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Mit dem Rücken zur Wand (Priscylla)
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Mit dem Rücken zur Wand (Priscylla)
Mit dem Rücken zur Wand

Die junge Frau steht auf einer breiten Straße. Sie sieht sich um und blickt zum Himmel, der von einem unwirklichen Orange ist, gräulich und dumpf. Das gefärbte Licht taucht die Straße in eine seltsame Atmosphäre. Der Blick der Frau mustert die Häuser, die die Straße säumten: prachtvolle Anwesen und Villen. In keinem Fenster sieht sie eine Regung, ebenso wenig wie auf der Straße: Niemand außer ihr hält sich dort auf.

Dann, als bemerke sie es erst jetzt, schaut sie an sich herab, sieht auf das Kind, das sie in den Armen hält. Es ist wenige Tage jung und in ein Leinentuch gewickelt. Sein Blick ist ängstlich und seine Händchen recken sich nach oben. Sie hält vorsichtig einen Finger an die Hände des Kindes, welches ihn umgreift und zu sich zieht. Aus großen Augen sieht das Kind sie an, sie lächelt leicht. Der zahnlose Mund des Babys formt sich ebenfalls zu einem Lächeln. Die kleinen Finger tasten sich an dem großen entlang.

Die Frau beschleicht das Gefühl beobachtet zu werden und sieht langsam auf, schaut sich unsicher um. Dann entdeckt sie die schwarze Großkatze, die auf einem der Dächer steht. Als die Blicke von Frau und Panther sich treffen, beginnt die Katze mit dem Abstieg vom First. Das Muskelspiel zeichnet sich geschmeidig unter dem schwarzen Fell ab. Ohne inne zu halten springt die Katze elegant vom Dach und geht langsam auf die Frau und das Kind zu.

Schützend hat die Frau das Kind an sich gedrückt, ihre Hände und Arme verdecken fast seinen gesamten Körper. Langsam weicht sie zurück, einen Schritt um den nächsten, rückwärts, ihren Blick stetig auf die Katze gerichtet und gefüllt mit Angst. Die Katze geht gemächlich und voll der ihr eigenen Eleganz auf die Frau zu, kommt näher. Ihr Raubtiergesicht scheint zu lächeln. Ein Wimmern zerreißt die Stille: Das Kind drückt sich an die Frau, spürt die Angst der Mutter und ängstigt sich selbst. Die Mutter drückt es an sich, birgt und stützt das Köpfchen mit einer Hand. „Sssscht“, macht sie leise zu dem Kind und wiegt es sanft. Doch ihre eigene Angst kann sie nicht vertreiben und somit nicht die des Kindes.

Ihr Blick ist weiterhin auf den Panther gerichtet. Plötzlich dreht sie sich um und beginnt zu rennen. So schnell ihre Füße sie tragen eilt sie die Straßen entlang, durch die Gassen, an den mächtigen Häusern vorbei. Sie presst das Kind an sich und rennt, hört nur das Wimmern ihres Kindes und ihre Stiefel auf das edle Pflaster der Straße stampfen bei jedem Auftreten. Schließlich siegt die Neugier und sie blickt sich um, sucht mit den Blicken die Straße ab, doch die Katze sieht sie nicht. Sie verlangsamt ihren Schritt, eilt nurmehr anstelle zu rennen. Als ihr Blick sich wieder nach vorne richtet, prallt sie zurück und bleibt mit einem Ruck stehen. Der Panther steht zwanzig Schritt vor ihr, sein Schwanz peitscht hin und her, ungeduldig. Aus dem Maul des Tieres erklingt ein Fauchen, missbilligend.

Mit sanften Bewegungen wiegt die Frau das Kind an ihrer Brust, es weint. Sie versucht es zu beruhigen, summt leise eine Melodie, die sich aus ihrer Kinderzeit in ihr Gedächtnis drängt. Doch das Summen ist keineswegs melodisch, ihre Stimme zittert und zeigt deutlich, welche Ängste die Mutter in sich trägt. Das Kind drängt sich an den wärmenden und schützenden Körper der Mutter, sein weinen wird leiser aber verstummt nicht. Der Blick der Mutter ist allein auf die Katze gerichtet, die sich langsam in Bewegung setzt und wieder auf die beiden zuhält.

