Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste
Des Predigers Rückkehr
Eusebius
Offline
RPG Charakter

Beiträge: 29
Themen: 1
Registriert seit: Apr 2013
Beitrag #16
RE: Des Predigers Rückkehr
Welche Zeit? Zeit für ihn, den altersschwachen, womöglich schwer erkrankten Krieger, für immer zu gehen? Zeit für die Götter, zwischen Himmel und Hölle zu entscheiden? Hatte ein Gladiator, der seinesgleichen erschlug, um selbst zu überleben, denn noch ein Anrecht auf das Paradies, eine Hoffnung auf die Vergebung seiner Sünden? Kinder Gottes sind wir alle in den Augen des Jesus von Nazareth, hatte man Eusebius erzählt. Vor Gott ist jeder Mensch gleich, egal ob Bettler oder Edelmann, egal ob Senator oder Gladiator. Revolutionäre Predigten waren das, deren Grundgedanken ihn nicht mehr losließen, seit er sie vernommen hatte. Verstört stand er da, der Schmied, und blickte dem Prediger nach, der sich bereits von ihm abwandte, um in Begleitung des Hünen, den er Nubier nannte, zu gehen. Verstört, weil das entschiedene Nein des Alten ihm schlagartig bewusst machte, das er die Verantwortung für seine Vision eines neuen liberalen Roms nicht auf andere Schultern abladen konnte, ja nicht einmal mit jemand anderem zu teilen vermochte. Er allein wäre der Schmied dieses neuen freien Roms, das bisher nur vage in seinem Kopf dabei war, zu entstehen. Wollte er das? Wäre er dazu fähig?

Verstört hatte ihn auch der Wutausbruch des Predigers. Erst spürte er seine unbändigen Kräfte, die ihn einst unbesiegbar machten, dann seine Zerbrechlichkeit. Gefolgt von sanften aber wirkungsvollen Aussagen und Gesten, bis hin zur Übergabe seiner legendären Keule. Ein kunstvoll gefertigter Streitkolben, welcher nun in der Rechten des Schmieds weilte, der diesen Umstand noch nicht recht fassen konnte. Seine Hand umschmeichelte den ledernen Schaft der Waffe und griff dann fest zu, um sie anzuheben, was wahrlich kein leichtes Unterfangen war. Dieses Instrument war etwas für Kraftprotze, die es mit beiden Händen zu führen vermochten, um des Gegners Verteidigung zu zerschlagen, ihn zu entwaffnen, um ihn anschließend niederzuknüppeln. Eusebius griff mit beiden Händen zu, um die Waffe näher zu betrachten. Offensichtlich schon aufgrund des Gewichts war dieses Teil nicht aus Holz gefertigt, sondern aus einer ihm unbekannten Legierung in einem Stück geschmiedet. Die zahlreichen Gebrauchsspuren waren nicht tief – waren eher wie eine leichte Patina auf edlem Material, die dessen Wirkung harmonisch abrundete. Gebaut für die Ewigkeit. Das Vermächtnis des stolzen Predigers – nun in seinen Händen.

Eusebius sah ihm nach und ihn allmählich im Nebel verschwinden. Nubier begleitete den Alten. Er mochte so etwas wie seine rechte Hand sein. Ein Freund jedenfalls, dachte sich der Schmied. Ein Freund, der ihn auch bis in den Tod begleiten würde. Ein kalter Schauer lief seinen Rücken hinab. Nicht allein der Nebel war dafür verantwortlich. Es wurde kalt. Doch Eusebius wollte jetzt noch nicht heim. Er musste nachdenken, über das, was nun vor ihm lag. Über das, was er initiieren sollte. Er setzte sich nochmals nieder und hielt die Keule des Predigers auf seinem Schoss. Die Vorstellung, andere von seinen Ideen zu überzeugen, behagte ihm als Eigenbrödler so gar nicht. Zumal er gar keine konkreten Visionen hatte, die er in Worte zu formen vermochte. Er war doch ein Mann der Tat. Der Weg war ihm wichtiger als das Ziel. Nur – jemand musste etwas tun. Das allein war ihm in diesem Moment klar.
Aus dem Notizbuch des Eusebius von Caesarea:
Wo Gott nah ist, ist auch der Teufel nicht fern.
Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden.
06.01.2014, 15:20
Zitieren
Furandi Pica

