Beitrag #9
RE: Des Predigers Rückkehr
Konsterniertes Schweigen beherrschte das Innere der Taverne 'Des Gladiators Zuflucht', die dort versammelten Gladiatoren schienen fassungslos, als er seine Ansprache beendet hatte. Unglauben beherrschte ihre Gesichter, während sie erregt mitteinander flüsterten. Nur die ganz Alten, die so wie er nach Rom zurückgekehrt waren, wirkten gefasst. Sie kannten ihr Schicksal, würden es hinnehmen, für Rom, in der Hoffnung, den drohenden Untergang noch abwenden zu können. Ihnen war es, wie ihm auch, vollkommen gleichgültig, wer der Gegner, Champion des Imperators, Champions der Senatoren, sein mochte- der Ausgang des Kampfes war vorherbestimmt, bereits von ihnen beschlossen.
Der Alte Mann fragte sich, was der Imperator wohl denken mochte. Er war diesem noch nie begegnet. Senatoren schon, erst kürzlich, diese Gespräche hatte er fürwahr nicht genossen. Sie waren allesamt blind, geblendet von der Macht, sahen die Schatten über Rom nicht. Verstrickt in ihren Intrigen untereinander, gegen den Imperator. Sahen nicht, wo ihre Macht wurzelte- in Rom. Ahnten nicht, dass diese Wurzeln starben, zu Staub zerfielen, und damit auch all ihre Macht und Glorienschein der Dunkelheit des Vergessens anheim fallen würde.
Seine Gedanken wanderten zum Domizil des Imperators Schläfst Du gut, O Cäsar? Sollten Deine Träume den meinen ähneln, wird Dir der Schlaf keine Erholung schenken. Meine Zukunft ist der Tod, die Deinige weitaus schlimmer, denn Du wirst weiterleben, auch nach dem Untergange Roms, ohne Wurzeln langsam vor Dich hinsiechen. Noch kannst Du Dich dem Untergang entgegenstemmen. Doch ich habe wenig Hoffnung, nach allem, was ich von Dir hörte, geblendet von Deinem eigenen Glanz, verblendet von Deiner scheinbaren Macht. Unendlich wird Deine Einsamkeit sein
Der Alte Mann hob den Kopf, er hatte gespürt, dass ihm sich jemand genähert hatte. Eine junge Gladiatorin, hager, sehnig, zäh. Er musste lächeln, als er der Wildheit gewahr wurde, die in ihren Augen loderte, ihm verriet, dass sie sich nur mühsam beherrschen konnte. Der Alte Mann seufzte: "Nun, sag schon, was Du sagen willst, bevor es Dich zerreisst!" Die Gladiatorin knurrte: "Du meinst das Alles wirklich ernst? Wir folgen Dir, Deinem Namen, aber ich frage mich, ob Du noch bei Sinnen bist?" Die Augen des Alten Mannes wurden hart: "Manchmal muss man etwas hinrichten, um etwas auszurichten... Sich selbst!" Er fuhr mit trauriger Stimme fort: "Und wenn das nichts auszurichten vermag, werden in Roms kläglichen Überresten die Hungerjahre herrschen, Sieben mal Sieben Jahre lang!"
Trocken fuhr er fort: "Das lag Dir auf dem Herzen, aber es war nicht das, was Du im Sinn hattest!" Die Gladiatorin müsterte ihn voller Verblüffung, sammelte sich rasch: "Eusebius möchte Dich treffen, im Kolloseum. Gladiator, Schmied, Prätorianergünstling, ein undurchsichtiger Mann. Ich traue ihm nicht. Er wäre imstande, Dir einen Hinterhalt zu bereiten. Der Imperator würde diesen für Deinen Tod wohl reich zu entlohnen wissen!"
Der Alte Mann musste schmunzeln. Sein Gedächtnis war nicht mehr das Beste, doch jetzt fiel ihm der Name dieser Gladiatorin wieder ein: "Sheeba, lass diesen Eusebius wissen, das ich zu einem Treffen bereit bin, im Kolloseum. Er mag den Zeitpunkt nennen, ich werde dort sein. Sorge Dich nicht um mich. Sollte mein Tod das Ergebnis dieses Treffens sein, so sterbe ich immerhin im Kolloseum. Das wird nichts ändern, denn ich bin nicht mehr vonnöten, auch ohne mich wird das Schicksal seinen Lauf nehmen!"
Er ignorierte Sheebas erstaunten Gesichtsausdruck, blickte in den Becher mit dem Roten Weine, erschauerte innerlich ob des Anblickes, der sich bot Der Tiber, dessen Wasser sich in Blut verwandelt hatte, das Kolloseum, statt sandbedeckter Boden ein See von Blut, dunkle Regenwolken, die statt Regen zu spenden, blutrote Tränen weinten...
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