Beitrag #2
RE: Des Predigers Rückkehr
Das Gebrüll der Menge war ohrenbetäubend, sie skandierten seinen Namen. Wieder einmal. Wieder einmal, wie so oft zuvor, lag sein Gegner hilflos vor ihm im Staub der Arena, dessen Waffen ausser dessen Reichweite den Boden zierend. Doch selbst in Reichweite wären sie diesem nicht mehr von Nutzen gewesen. Nicht mit gebrochenen Handgelenken und ausgekugelten Schultern. Auch dieser Gegner war dem verständlichen Irrglauben erlegen, in ihm, der ohne jede Waffe den Rund der Arena betreten hatte, ein leichtes Opfer zu finden.
Er musterte seinen Gegner, mit durchaus anerkennendem Blick. Dessen schwarze Hautfarbe verriet dessen Herkunft- das rätselhafte, dunkle Afrika. Angekündigt in der Arena ward er als der Nubier. Er hatte ihm einen würdigen Kampf geliefert, den besten bisher, dem er sich in seiner Laufbahn hatte stellen müssen.
Vereinzelte Rufe in der Menge wurden laut, rasch fielen andere ein, bis es wohl in ganz Rom vernommen werden konnte "Tod, Tod, TOD, TOD, TOD..". Er blickte in des Nubiers Augen, die sich weiteten. In ihnen stand Resignation geschrieben, dieser wusste, das sein Schicksal durch das Urteil der Menge besiegelt war.
Er liess den Blick über die tobenden Zuschauer wandern, gesenkte Daumen allerortens, mitleidsloser Blick, sie gierten nach des Unterlegenen Blut. Er beugte sich zu seinem Gegner hinunter, umfasste dessen Hals mit beiden Händen, flüsterte "Keine Sorge, mein Freund. Du warst ein würdiger Gegner, Dein Tod soll kurz und schmerzlos sein, Deine Ahnen werden Dich als Held empfangen!" Sein Griff wurde fest, sein Blick wanderte zur Loge des Imperators.
Dieser musterte die Menge, hob gebieterisch die Hand. Das Gebrüll ebbte ab, verstummte. Des Imperator Daumen verharrte in der Waagrechten, dessen Blick verriet Entschlossenheit... und dann reckte er den Daumen!
Ein Raunen ging durch die Menge, sich steigernd. Er selbst sah des Nubiers diesmal vor Verblüffung geweitete Augen, lächelte diesem zu, flüsterte "Das jetzt wird Dir sicher Schmerzen bereiten". Mit aller Kraft und Geschick renkte er die Schultern seines Gegners wieder ein, ein Medicus würde sich wohl der gebrochenen Handgelenke annehmen müssen. Aber diese würden mit der Zeit wieder heilen...
Er erhob sich, wandte sich dem Imperator zu, die geballte rechte Faust auf dem Herzen, neigte sein Haupt ehrerbietig vor diesem, mit allem Respekt, den diese Entscheidung des Imperators verdiente!
Verblüfftes Schweigen schien im Rund der Arena zu herrschen, doch es währte nicht lange, den Namen, den die Zuschauer nun brüllten, war nicht der Seinige, sondern der des Imperators- denn heute war dessen Tage, der Tag, an dem seine Untertanen ihm huldigten...
Die Erinnerungen verblassten. Der brennende Blick des Alten Mannes galt dem Palast des Imperators auf dem Palatin. Ein anderer Imperator, der sich dort verkrochen hatte. Mittlerweile standen sie dicht an dicht auf diesem Platze, Gladiatoren... manche, die er kannte, von zahlreichen Kämpfen in der Arena und der Last des Alters gezeichnet. Andere, von denen er gehört hatte, diese vermochte er nur von Beschreibungen her namentlich zu benennen. Weitaus mehr, noch das Feuer der Jugend in sich spürend, die ihm fremd waren.
Schweigend starrten sie gen Palatin, mit funkelnden Augen. Hatten des Imperators Schergen diesem schon berichtet, was sich hier auf diesem Platz abspielte, oder schirmten sie diesem von allem ab, das dessen zartes Seelchen betrüben könnte? Würde der Imperator, sofern er Kenntnis erhalten hätte, den Mut aufbringen, sein luxuriöses Domizil zu verlassen und sich der drohenden Apokalypse stellen? Oder mussten wieder die Prätorianer an des Imperators statt für diesen in Rom als Feuerwehr einen erbärmlichen Auftritt zelebrieren?
Die Lippen des Alten Mannes kräuselten sich zu einem verächtlichen Lächeln. Die Prätorianer würden wohl kaum bereit sein, sich ihre schmucken Rüstungen verbeulen zu lassen, hier in dem schmutzigen Viertel der Gladiatoren unter sich. Den Imperator hatte er schon lange zuvor gewogen- und für zu leicht befunden! Wie auch dessen Schergen, die sich im Abglanz des Imperators sonnten und weniger Respekt verdienten, als die Ratten Roms!
Schweigen lastete über dem Platz, verdichtete sich. Der Alte Mann erhob gebieterisch seine Hand, den Daumen in der Waagrechten, den Blick fest auf des Imperators Palast gerichtet- und senkte diesen...
Die auf dem Platz versammelte Menge folgtem der Geste des Alten Mannes und senkten ebenfalls den Daumen...
ALLE!
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