehr, dass er einen Arm heben und seine Augen bedecken musste. Blinzelnd, halb blind, tastete er sich vorwärts, vorbei an Feldbetten und Decken auf dem Boden, vorbei an jammernden Kranken und sich leise unterhaltenden alten Müttern. Tantima flüsterte ihm unentwegt eine Beschreibung der Umgebung ins Ohr, ihre vielen Augen nahmen in einem Augenblick das zehnfache dessen wahr, was ihm selbst aufgefallen wäre - und sie war weniger lichtempfindlich. RE: Die Katakomben Roms - vespertilia - 04.12.2013 Verweile nicht, Nicht verweilen,
Warte nicht, in die Tiefe musst Du eilen Der Gesang der Stimmen im Canon trieb sie weiter, weiter und weiter in die Tiefe der Katakomben, Das Netz verblasste, Dunkelheit schmiegte sich an sie, lockte Komm, komm, komm zu mir, lass Dich fallen. Sie war Dunkelheit gewohnt, Tränen schon lange ihren blinden Augen fremd, Furcht weit entfernt. Ihre Füsse ertasteten Stufen, verbogen, in sich gewunden, immer weiter in die Tiefe führend, tiefer, immer tiefer... Schlummert, schläft, träumt
nichtsahnend der Wut die schäumt Die Dunkelheit tanzte um sie herum, wogte, zitterte, züngelte, tastetete nach ihr, trachtete sie zu fassen, doch sie entwand sich dem Zugriff, huschte tiefer, tiefer, noch tiefer, getrieben von IHRER Stimme in ihrem Inneren Lauf, Lauf, Fledermaus, Flieg, Flieg, dem Oben bereiten wir den Garaus, wir sind im Krieg. Sie rannte weiter, Stufen hinab, rutschte durch enge Röhren, die nach unten führten, deren Wände glitschiger Schleim zierte, über dessen Herkunft und Beschaffenheit sie nicht weiter nachdenken wollte, denn sie ward getrieben von nur einem Verlangen- in die Tiefe musste sie, tiefer und noch tiefer, an jenen Ort, an dem der Schläfer... dem Schlafe sich ergeben hatte! Träumt voller Zuversicht
geborgen in wärmenden Schatten übersieht das Grauen im Licht hört nicht mal den Weckruf der Ratten Das sich erhebende Rascheln, wie auch das zunehmende Fiepen um sie herum, war für sie nicht zu überhören- doch der Schläfer reagierte nicht. Blind, taub, stumm... nichtsahnend, nichtswissend... Sie eilte weiter in die Tiefe, getrieben, bessessen, erfüllt von ihrer Aufgabe erschrecken, erwecken... soll sich erheben, Rom soll beben. Sie sah es nicht, doch vermochte es zu spüren. Eine Höhle, tief, sehr tief, gross, eine für sie unermessliche Weite andeutend. Sie tastete sich voran, ihre Ohren zuckten, glaubten, fast lautloses Flattern zu vernehmen, zahlreich, immer zahlreicher. Sie strauchelte, stolperte... über Körper, eingefallen, leere Hüllen, tastete... bleiche, verrunzelte Haut. Gewiss bleich. Bleich wie der Tod. Ohne Blut. Sie lächelte, als sie die Berührungen spürte, Fledermäuse, die um sie herum tanzten, auf ihr ruhten, sie als ihresgleichen erkannten... im Gegensatz zu jenen, die Opfer ihrer spitzen Zähne wurden, nun als blutleere Hüllen vermodern... Sie wanderte weiter, stand am Rande des Abgrundes, der den Weg weiter in die Tiefe wies. Der Wind flüsterte mit beschwerter Atmung, dumpf erklang das einem Herzschlag gleichendenden Booom, Boooom, Boooom aus der Tiefe, und von oben drang der Gesang, der Gesang ihrer Brüder und Schwestern, jubilierend, auffordernd Musst erschrecken
sofort wecken soll sich erheben Rom wird beben Darfst danach rennen Rom wird brennen Sie zögerte nicht und begann mit dem Abstieg in die Tiefe des Abgrundes, der sich ihren Sinnen, mit Ausnahme ihrer Augen, offenbarte... ----------------------------------------- RE: Die Katakomben Roms - vespertilia - 04.01.2014 Das Netz, Geborgenheit verheissend, war nicht mehr, nicht hier, tief unten.... soweit reichte es nicht, noch nicht. Dunkelheit tanzte mit Schatten, auf ihrem Weg in die Tiefe, Sie spürte zahlreiche tastende Hände, Berührungen so sanft, so zart jene, die nicht mehr hören konnten, zerschlagen ihre Ohren. Jene, die nicht mehr sehen konnten. Ausgebrannt ihre Augen. Jene, die nicht mehr sprechen konnten. Verstümmelt deren Zunge. Sie selbst, blind wie sie war, verstand sie... konnten tasten, fühlen, schmecken, Geschmack/ Berührung ward erbeten, wurde von ihr gewährt- zahllose Berührungen, wegweisend, für ihren weiteren Weg in die Tiefe- die Kinder der Nacht, schon lange zuvor umgebracht, grabend, tief, tiefer, immner tiefer Dunkelheit Deine Schwester, Tod Dein Bruder. Jene wiesen ihr unwiderstehlich den Weg, Hände, die sie weiterreichten, durch das zahlreiche ameisenhafte Gewimmel, bis sie an den Ort gelangte, der ihr den weiteren Weg in die Tiefe wies. Ein Schacht- kreisrund. Eine Tiefe, die sich nicht abschätzen liess. Ein dumpfer Klang aus der Tiefe, regelmässig, doch selten... Booom... Booom... Booom, Herzschlag aus der Tiefe. Winde stiegen empor, röchelnd, pfeifends, der Atmung eines Sterbenden gleichend. Tiefe, die lockte. Tiefe die frohlockte. Sirenengleich lockend Komm, Komm. Komm zu uns, in die Tiefe, lass Dich fallen.... Sie liess sich fallen, mit ausgestreckten Armen. Sie war... Fledermaus, deren Schwingen sich ausbreiteten. Deren Schreie selbst Tote zum Leben erwecken würden. Sie war... im freien Fall... Der Aufprall war... hart! Eine nie gekannte Dunkelheit umhüllte sie, doch offenbarte zugleich, dass der Schläfer erwacht war... ROM war erwacht! Ihre Gedanken frohlockten, wanderten weiter in die Tiefe, zerfaserten, verblassten... endeten... |