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[Strafarbeit] Im Märchenwald
Löwenzahn
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Beitrag #2
 
Klein Haggi hob seine Augenbrauen und sah seinen Großvater Dradog schief von der Seite an, wahrscheinlich nicht zum ersten Mal am heutigen Tage, denn der einzige Nachteil an einem tollen Nachmittag mit Opapa waren seine moralisch wertvollen Vorträge….wie gerade hier…übers Haarewaschen.
„Jaja,“ sagte Klein Haggi im Tonfall des genervten Enkels, den Dradog seiner seinerseits geflissentlich, aus Nachgiebig- oder Schwerhörigkeit unkommentiert hinnahm.
„Lass uns in die nächste Geschichte gehen, Opa Dradog“, sprach Klein Haggi wieder gut gelaunt, setzte aber noch leise hinzu: „…vielleicht geht’s ja beim nächsten Märchen ums nette fliederfarbene Tanten im Café anmachen.“
Sprachs und tats, doch steuerte der alte Dradog zunächst die nahe gelegene Toilette an, um nach unendlichen Minuten mit einem erleichterten Gesicht im Sonnenlicht des gemeinsamen Tages wieder zu erscheinen.

Auf dem mit gelben Steinen gepflasterten Weg erreichten sie schon bald das nächste Märchen „Rotkäppchen und der böse Amalog“. Auf der dazu gehörigen Tafel stand geschrieben:

Es begab sich aber zu der Zeit, das Icewind mit ihrem roten Kapuzenumhang wieder einmal den Alkoholvorrat der guten, wenn gleich auch in jedes Fettnäpfchen tretende, alten Großmutter Dawn, aufzufüllen gedachte. Den Sixpack Johnny Walker in den Korb, geschwind noch ein Kilo Haschkekse mit untergebracht, machte sich Icewind auf.
Ein leicht regnerischer Tag veranlasste sie ihre Kapuze überzuziehen, am Horizont stiegen noch dunklere Wolken auf. „Was mag das nur im dunklen Wald geben,“ dachte Icewind und trat nach kurzem Weg auf den pädagogisch wertvollen Naturpfad, den irgendein durchgeknallter Heilerziehungspfleger bei der Abschlussprüfung angelegt hatte.

„…und was erst, wenn mir wieder dieser Perverse über den Weg läuft?“ Bei diesem Gedanken und der Erinnerung an die letzte Begegnung mit dem bösen Amalog, Unzuchtverbrecher zu Bad Piermont, schauderte sie.
Der Wind heulte, die Tannen krachten im stärker werdenden Wind. Ängstlich sah sich Icewind um, mochte doch hinter jedem Baum oder Strauch das Grauen auf sie warten.

Plötzlich, ein Blitz durchschlägt den Regen, für einen Moment ist Icewind in helles Licht getaucht und schließt ihre Augen. Als sie selbige wieder öffnete staunte sie nicht schlecht, mitten auf dem Weg stand der böse Amalog. Kannte sie seinen pelzbesetzten Trenchcoat noch vom letzten Mal, war sie bass erstaunt, als Amalog im feinsten Frack vor ihr stand und sie lüstern anblickte.
„Ich hau dir gleich den Buckel voll, wenn du mich nicht in Ruhe….,“ doch sie konnte den Satz nicht beenden, denn was sie sah, lies sie die Augen aufreißen, denn der böse Amalog begann zu tanzen. Ja, er tanzte und dazu gar nicht schlecht, wie die Chippendales riss er nun sein Oberteil von sich und entblößte den eingeölten Oberkörper eines trainierten….nein, irgendwie nicht, eher….Icewind schaute genau hin….das sah eher nach einem Bierbau aus und schlecht rasiert was er noch dazu. Icewind konnte sich ein schmunzeln nicht verkneifen, denn was da nun vor ihr stand, war recht erbärmlich anzuschauen und entlockte ihr keine Schreie der Angst mehr. Fast schon Mitleid machte sich in ihrer Brust fest. Aber nein, dieser Mistkerl hatte dennoch eine Quittung fürs letzte Mal verdient und also trat sie näher, selbst einen lasziven Blick aufsetzend, die Kapuze zurück schlagend, die lange brünette Mähne zurück werfend. Also stand sie nun vor ihm, dem immer noch tanzenden Fellknäuel im Aldifrack:
„Na, Wolferl, Lust dem Tanz die Tat folgen zu lassen?“
Amalog, das liebevoll benannte Chippendale Imitat nickte eifrig und sabberte schon, musste dann aber den Mund vor Schmerz verziehen, als ihn ein eisengenagelter Wanderschuh Marke „Die Steine werden sich fürchten“ ins Gemächt traf. Ein ungläubiger Blick, dann sackten ihm die Knie ein.
Mit einem hochnäsigen Blick schritt Icewind selbstsicher an ihm vorbei und ließ Amalog in seinem Schmerz alleine. Dieser Wüstling würde mit keiner Masche mehr bei ihr durchkommen. Verträumt und über die tatsächlichen Chippendales nachdenkend brachte Icewind den letzten Rest des Weges hinter sich und als sie mit Großmutter Dawn, die gerade Besuch von Febby, dem Jäger mit dem schwarz-weißen Gamsbart am Tirolerhut bekommen hatte, zusammen saß ließen sie sich den Johnny Walker samt Haschkeksen genüsslich schmecken. Rotkäppchen Icewind gab noch ihre Begegnung mit dem bösen Amalog zum Besten und schon bald erklang nur noch ihr Gelächter im Märchenwald.

Der kleine Haggi runzelte wieder die Stirn ob der Geschichte und sah erwartungsvoll zu Großvater Dradog hoch: „Was ist ein Gemächt?“
;-)
Löwenzahn

[Bild: d1kr.jpg]
29.03.2009, 16:24
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[Kein Betreff] - von Löwenzahn - 29.03.2009, 16:24
[Kein Betreff] - von hagbard von celine - 29.03.2009, 16:25
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