Beitrag #1
Die Befreiung eines Freiheitskämpfers-Für die E(h)re
Der zentrale Platz in Rom war zum bersten gefüllt. Leib ab Leib drängte sich das Volk an diesem trüben Tage, um dem Ereignis beizuwohnen. Die Soldaten hatten Mühe, eine Schneise durch die Menge zu schlagen, um IHN dorthin zu führen, wo er seinen letzten grossen Auftritt haben sollte. Der Henker schärfte sein Beil und der Scharfrichter verkündete laut das Urteil. Doch seine Worte gingen in der lärmenden Menge unter. Der Schuldige war für den Pöbel längst gefunden. Er sollte büßen für alle Schmach, für jede eigene Unzulänglichkeit. Wenn sein Kopf rollt, würde endlich wieder Frieden herrschen im Lande. Jeder, der seine geifernde Fratze jetzt dem Wagen mit IHM entgegenstreckte musste wissen, das dies eine Lüge war. Doch dies interessierte in diesem Moment des Triumphes niemanden.
Oder doch? Zwar etwas in den Hintergrund gedrängt, jedoch nicht zu übersehen, waren einige Plakate, auf denen Gerechtigkeit gefordert wurde. Und nun wurden auch Stimmen hörbar, die eine Aufhebung oder doch zumindest Aussetzung des Urteils forderten, um eine halbwegs vernünftige Verhandlung zu ermöglichen. Eine Verhandlung? Diese Narren waren wohl von allen guten Geistern verlassen worden. Hier in Rom gab es einen Caesar. Er war Richter, Staatsanwalt und Gesetzgeber in einer Person. Wie konnten sie es nur wagen, sein Urteil anzuzweifeln? Sie liefen Gefahr, gleich als nächste nach vorn treten zu dürfen, um dem Volke ein Schauspiel zu sein.
Gleich in der ersten Reihe standen die, die es vollbracht hatten, IHN ans Messer zu liefern. Siegesgewiß hoben sie ihre Fäuste, als sich der Karren mit IHM nun dem Henkertisch näherte. Nur noch wenige Minuten und sein Kopf würde ihnen vor die Füsse rollen. Sie würden ihn aufheben, um ihn stolz ihren gaffenden Freunden vor die Nase zu halten. Wütend blickten sie sich um, als die Rufe nach Gerechtigkeit nun auch bis zu ihnen drangen. Immer unruhiger wurde es. Handgemenge und wüste Beschimpfungen zwischen den beiden Parteien nahmen zu. Die Soldaten zögerten einzugreifen. Selbst unter ihnen war man sich keineswegs einig. Und schon gab es den ersten unter ihnen, der ebenfalls seine Stimme erhob und das Urteil anfeindete.
Welch ein Frevel. Der Scharfrichter witterte Meuterei und Verrat an Caesars Gesetzen. Er forderte die Soldaten am Wagen auf, IHN herauf zu bringen - und zwar schnell. Und als ER nun gefesselt und kniend mit dem Kopfe auf dem Henkertisch lag sprach der Richter: "Bereue Du Frevler und gestehe Deine Schuld, so wird Dir Dein armseliges Leben geschenkt. Tust Du es nicht, so bist Du des Todes." Doch welche Schuld sollte er gestehen? War es doch nur eine Schuld in den Augen anderer. ER zögerte, doch dann sagte er frei heraus: "Es gibt nichts, für das ich mich schuldig bekennen müsste."
Und wieder tobte die Masse. Die einen jubelten, da sie nun doch seinen Kopf bekommen würden. Die anderen drängten nach vorn und wollten ihre Forderungen notfalls auch mit Gewalt in die Tat umsetzen. Doch schon hob der Henker seine Axt und holte aus.
(Fortsetzung folgt)
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