Gast

 
Beitrag #17
RE: Des Predigers Rückkehr
Nebel verbarg ihn. So liebte er es. Im Verborgenen lauern, blitzschnell zuschlagen, seine Opfer rat- und orientierungslos im Nebel zurücklassen. Oft war er als Zuschauer im Kollosseum zu Gast gewesen, doch nie zuvor hatte er wie jetzt im weiten Rund der Arena gestanden, die Arme weit ausgebreitet. Über ihm... er sah sie nicht, doch spürte sie, hörte ihr Krächzen... kreisten die Schwärme, Elstern und Krähen, bereit, seinen Wünschen Taten Folgen zu lassen. In ihm pulsierte MACHT, die SIE ihm verliehen hatte, MACHT, eine der Apokalypsen zu entfesseln, die Rom heimsuchen wurde...

Seine Blicke wanderten durch den Nebel, durchdrangen diesen, sahen, wie sich die Ränge füllten. Kinder waren es, ihm gleichend, wie er früher gewesen war. Misshandelt. Missbraucht. Niemals beachtet. Ohne Fürsprache. Ohne Unterstützung. Ihre geisterhaften Schemen durchdrangen den Nebel, waberten auf den Rängen des Kolloseums, waren das Publikum- sein Publikum, harrten seines Auftrittes... Sein würde die Rache sein...

Er stutzte, blinzelte, verharrte voller Unsicherheit. Weitere Schemen, die sich manifestierten. Klirrend kalter Stahl. Ausdruckslose Augen, so eiskalt wie der Tod. Erschienen nicht auf den Rängen, sondern im weiten Rund der Arena. Gepanzert, bis an die Zähne bewaffnet, weit geöffnete Münder, Laute, die sich verdichteten "Komm, Komm, Komm... nimm den Dir gebührenden Platz ein!"

Er glaubte, seinen Ohren nicht trauen zu können, als hinter ihm eine sardonisch klingende Stimme sich erhob: "Wer Geister ruft, wird manchmal feststellen müssen, dass nicht nur jene, die gerufen, erscheinen! Nun sind jene gekommen, um den zu ehren, der seinen Platz an der Tafel der Helden verdient hat. Du im Gegensatz zu diesem... sei Dir bewusst, dass SIE nicht Macht über den Nebel hat. Dort, wo Nebel aufzieht, bin ich jener, der gebietet, nicht SIE, nicht Du, nicht der Imperator...

Er wagte es nicht, sich umzudrehen, fürchtete das Antlitz jenen, der zu ihm gesprochen. Das Krächzen seiner Schwärme war nicht mehr zu vernehmen, er konnte nur jene Gestalten erblicken, Schemengestalten, die sich in der Arena zum Kampfe bereit machten... Sein Blick wanderte zu den Zuschauertribünen- und begegnete nicht nur den Blicken von Kindern, sondern den geisterhaften schimmernden Augen von Gladiatoren, erwartungsvoll, hungrig... ihn, die Schwärme, ignorierend...

Ein dumpfer Trommelschlag hallte durch den Nebel, verlor sich in diesem, einem Echo gleich war ein dröhnendes BOOOM zu vernehmen, scheinbar aus den Tiefen des Untergrundes kommend. Der Boden unter seinen Füssen erzitterte, Sandfontänen erhoben sich tanzend, neblige Tentakel näherten sich ihm tastend, drangen in ihn ein, erfüllten ihn mit eisiger Kälte...

Er schüttelte benommen den Kopf. Der Nebel blieb, doch alles andere schien schlagartig entschwunden. Bis auf die Geister. Jene, die er rief. Und jene, die ungebeten erschienen waren. Erneut erhob sich die Stimme hinter ihm "Sie warten. Auf jenen, dem die Ehre gebührt, in ihre Reihen aufgenommen zu werden..."

