Beitrag #6
Angestrengt versuchte Lydia sich auf die Nasenspitze zu schauen und schob die Zunge zwischen die Zähne. Kräftig schüttelte sie ihren Kopf und versuchte nach einer Weile wieder ihre Augen zu sortieren. Mit einem koketten Blick und einem einzigartigen Lidaufschlag streifte sie kurz Sisko, bevor sie gespielt verschämt die Augen niederschlug und geziert kichert.
„Findest du meine Nase wirklich hübsch? Ich muss gestehen, ich hab sie mir noch nie so richtig angesehen. Aber wenn du das sagst, dann werde ich das beherzigen und sie in Zukunft noch ein wenig höher tragen. Obwohl manche behaupten, dass das gar nicht mehr möglich wäre.“ Still lachte sie in sich hinein und meinte dann grinsend:
„Du könntest mir eigentlich noch ein Bier holen, mein Verehrer und wenn du schon mal in der Nähe der Küche bist, den Eintopf umrühren. Ich habe übrigens ordentlich Fleisch rein getan. Ich mag keine Vegetarier, die sind so farblos. Nun ja, ich will nicht ungerecht sein. Manch einer ist dies völlig unfreiwillig. Was will man machen, wenn man Ratten im Haus hat, die jegliche Fleischbrocken an sich reißen, bevor man selbst zum Essen kommt. Es wurde schon manch Haushalt gesehen, wo die Viecher fett und die Hausherren abgemagert waren bis auf die Knochen. Wenn man sich da nicht zu helfen weiß, dann ist es schon schlimm bestellt.“
In diesem Moment öffnete sich die Tavernentür und herein schlüpfte ein Junge mit strohblondem Schopf und dicken Sommersprossen auf der Nase. Er überbrachte Lydia ein Dokument, dessen Siegel schon erbrochen war und auf dessen Umschlag eine schnell hingekritzelte Nachricht des Hetmanns zu sehen war. Nur mit Mühe konnte Lydia die Worte entziffern, entschied sich aber dann dafür, dass es so ähnlich hieß wie „Schneel lesen und weitterlaiden!“
Grinsend öffnete sie die Nachricht und überflog sie rasch. Dann brach sie in schallendes Gelächter aus und überreichte mit Tränen in den Augen das Dokument an den Wanderer.
„Lies dir das mal durch. Da ist von einem Vertrag die Rede. Herrlich! Wer sich so was ausdenkt, hat nicht nur die Hosen voll, der muss auch noch vor Verzweiflung völlig umnachet sein. Aber wen wundert's? Wenns unten davon läuft, dann trocknets oben eben aus. Und dabei soll der Verfasser einmal einer der Genialsten gewesen sein, erzählt man sich. Muss weit vor meiner Zeit gewesen sein. Naja, die Zeiten ändern sich schneller als man denkt manchmal, gell...
Wobei es tatsächlich Leute gibt, immer noch dran glauben.“ Sie schielte amüsiert auf den dunklen Fleck der sich auf Siskos Beinkleid ausgebreitet hatte. „Besonders eine Stelle ist sehr bezeichnend dafür.“
Sie tippte mit dem Finger auf einen der Sätze, in dem etwas von Bedingungen für den Wiederaufbau stand und brach schon wieder in Lachen aus, das sie nur so schüttelte. Die Badefrau konnte sich gar nicht mehr beruhigen. Immer wieder wurde sie von neuen Heiterkeitsausbrüchen heimgesucht.
Schließlich nahm sie wieder ihr Handarbeit auf und versuchte mit zitternden Fingern die Maschen aufzunehmen, die heruntergefallen waren. Es waren einfach zu viele und so recht wollte es ihr nicht gelingen, so dass eine merkwürdige Beule in dem Gewebe entstand.
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