Beitrag #2
Die Sonne brannte heiss vom Himmel, als Rufus barfüssig in die Arena schritt, wie üblich gkleidet in einen Lendenschurz, eine lederne Weste, bewaffnet mit Gladius und Dolch, war er doch einer jener seltenen Begabten, die mit beiden Händen gleichermassen geschickt Waffen zu führen wussten. Das Gebrüll der frenetischen Menge war ohrenbetäubend, während er den Gladius hob, sich mit diesem hocherhoben um die eigene Achse drehte- um sich dann mit einen tiefen Schnitt im rechten Unterarm zuzufügen, das Gleiche wiederholte er mit dem Dolche am linken Unterarm, gefolgt von seinen üblichen Ansprache an das Publikum:
"Mein Blut fliesst nur für euch, weil ich es will- und nicht, weil mein Gegner mich verletzen könnte! Dessen Blut werde ich Euch zu Ehren fliessen lassen!"
Das Gebrüll der Menge steigerte sich, und Rufus verzog verächtlich seine Mundwinkel- wenn diese armen Narren wüssten! Er erinnerte sich genauestens der Worte der Kräuterhexe Zenturio, zuerst müsst Ihr euch gegen das Gift immunisieren, es also Euch selbst in ständig zu steigernder Dosis verabreichen! Befolgt genau meine schriftlichen Anweisungen. Imprägniert Eure Waffen danach mit meinem Gifte, wenn es Euch nichts mehr anhaben kann, fügt Euch mit diesen vor dem Kampfe Verletzungen zu, damit täuscht Ihr den erfahrensten Zuschauer in der Arena- und spielt mit Eurem Gegner wie die Katze mit der Maus! Das Gift fällt nicht Euren Gegner auf der Stelle, er wird nur ein Brennen verspüren, dass er der Wunde an sich zuschreiben wird. Doch des Giftes Wirkung verleitet diesen zu Grössenwahn, berserkerhaft wird er danach trachten, Euch anzugreifen, um jeden Preis in grandioser Selbstüberschätzung der eigenen Fähigkeiten, auf die eigene Deckung nicht mehr achtend, und in seinen Halluzinationen Euch mehrfach zu erblicken. Während Ihr ruhig Blut bewahrt, werdet Ihr Euren Gegner nach Belieben zu jedem Zeitpunkt Eurer Wahl "schlachten" können! Ich bin jene, die Euch dazu verhilft, einme Legende der Arena zu werden... und der Preis sei nur, sofern dieses Ziel erreicht ist... eine Nacht mit Euch, ein Kind von Euch, ein Kind, das ich mir von meiner grossen Liebe ersehnte, diese aber nicht um diesen Gefallen zu bitten wagte...
Rufus schüttelte es, als er sich den Anblick dieser alten Vettel vergegenwärtigte. Ihre Ratschläge waren effizient, dies liess sich nicht abstreiten, so effizient wie ihre Mixturen, doch allein die Vorstellung, mit dieser alten Schachtel eine Nacht verbringen zu müssen, erzeugte noch jetzt Brechreiz in ihm. Sein getreuer Dekurio Amthes hatte- nicht zum ersten Male- dann auch in diesem Falle das Problem effizient beseitigt, dessen Meldung vor Wochen hatte kurz und knapp "Die alte Hexe brannte wie Zunder, ihre Asche wird Euch nicht mehr behelligen, Zenturio!" gelautet. Auf Amthes war Verlass, wenn es um das Beseitigen von Problemen ging...
