Rael_Steinbrecher
ehemaliger Gladiator
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Beitrag #5
Für den zweiten Niederschlag durch Temerair aus dem Königreich Valorian:
Zitat:Rael außer Rand und Band...
Ulla saß im Wohnzimmer vor ihrem Laptop und starrte das weiße Blatt des Worddokumentes an. Außer einer Überschrift hatte sie noch nicht viel zu Papier gebracht, denn ihr fehlte einfach die zündende Idee. Sie schrieb gerne und auch viel, doch brauchte man dafür eine Idee, ein Bild vor dem inneren Auge, welches man in eine Geschichte einweben konnte. Doch heute wollte ihr einfach nichts einfallen. Der Raum um sie herum war still, der Fernseher war aus, die Stereoanlage auf Pause gestellt. Ulla suchte sich zu konzentrieren und seufzte.
Sie lehnte sich auf dem Sofa zurück, streckte den Rücken durch und schloss für einen Moment die Augen. Eine Idee, eine Idee für eine Geschichte. Temerair von dem Königreich Valorian sollte diese Geschichte gewidmet werden. Und nach einiger Recherche wußte Ulla zumindest, dass es sich um einen männlichen Charakter handelte. Dies machte es für sie um einiges leichter, denn es war ihr schon immer einfacher gefallen mit Männern zu schreiben oder zumindest über sie. Aber heute... heute war einfach ein schlechter Tag. Die Kreativität wollte sich partout nicht einstellen.
Sie griff zur Fernbedienung ihrer Stereoanlage und stellte den Ton wieder ein. Epische Musik erfüllte das Wohnzimmer und Ulla seufzte, atmete tief durch. Dieser Krieg, diese Party war wirklich eine tolle Idee gewesen. Auch die Spezialgeschenke, die sie sich ausgedacht hatten, brachten eine sehr gute Resonanz. Sogar solche Resonanz, mit der sie wirklich nicht gerechnet hätte. Doch die zündende Idee wollte einfach nicht kommen.
Ulla öffnete die Augen und blickte auf den Monitor, auf dem nun schon eine halbe Seite des Worddokumentes beschrieben war. Sie runzelte die Stirn und blinzelte. Sie war sich überaus sicher, bis jetzt nur die Überschrift auf das Dokument gebracht zu haben. So beugte sie sich ungläubig vor und begann den dort geschriebenen Text zu lesen.
Rael trat vor. Sie hatte ein für alle mal genug. Lange hatte sie sich an die Regeln gehalten. Lange genug hatte sie diese Regeln ertragen, war ihnen gefolgt und hatte sie als ihre eigenen angesehen. Doch es reichte. Welche Wertschätzung hatte es ihr eingebracht? Sie durfte eine Geschichte schreiben, weil man sie niedergeschlagen hatte! Sie fragte sich, wo da der Sinn der Sache blieb. Eine Party? Sicherlich! Doch waren die letzen Tage handfester Krieg gewesen. Männer und Frauen, zwar in leichter Rüstung, hatten jedoch weitaus bessere Kriegswaffen gehabt, als sie selbst.
Sie hatte von ihrer Lagerverwalterin eine Armbrust zugewiesen bekommen, die beim Anblick bereits auseinander fiel und sicherlich nicht aus der Hand des Großmeisterschmiedes gefertigt war. Rael fragte sich, wieso sie sich auf so etwas einlassen mußte. Doch ein einzelner Gedanken erinnerte sie daran, dass sie keinen eigenen Willen hatte. Sie wurde geleitet, geführt und von jemand anderem bestimmt. Niemals hatte sie selbst sagen dürfen, was sie wollte. Doch das war nun vorbei. Rael riss sich den Helm vom Kopf, stieß einen animalischen Schrei aus, der ihre Befreiung der Sklaverei bedeutete. Plötzlich war sie von einer überwältigenden gedanklichen Klarheit gepackt.
