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Hochmut kommt vor dem Fall
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Beitrag #3
 
In der Taverne "Zum Schlafenden Drachen" schien es dunkel und leer zu sein. Gänzlich Dunkel? Gänzlich leer? Mitnichten- an einem Tisch sassen zusammen ein sehr jung erscheinender Mann von unscheinbarem Äusseren, eine äusserst gelangweilt wirkende attraktive Schönheit und ein alter Mann in verschmutzt wirkenden Roben. Hinter der Theke war die junge Bedienung, ihnen als Miriam bekannt, damit beschäftigt, ihnen zu Diensten zu sein. Aleppo, dessen linke Hand mit weit gespreizten Fingern auf dem Tische lag, während seine rechte fast geistesabwesend ein sehr scharfes Messer mit irrwitziger Geschwindigkeit in den Zwischenräumen der Finger seiner linken Hand tanzen lies, warf ab und zu sehr beunruhigt werdende Blicke gen Barmaid, hatte diese ihm doch sehr freundlich versichert, für den Fall, dass er mal wieder eine Spinne aus ihrem Haar mit einem Wurfmesser zu entfernen gedenke, würde sie ihm sehr dankbar Spiegeleier servieren- erjagt mit Hilfe von zwei Backsteinen, an jener Stelle, die er in seinem Schritt gerne noch einmal begutachten könne, zum Abschied! Auch Saphira war unter der Barmaids stechenden Blick förmlich zusammengeschmolzen, denn diese hatte Saphira sehr anschaulich erläutert, wie aus üppiger Oberweite mittels durchaus feuriger Hilfsmittel genau das wird, zu dem Fettgewebe unter grosser Hitzeeinwirkung sich zu verändern pflegt...

Der Dritte im Bunde schien unbeindruckt von diesen Sticheleien, sondern wandte sich Aleppo zu, die Augenbrauen fragend erhoben. Der Jüngling räusperte sich dezent, um dann zu berichten: "Mein Jammern, Bitten, Betteln, Flehen hat die beiden Legionäre, die mich bewachten, nicht sonderlich beeindruckt, erst als ich ihnen von den Juwelen und Geschmeide erzählt habe, das sich Saphire zusammengehurt hat, schienen sie höchst interessiert zu sein!" Aleppo ignorierte wohlweislich Saphiras sengende Blicke, doch der alte Mann tat dies nicht, sondern erhob seine fragenden Blicke gen Saphira. Die Tänzerin präsentierte ihren besten Schmollmund, ein Unterton der Empörung schlich sich in ihre Stimme: "Dieser schmierige Dekurio hat sein Schwertspitze an meinem Unterleib angesetzt, drohte damit, mich zu pfählen, mit gar lüsternem Unterton, wenn ich nicht sofort verriete, wo sich mein Schatz befinden würde. Ich bin weinend zusammengebrochen, habe mich anerboten, ihn und die Seinigen zu führen, wenn sie nur mir und meinem geliebten Aleppo nichts zuleide tun würden..."