Ein leicht veränderter Unterton im Gebrüll der Menge veranlasste Rufus, seine Aufmerksamkeit der Gegenwart zu widmen. Der Priester- sein Gegner- war erschienen, bekleidet mit einer schmutzigen Robe, mit beiden Händen mühseligst eine hölzerne Keule über den Arenaboden mit sich schleifend. Rufus rollte mit den Augen- das durfte doch nicht wahr sein, womit hatte er solch Schmach und Elend verdient? Sein Blick wanderte zur Loge des Imperators, fand diese wie üblich unbesetzt- der Imperator schien den Duellen in der Arena nichts abgewinnen zu können-, schweifte weiter zur Empore der Schiedsrichter für diesen Kampf- und stutzte. Er hatte auch hier Leere erwartet, aber bei der kartoffelsackähnlichen Gestalt dort dürfte es sich um den Bauern in der Palastwache handeln- was hatte diesen zu diesem Zeitpunkt in das Kollosseum getrieben?
Mit einem Stirnrunzeln und instinktivem Argwohn musterte Rufus seinen Gegner. Sollte es hier sich um eine geschickte Verschwörung handeln, ihn zu Fall zu bringen? Dieser Priester sah so aus, als könne er seine hölzerne Keule nicht einmal heben- sollte das aber alles eine Falle sein? Rufus schmunzelte innerlich, danach tänzelte er leichtfüssig, auf Alles vorbereitet, auf seinen Gegner zu. Dieser zerrte immer noch seine Keule durch den Arenasand und wankte auf Rufus zu- um die Keule dann fast ansatzlos gen Rufus Haupt zu schwingen, mit einer Schnelligkeit, die Rufus beinahe einen bewundernden Pfiff entlockt hätte- doch war Rufus rasch ausgewichen. Des Priesters Robe zierten am Rücken zwei frische Schnitte, die sich rasch rot färbten, Treffer mit Gladius, Treffer mit Dolch, Rufus sonnte sich in der Gewissheit, dass das Gift bald seine Wirkung entfalten würde- nur um mit einem Fluch zurückzuweichen, als der Priester mit fast unmenschlicher Schnelligkeit herumwirbelte und dessen Keule ihm mit Sicherheit den Schädel gespalten hätte, wäre er nicht so weise und schnell gewesen, sich zu ducken. Rufus sprang zur Sicherheit zurück und musterte seinen Gegner, mittlerweile überzeugt, dass dieser Kampf ganz gewiss nicht zufällig war. Mit einem schrillen Schrei stürmte der Priester mit erhobener Keule auf ihn zu, wieder war Rufus überrascht ob dessen Schnelligkeit, der Keule Schlag, gerichtet gegen sein Haupte, verfehlte ihn haarscharf- er selbst verfehlte mitnichten des Gegners Rücken, den frisch blutende Wunden zierten.
Rufus musterte seinen Gegner, der schwer atmend, seine Keule in den Sand der Arena gestützt, gebeugt zu verharren schien. Das Gift müsste mittlerweile seine Wirkung entfaltet haben, nur passte seines Gegners Verhalten dazu gewiss nicht- der alte Priester sollte mittlerweile mit Schaum vor'm Munde auf ihn zustürmen, statt in gebeugter Haltung zu verharren! Vorsichtig näherte sich Rufus seinem Gegner, vernahm dessen unverständliches Gemurmel, näherte sich weiter- und verstand des Priesters Sermon: "O Minerva, wie und wo habe ich derart gesündigt, dass Du mich mit einem Hexenschusse derart strafst- zu einem Zeitpunkt, an dem ich ohne Zweifel einen eingebildeten, hochmütigen, arroganten, überheblichen Zenturio hätte Ehrerbietung mit der Keule einbleuen können!"
Mit aller gebotenen Vorsicht näherte sich Rufus seinem Gegner, der allerdings in seiner gebeugten Haltung verharrte- nur dessen Augen rollten wild umher, mit einem sehr grimmigen Ausdruck. Bedächtig steckte Rufus Gladius und Dolch in ihre jeweiligen Scheiden, wandte sich dem Priester zu, umfasste mit beiden Händen dessen Keule- und murmelte diesem lächelnd zu: "Lass mich Dir behilflich sein, Alter Mann!"
