Beitrag #3
Mit gezwungen langsamen Schritten ging die dünne Elfe durch die letzten kleinen Straßen direkt auf das große Kollosseum zu. Die Eisenkugeln an ihren Fußgelenken schleiften mit unangenehmen Klirren über die rundgelaufenen Steine, doch wurde dieses Geräusch, was jede Bewegung begleitete, beinahe von dem Geschrei und Gebrüll der Menschen in und um der Arena überdeckt. Kikky wäre beinahe die Kinnlade heruntergefallen, als sie sah, wie viele sich für ihr Duell mit der vorlauten Schmolltante der INN interessierten.
Ein wenig benommen schob sie den Langbogen weiter ihren Arm hinauf, und überprüfte ein wenig nervös den Sitz ihres Köchers und des großen Rucksacks auf ihrem Rücken, der allerdings so fest zugeschnürt war, daß sein Inhalt für niemanden einzusehen möglich war.
Mit leicht zitternden Knien umrundete sie rasch die drängelnden Massen, die sich noch vor den Eingängen stauten, um irgendwie noch einen Platz im großen Arenenrund zu erhalten, und benutzte den schmalen Eingang für die Totgeweihten der Imperatorspiele, für die Schausteller der merkwürdigen modernen Stücke, deren Sinn niemand mehr zu erkennen vermochte, und für diejenigen, die sonst aus einem verrückten Grund das Bedürfnis hatten, im Sand der Arena stehen statt auf den Zuschauerrängen zu sitzen. Ein großes Warnschild im Inneren des schlecht erleuchteten Gewölbes zeigte ihr noch einmal mit anschaulich viel roter Farbe, welches Ende sie wohl nehmen sollte, doch die Elfe versuchte es geflissentlich zu übersehen und trat schlußendlich den letzten, verhängnisvollen Schritt ins helle Sonnenlicht. Ihre rechte Hand lag um den biegsamen Leib ihres Bogens, die andere schutzsuchend auf dem Griff ihres Dolches, doch war ihr gar nicht bewußt, was für einen kriegerischen Eindruck sie mit diesen Gesten abgeben würde. Ihr selbst graute nur vor der wortgewandten und bösartigen Konkurrentin, die ihr bereits mit einem höhnischen Lächeln entgegen blickte. Wieso hatte sie sich auf dieses Duell bloß eingelassen? War ihr denn diese Schmollecke wirklich so wichtig, daß sie sich hier mit Seneca anlegen sollte, deren Vorfahren schon wegen ihrer scharfen Zunge gefürchtet und geachtet gewesen waren?
Verzweifelt schluckte Kikky Angst und Unsicherheit hinunter. Heute würde sie ihre gesamte Kunstfertigkeit und Schnelligkeit benötigen, um gegen ihre Rivalin zu bestehen. Es würde ein Kampf wahrlich im Schweiße ihres Angesichts werden, und sie würde vermutlich jede noch so kleine Hilfe und Gemeinheit benötigen, um hier als Siegerin vom Platze gehen zu können.
Mit sicherer Miene, als sie eigentlich vertreten konnte, legte die Elfe am Arenenrand Bogen und Köcher auf die Erde, zog sich dann den Rucksack von den Schultern und schlurfte zu Seneca in die Mitte des Runds, während ihre Fußfesseln tiefe Spuren in den Sand zogen.
„Nun denn... Wollen wir beginnen?“
Es war ein denkbar blöder Satz, doch etwas besseres fiel der Elfe grad nicht ein. Überhaupt hatte sie das Gefühl, jeder Gedanke und sämtlicher Verstand, den sie je einmal besessen hatte, wären von der Sonne im Kollosseum aus ihrem Kopf gebrannt worden, doch allzu tragisch war das nicht – zum Glück hatte sie sich schon vorher, in ihrer Zelle in der Redaktion, Notizen und Pläne angefertigt.
Prüfend senkte sie kurz den Blick, doch der Sand hielt ihrer Prüfung stand – nicht zu trocken, als daß er gestaubt hätte, und nicht zu naß, so daß er Klumpen gebildet hätte. Ideale Vorbedingungen für ein ungewöhnliches Duell!
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