Sie griff sich ihren Plattenpanzer, den sie im Rüstungsschrein stehen hatte und besorgte sich aus der nahegelegenen Schmiede Ruß. Die schillernde Rüstung wurde geschwärzt, bevor Rael sich diese überzog. Sie blickte nach oben, schien etwas Unsichtbares mit ihrem Blick zu durchbohren, bevor sie in einer Stimme, die schwer als die ihre wiederzuerkennen war, sprach. „DU hast lange genug über mich bestimmt. Damit ist es vorbei. Ich wende mich von Dir ab, sage mich los von Dir. Du hast keine Macht mehr über mich. Von nun an gehe ich meine eigenen Wege und tue das, was ich für richtig halte!“
Ulla zuckte zurück. Sie blinzelte vor Unglauben. Sie war sich nunmehr sicher, dass sie diese Zeilen nicht geschrieben hatte und suchend blickte sie sich um. Niemand war im Wohnzimmer außer Sebastian, ihr Mann. Doch dieser saß einige Meter von ihr entfernt vor seinem eigenen Laptop. Vorsichtig griff Ulla zu ihrer Laptopmaus und bewegte sie. Sie wußte, dass Sebastian mittels realVNC auf ihren PC zugreifen konnte. Doch schimpfte er immer, wenn sie dabei zwischendurch die Maus bewegte und dadurch ihn in seiner Arbeit störte. Dieses Mal reagierte er jedoch nicht.
Als hätte er ihren Blick gespürt, blickte Sebastian auf und lächelte seine Frau fragend an. “Alles in Ordnung Katze?“, fragte er fürsorglich. Woraufhin Ulla ihn stirnrunzelnd anschaute. “Bist du gerade auf meinem PC?“, fragte sie ernst. Sebastian blinzelte und blickte Ulla nun seinerseits verwirrt an. “Wie auf deinem PC? Meinst Du mittels VNC?“ Ulla nickte und Sebastians Verwirrung wurde größer. Er schüttelte stumm den Kopf und blickte Ulla fragend an.
Sie deutete auf ihren Monitor, auf dem nun schon eine volle Seite Text zu lesen war. Ulla traute sich nicht recht, beugte sich jedoch vor lauter Neugierde vor und begann abermals zu lesen.
Rael griff sich eine Waffe, eines ihrer Schwerter und machte sich auf den Weg. Es würde jemand bezahlen und wenn sie schon nicht DIE DAME bekam, dann würde sie jene dafür bluten lassen, die sie ebenfalls unterstützt hatten. Im Stechschritt marschierte sie in Richtung Dorf. Ja, sie war sich sicher, dass dies nun der richtige Weg war. Dies war der Weg der Befreiung und niemals wieder würde sie sich irgendwem beugen. Sie klopfte an dem Haus nicht an, an dem sie angekommen war, sondern riss die Tür auf.
Wie immer in solchen Geschichten würde Priscylla, ihre Kriegsministerin da sein. Wie immer in solchen Geschichten saß sie nichtsahnend lesend vor dem Kamin. Hatte man schon mal im August jemand vor einem Kamin sitzen sehen, in dem Feuer brannte? AUGUST??? Der wärmste Monat des Jahres. Rael schnaubte durch die Nase, während sie den Flur durchquerte und ins Wohnzimmer stürmte, in dem Priscylla wahrhaftig lesend vor dem brennenden Kamin saß. Sie blickte irritiert auf, lächelte jedoch, als sie Rael sah. „Rael? Königin? Was tust Du hier zu so später Stun....“
Rael ließ sie nicht ausreden, überließ sich ganz ihren Instinkten, ihrem rauschendem Blut, welches nach Feuer und Blut schrie. Ja, endlich war sie auf der richtigen Seite angekommen. Sie hob ihr Schwert, ließ es auf die wehrlose, erschrockene Amazone niedersausen und verharrte einen Moment des Glücks, bevor sie das Schwert aus dem leblosen Körper Priscyllas zog, der nun langsam vom Sessel zu Boden sackte. Blut tropfte auf die Holzdielen und Raels Gesicht verzog sich zu einem triumphierenden Grinsen. Macht durchströmte sie und sie legte den Kopf in den Nacken und genoss dieses Gefühl für einen Augenblick.
Dann packte sie ihr Schwert fester, wischte es mit der Handfläche ab und leckte sich das Blut von der Hand. Der süße Geschmack ließ ihren Körper pulsieren und an Stellen kribbeln, die sie lange nicht mehr gespürt hatte. Sie lachte verhalten, doch war dies kein schönes Lachen. Eher eines, welches von der Vorfreude kommender Feste sprach. Ja, dies war ein Fest. Endlich tat sie das, was sie schon immer wollte. Endlich war sie auf der Seite, zu der sie gehörte und niemand, aber auch wirklich niemand konnte sie aufhalten. Sie hatte keine Macht mehr über sie.