Der dumpfe Trommelschlag ertönte erneut. Gefolgt von einem weiteren. Setzte sich fort. Entsetzen befiel ihn ob der Erkenntnis, dass er der Taktgeber war, nicht bewusst von ihm beabsichtigt, doch der Rhythmus folgte seines Herzens Schlag...
08.02.2014, 23:57
Zitieren
Prophet_der_Apokalypse

Gast

 
Beitrag #18
RE: Des Predigers Rückkehr
Der Sand der Arena war seinen blossen Füssen wohlvertraut, umschmeichelte diese, wärmte sie- ganz im Gegensatz zu dem eisigen Nebel, der ihn frösteln liess. Einmal noch hatte er in der Arena stehen wollen, gedachte seine Blicke wandern zu lassen... Sein Lachen war bitter. Nebel hüllte das Kollosseum in ein weisses Leichentuch, gewährte ihm nicht den Anblick, den er gehofft hatte, noch einmal in sich aufnehmen zu dürfen. Die Blindheit, mit der der Imperator geschlagen ward, hatte nun auch ihn ergriffen, hielt ihn mit nebligen Tentakeln umschlungen. Ein erneuter Hustenanfall schüttelte ihn, fast teilnahmslos musterte er die roten Flecken im Sand, die dieser hinterlassen hatte, rasch verblassend, im Nebel begraben. Schweratmend stützte er sich auf seinen Stab, der ihm nun seine Keule ersetzte- eine Krücke, die nun statt seiner Keule ein unentbehrlicher Begleiter zu werden drohte.

Unnatürlich laut klang sein Herzschlag in seinen Ohren, einer geschlagenen Trommel ähnelnd. Andere Geräusche durchdrangen den Nebel Schwert, das die es schützende Scheide verliess, Axt, die den Nebel schneidend geschwungen wird, Kettenrüstungen, deren Glieder aneinander rieben.... Niemals vergessene Reflexe liessen ihn instinktiv handeln, er schwang den Stab Axt, die an diesem harmlos abglitt, Schwert, dem Angreifer aus der Hand gerissen wurde, ein Nasenbein, dem Angreifer ins Hirn getrieben, ein Schild, zertrümmert von der Wucht seines Schlages... Doch die Gegner Anzahl schien nicht zu enden, unaufhörlich drangen sie auf ihn ein, geisterhafte Gestalten, dem Nebel entsprungen...

Der dumpfe Trommelschlag steigerte sich zu einem Trommelwirbel, verstummte abrupt, ebenso abrupt wie der Schlag seines Herzens. Der Sand der Arena erhob sich zu wirbelnden Fontänen, die Erde erbebte unter seinen Füssen, erweiterte sich zu Spalten, die seine Gegner gierig verschlangen. Sein letzter Blick sah den zurückweichenden Nebel, das Kolloseum, sich in bebenden Krämpfen schüttelnd, die Loge des Imperators, zerbröselnd, verschlungen von der Gewalt des Bebens... Stille, Dunkelheit...

***

"Prediger? Der mit der Keule?" Er blickte verwirrt auf, sah eine berittene Walküre, die hoch zu Ross ungeduldig auf ihn herabblickte. "Ähm... ja, der bin ich... oder war ich? Wo bin ich hier?" "Unwesentlich. Du wirst erwartet!" Die Walküre deutete auf auf eiinen Berg, dessen imposanter Gipfel sich am fernen Horizont erhob "Dort!". Der Prediger erhob sich ungewohnt behände, er fühlte sich erstaunlich leicht, beschwingt. "Wie komme ich dorthin?" Die Walküre schnaubte verächtlich "Mit mir. Aufsitzen!" Verwirrt schüttelte der Prediger sein Haupt, versuchte, sich zu orientieren: "Niemals habe ich in meinem Leben den Rücken eines stolzen Rosses gebeugt, und werde das jetzt auch nicht tun. Auf Schusters Rappen bin ich immer unterwegs gewesen, ich gedenke nicht, das jetzt zu ändern!" Die Walküre zuckte gleichgültig mit den Schultern: "Tausende von Stufen wirst Du dann erklimmen müssen, um Dein Ziel zu erreichen. Jede Stufe eine Herausforderung, die es zu meistern gilt!" Der Prediger sah zum Gipfel des Berges hinauf: "Was erwartet mich dort?" "Die Arena. Ewige Kämpfe in dieser. Gegner ohne Zahl. Für Immer. Für Ewig!" Des Predigers Lächeln ward selig: "Dann reite doch schon mal vor und kündige mein Erscheinen an... Nichts und Niemand wird mich daran hindern können!"

***

Vorsichtig erhob sich der Nubier, betastete seine Knochen. Die bebende Erde hatte diese zum Glück verschont. Der Alte Mann lag regungslos inmitten der Arena, nun in Trümmern. Er hatte sich zu einem letzten Kampf gestellt, gegen Gegner, die der Nubier im Nebel nicht hatte erkennen können. Am Leichnam angelangt, wollte er dessen Augen schliessen, doch er verharrte... Nein, das würde er nicht, denn der Ausdruck der Augen zeigte nicht Grauen, nicht Entsetzen, stattdessen absolute Glückseligkeit.