Rufus Augen traten voller Verblüffung aus den Höhlen, seine Armmuskeln schwollen an, als er versuchte, des Priesters Keule anzuheben. Seinen überraschten Gedanken Das ist nie im Leben eine Keule aus Holz! folgte des Priesters zischelnde Stimme "Bester Stahl, mein Freund- der Schein trügt, hölzern ist nur das Brett, das Du vor Deinem Haupte trägst!", um seine Handgelenke schlossen sich mit eisenhartem Griff des Priesters Hände, gemeinsam erhoben sie die Keule hoch nach oben- bis des Priesters Hände um des Zenturios Handgelenke die stählerne Keule ruckartig nach unten zwangen...
Der Zenturio öffnete weit den Mund zu einem schrillen Schrei, während des Priesters Keule seinen rechten Fuss zu einem blutigen Brei zermalmte. Die Keule, um deren Stiel seine Hände sich verkrampft hatten, seine Handgelenke immer noch von des Priesters Griff umklammert, bewegte sich mit Schwung nach oben und traf mit ihrem schmalen Ende des Griffes des Zenturios Kinn äusserst schwungvoll- Rufus schmeckte im Munde nur noch Blut, während des Priesters Stimme zischte "Verzeihung- zertrümmerte ich Euer Kinn? Danach stand mir nicht der Sinn- ich wollte eigentlich treffen Euren linken Fuss, dem jetzt gilt mein Gruss!" Die stählerne Keule bewegte sich erneut ruckartig nach unten, unsäglicher Schmerz durchzuckte Rufus, verbunden mit der erstaunlich nüchternen Erkenntnis, dass er keine Füsse mehr haben würde, auf denen er sich hätte fortbewegen können. Ein Tritt gegen seine Beine liess Rufus das Gleichgewicht verlieren, langsam, gehalten von des Gegners eisenharten Griff, sank Rufus auf den Rücken gen Boden der Arena. Verschwommen sah er über sich des Priesters Gesicht, nur mit Mühe verstand er dessen Worte "Wer auf ein Weib vertraut, und drum ihr einen Tempel baut, und glaubt, das wär sein Meisterstück, erlebt ein schweres Bauunglück. Leicht fällt jedem das Exempel- auf Weiber baue keine Tempel!"
Rufus wimmerte mit schmerzverzerrtem Gesicht vor sich hin, seine Hände, die er kaum noch spürte, waren wie Marionetten in des Priesters Griff und umklammerten immer noch den Griff der Keule, die sich mittlerweile so hoch über seinen Kopf erhoben hatte, wie seine Arme reichten. Mit Entsetzen nahm er des Priesters Gesicht wahr, das sich veränderte, ein Gesicht, das er nur aus Beschreibungen kannte, ein Gesicht, dass sich der tobenden Zuschauermenge zuwandte und mit kraftvoller Stimme intonierte:
Sei nicht besorgt, arme kleine verlorene Seele
Fürchte ja nicht, dass ich Dich mit böser Absicht quäle
Bedenke beruhigt, es ist nie zu spät
Für ein erlösendes letztes Gebet
Du brauchst Dich wirklich nicht ob der Erkenntnis zu schämen
Denn schon immer hiess es "Geben ist Seliger denn Nehmen"
Und nun empfange demütig meine Keule
Auf dass Dir spriesse nicht nur eine Beule!
Es bedurfte nicht des plötzlich frenetisch anschwellenden Gebrülls der Zuschauer, um Rufus erkennen zu lassen, dass er gewiss nicht jener wäre, der des Predigers Rekord überbieten könnte- denn das Letzte, was der Zenturio in seinem Leben zu Gesicht bekam, war des Predigers hölzern erscheinende Keule, die sein Gesichtsfeld immer mehr ausfüllte, gehalten von seinen eigenen Händen, die der Prediger führte- sein letzter Gedanke war der Erinnerung an seines alten Ausbilders Worte Dich wird nur eines zu Fall bringen- Dein eigener Hochmut!- gnädige Dunkelheit umhüllte den Zenturio, als die Keule seinen Kopf zermalmte...
|