Beitrag #6
Glob hätte die Kriegerin auch an ihrer Hand erkannt, als er dann jedoch ihre gar engelsgleiche Stimme vernahm, war er sich seiner absolut sicher. „Mara, schönste alla Amazonän!“, hauchte Glob und nahm unter mehreren Verbeugungen den Becher Met von ihr entgegen, als wäre es der wertvollste Schatz der Welt. Dann ließ er sich genüßlich die Essensreste entfernen. Wären sie nun bei ihm zu Hause im Gnomlingsdorf gewesen, hätte der Knirps vermutlich behaglich geschnurrt. Hier in der Fremde wollte er sich diese Blöße jedoch vorerst nicht geben. Inzwischen pflückte Mara lächelnd weiter die Krümel von Globs Körper und strich kurz über die Oberfläche der Theke, um sie auf dem Boden verschwinden zu lassen.
Als die Amazone fertig war, räusperte sich Glob kurz. Es wurde Zeit, seine zukünftige Frau weiter nach altem Gnomlingsbrauche zu umwerben. Also griff er in einen kleinen Beutel, den er an der Hüfte trug. „Schönstä alla Amazonän, Glob haben dia Geschänk mitgebracht!“, verkündete der Gnomling lauthals und wühlte mit konzentriertem Gesicht in dem Beutel herum. „Maine Prinzässin kuarz warten, Glob es gleich haben...“, murmelte der Knirps und suchte weiter.
Des Gnomlings Stimme und vor allem die Freude über das Wiedersehen, die in ihr mitschwang, brachten Mara leicht zum Erschauern und ließ sie in Gedanken zurückdriften in die Zeit, da sie bei den Thorwalern weilte und dort zum ersten Male seinen Gesang vernommen und dem Zauber der Musik seines Volkes begegnet war. Seine Schmeicheleien, mit welchen er sie seine Amazonenkönigin nannte, rührten ihr Herz und sie senkte ihren Blick und sah ihn unter ihren langen Wimpern hindurch an.Es war ihr ein wenig unangenehm, so genannt zu werden, wenn auch sie wusste, dass er ihr nur schmeicheln wollte - aber die Königin der Amazonen war nicht zu unterschätzen, wer wusste schon, was sie sagen würde, wenn ein Mann mit solchen Worten um ein kleines unwichtiges Lehrmädchen wie sie warb. Mit den Fingern strich sie gedankenverloren über den hölzernen Untergrund, auf dem der Gnomling saß und verfolgte gespannt und neugierig, was er denn suchen mochte.
Verzweifelt wühlte Glob weiter in dem Sack herum. Warum konnte er das wertvolle Kleinod denn nun nicht finden? Der alte Gork, seines Zeichens mächtiger Gnomlingslizensiat hatte ihm den Beutel doch extra mitgegeben und versprochen, er würde alles ihn ihm finden, was er auf seiner Reise benötigen würde. Aber der Alte hatte doch noch etwas gesagt... Richtig, Glob mußte die Zauberformel sprechen und an den Gegenstand denken, den er aus dem Beutel benötigte.
„Pip ala Bü!”, rief Glob freudig aus und zog keine Sekunde spatter seine geschlossene Hand wieder aus dem Beutel heraus. Mit zitternden Fingern lies er sich auf der Theke vor Mara auf ein Knie fallen und hielt ihr seine Faust entgegen. „Glob dia dies mitgebracht haben. Das sain Geschänk füa dich!“, wisperte der Gnomling und öffnete seine Hand. Auf seiner Handfläche lag ein fein gearbeiteter Ring aus einem dünnen Wurzelgespinst. Dank eines einfach Zauberspruches war das Kleinod hart wie Stahl und würde nie verwelken. Genau in der Mitte des Ringes konnte man die Umrisse eines Wolfskopfes erkennen. Den Atem anhaltend wartete Glob auf die Reaktion seiner angebeteten Amazone...
Zutiefst gerührt, schlug Mara die Hände vor den Mund, als sie das Kleinod dort auf seiner Handfläche liegen sah, seine Stimme wie ein Flüstern, als er es ihr darbot.
Ihr Blick wanderte hin und her zwischen dem Ring und seinen Augen, die zu befürchten schienen, dass ihr sein Geschenk womöglich nicht gefiele.
„Oh Glob! Wie wunderschön! Ich weiß gar nicht... er ist... er ist doch nicht für mich oder?"
Etwas unsicher wischte sie sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
"Wenn du mir etwas schenken wolltest... ein weiteres Lied hätte vollkommen gereicht... „ Vorsichtig nahm sie das Kleinod in die Hand und betrachtete es. Sie traute sich nicht, den Ring umzustreifen. Es wäre nicht richtig gewesen...
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