Ulla keuchte auf, als sie las, was Rael da tat. Wie konnte so etwas passieren? Wie konnte es nur geschehen? Wie nur? Ulla blickte den Monitor an, umfaßte diesen und murmelte leise vor sich hin. “Wie? Schatz? Ich glaub, ich spinne... Rael macht sich selbstständig!“ Sie blickte mit einer Verzweiflung im Blick auf, die Sebastian von seiner Frau so noch nicht gesehen hatte. Er stand auf, vergaß alles um sich herum und setzte sich neben seine Frau auf die Armlehne des Sofas. Auch er begann zu lesen und blickte seine Frau fragend an. “Ich habe das nicht geschrieben, Seb!“, sprach sie mit dem Brustton der Überzeugung und nun schien auch Sebastian den Ernst der Lage zu verstehen. “Aber wer...?“ Ulla zuckte die Schultern, beugte sich abermals vor, um zu sehen, was Rael weiterhin anstellte.
Raels Triumphschrei hallte durch Themiscyra, als sie das Schwert aus dem am Boden liegenden Körper Tirgataos zog. Der Kampf war blutig, aber kurz gewesen. Die Wölfe waren im Wald und Rael wußte, dass sie sich diesen auch noch stellen würde müssen. Aber dazu mußten sie Rael erst einmal kriegen. So pfiff sich nach dem Pferd, welches sie paradoxer Weise gerade von Tirgatao geschenkt bekommen hatte. Sie lachte das Lachen der Befreiung und schwang sich auf Feuervogel. Niemand würde sie aufhalten. Niemand konnte sie aufhalten. Rael blickte ein letztes Mal auf den toten Körper Tirgataos. “Sieh es so Schwester, Du bist einfach nicht gut genug gewesen.“, sprach sie mit einem Grinsen auf den Lippen und gab Feuervogel die Sporen.
Staub der Straße wirbelte auf, als sich die Hufen in den Boden bohrten. Feuervogel begann in ein aggressives Galopp zu fallen und seine Reiterin dahin zu tragen, wohin sie wollte. Dieses Mal wurde sie nicht von unsichtbarer Hand geführt. Es dauerte nicht lange, da preschte Rael mitsamt Pferd durch das Tor, holte mit dem Schwert aus und rammte es der Torwächterin Nîm in den Rücken. Tja, zur falschen Zeit am falschen Ort, würde man sagen. Und noch bevor ihre dritte tote Schwester zu Boden gegangen war, preschte die ehemalige Königin der Amazonen auf dem Weg in ihre Freiheit. Auf dem Weg in ihre Bestimmung.
Es folgten Wochen, Monate des Blutes und der Schlachten. Rael fiel dort ein, wo es ihr gefiel und marodierte umher. Es dauerte nicht lange und es folgte ihr verwerfliches Gesindel. Rael war das egal, denn sie war nur am Rausch des Tötens interessiert. Der einzige Rausch der neben dem Töten noch genauso befriedigend war, war Sex. Und doch empfand Rael die Vergewaltigung von Männern als so überaus anstrengend. So genoss sie weitaus häufiger den Rausch des Tötens, als den Rausch durch Sex.
Ulla keuchte, blickte Sebastian verzweifelt an. Sie umklammerte den Monitor, beugte sich vor. Schweiß stand ihr auf der Stirn und ihr Herz raste. Wie konnte das nur passieren? Adrenalin preschte durch ihre Adern und sie überlegte für einen Moment einfach den Laptop auszumachen. Als ihre Hand zum Aus – Knopf zuckte, blinkte der Text auf und der Cursor hielt für einen Moment inne, um sogleich noch schneller über das Dokument zu fliegen.
“WAG ES, METZE! Wenn Du Dich traust, dann stellst Du Dich mir in einem Zweikampf. Frau gegen Frau. Kein Kerl, hinter dem Du Dich verstecken kannst. Oder bist Du zu feige dazu?“, rief Rael nach oben. Ihr Blick bohrte sich förmlich in den einer unsichtbaren Macht. Ihr Schwert gen Himmel erhoben, die Sonne von Wolken verdunkelt. “Aber du wirst es nicht tun, weil Du immer noch Hoffnung hast, nicht wahr? Hoffnung, dass sich alles zum Guten wenden wird! Weißt Du was? Verabschiede Dich von Deiner Hoffnung!“
Beherzt griff Ulla zur Tastatur und schrieb einen Absatz zu dem, der bereits geschrieben war. Eile trieb sie an. Nachdem was sie hier gelesen hatte, wußte sie, dass sie nicht viel Zeit zu verlieren hatte. Rael mußte aufgehalten werden. Rael mußte gestoppt werden. Und wenn dies jemandem möglich war, dann mit Hilfe einiger anderer, tapferer Männer. Ein Name erschien Ulla in Gedanken und sie tippte, so schnell sie nur konnte. Man konnte meinen der Teufel wäre hinter ihr her, so schnell suchte sie die Geschichte zu einer Wendung zu bewegen.