Erneut weicht die Frau zurück, die Katze wechselt in einen geschmeidigen Trab und kommt rasch näher. Wieder dreht sich die Mutter um und rennt. Sie ist angespannt, erwartet jeden Moment die Krallen und Fänge der Großkatze in ihrem Rücken zu spüren, beugt den Kopf vor, um den Kopf ihres Kinds zu schützen. Das Weinen des Kindes wird wieder lauter, es ist ein angstvolles Weinen, das die Mutter nicht zu stillen vermag.

Sie biegt in eine Gasse ein, wird nicht langsamer. Niemand ist in der Gasse zu sehen, einzig Statuen säumen ihren Weg, denen sie keine Beachtung schenkt. Sie will nur weg, weg von dieser Katze, die ihr Kind haben will. Ihr Blick ist starr geradeaus gerichtet, sie riskiert keinen Blick über die Schulter zurück. Doch aus den Augenwinkeln heraus nimmt sie eine Bewegung auf den Dächern der Häuser neben sich wahr. Es ist wie ein Schatten, der in geschmeidig eleganten Bewegungen leicht mit ihrem Schritt mithält. Am Ende der Gasse glimmt ein Licht auf, anders als das düstere, orangegefärbte Licht des Himmels, heimeliger, schutzbietend.
Sie versucht noch schneller zu laufen, zu dem Licht zu kommen.

Der Schatten neben ihr setzt zum Sprung an und nur wenige Schritte vor der Frau kommt die Katze auf dem Boden auf, faucht und bleckt die Zähne. Die Frau stoppt, ihre Arme drücken das Kind noch fester an sich. Sie weicht erneut zurück, die Katze nicht aus den Augen lassend. Diese drückt sich an den Boden, ihre Krallen ausgefahren, lauernd. Langsam, schleicht sie der Frau nach, nähert sich ihr. Die Frau weiß: Sie ist die Beute, die Katze die Jägerin.

Neben der Frau öffnet sich eine weitere Gasse. Sie nutzt die Möglichkeit und weicht von ihrem Weg ab, wendet sich um und läuft wieder. Das Kind schützend haltend. Es weint nicht mehr aber die Angst hat Mutter und Kind nicht verlassen. Beider Herzen pochen heftig und laut gegeneinander. Die Gasse führt abwärts und die Frau sieht viele kleine schwarze Schatten auf den Dächern um sich sitzen, sie anstarrend: Raben

Die Gasse öffnet sich und sie sieht einen Fluss vor sich. Am Ufer kommt sie zum stehen, schaut sich zitternd um. Als einzige Lebewesen sind die Raben zu sehen, die Mutter und Kind anstarren. Die Mutter sieht sich um, entdeckt einen Weg am Ufer entlang und schlägt ihn ein. Sie eilt mit ihrem Kind weg von der Gasse, dem Flusslauf folgend. Das Wasser des Flusses ist trübe, hellgraue Schlieren ziehen sich in der langsamen Strömung des breiten Flusses.

Die Hand der Frau, die den Kindkopf stützt, streicht vorsichtig über den mit Haaren beflaumten Kopf. Das Kind hebt den Kopf und schaut zum Gesicht seiner Mutter. Sie schmiegt es an sich und streichelt es. In den Augen des kleinen Wesens sieht die Mutter eine unbeschreibliche Angst. Sie erkennt, dass die Augen des Kindes ihre eigenen spiegeln und merkt, wie sehr ihre Beine zittern. Sie geht weiter, versucht sich zu beruhigen, sieht sich immer wieder nach der Katze um aber einzig Raben säumen die Dächer der Häuser.

Das Kind schmiegt sich an sie, sucht Nähe und Schutz. Sie lächelt sacht und reicht dem Kind einen Finger, als es mit den Händchen um sich tastet. Sie schaut das Kind liebevoll an. Es vertraut ihr, sie ist seine Mutter. Wer, wenn nicht die Mutter, sollte es vor all den Gefahren dieser Welt schützen können?

