RE: Der Schäfer des Chaos
Geschwind und aufgeregt wie eine junge Frau vor ihrem ersten Mal lief ich die weitläufigen Stufen zum Palast empor. Ihr müsst wissen, dass Maximus so etwas wie mein großer Bruder ist. Wir kennen uns seit den Tagen, als römische Legionen Gallien eroberten. Nein, nicht ganz Gallien. Ein ganz klitzekleines Dorf blieb bis heute unbesiegt. Daher komme ich und bin Maximus bis heute dankbar, dass er mich aus dieser Hinterwelt befreit hat, gerettet vor diesen Kindsköpfen, deren tägliche Sorge es allein war, ob der Fisch frisch ist oder ob am Abend genügend Wildschwein auf den Teller kommt. Dort würde ich wohl noch heute Ställe ausmisten oder Fisch ausnehmen, wenn ich als kleines Mädchen nicht davongelaufen wäre. Mitten hinein ins Lager der Römer, wo der Kommandeur mich in seine Obhut und mit nach Rom nahm. Seitdem ist er wohl der einzige Kerl auf dieser Welt, der nicht davon träumt, mit mir das Bett zu teilen. Selbst die vom anderen Ufer begehren meine sanften Hände, meine Sinnlichkeit und mein Wissen um alles, was schön macht.
Dieser Maximus! Nahm mich einfach bei der Hand und meinte, er wäre sowieso auf dem Wege zum Imperator. Dann sollte ich doch gleich mitkommen. Wie bitte? Ich hatte nicht einmal die Zeit, mich zurecht zu machen oder mir etwas passendes anzuziehen. Dieser verrückte Kerl. Trotzdem war ich einfach zu neugierig und gespannt, als mir diese Chance entgehen zu lassen. Falballa in Caesars Palast. Mein Traum wurde wahr. So nah am Ziel! Lachend und scherzend begleitete ich den großen Kommandeur durch den riesigen Marmorbau und laberte ihm vermutlich ein Ohr ab, während er mich ständig maßregelte und bedauerte, mich mitgenommen zu haben. Selbst Schuld! Er sollte mich besser kennen. Wer sonst? Auch wollte er mir partout nicht sagen, was es mit diesem schön gemusterten Säbel auf sich hatte, den er bei sich trug. So ein Metall wie diese Klinge hatte ich noch nie gesehen. Würde sich sehr schön mit einer Schleife drum als Wanddekoration machen. Naja, war wohl ein Geschenk für Caesar. Das könnte ich dann immer noch an die Wand hängen, wenn ich hier wohnen würde.
Ich warf noch einen kritischen Blick auf meine Fuß- und Fingernägel und sah mich dann um, während Maximus irgendwelche Diener um Audienz bei Caesar ersuchte. Irgendwie enttäuschend diese Einrichtung, dachte ich. So kühl wie in einem Museum. Nichts Gemütliches oder Kuscheliges. Hier fehlte eindeutig die heimelige Note einer Frau, meine Note! Mit meinem ganzen Klimbim würde das hier schon viel ansprechender und wohnlicher aussehen. Maximus kam auf mich zu und packte mich sanft an den Schultern. Ein väterlich ernster, doch freundlicher Blick traf mich, als er zu mir sprach: „Ich sehe es in Deinen Augen. Du willst das wirklich durchziehen und Caesar in Dein Badehaus einladen. Verspreche Dir nicht zuviel davon, meine kleine Schwester und gräme Dich nicht, wenn er Dich nicht sprechen will. Kannst Dich glücklich schätzen, wenn er Deine Nachricht beachtet. Nun benimm Dich und warte hier auf mich. Fass nichts an, bis ich zurück bin.“
…..fass nichts an, bis ich zurück bin! Paaah!! Ich machte eine Grimasse und äffte seine besorgten Worte nach. Da war der Meister aber auch schon abgedreht, trug dieses Dingsda und meine Tafel mit der Nachricht und lief schnellen Schrittes davon. Kaum dass ich die Worte ausgesprochen, hielt ich mich an einem goldenen Nasenring eines der hässlichen steinernen Kreaturen fest, als sich daraufhin krächzend eine Türe mitten in der steinernen Wand auftat. Hilfe, was ist denn das? Ein Geheimgang? Ein Tor zur Unterwelt Roms gar - hinab in die sagenumwobenen Katakomben? Egal, besser ich folge Maximus. Meine Neugier erlaubte es nicht, einfach nur hier zu warten. Ich musste wissen, was dort gesprochen wurde. Das war weit wichtiger als dieser blöde Geheimgang in der Wand.
Zum Glück waren wir vorbei an allen Wachen und Dienern. Niemand, der mich hätte aufhalten können. Auf leisen Sohlen erreichte ich das Vorzimmer zum großen mächtigen Imperator. Ich sah niemanden, doch hörte ich, dass noch wer außer Maximus und Caesar anwesend war. Dessen Stimme kam mir nicht bekannt vor. Der Kommandeur durfte nun sprechen und ich lauschte angespannt.
„Ich habe gute Nachrichten in dieser Angelegenheit, mein Caesar. Der beste Schmied Roms fertigte dieses neuartige Schwert, mit dessen Hilfe wir den alten Gladiator und seine Schergen in die Schranken weisen können. Ich konnte mich selbst von der Durchsetzungskraft dieser Waffe überzeugen mein Caesar und biete meiner selbst an, gegen den Champion der Gladiatoren anzutreten. Darüber hinaus habe ich noch diese Nachricht für Euch, mein Caesar. Sie stammt von einem Mädchen, welches ich einst aus Gallien hierher nach Rom mitbrachte und die heute wie eine Schwester zu mir steht. Ihr könnt ihr absolut vertrauen. Sie macht sich wohl Sorgen um Euer leibliches Wohl mein Caesar. Sie ist gelehrt in vielen Dingen, die das Leben erleichtern und führt ein angesehenes Badehaus. Wenn ihr mögt, lest ihre Nachricht und sprecht mit Ihr. Sie weilt hier im Palast. Wenn nicht, nehme ich sie sofort wieder mit.“
Schön gesprochen mein Großer. Nun, da ich gespannt Caesars Antwort erwartete, juckte mein Näschen wie verrückt. Aber ich hatte natürlich auf die Schnelle kein Tuch zur Hand. So presste ich denn Daumen und Zeigefinger gegen beide Nasenflügel, in der Hoffnung, jetzt nicht niesen zu müssen. Doch dann drang doch ein ersticktes „Haaaaatschiii“ durch meine Finger. Na hoffentlich hatte das jetzt keiner von denen da drinnen gehört.
Männer umschwirrn mich - wie Motten das Licht,
doch wenn sie verbrennen - dafür kann ich nicht!
|