Behutsam hob er den leblosen Körper an, erstaunt, wie leicht dieser war. Sah sich um, im Kolloseum, das in Trümmern lag. Die Loge des Imperators- verschwunden, an deren Stelle ein tiefer Riss in der Erde. Die Zuschauerränge. Zerschmettert von der Faust eines Titanen. In den Überresten des Kolloseums nur zwei weitere Gestalten sichtbar. Einer, ihm unbekannt, mit entsetztem Gesichtsausdruck, gleichzeitig voller Wut in den Himmel starrend, die dort kreisenden Schwärme von Krähen und Elstern gebieterisch musternd. Der andere, ihm bekannt, ein Gladiator voller Gleichmut, verwurzelt mit der Erde, selbst nicht durch bebende Erde zu erschüttern.

Der Nubier wandte sich ab von diesem Orte, an dem wohl in nächster Zeit weder Gladiatoren auftreten noch Zuschauer diese Kämpfe verfolgen können würden. Der Prediger hatte seinen Nachfolger vor seinem Tode benannt. Er war gespannt, ob dieser es vermochte, diese Bürde mit Würde zu tragen... und mit Leben zu erfüllen!
22.03.2014, 00:42
Zitieren
Eusebius
Offline
RPG Charakter

Beiträge: 29
Themen: 1
Registriert seit: Apr 2013
Beitrag #19
RE: Des Predigers Rückkehr
Tief in Gedanken versunken verharrte Eusebius auf Caesars Platz im Kolosseum. In der Arena um ihn herum war es scheinbar still, doch alles andere als ruhig. Lautlose unsichtbare Schatten huschten umher, die unser Schmied nicht wahrzunehmen vermochte. Jedenfalls noch nicht. Doch plötzlich vernahm er ein Poltern. Es schien aus den Katakomben hinauf zu schallen. Und da! Waren das Trommelschläge? Das Klirren von Eisen, das aufeinander geschlagen wird, so als wenn sich zwei Klingen kreuzen? Waren diese Geräusche real oder bloß sein Hirngespinst? Eusebius erhob sich, hielt die Keule des Predigers in seiner Rechten, und lauschte angestrengt in den dichter werdenden Nebel hinein, der ihm jeden Blick hinunter in die Arena verwehrte. Geschah dort unten etwas oder betäubte der merkwürdige Nebel nun all seine Sinne? Sein Herz klopfte schneller und kalter Schweiß tropfte ihm von der Stirn, so als befände er sich mitten im Kampf. Oder würde zumindest einem solchen beiwohnen.

Um zu prüfen, ob er selbst noch fähig war, ein Geräusch wahrzunehmen, erhob der Schmied seine Rechte, umfasste die Waffe des Alten fest, wobei ihm noch nicht wirklich bewusst wurde, das diese sich nun leichter anheben ließ und eins wurde mit seinem Besitzer, und stieß sie abwärts auf den Steinboden. Was darauf folgte war weit mehr, als ein stumpfes „Booom“, das er erwartet hatte. Ganz im Gegenteil ertönte ein explosionsartiger Knall, gefolgt von einem Donnergrollen, als sollte ganz Rom – aber doch zumindest diese Arena hier – in seine Einzelteile zerbersten. Die Steinplatte unter Eusebius gab nach und riss die gesamte Ehrenloge mit in die Tiefe. Keine Chance mehr für ihn Halt zu suchen. Welch göttergleiche Wirkung hatte diese verfluchte Keule des alten Gladiators? War sie verflucht? Von dunklen Magiern verzaubert?? Mit seinem Leben abschließend rauschten die Gedanken durch Eusebius Hirn hindurch und sein Körper hinab in die Tiefe. Doch seine Zeit war noch nicht gekommen. Es warteten noch Aufgaben auf ihn. Und deshalb fiel er gar nicht so tief und ausgesprochen glücklich, um mit ein paar Hautabschürfungen und einem Riesenschrecken davon zu kommen.