Für einen Moment versinkt sie im Anblick ihres Kindes, welches sie anlächelt, sich in ihre Arme kuschelt. Sie drückt es schützend und entlockt dem Kind ein leises Glucksen. Es scheint seine Angst vergessen zu haben. Inzwischen geht die Frau normalen Schrittes, ihr Blick mustert immer wieder die Häuser und das Wasser zu ihren Seiten. Ihr Herzschlag beruhigt sich langsam und ihr Zittern wird schwächer.

Das Kind brabbelt leise vor sich hin. Die Mutter wiegt es. „Es wird alles Gut! Ich bin bei dir!“ Sie will sich auch selbst mit den Worten beruhigen, findet Mut im Klang der eigenen Stimme. „Wir gehen nach Hause... zu deinem Papa! Es ist alles gut!“ Das Kind lacht leise und erfreut über den Klang der wohlvertrauten Stimme. Es reckt die Hände nach dem Gesicht der Mutter. Diese neigt den Kopf leicht, versunken im Anblick des Kindes. Ihre Hände heben das Kind höher, näher an ihr Gesicht heran. Nur noch selten wirft sie Blicke auf den Weg, den sie entlanggeht.

Die kleinen Hände greifen in das Gesicht der Frau, tasten über Nase und Wangen, greifen in die Lippen und verfangen sich schließlich in den Haaren. Es lächelt glücklich, immer wieder leise Laute der Zufriedenheit von sich gebend. Voller Zuneigung und auch Zuversicht sagt die Frau leise zu dem Kind: „Ich liebe dich!“ Es lächelt sie glücklich an, die Hände an den Haaren ziehend.
Eine Straße führt zwischen den Häusern durch und mündet am Ufer. Im Gehen wirft die Frau einen Blick hinein und erstarrt. Der Panther sitzt dort, einer Statue gleich starrt er die Frau an. Die Umarmung der Frau schließt sich wieder fester um das Kind während sie weitergeht. Der Blick der Großkatze wirkt herablassend. Dann erhebt sie sich und mit geducktem Kopf, das Spiel der Schulterblätter zeichnet sich deutlich unter Haut und Fell ab, schleicht sie vorwärts.

Der Blick der Frau wendet sich nach vorne, ihr Herzschlag ist in diesem einen Moment schwer geworden und pocht an ihre Brust. Ihr Blick entdeckt in einiger Entfernung einen Steg. Dort sind die ersten Menschen, die sie in dieser Stadt sieht: Ein Fährmann in seinem Boot, der die Leine vom Steg löst. Er trägt eine lange Kutte, den Kopf verdeckt durch eine weit nach vorne fallende Kapuze. Seine Passagiere sitzen mit dem Rücken zu der Frau, sehen nach vorne ans andere Ufer.

Die Frau beginnt zu laufen. „Wartet!“, gellt ihr Ruf bis zur Fähre. Der Fährmann wendet sich ihr zu, stützt die Stake ins Wasser und hält das Boot gegen die sanfte Strömung an seinem Platz beim Steg. Leise und kaum hörbar spricht er: „Dann lauf!“
Die Raben auf den Dächern krächzen und der vielfache Ruf der schwarzen Vögel füllt die Luft. Die Frau läuft zum Steg, eilt ihn entlang zum Boot.

„Sie kommt! Schneller!“, durchschneidet die leise aber eindringliche Stimme des Fährmanns das Crescendo der Rabenstimmen. Die eiligen Schritte der Frau klappern über die Planken des Stegs. Der Fährmann streckt seinen Arm in Richtung der Frau aus, seine Hand ist von der langen Kutte verdeckt. „Gib sie mir!“, verlangt er. Sie steht vor dem Mann, drückt das Kind an sich, ungläubig schaut sie den von der Kutte verdeckten Fährmann an.
„Ich habe nur noch einen Platz frei! Rette dich oder dein Kind“
Sie zögert. Soll sie ihr Kind in fremde Hände geben, damit es der Katze entgeht?
Die Stimme des Mannes neben ihr reißt sie aus ihren hektischen Gedanken: „Sie ist nicht mehr weit... entscheide dich!“

