Weit war der Söldner nicht gerade gekommen, als er ein wenig schlagartig feststellen mußte, dass er sich tatsächlich nicht geirrt hatte, und noch jemand außer ihm und den ganzen Leichen in der zerstörten Feste war...
Einige Schritte war er aus dem Torhaus herausstolziert, als vieles aufeinmal geschah.. Zum einem flog wie aus dem Nichts ein brennender, länglicher Gegenstand durch sein äußerstes Blickfeld.. Wie konnte der Söldner auch wissen dass es sich lediglich um eine Fackel handelte, in diesem seltsamen Land war sogar der Dünnschiss magisch verkorkst, wie er einst, bei seinem letzten Ausflug stets behauptet hatte, und daran glaubte er auch heute noch...
Auf dem Absatz und ohne lange nachzudenken wirbelte er also mit gezücktem Schwert herum, bereit sich einer Armee aus brennenden Holzstücken zu stellen...
Und in genau just diesem Moment geschah es.. Ein dunkler, riesiger Schatten sprang auf ihn zu, Stahl blitzte auf, und eine mächtige Axt schoß genau auf den Kopf des Söldners zu.. Bei Fortuna, er hatte nichteinmal mehr genug Zeit um sich über Fortuna, seine Schutzgöttin, über diese Nachlässigkeit zu ärgern, geschweige denn auszuweichen, oder mit seinem Schwert den Hieb abzuwehren!
Lediglich für zwei Handlungen war der Söldner fähig.. Er hatte sich einst geschworen, mit seinem spöttisch-berüchtigtem-nerventötendem Lächeln auf den Lippen zu sterben, also setzte er dieses bekannte und wohl auch gehasste Lächeln auf, und rieß zeitgleich sein Schwert hoch, in dem verzweifelten und wohl auch vergeblichem Versuch die auf sich zurasende Axt abzuwehren..
Hätte er wenigstens nach hinten zurückweichen können! Er war schon aus wesentlich rasanteren Lagen mithilfe von einer gehörigen Portion Glück und der ihm angeborenen Mischung aus Wahnsinn und Wagemut entkommen, doch dieses Mal.. Die Wand am Rücken, die auf sich zurasende Axt, deren Besitzer und zukünftiger Söldner-Mörder wohl hinter der Ecke gelauert haben mußte, der feige Hund.. Es deutete alles darauf hin, als wäre dass das Ende von Mercenary dem Söldner!
Doch nein, die Axt wurde hochgerissen, und wenige Fingerbreit über seinem prachtvollen Söldner Haarschopf schlug sie in die Wand ein, dass die Mauerbröckel nur so umherflogen..
Hah, hatte Fortuna ihn doch nicht verlaßen! Seine herzallerliebste Schutzgöttin hatte dem Angreifer wohl Hand und Auge vernebelt, sodass der wirklich außerordentlich wertvolle Söldnerkopf blieb wo er war, nämlich da wo er hingehörte, auf dem Rumpf des genauso wertvollen Söldnerkörpers!
Das spöttische, freche Lächeln wurde grimmig, und während er seinen Gegner anstarrte, ohne diesen wahrzunehmen, wollte er schon sein Schwert vorreissen, um es diesem in sein erschrocken starrendes Nordmanngesicht zu rammen, die rotblonden, langen, wallenden Haare mit dessem Blut zu besudeln, genauso wie den muskelstarrenden Oberkörper, um diese unbeschreibliche Schandtat, einen hinterrücksen Angriff auf Mercenary den Einzigartigen, Mercenary den Söldner, Bezwinger der Seeungeheuer des Fischerfestes, zu rächen..
Moment mal.. Dümmlich starrender, hochgewachsener Nordmann, der mehr Änhlichkeit mit einem Bären als Mensch hatte, wallend, rötliche Haare.. Kjaskar?? Kjaskar!