Caesars Loge war bei weitem nicht das einzige, was an diesem Abend im Kolosseum zu Bruch ging. Die stolze Arena wurde so stark beschädigt, das dort vielleicht nie mehr Kämpfe ausgetragen würden. Auch wenn Rom ohne seine grandiose Kampfstätte eigentlich unvorstellbar war. Nachdem Eusebius sich aufgerappelt hatte, vernahm er Geräusche von sich nähernden Menschen. Prätorianer, Gladiatoren, Schaulustige Anwohner, wer auch immer. Jedenfalls entschied er, dass es nicht günstig für ihn ausgehen könnte, sollte ihn jemand hier in den Trümmern entdecken. Zum Glück kannte er das Kolosseum in- und auswendig, so dass er durch die Katakomben einen Weg hinaus fand, ohne gesehen zu werden. Zurück in die Geborgenheit seiner Schmiede. Zeit finden, über das was geschehen war, nachzudenken. Und auch über das, was nun folgen sollte. Das einzige, was er zurücklassen musste im Kolosseum, war sein Schwert, Dies war wohl unter den herabstürzenden Steinplatten verborgen. Jedenfalls für Eusebius auf die Schnelle nicht mehr auffindbar gewesen. Doch die Keule des Predigers, die führte er bei sich. Und sie war ihm so leicht und einfach. Nie hätte er sich vorstellen können, mit einer solche Waffe zu kämpfen.

Doch nun vermochte er es.
Aus dem Notizbuch des Eusebius von Caesarea:
Wo Gott nah ist, ist auch der Teufel nicht fern.
Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden.
31.03.2014, 15:00
Zitieren
Prophet_der_Apokalypse

Gast

 
Beitrag #20
RE: Des Predigers Rückkehr
Die Katakomben "Des Gladiators Zuflucht" waren bis zum Bersten mit den dort Anwesenden gefüllt, die Gäste behalfen sich selbst bei Getränken, Amanda und Klaudia konnten den Bestellungen und Wünschen mitnichten nachkommen. Die Stimmung war gedrückt. Das Kolloseum, der Gladiatoren wahre Heimat, in Trümmern, durch ein Erdbeben fast zur Gänze zerstört. Das Glück im Unglück: Es war wohl niemand durch das in der Nacht erfolgte Beben zu Schaden gekommen, nicht auszudenken, wieviele Leben das Beben bei einer bis zum letzten Platz gefüllten Arena während einer der Veranstaltungen gefordert hätte. Doch manch einer der anwesenden Gladiatoren war der Ansicht, diesen Preis zu zahlen wäre es mehr als wert gewesen, hätte das Beben den Imperator unter seiner Loge begraben...

Gerüchte behaupteten, ein Opfer habe das Beben sehr wohl gefordert. Der Prediger sei nun unter den Trümmern begraben, an jenem Orte, an dem er seine grössten Triumphe gefeiert hatte. Doch es gab niemanden unter den Anwesenden, der Genaueres hätte berichten können. Ungewissheit zerrte an ihren Nerven, nagte an ihrer Zuversicht. Blicke wanderten oft zum Eingang, hoffend, dass durch diesen, lässig seine Keule tragend, der Prediger diese Gerüchte Hohn strafen würde...

Stille breitete sich aus, vom Eingang der Taverne her kommend. Durch diesen kam... der Nubier. Bleich wie der Tod, dieser wirkte um Jahre gealtert, das Grauen spiegelte sich in dessen Augen. Mechanisch ergriffen seine Hände den Krug, den ihm Amanda zitternd reichte, leerte diesen in einem Zug. Er, der Nubier, der noch niemals eines jener Getränke, die der Wirt Dimitrios hier auszuschenken pflegte, angerührt hatte! Die Anwesenden bestürmten ihn mit zahlreichen Fragen, der Nubier erhob seine Hand, die Anwesenden verstummten...

"Der Prediger weilt nicht mehr unter uns. Er starb im Kollosseum, in seinem letzten Kampf. Im Nebel. Gegen Gegner, die mir wie Geister erschienen, in Anwesenheit von Zuschauern auf den Rängen, die nur schemenhafte Gestalten im Nebel waren. Viele seiner Gegner streckte er nieder, doch zahlreich waren diese, ohne Furcht, wie auch er keine Angst kannte. Ich sah, nachdem er gefallen war, in seine leblosen Augen." Der Nubier musterte die Anwesenden, fuhr fort: "Glaubt mir, sie zeigten nicht anderes als absolute Glückseligkeit, ich hob seinen Leichnam an, der mir leicht wie eine Taubenfeder erschien, wollte ihn hier an diesen Orte bringen, damit ihr Abschied nehmen könnt, das Glück in seinen Augen ebenfalls seht!"

