RE: Des Predigers Rückkehr
Die Katakomben "Des Gladiators Zuflucht" waren bis zum Bersten mit den dort Anwesenden gefüllt, die Gäste behalfen sich selbst bei Getränken, Amanda und Klaudia konnten den Bestellungen und Wünschen mitnichten nachkommen. Die Stimmung war gedrückt. Das Kolloseum, der Gladiatoren wahre Heimat, in Trümmern, durch ein Erdbeben fast zur Gänze zerstört. Das Glück im Unglück: Es war wohl niemand durch das in der Nacht erfolgte Beben zu Schaden gekommen, nicht auszudenken, wieviele Leben das Beben bei einer bis zum letzten Platz gefüllten Arena während einer der Veranstaltungen gefordert hätte. Doch manch einer der anwesenden Gladiatoren war der Ansicht, diesen Preis zu zahlen wäre es mehr als wert gewesen, hätte das Beben den Imperator unter seiner Loge begraben...
Gerüchte behaupteten, ein Opfer habe das Beben sehr wohl gefordert. Der Prediger sei nun unter den Trümmern begraben, an jenem Orte, an dem er seine grössten Triumphe gefeiert hatte. Doch es gab niemanden unter den Anwesenden, der Genaueres hätte berichten können. Ungewissheit zerrte an ihren Nerven, nagte an ihrer Zuversicht. Blicke wanderten oft zum Eingang, hoffend, dass durch diesen, lässig seine Keule tragend, der Prediger diese Gerüchte Hohn strafen würde...
Stille breitete sich aus, vom Eingang der Taverne her kommend. Durch diesen kam... der Nubier. Bleich wie der Tod, dieser wirkte um Jahre gealtert, das Grauen spiegelte sich in dessen Augen. Mechanisch ergriffen seine Hände den Krug, den ihm Amanda zitternd reichte, leerte diesen in einem Zug. Er, der Nubier, der noch niemals eines jener Getränke, die der Wirt Dimitrios hier auszuschenken pflegte, angerührt hatte! Die Anwesenden bestürmten ihn mit zahlreichen Fragen, der Nubier erhob seine Hand, die Anwesenden verstummten...
"Der Prediger weilt nicht mehr unter uns. Er starb im Kollosseum, in seinem letzten Kampf. Im Nebel. Gegen Gegner, die mir wie Geister erschienen, in Anwesenheit von Zuschauern auf den Rängen, die nur schemenhafte Gestalten im Nebel waren. Viele seiner Gegner streckte er nieder, doch zahlreich waren diese, ohne Furcht, wie auch er keine Angst kannte. Ich sah, nachdem er gefallen war, in seine leblosen Augen." Der Nubier musterte die Anwesenden, fuhr fort: "Glaubt mir, sie zeigten nicht anderes als absolute Glückseligkeit, ich hob seinen Leichnam an, der mir leicht wie eine Taubenfeder erschien, wollte ihn hier an diesen Orte bringen, damit ihr Abschied nehmen könnt, das Glück in seinen Augen ebenfalls seht!"
Der Nubier fing an zu zittern: "Doch es kam anders... kaum hatte ich ihn den Armen, erklangen die Stimmen. Kindlich. Voller Boshaftigkeit. Triefend mit Hohn. Lockten Eklig. Klebrig. Süsslich. Grausam. Traurig. Und eine kräftigere Stimme in diesem Choral forderte mich auf, zu ihr zu kommen. Alles in mir streubte sich, doch ich konnte nicht widerstehen, kämpfte mit aller Kraft- doch vergebens..." Ein weiterer Krug mit Dimitrios stärkstem Getränk wurde vom Nubier geistesabwesend geleert. "Ich wandelte im Untergrund Roms, tiefer und tiefer. Sah Kinder, Kinder mit Hass in den Augen, boshaft lächelnd, Hohn und Spott auf den Lippen. Sah jene, die mich lockte, in ihrem Netz... NeinNeinNein... kann sie nicht beschreiben, will sie nicht beschreiben, will den Anblick vergessen... des Predigers Leichnam gab mir Schutz, war wie ein Schild, doch ich konnte nur in eine Richtung weiter... weiter in die Tiefe... immer weiter. Wesen sah ich dort, sie gruben in die Tiefe, einst waren sie vielleicht Menschen, doch hatten nichts mehr mit Menschen gemein... grausame Stimmen heulten im Sturm, der mir dsas Fleisch von den Knochen zerrte... ich verlor jegliche Orientierung, wusste nur eines... ich muss weiter, immer weiter, in die Tiefe..."
Die Anwesenden hingen wie gebannt an des Nubiers Lippen, der leise flüsternd fortfuhr: "Ich weiss nicht, wie tief ich hinabgestiegen bin. Gelangte an einen Ort unendlicher Weite. Unermesslicher Tiefe. Ein Ort, der schwer zu atmen schien. Eine Stimme sprach zu mir, dröhnend und flüsternd zugleich, hallte in mir wider Sieh diese Gruft. Dort lege den Leichnam ab. Es wird der Tag kommen, an dem Rom sich seiner wahren Werte erinnert. An diesem Tag wird er wiederauferstehen. Doch bis zu jenem Tage wird Rom erbeben...unter den Apokalypsen, bis jene, die über Rom herrschen, begriffen haben, was das wahre Rom war, ist und immer sein wird!. Ich legte des Predigers sterbliche Hülle ab, wie ich zurück an die Oberfläche gelangte, weiss ich nicht mehr, will ich mich auch nicht erinnern..."
Eine kahlköpfige Gladiatorin namens Sheeba räusperte sich: "Der Prediger liegt nun aufgebahrt in irgendeiner Gruft in den Tiefen von Roms Katakomben, seine Keule haltend?". Der Nubier sah diese ruhig an, mit der Gelassenheit eines Menschen, den nichts mehr erschüttern konnte: "Der Prediger hat seine Keule vor seinem Tode an den Schmied- und Gladiator- Eusebius übergeben und diesen damit zu seinem Nachfolger bestimmt!" Sheebas Blicke verrieten Ungläubigkeit: "Bitte... WAS? Der Kerl ist doch ein Scherge des Imperators, ein Speichellecker in dessen Diensten!"
Eine sardonisch klingende Stimme erklang: "Wohl eher ein Speichellecker in des Imperators Diensten, wie das meiner einer ist. Der Nubier ist Zeuge, und ich war es auch. Der Prediger ernannte Eusebius zu seinem Nachfolger. Warum lasst ihr euch nicht mal überraschen? Ich glaube, ihr werdet Eusebius wohl kaum als willfährige Marionette des Imperators erleben!"
Die versammelten Gladiatoren wechselten erstaunte Blicke. Der Sprecher war ihnen als einer der ihrigen wohlbekannt, und keine nach des Imperators Einflüsterungen tanzende Puppe, obwohl in dessen Diensten. Dessen Worte weckten Hoffnung...
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