Beitrag #3
RE: Des Predigers Rückkehr
Ein Dutzend Reiter nähern sich dem belebten Platz im Gladiatorenviertel. Fünf Frauen und sieben Männer. Allesamt gekleidet in derben Baumwollstoffen und ledernen Rüstungsteilen. Ihre äußere Erscheinung sowie Bewaffnung und Gepäck lassen erkennen, dass die kleine Gruppe just eine längere Reise hinter sich gebracht hat. An ihrer Spitze reitet Lancelot. Neben ihm die Spanierin Emanuelle Dolores, seinerzeit besser bekannt als die Wirtin des Zwingers, Eddie. Die Jahre scheinen an ihr spurlos vorüber gegangen zu sein. Rassig wie eh und je und aus ihren dunkelbraunen Augen sprüht das Feuer ewiger Jugend. Gerade so wie bei einem gut gereiften spanischen Rotwein.
Unter den anderen vier weiblichen Gruppenmitgliedern entdeckt der aufmerksame Beobachter eine ihr zum Verwechseln ähnliche junge Dame. Das ist Emma, die aus der Heimat ihrer Mama, dem lebensfrohen Baskenland an der Nordküste Espanas, gleich drei unternehmungslustige und neugierige Freundinnen mit nach Rom gebracht hat. Der Anlass ihrer Reise nach Spanien allerdings war weniger fröhlich. Sie gaben den Eltern Eddies ihr letztes Geleit. Enrice, der unauffällige Helfer im Zwinger und Onkel Eddies, war mit ihnen gekommen, um in seiner Heimat zu verweilen und dort zu sterben. Lance und Eddie aber waren sich darin einig, dass dieser drahtige zahnlose Gringo auch sie beide noch überleben würde.
„Was meinst Du Eddie? Haben wir uns im alten Roma verirrt? Wir wollten doch ins Gladiatorenviertel und nicht zur Rednertribüne im Forum Romanum. Oder halten auch hier nun die Propheten der Götter Einzug, um uns Gladiatoren zu einem bescheidenen Leben ohne Gewalt zu bekehren. Lasst uns absitzen Kameraden. Wir sehen uns diese Versammlung einmal näher an. Vielleicht begegnen uns bekannte Seelen.“
Zu Rom hatte unser Ritter schon immer ein zwiespältiges Verhältnis. Er mochte weder seine gelackten Intelektuellen in den zahllosen Thermen, noch den geistig zurückgebliebenen Abschaum in der Gosse und in den Tavernen. Er hatte seinen Ordensrittern stets andere Werte vermittelt und die eisernen Wölfe dankten es ihm mit Treue und Moral. Einmal ein Wolf, immer ein Wolf. Einer für alle und alle für Einen. Sechs treue Gesellen dieser Sorte folgten ihm auch jetzt. Einige Wölfe, so hatte Lance gehört, fanden nach der Aufgabe Winterfells bei den befreundeten Bajuwaren eine neue Heimat, andere fanden sich weit entfernt in anderen Provinzen wieder, andere fanden auch nicht mehr als ihre letzte Ruhe. Das Schlachtfeld der ewigen Dämmerung. Gefallen vor den Toren Roms – doch gewiß nicht für Rom! Nein, diese Stadt war ihm stets viel zu laut, viel zu verlogen gewesen. Den Imperator, der dieses Sodom und Gomorra führte, konnte Lancelot im Grunde nur bedauern.
Was ihn hierher führte war einzig und allein sein Herz, denn asil, die Königin des Friedensreiches, verdingte sich zu seinem Bedauern als Arm des Imperators in der Palastwache. Doch egal was auch immer Sie tat, die beiden konnte nichts und niemand mehr trennen. Selbst den Untergang des römischen Reiches würde das Paar ganz sicher überleben.
Lance , Eddie und die sechs Ritter stiegen die Anhöhe hinauf, während Emma und die drei anderen Mädchen bei den Pferden blieben. Die oben versammelte Menge beachtete sie kaum, sondern nahm die Neuankömmlinge in sich auf in der Vermutung, weitere Gleichgesinnte gefunden zu haben. Trotz der zahlreichen Menschen war es beunruhigend ruhig. Alle Augen folgten einem alten Mann, drahtiger Bursche, vermutlich Arena-erprobt, doch Lance kannte ihn nicht. Schaute in die entschlossenen Gesichter der Menge und suchte ihm bekannte Konturen. So viele Freunde und Feinde, Brüder oder ehrbare Gegner, aber auch Taugenichtse und falsche Giftschlangen darunter, hatte er ewig nicht gesehen.
Was war wohl aus Kannibale geworden, dem geachteten Herrscher der Illuminaten. Ihm hatten die Wölfe einen einmaligen Kampf geboten. Allein waren sie auf die allseits gefürchtete Festung zugelaufen und hatten ihnen eine blutige Schlacht geliefert. Hier in Rom nahm man oftmals keine Notiz von den wirklich legendären Kämpfen rund um die Stadt. Maulhelden und kläffende Hunde bestimmten hier wie immer das Geschehen, während im Staub vor den Toren der Allianzen ehrbare Krieger kämpften. Wurden sie alle dahingerafft oder hatte auch sie die Seuche Roms in ihren morastigen Schlund der Süchte und der falschen Moral hinabgezogen? Da! Plötzlich ein bekanntes Gesicht.
Etwas abseits stand Eusebius, der Schmied. Ein Römer durch und durch und ein begnadeter Hersteller feinster Waffenkultur. Jeder Schmied des Ordens hatte bei ihm seinen Meister gemacht. Der Ritter ging auf ihn zu, erfreut endlich ein bekanntes Gesicht zu sehen, während in dem Augenblick nicht nur Eusebius, sondern scheinbar alle anwesenden Gladiatoren dem Beispiel des Alten folgten und mit ihrem rechten Daumen nach unten zeigten. Lance folgte ihrem Blick und sah über dem Hügel den Palast des Imperators in der Sonne glänzen. Ihm also galt diese Versammlung sowie das vereinte Missfallen der hier Versammelten?
„Eusebius! Was in aller Welt führt Dich hierher. Haben Sie Dir etwa den Hammer geklaut? Oder suchst Du immer noch Talente für Deine Gladiatorenschule? Wird das hier ein Aufstand der Gladiatoren, oder wie darf ich den gesenkten Daumen verstehen? Du weißt, ich habe nie viel gehalten von diesem dekadenten Pack, ob nun Senator oder Imperator. Aber was zum Henker hast Du damit zu schaffen? Kommst doch sonst nie aus Deiner Werkstatt heraus. Erzähl mir alles, ich war lang nicht hier und bin auch jetzt bloß wegen asil in Rom. Wir wollen uns hier treffen. Du hast sie nicht zufällig gesehen?“
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 26.10.2013, 17:31 von LanceLot. )
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