Der Nubier fing an zu zittern: "Doch es kam anders... kaum hatte ich ihn den Armen, erklangen die Stimmen. Kindlich. Voller Boshaftigkeit. Triefend mit Hohn. Lockten Eklig. Klebrig. Süsslich. Grausam. Traurig. Und eine kräftigere Stimme in diesem Choral forderte mich auf, zu ihr zu kommen. Alles in mir streubte sich, doch ich konnte nicht widerstehen, kämpfte mit aller Kraft- doch vergebens..." Ein weiterer Krug mit Dimitrios stärkstem Getränk wurde vom Nubier geistesabwesend geleert. "Ich wandelte im Untergrund Roms, tiefer und tiefer. Sah Kinder, Kinder mit Hass in den Augen, boshaft lächelnd, Hohn und Spott auf den Lippen. Sah jene, die mich lockte, in ihrem Netz... NeinNeinNein... kann sie nicht beschreiben, will sie nicht beschreiben, will den Anblick vergessen... des Predigers Leichnam gab mir Schutz, war wie ein Schild, doch ich konnte nur in eine Richtung weiter... weiter in die Tiefe... immer weiter. Wesen sah ich dort, sie gruben in die Tiefe, einst waren sie vielleicht Menschen, doch hatten nichts mehr mit Menschen gemein... grausame Stimmen heulten im Sturm, der mir dsas Fleisch von den Knochen zerrte... ich verlor jegliche Orientierung, wusste nur eines... ich muss weiter, immer weiter, in die Tiefe..."

Die Anwesenden hingen wie gebannt an des Nubiers Lippen, der leise flüsternd fortfuhr: "Ich weiss nicht, wie tief ich hinabgestiegen bin. Gelangte an einen Ort unendlicher Weite. Unermesslicher Tiefe. Ein Ort, der schwer zu atmen schien. Eine Stimme sprach zu mir, dröhnend und flüsternd zugleich, hallte in mir wider Sieh diese Gruft. Dort lege den Leichnam ab. Es wird der Tag kommen, an dem Rom sich seiner wahren Werte erinnert. An diesem Tag wird er wiederauferstehen. Doch bis zu jenem Tage wird Rom erbeben...unter den Apokalypsen, bis jene, die über Rom herrschen, begriffen haben, was das wahre Rom war, ist und immer sein wird!. Ich legte des Predigers sterbliche Hülle ab, wie ich zurück an die Oberfläche gelangte, weiss ich nicht mehr, will ich mich auch nicht erinnern..."

Eine kahlköpfige Gladiatorin namens Sheeba räusperte sich: "Der Prediger liegt nun aufgebahrt in irgendeiner Gruft in den Tiefen von Roms Katakomben, seine Keule haltend?". Der Nubier sah diese ruhig an, mit der Gelassenheit eines Menschen, den nichts mehr erschüttern konnte: "Der Prediger hat seine Keule vor seinem Tode an den Schmied- und Gladiator- Eusebius übergeben und diesen damit zu seinem Nachfolger bestimmt!" Sheebas Blicke verrieten Ungläubigkeit: "Bitte... WAS? Der Kerl ist doch ein Scherge des Imperators, ein Speichellecker in dessen Diensten!"

Eine sardonisch klingende Stimme erklang: "Wohl eher ein Speichellecker in des Imperators Diensten, wie das meiner einer ist. Der Nubier ist Zeuge, und ich war es auch. Der Prediger ernannte Eusebius zu seinem Nachfolger. Warum lasst ihr euch nicht mal überraschen? Ich glaube, ihr werdet Eusebius wohl kaum als willfährige Marionette des Imperators erleben!"