Das Krächzen der Raben ist angeschwollen und wird unterstrichen von dem wilden Flügelschlag der Vögel, die sich jedoch nicht von den Häuserdächern in die Lüfte erheben. Das Rauschen der Schwingen gleicht einem Sturm.
„Sie ist gleich da! Sie wird euch beide nehmen... entscheide, wen du retten willst... LOS!“, die Stimme hallt laut, übertönt alles andere.
Die Frau schließt für einen kurzen Moment die Augen. „Wir kommen beide mit!“, entschieden.
„Ich habe nur einen Platz frei!“
„Ich habe sie auf dem Arm.“
„Es gibt nur einen Platz. Du musst dich entscheiden, was wichtiger ist: dein eigenes Leben oder das deines jungen Kindes!“

Sie drückt das Kind an sich und dreht sich langsam um. Begleitet wird ihre Bewegung von der leisen Stimme des Fährmannes: „Sie ist hinter dir!“
Nur zwei Schritt, einen kleinen Katzensprung entfernt steht die Wildkatze auf den Planken. Schützend legt die Mutter die Arme um das Kind.
„Ich werde nicht alle Leben auf dieser Fähre riskieren für euch. Entscheide dich nun, einen von euch kannst du retten. Wenn du dich jetzt nicht entscheidest, bekommt sie euch beide. Ich lege jetzt ab...“, ein kaltes Ultimatum.

Die Frau zittert und schaut gebannt die Katze an, die ihre Zähne bleckt und sich tief duckt, zum Sprung bereit. An die Ohren der Frau dringt ein plätscherndes Geräusch: Die Stake, die ins Wasser gestoßen wird. Die kalte, leise Stimme des Fährmanns begleitet das Plätschern: „Dann verdamme dich und das Kind!“
„Warte“, hastig geflüstert. Sie hebt ihre Tochter hoch, küsst sie auf die Stirn. Der Fährmann hält inne. Ein Fauchen vom Panther, der geduckt näher schleicht. Die Mutter reicht dem Fährmann ihr Kind, lässt es langsam los, als er es an sich nimmt. Mit Tränen in den Augen wendet sie sich der Großkatze zu. Ihr Kind wird die Katze nicht bekommen, doch die Entscheidung hat das Herz der Frau gespalten.

Die Raben krächzen ohrenbetäubend und erheben sich von den Dächern. Ihr Flügelschlag erzeugt einen sturmartigen Wind, dessen Brausen alles übertönt - bis auf ein leises Lachen, das der Frau bis ins Mark der Knochen dringt.
„Danke meine Liebe!“, der Fährmann stößt mit den Worten ab und das Boot gleitet durch das Wasser. Die Frau schaut zu dem Mann, der seinen Blick hebt. Unter der Kapuze der Kutte sieht sie seine Augen: Zwei rote Punkte, von einem unheimlichen Leuchten erfüllt, wie brennende Rubine. Sie streckt die Hände aus, als wolle sie das Kind wieder nehmen, sie erstarrt bei dem, was sie sieht: Die Hand des Fährmanns, in der das Kind liegt, ist schuppig und läuft in langen Klauen aus. „Nein“, flüstert sie voller Panik.

Die Passagiere des Bootes drehen sich um, recken ihre Hände nach dem Kind. Die Frau erkennt jeden einzelnen: Ihre Mutter, die vor mehr als ihrem halben Leben verstarb. „Nein“ Der Mann, der ihr einst die Freiheit raubte und von ihrem Gatten dafür gerichtet wurde. „Nein“ Der diebische Junge, der von einem feisten Streiter erschlagen wurde. „Nein“ Einer der Wüstenkrieger, der im Kampf um eine Oase fiel, in der sie zu Gast war. „Nein“ Der Ordensritter und der Großmeister, die einander im Duell erschlugen. „Nein“ Die Händlerin, die sie erdrosselt in dem Bureau gefunden hatte. „Nein“, sie schreit es hinaus, ihr Herz von der eisigen Klaue der Angst umklammert.

