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Das Portal - die Rückkehr - Druckversion

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- Anonymous - 10.11.2004

Man hätte den Schamanen mit einer Unzahl an positiven und negativen Adjektiven umschreiben können (wahrscheinlich überwiegend negative) aber ganz bestimmt nicht mit dem Wort feige. Denn wenn man ihn daran maß, wie oft er schon, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken, eitrige Wunden gereinigt und vernäht hatte, halb verfaulte Gliedmaßen amputiert oder bei der Geburt dieverser schreiender Babys tatkräftig zur Seite gestanden hatte, während neben ihm der Ehemann in Ohnmacht fiel, war er der wahrscheinlich mutigste alte Griesgram, den man sich vorstellen konnte.
Doch er kannte seine Grenzen. Und die fingen spätestens bei den ersten Anzeichen eines Kampfes an. Also war es kein Wunder, dass er in dieser Situation mal wieder rein garnichts nützte.


In letzter Sekunde zog er den Kopf unter einer für ihn persönlich viel zu präzise geführten Klinge ein. Die Bücher hatten nicht übertrieben, sie hatten es mit schrecklichen Feinden zu tun. Der Alte war mehr als versucht, noch ein wenig lauter zu schreien, doch übertönte sein Gebrüll fast den Kampfeslärm und er wollte die allgemeine Aufmerksamkeit nicht von denjenigen ablenken, die sie verdient hatten. Zum Beispiel diesem grenzdebilen Söldner der alles verdorben hatte.
Eine schmerzhafte, rektale Erschütterung unterbrach seinen Gedankengang. Offenbar benutzte ihn die Kriegerin als eine Art Rammbock, denn im sekundentakt rannte sein Hintern irgendwen über den Haufen. Was war er, ein alter, gebrechlicher Mann oder ein lebendes Schutzschild?
Wenigstens war das Buch in Sicherheit. Nun gut, man konnte sich bei weitem zuverlässigere Leute vorstellen, als diesen elendigen Zwerg, aber eines musste er sich wohl eingestehen: Kamikazes Axt sprach im Moment äußerst klare Worte.

Wieder rammte seine Kehrseite mit jemandem zusammen, und der Alte hätte schwören können, dass ihm mindestens ein Dunkelelb in den Hintern gebissen hatte. Verzeifelt versuchte er, in der Innenseite seines Mantels nach irgendetwas Brauchbarem für den Kampf zu suchen, doch dadurch entglitt er Babes Griff beinahe, sodass er seine Arme ganz schnell wieder um ihre Hüfte schlang. Dies jedoch hatte zur Folge, dass seine Nase ständig schmerzhaft gegen die Pobacken der Kriegerin prallte. Jeder Mann Roms hätte ihn hierfür wahrscheinlich zu Tode beneidet, aber er selbst legte überhaupt keinen Wert darauf, mit Babes Hintern in näheren Kontakt zu treten. Wenn ihn nicht die Feinde aufschlitzten, würde er elendig durch die Nase verbluten.

Noch ein Zusammenstoß!!
Gab es denn überhaupt keine Möglichkeit gegen die raegdan vorzugehen? Offenbar empfanden sie eine unglaubliche Angst vor dem Buch, doch wie lange würde es dauern, bis sie bemerkten, dass in Wahrheit keiner von ihnen damit umgehen konnte. Vielleicht konnten sie den Schein so lange...
Ein Pfeil, der seinen Kopf nur um Haaresbreite verfehlte, riss ihn aus den Gedanken und zwang ihn, sein Augenmerk auf das Gegenwärtige zu richten. Sie standen plötzlich und es ging auch nicht mehr weiter, denn sie waren eingekreist. Ein Wald von Klingen und Speeren schluss sich immer Enger um die beiden. Auf der Suche nach einer kleinen Lücke, drehte sich die Kriegerin wie wild im Kreis und schwenkte dabei jedesmal den alten Mann mit, der binnen Sekunden jedwede Orientierung verlor. Mit schreckgeweiteten Augen blickte er in die todverkündenden Gesichter der Dunkelelben. Es war noch immer Angst in ihnen zu sehen, doch wurde diese von etwas viel stärkerem unterdrückt: unbändigem Hass.
Das war's, wir sind tot., raunte es dem Alten unheilverkündend durch den Kopf. Wieso hatte dieser vermaledeite Söldner eigentlich alles verdorben? Sicherlich hätten wir ungehindert aus der Burg marschieren können, wenn sie sich nur ein bischen geschickter angestellt hätten. Unsere Feinde waren wie erstarrt vor Angst gewesen bei dem Anblick des Folianten. Diese Hohlköpfe verstehen es zwar meisterlich, alles was sich bewegt zu einem blutigen Brei zu schlagen, aber ihre Intelligenz entspricht der von drei Wochen alter Brotrinde.

Verzeifelt spähte der alte Mann über die Köpfe der Angreifer hinweg und entdeckte eher zufällig einen schmalen Lichtstreifen am Horizont. Die Nacht neigte sich dem Ende zu.
Sich an den Hauch einer vagen Hoffnung klammernd, hauchte er einen Vers, den er vor Jahren in irgendeinem Buch gelesen und bis zu diesem Moment nicht verstanden hatte.

Leben das den Tod bringt
In der Dunkelheit
Quält das Leben
Im Sonnenfeuer