Beitrag #5
Mit leuchtenten Augen und wild rudernden Händen dirigierte der traumtanzende Bauer den Choral des Publikums. Endlich hatte er seine wahre Bestimmung gefunden, die ihm immer wieder entwischt war. In seinem Inneren meldete sich zunehmend Irritation, denn im Klang des Gesanges vermeinte er einen zunehmenden Trommelwirbel zu vernehmen, der sich immer mehr einem Finale Furioso zu nähern schien. Was war denn das? Mühsam versuchte er die Quelle des Trommelns zu lokalisieren und erkannte diese als seine Gedanken, die ihn auf etwas Wesentliches aufmerksam machen wollten, das sich am Rande seines Wahrnehmungsvermögens abzuspielen schien, aber immer näher kam, sehr schnell glöckchenklingelnd näher...
Des Bauern Augen traten fast aus den Höhlen, als sie ihm den näherstürmenden Elben zeigten- er hatte Lith vollkommen vergesssen. Hastigst versuchte er noch nach einer Waffe aus seinem Wägelchen zu angeln, doch seine begeistert dirigierenden Hände verweigerten den Gehorsam, während seinem Mund noch ein "Argl... entschlüpfte und er sein letztes Stündlein gekommen sah...
Der Ansturm seines Gegners gipfelte in einem gewaltigem Sprung, und reflexartig streckte der Bauer die Arme abwehrend aus, nur um mit grösster Verblüffung feststellen zu müssen, dass er Lith'Rhian auf einmal glöckchenbimmelnd in seinen Armen hielt. Dieser trat rasch einen Schritt zurück, und der Traumtaenzer wollte diesen schon aufklären, dass die Zuschauer mitnichten Ecthelion, sondern ihn anfeuerten, aber da redete Lith einfach weiter. Verzweifelt versuchte der Bauer gleichzeitig seine drei Gedanken zu sortieren, den Worten des Elfen zu folgen und dessen Handlungen nachzuvollziehen- und hisste innerlich ein weisse Fahne...
Als der Knoten in der Zunge des Traumtaenzers gelöst war- im Gegensatz zu dem Gordischen Knoten seiner Gedanken- versuchte er wenigsten ansatzweise, seinem Gegner zu antworten "Frauen? Schiedsrichtertribüne?? Diese beiden mögen starke Gladiatoren??? Oh nein, nein, nein, ich bin schwach und klein... äh... wer ist Halma? Gegner fehlen, die uns beide quälen...Wie, Was, Wo, Weshalb?"
Seine Augen versuchten, das Pergament zu fixieren, mit dem der Elb rumhantierte, während in seinem Kopf immer lauter ein Bienenschwarm herumsummte. Als Lith sich in die Hocke zu begeben schien, folgte der Bauer instinktiv dieser Bewegung, setzte sich auf seinen Hosenboden- und sprang mit einem schrillen Urschrei schmerzgeplagt wie von der Tarantel gestochen wieder in der Höhe, da sich die von des Maulesel Hufen getroffene Backen vehement meldeten...
Des Bauern Gedanken machten ihn darauf aufmerksam, dass es an der Zeit wäre, die Initiative wieder an sich zu reissen, die er an seinen Gegner... Moment... der hatte behauptet, er würde auf die Gegner warten, die Gegner seines Gegners wären also seine Freunde, oder? Aber wenn sie wirklich Gegner wären, müsste sein Gegner sein Freund sein... des Bauern Gedanken hissten erneut die weisse Fahne, sein Kleinhirn beschloss, das Szepter zu schwingen und erteilte der Zunge des Bauern Anweisungen, die sich unverzüglich in Bewegung setzte...
"Werter Herr Lith, dieser Fetzen Papier samt aller Steinchen ist eine Beleidigung meiner geistigen Fähigkeiten, da weit über meinem Niveau, und ausserhalb meiner grobmotorischen Möglichkeiten, da ich diese winzigen Figürchen nicht imstande bin, zu bewegen. Sofern Ihr unter Melkfett Kuhmilch versteht, kann ich leider nicht damit dienen, doch eine gewisse Inspiration sagt mir, dass Handlungen, die Transpiration bewirken, einem Austrocknen Eures zarten Teints wirkungsvoll vorbeugen könnten..."
Mit einem sardonischen Grinsen griff der Bauer in seinen Transportbehälter und fischte den Stab heraus, dessen Glieder in Ketten gelegt waren, und schwang diesen probeweise, dann fuhr er fort: "Ich werde Euch dies demonstrieren. Mit schwungvoller Bewegung drehe man sich mehrmals im Kreise, ohne diesen zu verlassen, Transpiration wird sich unverzüglich einstellen. Nach mehreren derartiger Umdrehungen, die immer schneller werden, aber bevor man vor Schwindel den Boden seine Verehrung zollt, lasse man diesen Kettengliederstab los, und er wird durch die Lüfte enteilen. Die Entfernung, die dieser zurücklegt, bevor er auf dem Boden aufschlägt, gilt es in Schrittlängen auszumessen. Mal sehen, wer von uns beiden weiter werfen kann. Ausmessen wird das sicherlich äusserst gerne Ecthelion, mir deucht, das Privileg lässt er sich nicht nehmen, selbst wenn er dazu kurzfristig seine beiden bezaubernden Begleiterinnen zur Rechten und zur Linken sich selbst überlassen müsste. Ich werde Euch dies einmal kurz demonstrieren!"
Fest stemmte der Bauer seine Füsse in den Boden, den Kettengliederstab mit beiden Händen umklammernd. Schwungvoll begann er sich zu drehen, schneller und immer schneller, Arena und Publikum gleichermassen verschwammen in seiner Wahrnehmung zu undeutlichen Schemen, während Schwindel sich auf seinen grossen Auftritt vorbereitete. Die Transpiration meldete sich in äusserst zufriedenstellender Weise, und bevor der Kettengliederstab seinen schweissfeuchten Händen entgleiten konnte, riss der Bauer beide Arme nach oben, liess die Waffe fliegen und tanzte, auf der Suche nach Gleichgewicht, auf einem Bein herum, während er versuchte, dem Flug der Waffe zu folgen...
Junge, Junge... waren des Traumtaenzers erste Gedanken ich habe mich selbst übertroffen, ich kann sie nicht mal mehr sehen, das wird ein neuer Rekord, das kann der Elb nie im Leben übertreffen.... Seine Ohren zuckten, da er ein Pfeifen zu vernehmen glaubte- und war da nicht ein Schatten, ein nur winziger, zu sehen, der sich rasch zu nähern schien? Eine Inspiration gesellte sich zur Transpiration des Bauern, er legte den Kopf in den Nacken, schaute nach oben... und warf sich mit einem entsetztem Schrei zur Seite, da der Kettengliederstab senkrecht von oben auf ihn zuzueilen schien. Während seines Ausweichmanövers fragte er sich bloss, ob Lith' Rhian, der dicht bei ihm weilte, auch noch reagieren konnte- oder dieser Kettengliederstab dessen Ideenreichtum durch einen mehr als leichten Schlag auf den Hinterkopf noch weitere Anregungen bescheren würde...
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