Die versammelten Gladiatoren wechselten erstaunte Blicke. Der Sprecher war ihnen als einer der ihrigen wohlbekannt, und keine nach des Imperators Einflüsterungen tanzende Puppe, obwohl in dessen Diensten. Dessen Worte weckten Hoffnung...
19.04.2014, 00:35
Zitieren
Eusebius
Offline
RPG Charakter

Beiträge: 29
Themen: 1
Registriert seit: Apr 2013
Beitrag #21
RE: Des Predigers Rückkehr
Das tiefe dunkle Gewölbe der Taverne genügt an diesem Tag nicht, um alle Gladiatoren aufzunehmen, so das Diejenigen von nah und fern, die gekommen sind, um sich den Plan der römischen Kämpfer für ein neues Rom anzuhören, bereits den großen quadratischen Platz davor füllen. Ein hoher zweistufiger Brunnen bildet das Zentrums dieses Platzes. Als Eusebius zusammen mit den Rittern Lancelots und weiteren Mitstreitern, die eine Gruppe von gut zwei Dutzend bewaffneten Kriegern bildeten, dort eintrifft, ist der Platz vor dem Gasthaus schon reichlich gefüllt. Der Schmied entdeckt in der Menge den Nubier, seine kratzbürstige Gegnerin Sheeba und auch noch jemanden, den er hier eher nicht erwartet hat. Ihre letzte Begegnung im verrückten Waldläufer hat Eusebius in wenig guter Erinnerung. Doch was zählen jetzt noch Feindseligkeiten oder sonstige Animositäten. Heute geht es ums nackte überleben. Um Alles oder Nichts. Um Sein oder nicht Sein. Unser Schmied zögert nicht lange, schwingt sich zur Spitze des Brunnens empor und reckt entschlossen die Keule des alten verstorbenen Propheten in die Höhe und verschafft sich mit lauter kräftiger Stimme Gehör:

„Hört mich an Gladiatoren und Krieger, Bürger Roms und solche, die mit uns sein wollen. Dies ist die Keule des Predigers! Er hat sie mir persönlich im Kolosseum übergeben am Tage seines Todes. Kurz darauf erbebte die Erde und die Loge Caesars stürzte hinab und ich mit ihr und überlebte wie durch ein Wunder. Dies war ein klares Zeichen Gottes. Nicht irgendeines Gottes, sondern des einen Gottes, von dem Jesus Christus spricht, liebe Leute Unsere Aufgabe wird es sein, die Ungläubigen aus der Stadt zu jagen. Die fett gewordenen Volksvertreter aus ihren Palästen zu zerren, die sie auf unser Blut und mit unserer Kraft gebaut haben. Ja, ich habe mich lange genug mit ihnen arrangiert, um mein Auskommen zu haben. Aber damit ist heute Schluss. Die Schwerter, die ich im Auftrage des Imperators anfertigte, sie gehören heute euch. Sie sollen eure Stärke in Vernichtung umsetzen und heute und hier ein neues, ein gerechteres Rom erschaffen. Artus! Zeig ihnen unsere Waffen!“

Der angesprochene Ritter scheint nur auf dieses Stichwort gewartet zu haben. Er enthüllt mit Hilfe seiner Kameraden die abgedeckten Schwerter auf dem mitgeführten hölzernen Wagen. Das Eisen funkelt in der Sonne und zeigt eindrucksvoll die marmorgleiche Maserung des Damastes.

„Maximus kennt die Stärke dieses neuartigen Schwertes. Er wollte es für seine Palastwache. Doch nun ist er selbst ihr Gefangener. Angeblich wollte er Caesar mit einer gleichen Waffe ermorden, als er sie ihm im Palast zeigte. Welch ein Wahnsinn, sage ich euch. Niemand stand loyaler zu Caesar als Maximus. Und nun soll er hängen! Doch in diesem Augenblick, in dem ich zu euch spreche, liebe Leute, wird er durch seine treuen Kameraden aus dem Kerker des Palastes befreit und erwartet uns zu seiner Unterstützung. Darum zögert nicht und folgt mir, um zu tun was zu tun ist. Ich führe euch in ein freies Rom. Ein freies Rom für freie Römer!!!!“

Die Menge hat die Worte des Schmieds aufmerksam verfolgt. Doch Sie zögern noch dem Aufruf zu folgen. Ihre Augen wandern zum Nubier und zu demjenigen Vertreter der Palastwache, der sich unter sie gemischt hat. Hat Eusebius wirklich die Wahrheit gesprochen? Würde Maximus sich nun gegen Caesar erheben und damit ihre Revolution unterstützen?
Aus dem Notizbuch des Eusebius von Caesarea:
Wo Gott nah ist, ist auch der Teufel nicht fern.
Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden.
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 19.06.2014, 14:27 von Eusebius. )
19.06.2014, 14:24
Zitieren