Beitrag #1
Abgesang
Regen plätscherte auf die mit Kopfsteinen gepflasterten Straßen Roms, sammelte sich in den Rinnen zu kleinen Sturzbächen und ließ sie bergab in Richtung des Tibers rauschen. Ganz Rom schien in Wasser getaucht zu sein. Tiefhängende Wolken, welche die Stadt selbst gegen die Mittagsstunde dunkel wirken ließ und ein rauer Wind, der den Regen gegen die Bäume, Häuser und den wenigen Menschen auf den Straßen peitschte, ließ jeden vernünftigen Menschen in ein Haus flüchten. Trotzdem konnte Babe, Kriegerin aus Silva Romae, noch einige Bettler, Frauen und verwahrloste Kinder sich in Hauseingänge drücken sehen, in der Hoffnung, so dem unerbittlichem Wetter trotzen zu können. Doch auch sie selbst eilte sich, um ihrem Ziel näher zu kommen und trieb deshalb Rhe, ihren schwarzen Hengst an. Dieser fiel in einen leichten Galopp, der das Wasser zu seinen Hufen aufspritzen ließ, während Babe tief über den Hals gebeugt ihn um die Ecke auf einen der vielen Plätzen Roms lenkte.
Am anderen Ende des kreisrunden Platzes, der von einfachen und niedrigen Häusern gesäumt wurde, zügelte die Kriegerin das Pferd. Ein Bursche, nicht älter als 15 Jahre sprang aus einem Stalleingang hervor und auf sie zu.
„Marcus.“ Die Kriegerin hob trotz des Regens ihren Kopf nickte dem Burschen zu. „Führ ihn in den Stall und reibe ihn trocken.“
„Ja Herrin.“ Der Junge, klein und schmächtig und in ärmlicher Hose und Hemd gekleidet, nahm den Hengst an die Zügel. Die Kriegerin selbst sprang vom Pferd, löste ein Bündel von dem Sattel und klopfte dem Pferd an die Kruppe. „Drei Dinarii, wenn du ihn mit dem Besten, was du hast, fütterst.“
„Ja Herrin.“ Über das Gesicht des Stallburschen ging ein Leuchten. „Wir haben heute erst Hafer eingekauft.“
„Um so besser.“ Babe lachte kurz, drehte sich um und ging auf das Haus zu, dessen Front sich von den anderen Häusern durch ein Tavernenschild abhob. Ihr Ordensmantel – ein grauer Umhang aus schwerem Stoff und einer Kapuze – bauschte sich in einer Windböe auf und gab dabei den Blick auf eine dunkle Lederhose und einem Satz überknielange Stiefel frei. Bevor jedoch die nächste Böe ihr auch noch die Kapuze vom Kopf reißen konnte, hatte sie die Tür zum Gasthaus erreicht und öffnete sie.
Wärme und Licht, das von Kerzen und einem Kaminfeuer herrührte, der unnachahmliche Geruch nach altem Bier und Schnaps schlugen ihr entgegen und gaben der Kriegerin das Gefühl, ein altbekanntes Szenario zu betreten. Sie selbst hob die Hand und streifte sich die nasse Kapuze vom Kopf. Eine Fülle ungekämmter, rotbrauner Locken quollen hervor, fielen ihr lang über den Rücken und über ihr Bat`leth, einem halbrundem, grifflosem Schwert.
Ein Mann, der Kleidung nach der Wirt, kam lächelnd auf sie zu. „Ave, Herrin. Kommt herein, ich habe Eure Botschaft erhalten.“
„Ave Owen. Sie müssten bald eintreffen. Je eher bei diesem Wetter, desto besser für uns.“
Der Wirt lachte auf. „Die Götter müssen uns lieben, wenn sie uns den Himmel schicken.“
„In Form von Sonne wäre mir der Himmel lieber,“ gab Babe grinsend zurück, während sie ihr Bat`leth vom Rücken nahm und sich ihren Mantel aufknöpfte. Wasser tropfte von dem Saum und verbündete sich zu ihren Füßen mit der Pfütze, die ihre Stiefel hervorgerufen hatten.
Der Wirt streckte die Hand aus. „Gebt mir Euren Mantel, Herrin, ich hänge ihn an das Feuer, damit er trocknet.“
„Danke.“ Mit diesem einfachen Wort reichte die Kriegerin dem Mann ihren alten Mantel und setzte sich selbst an einen Tisch in der Nähe des Kamins. Ihr Schwert legte sie dabei auf der Bank neben sich ab und nachdem sie einmal zufrieden aufgeseufzt hatte, begann sie sich umzusehen.
Die Taverne gehörte zu einer ihrer ersten Anlaufpunkte in Rom. Sie war einfach, aber sauber, es gab einen Stall für ihr Pferd und man kannte sie. Nur wenig Fremde verirrten sich hierher, da die Taverne am Rand der Armensiedlung von Rom lag. Trotzdem war die Taverne gut besucht und um sie herum saßen Frauen und Männer, die sich entweder ihrem Bier, Wein und Met widmeten oder eines der einfachen Essen verzehrte, die Owen anbot.
Die Kriegerin schob, die Menschen um sie herum musternd, die Ärmel ihres Leinenhemdes zurück und streckte die Füße unter dem Tisch aus. Owen würde ihr bald einen heißen Met bringen, denn er wusste, was sie mochte. Anders dagegen bei den beiden Fremden, die den Schankraum demnächst betreten würde – sofern sie ihrer Beschreibung überhaupt folgen konnten und hierher fanden.
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