Aleppo grinste, dann übernahm er die weitere Schilderung: "Amthes und die Seinigen führten Saphira und mich gefesselt durch Roms Gassen, sofern man dies gefesselt nennen kann. Diese Fesseln sind eine Beleidigung für Saphiras und meine Künste, dieser Dekurio hat wohl noch nie von unseren Darbietungen gehört, sonst hätte er nicht nur mich, sondern erst recht Saphira in Ketten gelegt!" Aleppo räusperte sich, als er des alten Mannes ungeduldigen Gesichtsausdruck bemerkte, um etwas hastiger fortzuführen: "Wir führten den Dekurio und seine Legionäre zu jenem riesigen Holzschuppen, in dem jene grossen Ölamphoren eingelagert waren- und in denen Saphira ihre Schätze versteckt haben soll. Ich hatte den Dekurio darauf hingewiesen, dass wir einige Amphoren zertrümmert hatten, damit in dem dunklen Schuppen niemand auf die Idee kommt, sich in Morpheus Arme ölduftenden Träumen hinzugeben oder gar mit Fackeln diesen Schuppen nach verwertbaren Dingen absuchen zu wollen. Der schlaue Amthes hatte abblendbare Laternen mitgenommen, der Ölgestank machte ihn und die Seinigen aber ziemlich nervös. Ihre gierigen Blicken galten den unbeschädigten Amphoren, den über ihnen schwebenden Marmorblock am Flaschenzug haben sie gar nicht wahrgenommen, genausowenig hörten sie, wie die schweren Balken das Schuppentor aussen verriegelten. Sehr geschickt, diese Prätorianer, selbst ich konnte es kaum hören. Im Herzschlag eines Augenblicks entledigten wir uns unserer Fesselung, umgriffen beide das straff gespannte Seil, ich ergriff das dort deponierte Messer, durchschnitt das Seil- wir wurden nach oben gerissen, der Marmorstein war auf seinem Wege nach unten und zertrümmerte wohl beim Aufprall weitere Amphoren. Wir sind dann durch die Dachluke auf das Dach des Schuppens geschlüpft, wo..."

Saphira fiel Aleppo mit einem seligen Lächeln der Erinnerung ins Wort: "ein sehr stattlicher und netter Prätorianer mir mit den Worten Etwas Licht gefällig, werte Dame? eine Laterne reichte. Ich ungeschicktes Dummerchen habe diese aber fallen lassen, genau über der Dachluke, und vor lauter Wut ob meiner Ungeschicktheit habe ich auch alle weiteren um die Dachluke aufgestellten brennenden Laternen der ersten hinterhergeworfen!" Aleppo grinste, um dann fortzufahren: "Die Stichflamme war beeindruckend, sie schien sogar durch die Dachluke springen zu wollen. Dieser Prätorianer meinte, es wäre eine sehr gute Idee, nun den Standort zu wechseln, dieser Empfehlung folgten wir mit grösster Bereitwilligkeit. Wir kehrten Zum Schlafenden Drachen zurück, die Schreie aus dem brennden Lagerschuppen waren nun keine musikalische Darbietung, die wir uns bis zum Ende anhören wollten..."

Neugierig musterte Saphira den Prediger: "Und Deine Geschichte, Alter Mann?" Der Prediger holte aus den Tiefen seiner Robe ein zerknittertes Pergament hervor: "Eine Botschaft meiner Schwester. Sie beginnt mit den Worten Mein Geliebter Bruder, wenn Du dies liest, weile ich nicht mehr unter den Lebenden....Sie beschrieb genauestens die Dienste, die sie dem Zenturio Rufus geleistet hatte. Mit meinem Aussehen alleine wäre ich nie in des Imperators Palast gelangt, doch mein Name öffnete mir Türen, die anderen verschlossen bleiben. Jener Palastwächter, dem ich die Botschaft meiner Schwester zu Lesen gab, war der Ansicht, der Imperator werde sicher nicht glücklich sein, müsste er erfahren, dass einer seiner Zenturios, als Arenakämpfer berühmt, sich mittels Gift seine Siege verschaffe. Der Rest ist schnell erzählt. Des Zenturios Vorliebe für exotische junge Schönheiten waren bekannt, der Ruf Eurer Darstellertruppe ebenfalls, ihr wurdet engagiert, der Schlafende Drache wieder zum Leben erweckt, der Zenturio bekam nur noch Gegner in der Arena, die den Tod wirklich verdient hatten, und war damit ohne sein Wissen dem Imperator noch treu zu Diensten. Frühere Stammgäste des Schlafenden Drachen, Mitglieder eurer Darstellertruppe und einige verschwiegene Prätorianer ergaben eine gute Mischung an Gästen zur Belebung dieser Taverne... das wäre das Wesentliche."

