Beitrag #7
Seinen Gegenüber im Blick, das Schwert gezogen, flog Hieronimus... an ihm vorbei. Es schien, als hätte er letztendlich doch seine Glieder unter Kontrolle gebracht. Er landete auf seinen Knien und stämmte sich schnell hoch, um dem Anderen sein Bedauern zum Ausdruck zu bringen, als er einen dumpfen Schlag gegen seinen Rücken spürte. Überascht taumelte er einige Schritte. Anscheinend hatte der Andere nach seinem Ausweichmanöver die Kontrolle über den Schwung verloren, und sein Schild war so gegen ihn geschleudert worden.
Hieronimus drehte sich, nachdem er einen Moment darüber nachgedacht hatte, mit welcher Hand er sich wohl das schmerzende Kreuz halten sollte, während sein Hirn, dem Gefühl nach, noch einige Momente die Gehrichtung beibehalten wollte, zu dem Mann um, den er eben beinahe über den Haufen gerannt hätte. Was er sah, überaschte ihn. Eine Kampflust, möglicherweise sogar der Wille, ihn zu verletzen, lag in den Zügen der Person. Anscheinend nahm er ihm das eben Geschehene übel. Doch warum? Was mochte geschehen sein, woran er sich gerade nicht erinnern konnte? Und wo war nur der Becher Wein, von dem er hätte wetten können, daß er gerade noch vor ihm stand?
Kaum ein Moment war vergangen, seit er sich erhoben hatte. Sein Gegenüber richtete seinen Schild, an dem er noch die Formen seines Rückgrats zu erkennen glaubte, und erhob sein Schwert in eindeutiger Absicht.
Er war jung; jünger, als er erwartet hätte. Nun, da die Sonne ihn nicht mehr blendete, konnte er ihn deutlicher wahrnehmen. Kleidung und Verhalten deuteten klar auf einen Krieger hin. Was hatte er nur getan, um jemanden zu erzürnen, der sich zu wehren vermochte? Möglicherweise würde er in njächster zeit ein zweites Mal im Kolosseum antreten müssen, zusätzlich zu dem Kampf, der ihm in Kürze bevorstand.
Das Kolosseum... Ein Kampf... irgendwo in seinem Kopf schien etwas auf diese Worte zu reagieren... etwas hartes, dunkles, das ihn in engen Gassen begleitet hatte...
Sein Blick klärte sich. Sein Körper spannte sich. Ein weiteres Mal kam er zu Bewußtsein. Zum dritten Mal warf er einen kurzen Blick auf seinen Gegner, wie er nun wieder wußte. Der junge hatte sich so sehr mit Rüstungsteilen umbaut, daß man denken konnte, ein Schmied hätte einen einzelnen Guß Eisen um ihn gefertigt, und anschließend zum Schein einzelne Teile daraus gemacht, indem er unterschiedliche Farbtöne auftrug. Sicher würde diese zusätzliche Körperschicht ihm ein wenig Schutz geben, doch sehr beweglich wäre er damit wohl nicht. Nun müßte er nur eine verwundbare Stelle finden, bevor dieses junge Stück Metall in der Lage wäre, mit der beunruhigend großen Klinge, die er bei sich trug, in den Kampf einzusteigen.
Ein leises, animalisches Knurren drang aus Hieronimus' Kehle, und er begann, diesen Kämpfer, Primus, im Uhrzeigersinn, leicht gebückt, zu umkreisen, wobei sein Kurzschwert seine Spur im Sand verewigte. Vielleicht wäre ein Fehler schon genug, um den Kampf zu gewinnen. Er würde... würde...
Er zwang seine Gedanken in Bahnen, die ihm nützlich wären. Er benötigte seinen Verstand. Keinen Wahnsinn. Nicht jetzt.
Er richtete seinen Blick wieder auf seinen Gegner, dem seine kurze Abwesenheit nicht verborgen geblieben war. Er glaubte, zu bemerken, wie sich seine Gesichtszüge verhärteten, und machte sich gedanklich auf einen Angriff gefaßt.
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