[SILVA ROMAE] - Wald vor Rom

[Anonymous]

Es war früh am Morgen, als Babe, die sich nun K`Ehleyr nannte, durch den noch stillen Wald ritt. Der Herbst, der die Bäume die letzten Wochen mit einem goldenen Kleid verzaubert hatte, zeigte erste Zeichen der Müdigkeit. Ein kalter Wind fegte die letzen Blätter von den Bäumen, ließ diese langsam gen Boden segeln, wo sie den Boden mit einer dicken Schicht zudeckten. Nebelfetzen drängten sich zwischen die dunklen und nassen Bäume, gaben Silva Romae eine Watteschicht und hinterließen den Eindruck, alleine auf der Welt zu sein.

"Alleine auf der Welt." K`Ehleyr atmete tief durch, als sie es dachte. "Um uns tobt Rom. Die Allianzen zerfleischen sich gegenseitig, vertreiben sich aus ihren angestammten Gebieten und lassen sich auseinanderbrechen." Ein leichtes Kopfschütteln begleitete ihre Gedanken. "Wozu das alles? Was bringt es? Ist dies wirklich der Sinn des Daseins? Gibt es nichts anderes?"

Ihre Augen versuchten den Nebel zu durchdringen, der wenige Meter vor ihr die Bäume zu verschlucken schien. Sie wusste, dass sie in der Nähe des Sees war - ihre Erfahrung und ihre Ortskenntnis sagten ihr es. Trotzdem konnte sie das ruhige Wasser, die Insel des Schamanen und auch die Bäume drumherum nicht erkennen. Der Nebel schien Silva Romae selbst verschlucken zu wollen.
Die Kriegerin trieb ihren Rappen weiter, der trittsicher über die raschelnden Blätter auf den Waldwegen ging. Er blieb erst stehen, als sie den Waldrand erreicht hatten und K`Ehleyr ihn zügelte.
Immer noch hing der Nebel über den Landen, denn auch hier hatte das Wetter die Welt fest im Griff. Doch K`Ehleyr wusste, dass der friedliche Schein trügte. Irgendwo liefen Truppen über die Landen - mit schwerem Kriegsgerät beladen und auf dem Weg zu feindlichen Linien. Wieder schüttelte die nicht mehr ganz so junge Frau den Kopf. Silva Romae hatte sich nie an den Feindseligkeiten beteiligt, es sei denn, sie wurden von Freunden um Hilfe bei der Verteidigung ihrer Provinzen gerufen. Die Waldläufer zogen das ruhige Leben innerhalb ihrer Bäume vor. Ihre Schmiede erreichten höchste Perfektion und auch die Arbeiter konnten auf ein ungestörtes Leben zurückblicken.
Die Kriegerin wusste, dass die meisten gerade deshalb in Silva Romae waren - eben weil sie nicht an dem allgemeinen Gehetze der anderen teilnehmen wollten. So wie sie es tat. Friede und Ruhe und vor allem Zeit, das zu tun, was ihr selbst wichtig erschien, war ihr wichtiger als der Ruhm auf den Kriegsschlachtfeldern. Gerne würde sie andere, kriegsmüde, Gladiatoren dazu einladen, denn in ihren Reihen war noch Platz genug. Land, Rüstungen und Waffen hielten sie für Gleichgesinnte bereit. Eine Gemeinschaft, die Neue bereitwillig aufnahm ebenfalls. Es sei denn, sie brachten allzuviel Unruhe in ihre Reihen. Dann konnten manche der Waldläufer etwas ungemütlich werden.

Rhe, der schwarze Hengst der Kriegerin, blieb bewegungslos am Waldrand stehen - solange, bis seine Reiterin die Zügel wieder aufnahm und ihn zurück zwischen die Bäume lenkte. Irgendwo zwischen den Bäumen krächzte eine Krähe und man konnte trotz des Nebels das rote Fell eines Fuchses erkennen. Nicht mehr lange, und man würde die Schläge der Holzfäller hören und die Waldläufer geschäftig unter den Bäumen gehen sehen. Ein weitererer Friedenstag für Silva Romae. Während irgendwo im Reich des Imperators die Mauern einer Allianz fallen würden...