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[RPG] Vom Tod und anderen Gegebenheiten
Anonymous

Gast

 
Beitrag #6
 
8 Tage war das ungleiche Gespann nun unterwegs, glücklicherweise sendete das „Ovis sanctae“* seine gütige Hilfe in Form der widderartigen Reitbeihilfen, welche kurz nach dem Passieren der mittlerweile zerfallenen Ruinen - des ehemals berühmten Reiches der schwarzen Lilie- zu den Reisegefährten stießen. Sie erleichterten das Vorrankommen erheblich, sodass am nächsten Vormittag Cymria erreicht werden würde. Die dichten watteartigen Wolken begannen ihre Last über dem Westen Palatins zu entleeren – es begann zu schneien. Von den höchsten Gipfeln des vulkanischen Massivs bis zum Buckelgurt, einer Hügelkette, die Cymria umringte, senkte sich ein zunehmend dichter werdender Schleier aus großen, weißen Flocken herab, bedeckte die Felder und verhüllte unter seinem Teppich gnädig die Schlachtfelder - in der Provinz Ferro Nocturno - und maskierte die schwarze, teilweise rot verkrustete Erde und die ausgebrannten Bauernhöfe.

Venenarius betrachte - wie schon die vergangenen Tage – seinen merkwürdigen Begleiter aus seinen Bernsteinaugen. Ward er wirklich der Richtige? Konnte das Schaf wirklich solch einen Menschen als seinen Jünger wollen? Wieder erklang der dumpfe Widerhall in seinem Kopf Dignus est intrare. – Er ist würdig einzutreten. . Angekündigt durch das Knacken seiner Schultern erhob sein Begleiter die Stimme: “Also, wo genau geht es jetzt hin? Quer in die Berge, in die Stadt oder habt Ihr ein anderes Ziel vor Augen? Ich denke es wäre langsam Zeit mir zu sagen, wohin ich Euch eigentlich folge.“ Mit seinem verzierten Stock deutete der - fest in seine Roben gehüllte - Mönch in Richtung der großen Siedlung. “Comprehendes, Amaran**… vertraut mir.”

Cymria verwandelte sich in eine weiße Stadt. Die Dächer waren bereits mit Eiszapfen geschmückt, jetzt jedoch wurden sie von blassen Tüchern aus Schnee verhüllt. Manche Kamine und Schlote darauf qualmten, als am späten Vormittag der Rauch der Kochfeuer emporstieg. Kinder spielten auf den Straßen; die Kleinen lachten und johlten, während Schneeballsalven hin- und her flogen. Hunde schnappten nach den tanzenden Flocken, die Karrengäule zuckten mit den Ohren, dicke Nebelwolken ausatmend. Vermummte Bewohner liefen über die Plätze, zu den Ständen einiger Straßenverkäufer, welche ihre Waren mit schmeichelnden oder Zotigen Knittelversen feilboten.

Die Wanderer ließen ihre Reitwidder an einem mit Heu gefülltem Futtertrog zurück und wandten ihren Weg durch die steinernen, teils schlammigen Strassen - vorbei an den emsigen ,in bunte Stoffe gekleidete, Händlern; nach frischem Brot duftenden Bäckerstuben und noch leeren Tavernen, mit ihrer met- und biergeschwängerten Luft – in die heruntergekommenen, verwaisten Viertel der Stadt , bis sie sich auf einem Platz wieder fanden.

Mit einem kurzen Blick nahm Venenarius die Einzelheiten des Platzes in sich auf, den zerbrochenen Brunnen, den zerstörten Holzwagen, der den südlichen Zugang zu einer Gasse halb blockierte, einige behelfsmäßige verrammelte Fenster und Türen , sowie einen alten Vertrauten; Heinz-Egon. Ungläubig blinzelnd, wendete der Hirte seinen Blick zwischen Heinz-Egon und Amaran hin und her. “Seht Ihr das auch, werter Amaran?“ Ohne auf eine Antwort zu warten, hastete der Palatese dem schwarzen Schaf in die halbverbarrikadierte, dunkle Gasse.

Dort fand er – zu seiner weiteren Überraschung – nicht Heinz-Egon, sondern einen wild fauchenden - mit gesträubtem Fell, den Schwanz an dem Wand einer Sackgasse gepressten - Kater. Das arme Tier war eingekesselt von fünf muskulösen, schwarzen Kötern. Von dem das sanfte Mondlicht reflektierenden, Geifers - welcher von ihren gefletschten Zähnen tropfte – unfreiwillig gebannt, betrachtete Venenarius das zunehmende Näherrücken der Hunde.
In seinen Gedanken bat der Mönch um einen schnellen, schmerzfreien Tod für den armen Streuner; kaum hatte er diesen Gedanken beendet wurde die relative Stille durch einen dröhnenden Laut unterbrochen „MÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄH“, tönte es lang anhaltend durch die Enge der Straße, bis sich die baufällige, putzlose Westwand aus rötlichen Ziegelsteinen über die fünf Köter ergoss – eine Kakophonie aus Winseln und Jaulen, welches schnell erstarb, auslösend - gefolgt von einer Staubwolke, die die Sackgasse einhüllte.

Wild hustend stürzte Venenarius aus der Gasse hinaus – gefolgt von dem Kater. “Na, mein Kleiner, was führt dich in diese finstere Gegend?“ Er bückte sich hinunter um den Streuner hinter den Ohren zu kraulen, doch hielt er inne als in seinen schmalen, graugrünen Katzenaugen etwas sah – Verständnis.

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* heiligen Schafs
** Du wirst verstehen, Amaran
16.02.2007, 08:30


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