„Bei Swafnir! Weißt du, dass ich dich beinahe gerade zu deinen Ahnen geschickt hätte? Was um alles in der Welt machst denn du hier?!“
Natürlich.. Normalerweise hätte er diesen Läusebart, wie er ihn seit ihrer ersten Begegnung, die nun schon viele Jahre zurücklag genannt hatte, sofort erkannt.. Damals, bei ihrer ersten Begegnung, hatte er genau wie heute auch, seine Zunge nicht in Zaum halten können, und nach einigen ausgiebigen ausgetauschten verbalen Liebeleien, hatten die beiden aufeinandereingedroschen, und Merc seine erste Lektion im Umgang mit Thorwalern gelernt, und zwar dass deren Hetmänner nicht nur aussahen wie Bären, nein, sondern dass sie auch genauso viel Kraft hatten! Das Ende der Geschichte war, dass beide ziemlich übel zugerichtete, und Merc nach gegenseitigem Schulterklopfen beschloßen hatte, dass Kjaskar zwar ein stinkender Thorwaler-Läusebart, aber dennoch ein ganz netter Kerl war...
Auch wenn ihn dieser Nordmann soeben fast geköpft hätte, freute er sich dennoch in Wiederzusehen.. Sollte man bei einem Mann wie Mercenary das Wort Freundschaft überhaupt verwenden können, dann zählte dieser Nordmann doch zu den wenigen Kriegern des ehemals großen Reiches, die sich zu dieser Gruppe zählen konnte, deren Eintritt beliebig und oft auch unfreiwillig, aber dennoch, zumindest in den Augen des Söldners, heiß umkämpft war, die verheißungsvolle Gruppe der "Söldner Merc-Kumpanen"!
Das grimmige Lächeln wandelte sich wieder in das altbekannt-spöttische um, während der Söldner sein Schwert sinken ließ..
"Und so begrüßt du also einen altgedienten Gefährten, alter Läusebart, der dir sicher schon mehr als einmal den Arsch gerettet hat?! Was meinst du wie traurig und empört die Damenwelt dieser Erdplatte gewesen wäre, wenn du einen gewissen Söldner geköpft hättest?!" lachte er dem Nordmann entgegen..
"Bei Kor, was ich hier mache?! Wohl genau das Gleiche wie du auch.. Bin wieder mal dem verdammten Portal in die Fänge geraten, du weißt ja wie dass ist.. Du weißt ganz genau, wenn du durch diese Hexerei-Leuchtplatte da springst, warten unzählige Gefahren, ein Haufen stinkende Monster, seltsame Gimli-Viecher oder wie die auch immer hießen, und ein Portal auf dich, dessen einziges Ziel es ist, dich mit ihrer untergehenden Welt zu belästigen.. Doch trotzdem bist du ohne lange nachzudenken dabei... Das harte Los der rechtschaffenden, ehrevollen Helden unserer Zeit eben!"
Ein breites, amüsiertes Grinsen folgte diesen Wort, doch dann wurde die Miene des Söldners ungewohnt ernst, während er den altbekannten Nordmann musterte..
"Doch erzähl, wie ist es dir ergangen, seit du unsere Siedlung verlaßen hast?! Man hört ja allerlei Geschichten, über die.. Gastfreundschaft der neuen Zeit, vorallem in Rom, gegenüber Nordmännern! Ich war auch bis vor kurzem, und zwar bis diese verdammte Leuchtscheibe mich wieder eingeholt hat, in der Hauptstadt, doch viel von den Umständen habe ich nicht gerade mitbekommen hatte.. andere Dinge zu erledigen.."
Verhältnismäßig lang, nämlich genau bis zu den letzten fünf Worten war die Stimme des Söldners ernst geblieben, dann schlich sich ein etwas spitzbübischer Unterton in seine Stimme..
Doch es schien so, als sollte den Beiden ihre Wiedersehensfreude nicht gerade vergönnt sein.. Eine Stimme drang undeutlich und unverständlich an das Ohr des Söldners.. Sie kam von hinten, und schnell reagierte Kjaskar, indem er sich erneut an die Stelle drückte, wo er auch dem Söldner fast erfolgreich aufgelauert hatte..
Doch diesmal blieb der Söldner nicht einfach nur spöttisch grinsend stehen, nein, auch er wich zurück, das Kopfnicken des Thorwalers wäre gar nicht nötig gewesen, mit einigen schnellen Schritten war der Söldner wieder im Torhaus untergetaucht, erneut gegen die Wand gedrückt, das Schwert kampfbereit, immer noch, vor sich, bereit sich allen zu stellen, sei es nun eine Armee der Fackeln, ein weiterer alter Freund der ihn köpfen wollte, oder gar das Portal, dass gekommen war um den wohl ohne Zweifel in ihren Augen unliebsamen Söldner den Garaus zu machen..
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