Beitrag #5
Sein Gegner schien kein Freund der großen Reden zu sein, wie auch immer- Kampfesgeist trug er in sich, dass wurde Prospero schon in den ersten Augenblicken bewusst. Seine Frage jedoch trug einen gewissen Spott in sich, jedenfalls wirkte es auf ihn so.
“Ob ich mit diesen Waffen vertraut bin fragt ihr? Nun, schon eines eurer Kurzschwerter wirkt befremdlich auf mich müsst ihr wissen! Ich stamme aus einer Gegend, wo solche Waffen nicht viel wert währen. Sensen und Sicheln, Krumschwerter und unter Umständen Bögen oder Lanzen- doch nicht solche Waffen wie ihr sie hier nutzt.
Allerdings scheinen Eure Waffen aus diesem Muster herauszufallen, nach allem was ich erkennen kann, sind deren Klingen nicht so erbärmlich kurz wie die der meisten anderen die ich sah, wenngleich ich einräumen muss, dass ein erfahrener Gladiator damit sicherlich geschickter umzugehen weiß, als die Strauchdiebe die die Güte hatten mir eine Demonstration angedeien zu lassen.
Doch genug der Waffenkunde, ich brenne auf einen Kampf, und ihr mit Sicherheit auch.“
Noch während er sprach, hatte sich Prospero langsam und behutsam um seinen Gegner herumbewegt. Nun schien ihm die Sonne nicht mehr ins Gesicht, und er würde die Handlungen seines Gegenüber besser einschätzen können.
Otori Takeo ließ sich nicht lange bitten, wie in Raserei startete er seinen ersten Angriff. Dank der Länge der Sense bereitete es Prospero keine große Mühe den Schlag abzufangen, doch er spürte einen unsanften Stich an seinem rechten Bein.
Irgendetwas hatte sich durch seinen Umhang gefressen und seine Wade gestreift. Aber an Takeo konnte er keinen Bogen erkennen, also musste der Pfeil aus dem Publikum gekommen sein. Scheinbar hatte sein Gegner den hinterhältigen Anschlag noch nicht bemerkt, und auch Prospero hatte im Moment andere Sorgen als sich um den unsichtbaren Schützen zu kümmern.
"Wirklich, eine interessante Waffe. Doch wenn ihr nichts dagegen habt, so werde ich ihre Stärke zu einem geeigneteren Zeitpunkt genauer auf die Probe stellen."
Mit einer leichten Drehung entriss sich Prospero dem Ringen. Er wollte seine Kräfte noch nicht allzu früh mit Takeo messen. Unter Umständen könnte er sogar bestehen, doch es war klüger, sich seine Kräfte für den weiteren Verlauf des Duells aufsparen. Er wusste es nicht genau, doch auch seinem Gegner würde dieser Aufschub zugute kommen.
Doch um sicher zu gehen, sprang Prospero aus der Drehung heraus einige Schritte zurück.
"Nun, ich habe mich aufgewärmt- wie steht es mit euch? Können wir anfangen?"
Die Wahrheit war, dass es ihm beiweitem nicht so leicht gefallen war, dem Kräftemessen zu entkommen, wie es vielleicht den Anschein hatte. Er durfte Otori Takeo nicht noch einmal so nah an sich hernakommen lassen, wenn er ohne größere Verletzungen aus diesem Kampf hervorgehen wollte.
Mit einem zufriedenen Grinsen auf dem Gesicht kreiste Prospero, die Sense fest in beiden Händen, seinen Gegner. Aus den Augenwinkeln suchte er immer noch den im Publikum verborgenen Attentäter zu erspähen. Wer konnte es hier, in einer Stadt die er noch nie besucht hatte, auf ihn abgesehen haben? Hatte Takeo diesen Angreifer angeheuert?
Aber wer ihn angegriffen hatte, oder warum, war im Moment ohne Bedeutung. Prospero musste sich lediglich der Tatsache bewusst sein, von zwei Seiten bedroht zu werden.
"Übrigens, euer Amulett trage ich bei mir- ein solch scharfkantiges Schmuckstück ist mir bis zum heutigen Tag noch nicht unter die Augen gekommen."
Prospero löste eine Hand von der Sense und angelte den an einer dünnen Kette befestigten Stern, mit dem die Herausforderung am Brett befestigt war, unter seiner Kutte hervor. Gedankenverloren betrachtete er den glänzenden Stern in seiner Hand.
"Wahrlich ein seltsames Amulett."
Währen seine Hände nicht in Bandagen eingeschlagen gewesen, so hätte er sich mit Sicherheit ein weiteres mal an dem unscheinbaren Stern verletzt, wie damals, als er ihn vom Brett entfernen wollte. Doch über die Bedeutung dieses für ihn ungewöhnlichen Schmuckstücks konnte er nach dem Duell noch weiter nachsinnen, oder vielleicht sogar Takeo befragen. Denn eine Bedeutung musste es haben, nur zur Zierde schien dieser Stern nicht geschaffen zu sein.
So ließ Prospero von dem Stern ab und fasste seine Sichel nun wieder mit beiden Händen, wenn er schon dem unsichtbaren Angreifer Hilflos ausgeliefert war, wenigstens Takeo konnte er gegenübertreten. Wenn er ihn direkt angriff, könnte dies den Unbekannten zu einem weiteren Angriff provozieren – sofern Otori Takeo dahintersteckte.
Aber er kannte seinen Gegner nicht gut genug um solche Schlüsse zu ziehen. Möglicherweise hatte es der Angreifer auch auf beide abgesehen – oder unter Umständen auch nur auf Otori Takeo, er kannte sich in Rom noch nicht allzugut aus, doch er wusste nicht, ob Takeo hier Feinde hatte.
Doch er durfte es sich nichts anmerken lassen. Also ließ er die Sichel zwei mal durch die Luft pfeifen, weit genug von Otori entfernt, um eine Bedrohung für diesen darzustellen. Nein, er würde ihn nicht angreifen- noch nicht. Er würde warten, bis Otori einen Fehler machte- und je länger das Duell andauern würde, desto wahrscheinlicher wurde das.
"Was ist los? Scheut ihr davor zurück, jemanden anzugreifen, der mit Erntewerkzeugen hantiert?"
Er würde einen Fehler machen- jemand würde einen Fehler machen, vielleicht Prospero selbst- er musste vorsichtig sein.
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