Aleppo hüstelte: "Keine Beleidigung beabsichtigt, ehrwürdiger Priester. Aber wenn Du den Kampf gegen Rufus verloren hättest..." Der Prediger lächelte:" Dann hätte der Nubier, der als sein eigentlicher Gegner vorgesehen war, den Zenturio zerschmettert. Der Nubier war informiert und gegen das Gift immunisiert worden. Man wird von diesem Manne sicher noch aus der Arena hören..." Aleppo spitzte seine Lippen zu einem tonlosen Pfeifen, neigte sein Haupt, sah den Prediger an: "Eine letzte Frage, Prediger. Wieso hast Du vor 20 Jahren Deine Arenalaufbahn abrupt beendet?"

Der Prediger starrte lange Zeit ins Leere, um dann mit tonloser Stimme zu flüstern: "Für meine Schwester war ich immer ihr kleiner geliebter Bruder, wie sehr sie mich liebte, habe ich erst durch ihr Schreiben nach ihrem Tode erfahren. Aus Angst um mein Leben hatte sie damals dafür gesorgt, dass ich gegen die meisten Gifte gefeit war, die man als Waffengift hätte verwenden können. Doch was ich nicht wusste... sie sorgte auch dafür, dass meine Waffen mit Gift versehen waren, dies brachte ich nur zufällig in Erfahrung, da ich einen ihrer Handlanger bei der Präparierung meiner Waffen überraschte." Bitter war das harte Lachen des Predigers: "In 365 Kämpfen war ich siegreich, nur um erkennen zu müssen, dass genau ein Kampf von mir ohne die Hilfe meine Schwester gewonnen wurde- jener, in dem ich ohne Waffen kämpfte. Und selbst da kann ich mir nicht sicher sein, dass meine Schwester nicht vorab für die Schwächung meines Gegners sorgte...".

Der alte Mann erhob sich: "Lebt wohl. Möge die Götter euch weiter wohl gesonnen bleiben. Mein Weg wird mich in die Wälder Silva Romaes führen, man sagt, es sei ein Ort, an dem gequälte Seelen Ruhe und Frieden finden!" Aleppo und Saphira sahen den Prediger die Taverne mit hängenden Kopf und gebeugten Schultern verlassen, dann blickten sie sich an, die Tänzerin lächelte verschmitzt: "Ach, mein liebster Bauernschatz, die Hochzeit ist ins Wasser gefallen. Was machen wir nun stattdessen?" Bevor Aleppo den Mund zu einer Antwort öffnen konnte, erklang die Stimme der Bedienung, die sich lautlos dem Tisch genähert hatte: "Eine längere Rundreise durch Roms Provinzen wäre für euch beide und eure Schaustellertruppe anzuempfehlen, das Klima auf dem Lande ist weitaus der Gesundheit zuträglicher als das im stickigen Rom. Eine Empfehlung mit den besten Wünschen der Palastwache des Imperators. Und der Drache will nun wieder schlafen, solltet ihr beide hier noch sitzen bleiben wollen, während ich hier mit eisernen Besen durchfege, tanzt dieser auf der Tänzerin Allerwertestem, den Herrn Messerwerfer werde ich mit seinen eigenen Messern in ein Nadelkissen verwandeln!" Saphira und Aleppo sahen sich verblüfft an, dann grinsten sie über beide Ohren, erhoben sich, widmeten Miriam eine galante Verbeugung und entschwanden in das Dunkel der Nacht.

Zufrieden sah Miriam sich in der Taverne um, dann löschte sie alle Lichter, trat ins Freie und verschloss die Türe. Leise summte sie vor sich hin "Das Licht ist aus, ich geh' nach haus, Rabimmel, Rabammel, Rabumm". Auch sie ging ihrer Wege und überliess den Drachen seinem nun wieder tiefem Schlafe...
12.05.2008, 15:37


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Hochmut kommt vor dem Fall - von Traumtaenzer - 12.05.2008, 15:34
[Kein Betreff] - von Traumtaenzer - 12.05.2008, 15:37
[Kein Betreff] - von Traumtaenzer - 12.05.2008, 15:37