"Ich werde es mir merken. Schade, daß ich keine Zeit habe, Eure Weisheiten aufzuschreiben."
Logar lächelte, die Ironie in Marcos Stimme war nicht zu verkennen.
"Nur wenn Ihr es beim Reden belaßt, könnt Ihr den Kampf kaum gewinnen."
Aus Logars Lächeln wurde ein breites Grinsen. Die Qualität von Marcos Spötteleien ließ nach.
"Wie könnt ihr euch in dieser Sache so sicher sein? Noch ist der Kampf nicht beendet und ihr sprecht schon über den Ausgang! Wie mir scheint kämpfe ich gegen einen Propheten, welche Ehre!"
Wenn das Duell auf der sprachlichen Ebene ausgetragen werden sollte, so brauchte Logar den Vergleich mit Marco nicht zu fürchten.
Doch im Kampf sah es für Logar keineswegs so gut aus. Er war verletzt, Marco nicht. Sein Podest war beschädigt, Marcos nicht. Seine Chancen standen nicht zum besten.
"Unter Druck kämpfe ich immer noch am besten, also zeigt mir mal, was Ihr zu bieten habt."
Das werden wir noch sehen, mein Bester! Logar bemühte sich um einen verwunderten Gesichtsausdruck.
"Großer Prophet, meint ihr, dass könnte mir helfen? Nun, wenn ihr, der ihr die Zukunft kennt, ihr, der von Fortuna an der Hand geführt, ihr, dessen Größe kaum zu beschreiben ist, ihr, der ihr von der schützenden Hand des Schicksals behütet werdet- wenn also ihr Marco Lunas es für angebracht haltet, so werde ich mich eurer Prophezeiung nicht in den Weg stellen!"
Diese Art der Herausforderung, dieses Duell der Sticheleien war ganz nach Logars Geschmack. Hier war er in seinen Element.
Und auch das Kampfgeschick schien sich zu seinen Gunsten zu ändern. Marcos Vorrat an Pfeilen ging zur Neige, dachte er schon darüber nach seine Keulen zum Einsatz zu bringen?
Wie würde er sich im direkten Kampf Mann gegen Mann machen? Bis jetzt war er jeden von Logars Pfeilen wie durch Magie ausgewichen. Doch Logar war der Sagen kundig, und er wusste genug um nicht abergläubisch zu sein.
Talent und nicht zuletzt Glück ermöglichten es vielen Gestalten aus Sagen und Legenden den ausweglosesten Situationen zu entkommen, warum sollte es bei Marco
anders sein?
Logar hingegen fehlte die Leichtigkeit, die spielerische Gelassenheit, mit der Marco seinen Schüssen auswich. SO sehr er sich auch bemühte, man merkte ihm an, dass er sich anstrengen musste, wenn es ihm denn gelang Marcos Pfeilen auszuweichen. Dabei ist er nicht unbedingt ein besserer Schütze, aber im Ausweichen ist er mir deutlich über, dass muss ich einfach akzeptieren.
Nun galt es zuerst, Marcos neuesten Pfeil zu entkommen. Viel Zeit zum überlegen blieb Logar nicht, und seine Situation war denkbar ungünstig. Einen weiteren Treffer, eine weitere Verwundung durfte er nicht riskieren, doch wenn der Pfeil die Plattform unglücklich traf, konnte er sich schon einmal auf einen harten Aufschlag gefasst machen.
Nun musste er auf Risiko spielen, er musste zwischen zwei Übeln wählen, wenn ihm nicht schnell ein Weg einfiel beiden zu entgehen. Der Pfeil kam immer näher und Logar stand reglos da, wie um sein Schicksal mit offenen Armen zu empfangen.
Doch da kam ihm die erlösende Idee. Der Wagemut seines Einfalls grenzte an Wahnsinn, doch eine Alternative war für Logar im Moment nicht ersichtlich. Bevor er seinen Plan in die Tat umsetzte schenkte er Marco ein breites verschlagenes Grinsen.
"Lebt Wohl großer Prophet!"
Ein Ruck durchlief Logars Körper, als er - so schien es zumindest - dem Pfeil entgegenlief und dabei seinen Bogen neben sich fallenließ. Dann stürzte er sich von der Meterhohen Plattform, im stillen flehend, dass sein tollkühner Plan mit Erfolg gekrönt sein würde. Dem Pfeil war er entgangen und an der Tribüne hatte er scheinbar auch keinen großen Schaden anrichten können.
Nun galt es für Logar den eigenen Leib zu retten, während des Falls riss er ruckartig seinen linken Arm hoch und ergriff den Rand der Plattform gerade noch rechtzeitig. Der Schmerz der seine Verwundete Schulter durchzuckte betäubte ihn fast, doch Logars Überlebenswille war stärker als sein Schmerz.
Durch sein Ausweichmanöver zitterte und schwankte die Plattform nun bedenklich, und an dem ihn näheren Ende lösten sich schon die ersten Bretter. Er war dem Angriff entkommen, doch zu welchen Preis? Beim Absprung waren mehrere Pfeile aus seinem Köcher auf den Boden gefallen, wenn nicht sogar alle.
Logar würde das kontrollieren müssen, wenn er wieder festen Boden unter den Füßen hatte. Doch noch hing er schwankend, hilflos und wehrlos am Rande des Podestes, doch wenn er es richtig einschätzte hatte Marco nicht viel von seiner Aktion mitbekommen, Logar jedenfalls konnte den Rand von Marcos Plattform nicht gänzlich einsehen, vieleicht hatte er ihn täuschen können.
Logar atmete mehrmals tief durch, bevor er sich hochziehen konnte musste er seine Kräfte sammeln.
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