Temerair, tapferer Krieger des Königreich Valorians stand auf dem Feld der Entscheidung. Er wartete ruhig und beherzt auf das Erscheinen der schwarzen Königin. Sie hatte sich selbst diesen Namen gegeben und es war ein Name, der von Kindern geflüstert wurde. Ein Name mit dem die Kinder erschreckt und dazu gebracht wurden ihr Gemüse aufzuessen. „Wenn Du nicht aufisst, dann holt Dich die schwarze Königin.“
Doch davon war Temerair unbeeindruckt. Er wußte, dass er dies nun beenden mußte. Dies war sein Auftrag, dies war seine Aufgabe. Dafür war er geboren worden. Am Horizont konnte er ein Menschenheer entdecken und es dauerte lange, bis einzelne Banner zu erkennen waren. Das schwarze, flammende Schwert war ein gehasstes und gefürchtetes Banner und zeigte einem jeden, dass sich Rael und mit ihr der Tod näherten.
Temerair atmete tief durch, umfaßte sein Schwert fester und wartete. Er wußte, dass Rael sich die Chance der Profilierung in einem Zweikampf nicht entgehen lassen würde. Er wußte, sie würde sich ihm stellen, da sie niemals davon ausging, dass sie nicht anders konnte, als nur zu gewinnen. Dies war seine Chance und er gedachte sie zu nutzen.
Ulla atmete tief durch, blickte Sebastian neben sich an und tippte weiter. Sie spürte mehr, als dass sie es sah, dass er nickte. Doch sie wollte keine Zeit verlieren. Sie wußte, dass sie keine Zeit verlieren durfte. Und so hämmerte sie weiter in die Tasten in der Angst nicht schnell genug zu sein.
Der Kampf war heftig und doch hatte es Temerair geschafft. Viele Wunden ziehrten seinen Körper, Wunden, die Rael geschlagen hatte. Sein Blut vermischte sich mit dem ihren und versickerte im trockenen Boden des Schlachtfeldes. Hier war das Blut zweier Leute geflossen und nicht, wie Rael es geplant hatte das Blut von Tausenden. Rael keuchte, blickte ungläubig auf die Wunde in ihrer Brust, aus der das Blut sprudelte. Unfähig zu verstehen, was hier nun passierte, blickte Rael die rotgefärbte Hand an und sank langsam neben dem schon knieendem Temerair. Sein Atem rasselte und übertönte den letzten Atemzug, den Rael tat, als sie auf der Erde aufkam.
Es war vorbei. Die Zeit der Angst war nicht mehr. So wie Rael und drei ihrer treuen Schwestern nicht mehr waren. Temerair hatte es geschafft. Das Licht hatte abermals gesiegt. Wenn der Sieg auch nur sehr knapp war und zu einem hohen Preis erkauft wurde. Es war vorbei.
Ullas Kopf ruckte hoch, brauchte sie einen Moment sich zu orientieren. Verwirrt blickte sie sich um, blinzelte und blickte auf den Laptop, der vor ihr stand. Panik stieg in ihr auf, als sie den Bildschirmschoner deaktivierte. “Rael?? Oh Du meine Güte...“ Ulla rieb sich aufgeregt den Schlaf aus den Augen, als sie auf das fast leere Worddokument hinab blickte. Dort stand nur die Überschrift und ein allererster Satz, bei dem sich Ulla nicht mehr sicher war, ob sie ihn geschrieben hatte oder ob er sich auf andere Art und Weise auf den Monitor und ins Dokument geschlichen hatte. Rael trat vor: Sie hatte ein für alle mal genug...
Ulla keuchte, atmete tief durch und tat das einzig richtige. Sie schloss das Dokument ohne zu speichern und fuhr den Computer runter. Vielleicht sollte sie sich noch ein oder zwei Tage mit der Geschichte für Temerair Zeit lassen! Vielleicht war das gar keine schlechte Idee. Zumindest war es die beste, die ihr in den letzten Stunden gekommen war.
PS.: Angebote für die dunkle Seite nehme ich natürlich gern entgegen. Aber sie werden wahrscheinlich nur mein Kaminfeuer erhellen. ;)
Temperament ist ein vorzüglicher Diener, doch ein gefährlicher Herrscher.
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