Der Blick des Kindes fällt auf seine Mutter, ängstlich, voller Unverständnis, anklagend. Es wimmert und weint. Die Hände der Toten, die Nacht für Nacht in ihren Träumen erscheinen, legen sich um das Kind, ziehen es zu sich.
Die Mutter blickt sich nicht mehr nach der Katze um, stößt sich vom Steg ab, versucht ins Boot zu springen. Ihre Finger streifen den Rand des Bootes, gleiten ab als sie in das schlammige Wasser des Flusses fällt. Kalt erklingt die Stimme des Fährmannes: „Sie haben etwas besseres als dich gefunden!“
Die zitternden Hände der Frau versuchen den Rand des Bootes zu greifen, sich fest zu halten und hoch zu ziehen. Der Fährmann hebt die Stake.
„Nein, nicht sie!“, gellt der Ruf der Mutter über das Wasser als sie von der Stake vom Boot fortgestoßen wird. „Nein!“

„Du hast sie mir doch gegeben, es war deine Entscheidung... deine alleine!“
„Gib sie mir wieder!“, flehend, zittrig, voller Angst.
„Aber sie ist hier doch in... so vielen... fürsorglichen...“
„Gib sie mir wieder“, die Stimme der Frau ist von Panik gezeichnet.
„...Händen“, vollendet der Fährmann seinen Satz. Sein verächtliches Lachen begleitet sie, als er sie mit der Stake unter Wasser drückt. Dunkle Schemen huschen im Wasser um sie herum, doch sie hat nur Augen für das, was sich über ihr befindet. Sie versucht dem Stab auszuweichen, sich an ihm hoch zu ziehen. Doch es ist als greife sie durchs Wasser, als sei der Stab nicht da, doch drückt er sie erbarmungslos immer tiefer unter Wasser.

Kälte zieht sich um sie herum zusammen. Das Boot rückt immer weiter von ihr weg. Über sich kann sie durch das Wasser die Pantherin auf dem Steg sehen, ihre Blicke treffen sich. Sie tritt um sich, versucht die Schemen zu vertreiben und nach oben zu gelangen. Schließlich durchbricht ihr Kopf die Wasseroberfläche und sie schnappt verzweifelt nach Luft. Wie Klauen legt sich ihr etwas um die Fußgelenke, die Beine, ein leichter aber stetiger Zug nach unten. Panisch tritt sie nach unten, versucht sich zu befreien.

Eine alles umfassende Stille liegt auf dem Fluss, einzig das ängstliche Wimmern des Kindes ist zu hören.
„Gib sie mir wieder!“, flehend hallt die Stimme der Mutter zum Boot.
Der Fährmann schaut sie an, stakt dabei weiter. „Was bietest du dafür?“, lauernd.
„Mich“, voller Verzweiflung.
Kaltes Lachen: „Aber ihr gehört mir doch schon beide!“
„Dann gib sie mir.“
„Weshalb? Sie gefällt mir besser. Du hast sie mir doch gegeben!“
„Gib sie mir! Ich gebe dir dafür alles!“
„Ich habe längst alles, was du je besessen hast!“, verächtlich.
„Nein“, verzweifelt.
„Du hast sie mir gegeben!“
„Nein“
„Du hast sie meinen Händen überlassen!“
„Nein“
„Ich habe sie mir nicht genommen. Ich habe sie aus deinen Händen empfangen!“
„Nein“

„Nehmt sie fort, sie gehört euch!“, gelangweilt und sich abwendend.
Der Zug an ihren Beinen wird stärker und sie kann sich ihm nicht länger widersetzen. Ein letzter verzweifelter Schrei erklimmt ihre Kehle, dann schlägt das trübe Wasser über ihrem Kopf zusammen. Sie strampelt, versucht frei zu kommen, doch immer mehr dieser öligen, schmierigen Klauen legen sich um sie, greifen ihre Hände, ihre Arme, ihre Kehle, lassen keine Gegenwehr zu. Immer tiefer wird sie gezogen in die Schwärze des trüben Stromes, der träge vor sich hinfließt.
01.05.2009, 08:56