Nach anfänglicher Verwirrung durch die Worte des Kapuzenträgers begann der Kater aufmerksam zu lauschen. “ Ja, mein vierbeiniger Freund, ich hörte es auch, das Zeichen meines Herrn, dem schwarzen Schaf. Er ist voller Gnade für seine Herde“ Er blickte dem Deut des Fremden, hin zu der scheußlich schrecklichen Gasse, neugierig hinterher. Das Schaf, es ruft uns zu sich!…Sequere me et ego tibi adero“** Gerade wollte Idlog sein Gegenüber fragen, was das nun wieder heiße, da wandte sein Gegenüber sich schon ab und ging. Ohne noch groß zu zögern folgte das Fellknäuel dem seltsamen Mönch und schon nach einigen Schritten trafen sie auf eine mindestens genauso bizarr anmutende Gestalt; aus irgendeinem Grund kam sie Idlog aber bekannt vor. Noch bevor Idlog darüber nachdenken konnte, woher er den Kerl denn genau kannte, erhob dieser seine Stimme. "Was bei allen Dämonen geht hier vor sich, Venenarius? Warum spüre ich eine Aura, die von diesem Streuner dort auszugehen scheint? Erklärt Ihr Euch jetzt endlich mal? Oder wartet Ihr mit einer Auflösung Eures langsam aber sicher sehr nervigem Verhaltens bis wir den von Euch auserkorenen Zielort erreicht haben?!" Aura? Spinnen die jetzt alle?, schoss es dem Kater durch den Kopf, eine Reaktion seinerseits blieb aber aus, denn noch mehr Verwirrung hatte beim besten Willen keinen Platz mehr zwischen seinen fellbedeckten Ohren. Im gleichen Moment machte sich der Mönch auf um die Stadt zu verlassen. Nur die Spuren im Schnee verrieten nach einigen Minuten ihren Weg und schon bald war der Stadtrand erreicht.
Kaum dass sie die Stadt verlassen hatten, breitete sich vor ihnen eine Hügellandschaft und in einiger Entfernung ein – in den Augen des Katers – riesiges Gebirge aus. Zusammen mit den noch immer fallenden Schneeflocken ergab es ein idyllisches Bild wie aus einem Wintermärchen. Idlog interessierte diese Poesie der Natur allerdings wenig, er vertrieb sich lieber die Zeit mit dem Versuch einzelne Flöckchen zu fangen und hüpfte daher eher seinen Gefährten hinterher als dass er ging. Das Spiel mit dem Schnee ließ ihn seine wirren Gedanken vergessen; wie hätte sich auch ein Kater auf mehr als eine Sache konzentrieren sollen? So kam es dann auch, dass er die beinahe komplett weißen Hütten, an denen sie ihr Weg vorbei führte, aus deren Schornsteinen dunkler Rauch aufstieg, vollkommen übersah. Scheinbar wild in die Landschaft gesetzt, wurden es immer weniger, je weiter die Reisenden kamen; einige waren auch zerfallen oder offensichtlich unbewohnt. Ebenso ignorierte er die wachsende Schneetiefe, die das Vorankommen verlangsamt und – gerade ihm – erschwert hätte. Aber mit dem Boden hatte der Streuner sowieso nur wenig Kontakt, er setzte sich scheinbar zum Ziel, die Flocken zu fangen, wohin sie aus den wattegleichen Wolken fielen. Die gesamte Szenerie ergab ein recht lustiges Bild: Da war dieser verwirrende Mönch mit diesem seltsamen Begleiter, die durch das tiefe Weiß stapften und hintendrein sprang quietschfidel dieser kleine graue Kater dem Himmel entgegen, wild gestikulierend und voller Energie. So lief das Gespann eine ganze Weile durch die hügelige Landschaft – die letzte Hütte lag schon einige Zeit zurück – bis des Katers Energiereserven zur Neige gingen. Er hüpfte jetzt nicht mehr so hoch und irgendwann hörte er gänzlich mit seinem Spiel auf, was dazu führte, dass er im Untergrund fast vollständig versank; nur der Kopf und sein Schwanz lugten aus dem Weiß noch hervor. Zu allem Überfluss führte sie ihr Weg immer steiler bergauf, da sie den Fuß des Gebirges erreichten. Idlog wollte unbedingt wissen, wie weit es noch wäre, wie lang er sich noch durch den Schnee quälen müsse, doch aus Angst, er würde wieder eine dieser so schwammigen und verwirrenden Antworten des Mönches erhalten und ließ diese immens wichtige Frage unbeantwortet in seinem Kopf schwirren und hoffte einfach, dass sie bald da wären.
[...]
Vier Stunden Fußmarsch, zwei Yetis, ein Lama und einige Schneewehen später fand sich die Gruppe einen Gebirgspass betretend wieder. Der Kater steckte mittlerweile bis zu den Ohren unter dem Schnee und musste schon arg seinen Hals strecken um überhaupt etwas sehen zu können. Und genau das tat er im richtigen Moment. Ein paar der Schneeflocken ließen ein Bild entstehen, was anfangs gar nicht weiter aufgefallen wäre – würden sie nicht mitten in der Luft stehen geblieben sein. Immer mehr Flöckchen gesellten sich zu ihren Artgenossen und so langsam konnte man erkennen, was sie darstellen wollten: Ein Schaf. “Da.... da.... daaaaa!“, platzte Idlog aufgeregt heraus. Um den Moment noch unwirklicher erscheinen zu lassen, färbte sich das Gemälde auch noch schwarz und ein durchdringendes “MÄÄÄÄÄÄÄHHH!“ musste wohl endlich auch die Aufmerksamkeit seiner Begleiter geweckt haben. Erneut blieb nicht viel Zeit sich zu wundern, denn durch das Blöken in Schwingungen versetzt, schmissen die Berge links und rechts von ihnen die Schneemassen von sich – direkt auf die Gefährten zu. Aufgeschreckt von diesem unaufhaltsamen Gegner blickte sich der Kater aufgeregt um. Alles weiß, kein Entkommen in Sicht. Ein letzter Gedanke Doofes Schaaaaaaaaaaf! und er wollte auf sein Ende warten. Aber was war das? Da war doch was... ja genau da! Ein dunkler Fleck, eine Höhle? Ohne weiter darüber nachzudenken schrie er beim ersten Sprung Richtung Rettung seinen Begleitern noch ein “Laaaaauft! Da lang!“ entgegen und versuchte sein eigenes Fell zu retten. Er rannte, hetzte und stolperte durch den Schnee. Nur noch ein Katzensprung bis zur Höhle; und den machte er dann auch.
Das Grollen hinter sich versuchte er so gut es ging zu ignorieren, denn es hätte ihn nur abgelenkt von seinem lebenswichtigen Vorhaben. Im letzten Flug drehte er sich noch einmal nach seinen Führern um, die ihn in diese Situation erst gebracht hatten... und landete unsanft mit der Schulter zuerst auf dem harten Gestein in der rettenden Zuflucht...
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