Von all dem Trubel auf den Zuschauerrängen bekam er nichts mit. Er war zu sehr konzentriert auf sich, auf die Arena und das tobende Ungeheuer vor ihm.
Er war über sich selbst erstaunt, dass er nicht zitterte, wie er eigentlich wollte. Er stand ruhig da, doch vermutlich nur, weil er zu viel Angst hatte sich zu bewegen.
Vor ihm stand eine Verrückte, die ihm wiedermal eine Todesdrohung an den Kopf warf. Er wünschte, er wäre es langsam leid, doch ständig kamen ihm neue Bilder seiner verstümmelten Leiche in den Sinn, die einmal als Hackfleisch in die Kanalisation geworfen, mal mit abgeschlagenem Kopf auf einer Lanze irgendwo ausgestellt lag. Er ging den kampf bereits im Kopf durch. Er würde versuchen die Schläge zu parieren, doch irgendwann würde er scheitern und seinen lebensatem aushauchen.
Nein!
Das wollte er auf keinen Fall. Er musste sich beruhigen. Ja, immer schön ruhig bleiben, dann konnte er besser denken. Wenn er jetzt die Nerven verlor war er verdammt, und könnte Pluto bereits grüßen, bevor er dies wollte.
In Gedanken ohrfeigte er sich einmal kräftig um wieder klare Gedanken fassen zu können.
Seine Gegnerin redete gerade irgendetwas, doch er hörte sie nicht, sah nur ihre Mundbewegung. Sie wirkte wie von Sinnen, und sah genauso aus, wie sie da in der prallen Hitze mit ihrer Rüstung stand. Wie warm es wohl dort sein müsste? Ihm war auch nicht gerade kühl unter seiner Lederrüstung, doch war diese wenigstens kühler als so eine Metallrüstung.
Nein, das war jetzt nicht die Zeit, sich von der Hitze ablenken zu lassen. Er musste irgendetwas tun.
Xardas konnte ihm jetzt nicht helfen, er stand weit weg, noch hinter seiner Gegnerin. Schön und gut, wenn er ihr in den Rücken fallen wollte, allerdings er selbst wäre bis dahin nurnoch ein blutiger Klumpen, der einst menschlich gewesen war.
Nein, nein, nein! Er durfte nicht über seinen Tod nachdenken, er würde Fehler machen. Einen Fehler, der schlimmer war als der, diese Verrückte zum Duell herauszufordern.
Als Iya dann plötzlich wie der Höllenhund brüllte und fauchte dahte er bereits, sein Verstand habe sich verabschiedet. Wie konnte er Stimmen der Ungeheuer aus einem menschlichen Mund hören?
Er kurz davor, einfach wegzulaufen, doch er besann sich noch einmal und dachte nach. Er versuchte sich zu beruhigen - unter den gegebenen Umständen kein leichtes Unterfangen. Es dauerte einen Moment, dann wurde das fauchen und jaulen zu einem übertriebenen Lachen. Gut, seine Einbildung hatte ihm nur einen Streich gespielt. Es war unmöglich, dass seine Gegnerin aus der Unterwelt kam um ihn mit hinunterzuziehen, um ihm ewige Qualen wie die des Prometheus oder des Sysiphos aufzuerlegen. Nein, so sehr hatte er auch wieder nicht die Götter erzürnt.
Er wurde gerade aus seinen Gedanken geschreckt, als ein Schlag direkt an seiner Flanke vorbeisauste. Er hatte nichteinmal die Zeit, zusammenzuzucken, als bereits der nächste kam. Er bekam Panik, er brachte seine ganze Konzentration dazu auf, die Schwerter seiner Gegnerin im Auge zu behalten. Er wich jedem Schlag mehr durch Glück als durch Können aus. Doch er merkte, dass in diesen SChlägen noch kein tödlicher Ernst lag. So verängstigt er auch war, er bekam schnell heraus, dass jeder Schlag nicht auf ihn, sondern neben ihn gerichtet war. Als er das herausfand rasten seine Gedanken wieder. Warum wurde er nicht direkt angegriffen? Warum war er so panisch darauf bedacht, Schlägen, die nicht auf ihn gerichtet waren auszuweichen?
Ihm ging endlich ein Licht auf. Einschüchterung! Es war nichts anderes als eine simple Taktik, den Gegner einzuschüchtern, zu verängsitgen und zu Fehlern zu verleiten.
Nun, zugegeben, er WAR verängstigt, und eingeschüchtert, aber er wusste nun, was die Intention seines Gegners war. Er würde bestimmt keinen Fehler unabsichtlich begehen. Er war vielleicht schwach und feige, aber dumm war er nicht, er wusste, was er vermeiden musste.
Dennoch musste er fast seine gesamte Kraft und Geschicklichkeit dazu aufbringen, den Scheinschlägen auszuweichen.
Wer wusste denn, ob sie ihn nicht beim nächsten Schlag mit einem ihrer Schwerter durchbohrte?
Er brauchte eine Strategie. Und das schnell!
Er wusste bereits, dass Iya noch mit ihm spielte. Sie wollte ihm Angst einjagen und zu Fehlern verleiten. Aber wie wäre es denn, wenn er ihr SPiel mitspielen würde? Wiegt man einen Gegner in Sicherheit, dann machte dieser ebensolche Fehler.
Er veränderte seine Haltung, seine Mimik und seine Gestik. Er wich den schlägen nichtmehr so gut es ging aus, nein, er benutzt jetzt seine Arme dazu, um die Schwerter abzuleiten, mithilfe der Metallstange in seiner Armschiene. Das war sein gespielter Fehler 1, er war jetzt ohne Deckung, aber er würde das irgendwann sicherlich ausgleichen können, wenn er die Gelegenheit dazu bekam, schließlich ging es hier um sein Leben!
Neben diesem Fehler lies er die Schale des Neutralen Kämpfers fallen, und man könnte meinen, er sah aus wie ein gehetztes Tier. Es stimmte aauch teilweise. Wie er sich jetzt benahm war keinesfalls gekünstelt, sondern entsprach der WIrklichkeit, denn er gab die Kontrolle über sich auf, und wehrte sich nurnoch durch Instinkt. Im Gegensatz zu einhundertprozentig echter Panik war er jedoch noch vollkommen klar im Kopf und konnte seine nächsten Schritte genau planen. Er stellte scih alle Szenarien vor, die er sich vorstellen konnte, er analysierte alle möglichen Fehler und SChwachstellen, und dachte sich passende, für ihn mögliche Gegenreaktionen aus. Doch glücklicherweise konnte ihm niemand in en Kopf schauen, sonst würde seine Gegnerin noch vollkommen ernst machen, und das wäre für ihn vermutlich das Todesurteil...
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